Predigt über Johannes 16, Mai 2015, Kreuzkirche Reutlingen, Pfarrerin Carolin Braun
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- Siegfried Müller
- vor 7 Jahren
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1 Predigt über Johannes 16, Mai 2015, Kreuzkirche Reutlingen, Pfarrerin Carolin Braun Der Heilige Geist - das ist mehr so ein Engel, der hilft Gott. So heißt ein Buch, in dem Schülerinnen und Schüler der Grundschule und der Unterstufe zu ihren Vorstellungen vom Heiligen Geist befragt wurden. Die Autorin hatte festgestellt, dass der Heilige Geist im Religionsunterricht sehr selten Thema ist. Kein Wunder also, dass die Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler manchmal eher diffus waren. Als liebes Gespenst wird der Heilige Geist bezeichnet, das keine Leute erschreckt, sondern ihnen eher sagt, was sie tun sollen. Auch die Frage, wie dieser Heilige Geist nun aussieht, ist wichtig, ob er durchsichtig ist, eine Krone trägt oder doch eher einen Heiligenschein. Vieles bringt einen beim ersten Lesen zum Lachen. Manches bringt einen zum Staunen oder auch zu der Frage: Wo kommt nur diese Vorstellung her?. 1
2 Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber ich finde, es ist tatsächlich nicht so ganz einfach, sich den Heiligen Geist vorzustellen. Zumindest fällt mir das beispielsweise bei Jesus viel leichter. Von ihm haben wir zwar auch keine genaue Personenbeschreibung, aber doch wenigstens Geschichten, Sätze, die er gesagt haben soll, Ereignisse, die andere mit ihm erlebt haben. Wir wissen, dass er Eltern und Geschwister hatte, wir kennen die Namen seiner Freunde. Aber beim Heiligen Geist? Der taucht tatsächlich doch immer eher indirekt auf und ist wahrscheinlich deshalb auch viel schwerer zu fassen. Vielleicht sollte man sich also nicht nur im Religionsunterricht, sondern auch als Erwachsener ab und an mit dem Heiligen Geist beschäftigen. Auch im Predigttext für den heutigen Sonntag geht es um den heiligen, den göttlichen Geist. Es handelt sich um eine der wenigen Bibelstellen, die versuchen, diesen Heiligen Geist zu beschreiben. Der Text steht im Johannesevangelium, im 16. Kapitel. Kurz bevor 2
3 Jesus gefangen genommen wird, bereitet er seine Jünger auf das vor, was auf sie zukommt. Er kündigt an, dass schwere Zeiten auf sie warten, dass sie traurig sein und die Welt nicht mehr verstehen werden. Ein schwerer Abschied steht ihnen bevor. Aber sie werden diese Zeit nicht alleine durchstehen müssen. Jesus verspricht, ihnen einen Beistand zu schicken. Ich lese aus dem 16. Kapitel des Johannesevangeliums, wie Jesus seinen Jüngern diesen Beistand ankündigt: Jetzt aber gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat; und niemand von euch fragt mich: Wo gehst du hin? Doch weil ich das zu euch geredet habe, ist euer Herz voll Trauer. Aber ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, will ich ihn zu euch senden. 3
4 Und wenn er kommt, wird er der Welt die Augen auftun über die Sünde und über die Gerechtigkeit und über das Gericht; über die Sünde, dass sie nicht an mich glauben; und über die Gerechtigkeit: dass ich zum Vater gehe und ihr mich hinfort nicht seht; und über das Gericht: dass der Fürst dieser Welt gerichtet ist. Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen. Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, wird er euch in alle Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selbst reden; sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkündigen. Er wird mich verherrlichen; denn von dem Meinen wir er s nehmen und euch verkündigen. Alles, was der Vater hat, das ist mein. Darum habe ich gesagt: Er wird s von dem Meinen nehmen und euch verkündigen. 4
5 Ein ziemlich komplizierter Text. Ein Text, der es in sich hat. Nur wenige Verse später berichtet das Johannesevangelium, dass die Jünger sich fragen Was will Jesus uns sagen? Wir verstehen es nicht!. Vieles von dem, was Jesus gesagt hat und auch vieles von dem, was sie mit ihm erlebt haben, werden die Jünger erst viel später verstehen. Wahrscheinlich ist Ihnen beim Hören aufgefallen, dass die Bezeichnung Heiliger Geist im Text gar nicht aufgetaucht ist. Stattdessen ist dort von einem Tröster die Rede und von einem Geist der Wahrheit. Vielleicht helfen uns diese beiden Bezeichnungen, ein bisschen besser zu verstehen, wie wir uns den Geist Gottes vorstellen können. Da ist zum einen der Heilige Geist als Tröster. Was trösten ist, wissen wir alle und auch, wie gut es tut, getröstet zu werden. Eltern werden oft zu Tröstern für ihre Kinder, wenn die Kinder sich wehgetan oder erschreckt haben. Trösten 5
6 bedeutet dann oft: In den Arm nehmen, beruhigen, liebevoll zureden. In den Armen der Eltern tut das aufgeschlagene Knie nicht mehr ganz so weh. In den Armen der Eltern ist die Welt längst nicht mehr so bedrohlich. Aber auch Erwachsene können sich gegenseitig trösten. Wer einem anderen Trost spendet vermittelt ihm das Gefühl: Ich bin bei dir in einer schlimmen Situation. Ich lasse dich nicht allein. Wo einer den anderen tröstet, da ist ein Stück vom Himmel spürbar. Auch als Geist der Wahrheit wird der Heilige Geist im Text bezeichnet. Als einer, der der Welt die Augen auftut. Die Wahrheit ist nicht immer angenehm. Manchmal lebt es sich mit einer Lüge oder falschen Vorstellungen sogar scheinbar leichter. Aber alles Unehrliche, Unechte bricht irgendwann einmal zusammen. Und dann steht man buchstäblich vor den Trümmern des Lebens. Es ist gut, wenn einem jemand die Augen öffnet, bevor das passiert. Der Wahrheit ins Auge zu schauen kann weh tun, aber letztendlich ist es befreiend. Und wenn 6
7 einer dem anderen hilft, die Wahrheit zu erkennen, wenn es einem dann wie Schuppen von den Augen fällt, dann ist auch da ein Stück vom Himmel spürbar. Tröster und Geist der Wahrheit, das sind zwei Versuche, den Geist Gottes und sein Wirken zu beschreiben. Es sind sicher nicht die einzigen Möglichkeiten. Nächste Woche am Pfingstsonntag steht traditionell die Geschichte im Mittelpunkt, bei der der Geist Gottes wie ein Brausen vom Himmel über die Jünger kommt und sie mit Begeisterung erfüllt. Vielleicht ist der Heilige Geist tatsächlich schwer vorstellbar und beschreibbar, weil er vor allem fühlbar und spürbar ist. Wenn wir getröstet werden oder wenn uns die Augen aufgehen, dann spüren wir Gott lässt uns nicht allein. In solchen Situationen wird ein Stück vom Himmel spürbar. Das heißt: Wir merken auf einmal: Gott meint es gut mit uns, in diesem Leben und auch in dem Leben, das nach dem Tod auf uns wartet. 7
8 Auch die Taufe ist ein Handeln dieses heiligen, tröstenden und Wahrheit schaffenden Geistes. Amelie, Lina und Michael sind heute durch ihre Taufe in die Gemeinde Gottes aufgenommen worden. Das bedeutet zum einen, dass sie konkret hier vor Ort zur Gemeinde gehören. Aber sie gehören damit auch für immer zu den Kindern Gottes und was auch passiert, sie werden nie aus seiner Hand fallen. Durch seinen Geist will Gott sie und uns alle im Leben begleiten, trösten und auf dem Weg der Wahrheit führen. Amen 8
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