Integration persönlich genutzter Services in den Hochschulalltag simply bring your own service (BYOS)
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- Hedwig Bieber
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1 Dr. Markus von der Heyde Integration persönlich genutzter Services in den Hochschulalltag simply bring your own service (BYOS) Warum Unserem Bedürfnis, hochgradig mobil zu sein, wird durch Smartphones, Tablets und Laptops im Studienalltag (Bührig 2011) und besonders im Geschäftsleben (BITKOM 2013) hervorragend Rechnung getragen. Aber nicht diese Geräte, sondern die darauf laufenden Applikationen selbst, die wir für Kommunikation, Planung, Kreativität und Wissenstransfer einsetzen, haben unsere Arbeitsabläufe, unser Lernen und sogar unser Denken (Pelkmann/Tynan 2010) verändert. Jeder Nutzer 1 hat in seiner individuellen Zusammenstellung seiner persönlichen Arbeitsumgebung bereits zum Ausdruck gebracht, welche Hilfsmittel den Alltag optimal unterstützen. Wenn Hochschulen diese persönlich zusammengestellte Arbeitsumgebung nicht transparent in die von der Institution selbst bereitgestellten IT Services integrieren, bleiben Service Brüche und Frustration an der Tagesordnung. Im Umkehrschluss kann eine flexible und vom Nutzer bestimmte Integration von IT Services für den kreativen Lernprozess im Hochschulalltag sehr nützlich sein. 19 Was Jede Art von Portalapplikation ist eine Zusammenstellung und Bündelung von webbasierten Services unter einem Dach. Heute verfügbare Learning Management-Systeme (LMS), Intranet-Portale oder Zusammenstellungen aus dem Campus-Management (CM) sind in diesem Sinne thematische Spezialisierungen der Portalidee. Die der Zusammenstellung zugrunde liegenden IT-Basisdienste werden in Hochschulen üblicherweise vom zentralen Rechenzentrum (Heyde 2009) angeboten. Die im privaten meist mobilen Arbeitsumfeld vorhandenen Applikationen enthalten überwiegend persönliche Daten des Benutzers. Auch diese Applikationen basieren auf IT Basisdiensten, die im einfachsten Fall lokal auf dem Gerät oder an einem Ort des Vertrauens der Nutzerin zur Verfügung gestellt werden. Häufig werden diese IT Services in der Cloud angesiedelt. 1 Für die Einfachheit der Sprache verwende ich nicht gleichzeitig, sondern alternierend die weibliche und männliche Form. Damit sind aber stets Personen beider Geschlechter angesprochen und keinerlei Diskriminierung verbunden.
2 Das BYOS-Konzept erlaubt einer Benutzerin durch eine individualisierte datenund schnittstellenbasierte Integration innerhalb eines Portals, nicht nur die Basisdienste der eigenen Institution, sondern auch die Dienste anderer Anbieter zu nutzen. Es entsteht also ein IT-Service-Mashup, das vom Nutzer selbst gesteuert werden kann. Durch diesen Grundgedanken eröffnet sich eine Vielzahl von Möglichkeiten, von denen einige im Folgenden vorgestellt werden. Eine Nutzerin könnte z. B. die Authentifizierung des Zugangs zum Portal nicht mit dem von der Hochschule vergebenen Account (Credentials als Login + Passwort) wählen, sondern eine Authentifizierung mit einem aus Sozialen Netzen verwendeten Account bevorzugen. Der Vorteil aufseiten der Nutzerin wäre eine Single Sign On Strategie mit ihrem ohnehin authentifizierten Mobilgerät. 20 In einer häufig realisierten Portalkonstellation planen Lernende und Lehrende ihre Teilnahme an Veranstaltungen online und erhalten als Ergebnis einen persönlichen Stundenplan. Eine Integration in den persönlichen, mit dem Mobilgerät mitgebrachten Terminkalender bedeutet einen erheblichen Komfortgewinn. Es muss betont werden, dass es dabei nicht um die Benutzung einer Kalender-App auf dem Smartphone mit Zugriff auf einen in der Hochschule gespeicherten Kalender geht. Exakt der umgekehrte Ansatz entfaltet hier seine Wirkung: Die Institution speichert (natürlich auf Wunsch) nach Wahl der Nutzerin die Termine in einem Terminplan, der gleichzeitig im Mobilgerät Verwendung findet. Viele Mobilgeräte erlauben inzwischen die Bearbeitung oder zumindest die Anzeige von Dateien in komplexen Office Formaten. Für Daten aus dem persönlichen Lernumfeld könnte eine Ablage der Daten an einem jederzeit verfügbaren Ort von großem Nutzen sein. Wenn dieser Ort sowohl im mobilen Endgerät als auch durch die BYOS Idee in den Portalapplikationen (z. B. LMS) gleichermaßen verfügbar wäre, entfielen die meist fehleranfällige Synchronisation und die oft gestellte Frage, wo die aktuelle Version liegt. Das Grundprinzip ist schnell auf andere Anwendungsfälle übertragen. Eine Vielzahl von verwendbaren Schnittstellen und erforderlichen Metadaten ist heute verfügbar. Eine technische Diskussion der erforderlichen IT Architektur ist an anderer Stelle (Heyde 2014) publiziert. Wie Offensichtlich sind die heutigen IT-Strukturen noch nicht in der Lage, alle Szenarien aus dem vorangegangenen Kapitel kurzfristig umzusetzen. Weil eine Vielzahl von Schnittstellen existiert bzw. APIs und Webservices von Anbietern bereitgestellt werden, ist die Landschaft der Möglichkeiten unübersichtlich. Zudem ist
3 Faktoren der Veränderung an Hochschulen. Als Ergebnis des Workshops Szenario 2020 bei der Campus Innovation 2012 wurden diese Begriffe vom Publikum genannt. die Flexibilität der Integration von den lokal vorhandenen und bereits im Einsatz befindlichen Technologien abhängig. 21 Neben dem Standpunkt der IT-Sicherheit der Institution muss besonders auf die erhöhten Risiken für die Anwender hingewiesen werden. Immerhin wird der direkte Zugriff auf persönliche Daten gestattet, die bisher nicht im Kontext der Hochschule zur Verfügung standen. Aus Sicht der Hochschule und der Anwender erhöht sich die Verfügbarkeit der zur Arbeit erforderlichen Applikationskomponenten wenigstens im statistischen Sinne. Bei Ausfällen der Basis Infrastruktur oder der Portale sind zwar die hochschulspezifischen Services bzw. deren Zusammenstellung vorübergehend nicht mehr nutzbar. Die Arbeitsfähigkeit bleibt für den Anwender, der seine Services redundant über mehrere Quellen verteilt hat, oftmals aber erhalten. Wer Um Konzepte wie BYOS zu einem langfristigen Erfolg zu führen, bedarf es einer klaren strategischen Aussage zur Nutzerorientierung. Wenn IT-Services nutzerorientiert gestaltet werden wollen, müssen wir die persönliche Arbeitsumgebung unserer mobilen Geräte einbeziehen. Um derart weitreichende Veränderungen in Hochschulstrukturen zu erzielen, sind geeignete Maßnahmen und Faktoren zu beachten. Im Track ecampus der Campus Innovation 2012 wurden von den Teilnehmern die in der MindMap dargestellten Faktoren (Abb. oben) für eine Veränderungsfähigkeit von Hochschulen benannt.
4 Die meisten dieser Faktoren beziehen sich direkt oder indirekt auf die Leitungsebene von Hochschulen. Dennoch gibt es viele Faktoren, die alle Ebenen der Hochschulen betreffen. Diese Faktoren sind mit den Werten des Ökosystems Hochschule verbunden. Die Wertschätzung der hohen Individualität soll dabei nicht infrage gestellt werden. Es soll stattdessen der damit geäußerten Einschätzung, dass daher ja alles perfekt sein müsse und es keiner Änderung bedürfe, radikal widersprochen werden. 22 Psychologische Studien zeigen durchgehend seit den 1970er-Jahren, dass die Selbsteinschätzung in vielen Bereichen des Lebens zu positiv ausfällt (siehe Zusammenfassung der Literatur in Dunning 2004). Auch Lehrende von Hochschulen sind von dem inzwischen sog. Dunning-Kruger-Effekt nicht ausgenommen. So überschätzten sich in einer viel zitierten Studie (Cross 1977) 94 % der Lehrenden, indem sie einschätzten, eine bessere Lehre als der Durchschnitt anzubieten. Der offensichtliche Fehler in der Selbsteinschätzung, den damit 44 % der Bildungselite begehen, führt notwendigerweise zu einer Schieflage in der Bereitschaft, Veränderungen, die von außen angeregt werden, überhaupt als sinnstiftend in Erwägung zu ziehen. Das extreme Beharrungsvermögen von akademisch gebildetem Personal an Hochschulen kann nur ebenso beharrlich langsam durch Beispiele wie aus der o. g. Studie gelöst und in eine veränderungsfreudige Stimmung, die alle Ebenen erfasst, gewandelt werden. Neuere Studien (Schmidt 2010) übertragen die Implikationen auf Veränderungsfähigkeit und die Wahrnehmung von Führungsaufgaben in den Hochschulkontext. Die Komplexität und innere Selbstverstärkung des Systems, das aber durch eben diese Professoren auf allen Ebenen der Gremien gesteuert wird, sind damit zwei zentrale Kernelemente der zukünftigen Veränderungen im gesamten Bildungssystem. Wohin Wo unsere Studierenden, Forscher und externen Kooperationspartner der Hochschulen morgen ihre Daten speichern, ist heute unklar. Das heute bereits stark durch Konzerne wie Apple, Microsoft und Google vorangetriebene persönliche Outsourcing wird in die Geräte als notwendige Betriebsvoraussetzung implementiert. Nutzerinnen haben kaum noch eine Wahl, bei der Verwendung auf die Freibzw. Weitergabe zu verzichten. Wohin letztlich die IT-Services der Hochschule wandern, ist ebenfalls offen und spekulativ. Aktuell erscheinen Lösungen wahrscheinlich, bei denen die Hochschulen sich in kooperativen Modellen gegenseitig bei der IT-Serviceerbringung unterstützen. Service und Support in kooperativer Weise zu erbringen, entlastet langfristig die einzelnen Serviceeinrichtungen.
5 Genau für dieses Szenario werden die Hochschulen eine Einigung auf gut verwendbare Schnittstellen erzielen müssen. Mit anderen Worten sind die Kooperation und das BYOS Konzept gleichermaßen von der Qualität der Schnittstellen und der Flexibilität der Einbindung externer Services in den Hochschulkontext abhängig. Beides in dieser Weise gemeinsam zu denken, zu planen und letztlich zu realisieren, hat das Potenzial, die IT-Versorgung von Hochschulen gravierend zu reformieren. Literatur Bührig, Jan et al. (2011): Technologieakzeptanz mobiler Applikationen für Campus Management Systeme, in: INFORMATIK 2011 Informatik schafft Communities, 41. Jahrestagung der Gesellschaft für Informatik, , Berlin Cross, Patricia (1977): Not can, but will college teaching be improved? New Directions for Higher Education, 17, S Dunning, David et al. (2004): Flawed Self-Assessment Implications for Health, Education, and the Workplace. Psychological Science in the Public Interest, Band 5, S , (verifiziert: ) Heyde, Markus von der et al. (2009): Strukturkonzepte für die Informations und Kommunikationsversorgung von Hochschulen, in: PIK Praxis der Informationsverarbeitung und Kommunikation, Volume 32 (3), München: De Gruyter Verlag, S Heyde, Markus von der (2014): Anforderungen an die IT Architektur und deren Nutzen für flexible Versorgungkonzepte, in Print, in: PIK Praxis der Informationsverarbeitung und Kommunikation, Volumen 37 (1), München: De Gruyter Verlag Pelkmann, Thomas/Tynan, Dan (2013): Wie Touchscreens das Denken verändern, IDG Business Media GmbH, (verifiziert: ) Presseinformation der BITKOM vom : Smartphones erobern den Berufsalltag, Nutzung_06_11_2013.pdf (verifiziert: ) Schmidt, Boris (2010): Mit gutem Beispiel voran? Eine empirische Studie zum veränderungs und innovationsbezogenen Handeln von Professorinnen und Professoren, in: die hochschule 1/2010, (verifiziert: ) 23
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