Vorlesung Grundlagen der Anatomie & Embryologie

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1 Vorlesung Grundlagen der Anatomie & Embryologie Endokrines System Vesalius, De humani corporis fabrica (1543) Martina Schmitz WS 16/17 Institut für Anatomie und vaskuläre Biologie, Direktor Prof. H. Schnittler

2 Endokrines System Die Studierenden...können Beispiele für endokrine Drüsen im engeren Sinne nennen..besitzen eine Vorstellung über die Prinzipien der Hormonregulation mit hierarchischer Gliederung und Rückkoppelungsmechanismus..können Lokalisation und Gliederung der Hypophyse beschreiben..können überblicksmäßig die unterschiedliche entwicklungsgeschichtliche Bildung der Neurohypophyse und der Adenohypophyse erklären..kennen den Hypothalamus als Produzenten der Effektorhormone ADH und Oxytocin, die von der Neurohypophyse freigesetzt werden..können den Effekt der Steuerhormone des Hypothalamus auf die Adenohypophyse beschreiben und in diesem Zusammenhang die Sinnhaftigkeit des hypophysären Portalkreislaufs erklären..können den Unterschied zwischen glandotropen und nicht glandotropen Hormonen der Adenohypophyse erklären und Beispiele nennen..können Schilddrüse und Nebenschilddrüse topografisch einordnen und das makroskopische Aussehen beschreiben..können die Hormone der Nebenschilddrüse, der Follikelepithelzellen und der parafollikulären C Zellen der Schilddrüse und deren prinzipielle Effekte nennen..kennen die Gliederung der Glandula suprarenalis in Nebennierenrinde und mark und die entstehungsgeschichtliche Ableitung aus Mesoderm bzw. Neuralleiste..kennen die Gliederung des Pankreas in exokrin und endokrin tätiges Organ, sowie Lokalisation und topografische Verhältnisse..kennen den Einfluss von Insulin und Glukagon auf den BZ Spiegel.

3 Definition Hormone hormao (gr.) = antreiben, erregen Hormon: antreibender Stoff Botenstoffe, die von spezialisierten Zellen synthetisiert und nach speziellen Stimuli sezerniert werden, um spezifische Wirkungen oder Regulationsfunktionen an den Zellen der Erfolgsorgane zu verrichten. (Text nach Classen/Diehl/Kochsiek: Innere Medizin, Elsevier)

4 Definition Hormone Hormonfunktion: Kommunikation im vielzelligen Organismus Nervensystem / Endokrines System / Immunsystem: kooperieren zur Regulation von Homöostase, Entwicklung, Reproduktion strukturelle, chemische, funktionelle Überschneidungen

5 Definition Hormone Hormonfunktion: Kommunikation im vielzelligen Organismus Nervensystem / Endokrines System / Immunsystem: kooperieren zur Regulation von Homöostase, Entwicklung, Reproduktion strukturelle, chemische, funktionelle Überschneidungen elektrische / humorale Informationsleitung Wirksame Konzentration der Hormone: Einteilung der Hormone: sehr niedrig, hoher Turnover Substanzklasse, Produktionsort, Wirkungsbereich

6 Endokrine Drüsen (im engeren Sinn) Adenohypophyse Gl. thyroidea Gll. parathyroideae Gll. suprarenales endokrines Pankreas Ovarien Testes (Sobotta, Atlas der Anatomie, Elsevier)

7 Endokrine Drüsen (diffuses endokrines System) Zusätzliche endokrine Sekretion von anderen Organen: Herz Magen Dünndarm Nieren Fettzellen... Fettzellen (Klinke / Silbernagel; Lehrbuch der Physiologie, Thieme)

8 Hormonregulation Sowohl Synthese als auch Ausschüttung der Hormone werden durch Regelkreise kontrolliert. Diese sind zum Teil hierarchisch organisiert: Die oberste Instanz bildet der Hypothalamus (ein Teil des Zwischenhirns). Er gibt Releasing und Inhibiting Hormone (Liberine und Statine) ab und beeinflusst so einen eng benachbarten zweiten zentralen Regulator, die Hypophyse. Deren vorderer Anteil, die Adenohypophyse, sezerniert glandotrope Hormone, die auf die untergeordneten Hormondrüsen einwirken, sowie nicht glandotrope Hormone, die direkt auf das Zielgewebe einwirken. Die Konzentration der im Blut zirkulierenden Hormone wird von Chemorezeptoren im Hypothalamus ständig gemessen. Durch diesen Rückkopplungsmechanismus wird die Hormonkonzentration konstant gehalten. (Faller/Schünke, Der Körper des Menschen, Thieme)

9 Hypophyse Adenohypophyse = Hypophysenvorderlappen 1. Pars distalis 2. Pars intermedia 3. Pars tuberalis Neurohypophyse = Hypophysenhinterlappen 1. Infundibulum 2. Lobus nervosus (Benninghoff/Drenckhahn, Anatomie, Elsevier)

10 Hypophyse (Lage) Blick auf die innere Schädelbasis von oben Die Hypophyse liegt in der Hypophysengrube (Fossa hypophysialis) im Türkensattel (Sellaturcica) des Keilbeins (Os sphenoidale, hier grün markiert). Sella turcica (Türkensattel) (Sobotta, Atlas der Anatomie, Elsevier)

11 Hypophyse (Lage) Sella turcica (Türkensattel) (Sobotta, Atlas der Anatomie, und Wicke, Röntgenanatomie, beide Elsevier)

12 Hypophyse: Entwicklung Die Adenohypophyse entwickelt sich aus einer ektodermalen Ausstülpung der Mundhöhle nach dorsal, i.e. der Rathke Tasche. Die Neurohypophyse ist ein Teil des Gehirns und entwickelt sich aus dem Boden des Zwischenhirns (Diencephalon). (Sadler, Medizinische Embryologie, Thieme)

13 Hypothalamus Hypophysen Zielorgan Achse Steuerhormone (RH / IH) Effektorhormone (ADH / Oxytocin) glandotrop nicht glandotrop

14 Neurohypophyse Die Neurohypophyse ist ein Teil des Gehirns, i.e. des Zwischenhirns. Sie bildet selbst keine Hormone. Diese werden im Hypothalamus gebildet, über Axone (Nervenfortsätze) zur Neurohypophyse transportiert, dort gespeichert und bei Bedarf ausgeschüttet (Neurosekretion). ADH (Anti Diuretisches Hormon, Adiuretin, Vasopressin) bewirkt in der Niere die Wasser Rückresorption. Oxytocin (OT) wirkt auf glatte Muskulatur und löst im schwangeren Uterus die Wehentätigkeit und in der laktierenden Brustdrüse die Milchejektion aus. (Benninghoff/Drenckhahn, Anatomie, Elsevier)

15 Hypothalamo Hypophysäre Achse HHL: Hypothalamus synthetisiert, Neurohypophyse sezerniert HVL: Portalkreislauf im Hypophysenstiel für Steuerhormone (RH, IH) (Menche, Biologie/Anatomie/Physiologie, Elsevier)

16 Adenohypophyse Die Adenohypophyse bildet selbst Hormone. Diese wirken entweder direkt auf das Erfolgsgewebe (nicht glandotrope oder Effektorhormone) oder sie wirken indirekt, indem sie auf andere, periphere endokrine Drüsen wirken (glandotrope oder Steuerhormone). (Faller/Schünke, Der Körper des Menschen, Thieme)

17 Adenohypophyse / nicht glandotrope Hormone

18 Adenohypophyse / nicht glandotrope Hormone GH (growth hormone)= STH (Somatotropin = Somato Tropes Hormon) wirkt wachstumsfördernd auf Knorpel, Knochen und Muskulatur. PRL (Prolaktin) stimuliert die Bildung von Muttermilch in der Stillzeit. MSH (Melanotropin = Melanozyten Stimulierendes Hormon) steuert die Pigmentierung der Haut. (Benninghoff/Drenckhahn, Anatomie, Elsevier)

19 Adenohypophyse / glandotrope Hormone

20 Adenohypophyse: Gonadotrope Hormone Innerhalb der glandotropen Hormone unterscheidet man gonadotrope Hormone, welche auf die Keimdrüsen wirken, und nicht gonadotrope Hormone, welche auf andere, periphere endokrine Organe wirken. FSH (Follitropin = Follikel Stimulierendes Hormon) fördert bei der Frau das Wachstum der Follikel im Ovar, beim Mann die Spermatogenese. LH (Lutropin = Luteinisierendes Hormon) führt bei der Frau zu Eisprung und Bildung des Gelbkörpers (Corpus luteum), beim Mann fördert es im Hoden die Sekretion von Testosteron. (Benninghoff/Drenckhahn, Anatomie, Elsevier)

21 Adenohypophyse: adrenocorticotrope / thyreotrope Hormone ACTH (Adrenocorticotropin = Adreno Cortico Tropes Hormon) stimuliert die Hormonproduktion in der Nebennierenrinde. TSH (Thyrotropin = Thyroidea Stimulierendes Hormon) stimuliert die Produktion der Schilddrüsenhormone T3 und T4. (Benninghoff/Drenckhahn, Anatomie, Elsevier)

22 Schilddrüse und Nebenschilddrüse Die Schilddrüse (Glandula thyroidea) besteht aus zwei Lappen, die durch einen Isthmus verbunden sind. Sie liegt im Halsbereich, unterhalb des Kehlkopfes und vor und beidseits der Trachea. Sie ist, wie alle endokrinen Drüsen, gut durchblutet. Auf ihrer Rückseite liegen vier etwa linsengroße Nebenschilddrüsen (Gll. parathyroideae) = Epithelkörperchen, zwei obere und zwei untere. (Menche, Biologie/Anatomie/Physiologie, Elsevier)

23 Schilddrüse: Lage

24 Schilddrüse und Nebenschilddrüse (Faller/Schünke, Der Körper des Menschen, Thieme)

25 Schilddrüse und Nebenschilddrüse Die Schilddrüse (Glandula thyroidea) besteht aus zwei Lappen, die durch einen Isthmus verbunden sind. Sie liegt im Halsbereich, unterhalb des Kehlkopfes und vor und beidseits der Trachea. Sie ist, wie alle endokrinen Drüsen, gut durchblutet. Auf ihrer Rückseite liegen vier etwa linsengroße Nebenschilddrüsen (Gll. parathyroideae) = Epithelkörperchen, zwei obere und zwei untere.

26 Schilddrüse und Nebenschilddrüse Die Schilddrüse enthält zwei voneinander unabhängige endokrine Zellarten: 1. Follikelepithelzellen, welche die Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) bilden (entodermaler Herkunft) 2. parafollikuläre C Zellen, welche Calcitonin bilden (aus der Neuralleiste eingewandert). Die Nebenschilddrüsen bilden Parathormon. Dieses wirkt wie das Calcitonin auf den Kalziumstoffwechsel. (Faller/Schünke, Der Körper des Menschen, Thieme)

27 Schilddrüse und Nebenschilddrüse Die Schilddrüse enthält zwei voneinander unabhängige endokrine Zellarten: 1. Follikelepithelzellen, welche die Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) bilden (entodermaler Herkunft) Ausgeprägtes Kapillarnetz um jeden Follikel Follikel mit Epithel (50 900µm) C Zellen 2. parafollikuläre C Zellen, welche Calcitonin bilden (aus der Neuralleiste eingewandert). Thyreoglobulin Die Nebenschilddrüsen bilden Parathormon. Dieses wirkt wie das Calcitonin auf den Kalziumstoffwechsel.

28 Wirkung und Regulation von T3 und T4

29 Prinzip der Homöostase z.b. Kalziumhaushalt

30 Adenohypophyse: nicht gonadotrope Hormone ACTH (Adrenocorticotropin = Adreno Cortico Tropes Hormon) stimuliert die Hormonproduktion in der Nebennierenrinde. TSH (Thyrotropin = Thyroidea Stimulierendes Hormon) stimuliert die Produktion der Schilddrüsenhormone T3 und T4. (Benninghoff/Drenckhahn, Anatomie, Elsevier)

31 Nebenniere (Gl. suprarenalis) Die paarigen Nebennieren gliedern sich jeweils in eine aus 3 Zonen bestehende Rinde (Cortex) und in das Nebennierenmark (Medulla). Sie sind lebensnotwendig. Die Rinde produziert Steroidhormone, das Mark Katecholamine, die Blutdruck und Stoffwechsel regulieren. (Menche, Biologie/Anatomie/Physiologie, Elsevier)

32 Entwicklung der Nebennieren Die Nebenniere vereint zwei entwicklungsgeschichtlich und funktionell zwei verschiedene Organe. Die Nebennierenrinde entsteht aus dem Mesoderm in der Wand der Leibeshöhle (Zölomepithel). Das Nebennierenmark ist ektodermaler Herkunft und entstammt der Neuralleiste. Von hier aus wandern Sympathikoblasten auf das proliferierendene Zölomepithel zu und dringen von medial her in die fetale Rinde ein. Das Nebennierenmark entspricht so einem sympathischen Ganglion. (Sadler, Medizinische Embryologie, Thieme)

33 Pankreas mit Nachbarorganen von ventral (Menche, Biologie/Anatomie/Physiologie, Elsevier)

34 Pankreas (Histologie) Exokriner Teil des Pankreas ( Bauchspeichel Drüse, Verdauungsdrüse) Exokrines Pankreas Endokriner Teil des Pankreas (Hormondrüse) = Inselorgan aus Insulae pancreaticae (LANGERHANS Inseln) mit Alphazellen (A) für Glukagon und Betazellen (B) für Insulin Endokrines Pankreas (Sobotta, Atlas der Anatomie, Elsevier)

35 Endokrines Pankreas Glucosehaushalt

36 Glossar (erstellt von A. Schober) hypophysis, is f: Hirnanhangsdrüse, Hypophyse (gr. darunter Gewachsenes ) pinealis, e: fichtenzapfenähnlich (lat. pinea, ae f: Fichtenzapfen, Tannenzapfen) hypothalamus, i m: unterhalb des Sehhügels gelegener Teil des Zwischenhirns thalamus, i m: Sehhügel (wegen der Verbindung mit dem Sehnerv), Thalamus (gr. thalamos m: Schlafgemach, Zimmer, Kammer, Wohnung) sella, ae f: Sattel, Sessel, Stuhl sphenoidalis, e: keilförmig, zu etwas Keilförmigen gehörend (gr. sphen m: Keil) infundibulum, i n: Trichter; Hypophysenstiel (lat. infundere: hineingießen) Diurese f: Harnausscheidung (gr. dia: durch; uresis f: das Harnen) Oxytocin n: Wehenhormon (gr. okys: schnell; tokos m: Geburtswehe, Geburt) Ejektion f: Herausschleudern, Auswurf (lat. ejaculari: herausschleudern) Laktation f: Produktion und Abgabe von Milch (lat. lac, lactis n: Milch) Melanozyt m: Zelle mit eingelagerten schwarzen Pigmentgranula (gr. melas: schwarz) isthmus, i m: enge Stelle, schmale Verbindung, Enge, Isthmus (gr. isthmos m) recurrens, entis: zurücklaufend, rückläufig: P.P.A. von recurrere: zurücklaufen Steroid n: eine für biologische Funktionen wichtige, lipophile organische Verbindung mit 4 Kohlenstoffringen, z.b. Cholesterin (gr. chole: Galle; stereos: fest) Cholesterin wurde bereits im 18. Jh. in Gallensteinen gefunden