Interessenvertretung und Konfliktlinien im Segment prekärer Dienstleistungsarbeit
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- Nikolas Färber
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1 Interessenvertretung und Konfliktlinien im Segment prekärer Dienstleistungsarbeit GIRA-Jahrestagung, 16./17.Oktober 2008 Köln Ingrid Artus / Rainer Trinczek Lehrstuhl für Soziologie TU München
2 Das (eine) bundesdeutsche System industrieller Beziehung Aus: Müller-Jentsch, 1997
3 Verbreitung eines Betriebsrates nach Branche Anteil in % Westdeutschland d Ostdeutschland d Betriebe mit BR (in % an allen Betrieben) Beschäftigte in Betrieben mit BR (in % an allen Beschäftigten) Betriebe mit BR (in % an allen Betrieben) Beschäftigte in Betrieben mit BR (in % an allen Beschäftigten) Bergbau/Energie/Wasservers Verbrauchsgüter Produktionsgüter Investitionsgüter Baugewerbe Verkehr/Nachrichten Kredit/Versicherung Handel Unternehmensbez. Dienstl Sonstige Dienstleistungen Insgesamt Quelle: IAB-Betriebspanel 2004, eig. Darstellung n. Ellguth/Kohaut (2005: 402) Basis: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte der Privatwirtschaft in Betrieben ab 5 Beschäftigten
4 Segmentationsthese: Abschied vom Modell Deutschland Einfache Dienstleistungen (Discounter, Fast-Food, Food Reinigung etc.) (TV+o.BR) Handwerkliche Kleinbetriebe (TV+o.Br.) Großbetriebe aus industriellen Kernsektoren (TV+BR) Industrieller Mittelbetrieb (o.tv; BR) Kleinbetriebe aus industriellen Kernsektoren KMUs aus New Economy (o.tv+o.br) (o.tv+o.br) Ende des einen deutschen Modells industrieller Beziehungen Pluralität unterschiedlicher Regulierungsmodelle, die nach Wirtschaftssegmenten differieren
5 Interessenhandeln in Betrieben ohne Betriebsrat Forschungsprojekt zum Thema Regulierung von Arbeitsbeziehungen in Betrieben ohne Betriebsrat (BoB) Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft g (DFG) Laufzeit: 05/2003 bis 04/2006 Team: Ingrid Artus, Sabine Böhm, Stefan Lücking, Rainer Trinczek TU München / Lehrstuhl für Soziologie
6 Das empirische Programm: eine qualitativ angelegte Untersuchung 29 Interviews mit ExpertInnen aus Gewerkschaft, Arbeitgeberverbänden und Wissenschaft Leitfadeninterviews mit insgesamt 27 VertreterInnen des Managements und 52 Beschäftigten Kurzfallstudien in 26 Unternehmen Intensivfallstudien in 5 Unternehmen Unternehmen verschiedener Größen (ab 50 Beschäftigten) und aus verschiedenen Branchen: 8 wissensbasierte Unternehmen ( New Economy ) 8 mittelständische Industriebetriebe (häufig in eher ländlich geprägtem Raum) 10 Unternehmen im prekären Dienstleistungsbereich (oft Filialen großer Konzerne: Discounter, Fast-Food, Food, Reinigungsgewerbe, soziale Dienste)
7 Typische Interaktionsmuster in Betrieben ohne Betriebsrat Einbindung - Autonomie: Wissensbasierte Unternehmen Anerkennung - Loyalität: Nischen-Industrie i auf dem Land Patronage - Pragmatismus: Mittelständische Unternehmen in Industrie und Dienstleistungen Repression - Ohnmacht: Dienstleistungs-Sweatshops
8 Varianten von Interessenhandeln im prekären Dienstleistungsbereich Gemeinsamkeiten Negation und Repression divergierender Interessen Stark asymmetrische Machtverhältnisse 2 Varianten rein repressiver Typus Mißachtungskultur Gefordert wird: Willig und billig ; Gehorsam und Unterordnung Kein professionalisiertes Personalmanagement repressive Vergemeinschaftung Anerkennungskultur Emphatische Verpflichtung auf den Betrieb: Teamarbeit und Familienideal Professionelles Management: Innerbetriebliche Schulungen, fein gestaffelte Hierarchien und ausgeprägte Aufstiegsmythen Kollektivrituale der Firma und des Managements Gerechtigkeitsgarantien it im Austausch gegen Betriebsloyalität lität
9 Betriebsratsverhinderung durch Repression Management positioniert sich klar gegen Betriebsratswahlen Einflussnahme auf die Wahlversammlung durch Einschüchterung und Überzeugungsarbeit Nutzung privilegierter Informations- und Kommunikationskanäle für Propaganda gegen Betriebsratswahlen t bzw. existierenden Betriebsräte (Flugblätter, Unterschriftenlisten, Vorgesetztengespräche.) Herauskaufen Herauskaufen von AktivistInnen Juristische Mittel in jeder Form: Infragestellung des Wahlverfahrens, Kündigung von BR-AktivistInnen, Anzeigen wegen diverser Vergehen.. Ggf. Abstrafung ganzer Belegschaftsteile oder betrieblicher Standorte
10 Betriebsratsverhinderung durch Korruption Unternehmensloyale Mitglieder des mittleren Managements werden zur Kandidatur aufgefordert BetriebsratsaktivistInnen werden von einem managementloyalen Kurs überzeugt Systematische Protektion unternehmensloyaler BR-Mitglieder und BR-Listen; systematische Repression unternehmenskritischer Kräfte Versuch der Kontrolle des gewerkschaftlichen Einflusses
11 Die verrückten AktivistInnen stammen aus der Stammbelegschaft finden manchmal, dass sie mit ihrem prekären Beschäftigungsverhältnis nicht all zuviel zu verlieren haben haben manchmal mittlere Managementpositionen inne und verteidigen diese durch ihr Engagement wissen oft zu Beginn ihres Engagements nicht was sie tun engagieren sich meist nicht so sehr aus materiellen, sondern aus moralischen Gü Gründen... haben überproportional häufig einen migrantischen Hintergrund, überdurchschnittliche Qualifikationen und spezifische familiäre Traditionen (politisch, gewerkschaftlich, religiös) benötigen erhebliches persönliches Durchhaltevermögen, solide kollektive Strukturen und einen sehr langen Atem
12 Das schwierige Verhältnis zwischen prekären AktivistInnen und Gewerkschaften Quellen der Irritation: Mangelnde Kenntnisse der GewerkschaftsfunktionärInnen bezüglich prekärer Dienstleistungsarbeit Traditionelle gewerkschaftliche Normen und Identitätsangebote (männlicher einheimischer qualifizierter Facharbeit) passen nicht auf die prekären AktivistInnen Ideal der Einheitsgewerkschaft passt nur bedingt auf die Verhältnisse repressiver Integration Stark moralische Handlungsorientierung g der AktivistInnen im Rahmen existentieller Kämpfe versus Output -Orientierung der Gewerkschaften Im Extremfall: Vorwürfe der Korruption versus Misstrauen wegen mangelnder Organisationsloyalität lität
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