Sie muss frei gebildet, gegnerfrei und unabhängig sein und das geltende Tarifrecht anerkennen. [ 2 ]
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1 TK Lexikon Arbeitsrecht Gewerkschaft Arbeitsrecht 1 Tariffähigkeit HI HI Tariffähig und damit Gewerkschaften sind nur solche Arbeitnehmervereinigungen, die im äußersten Fall auch zum Streik bereit und die gegenüber den Arbeitgebern durchsetzungsfähig sind. Das bedeutet: Sie muss vom Gegner ernst genommen werden können, sodass die Regelung der Arbeitsbedingungen nicht einem Diktat der einen Seite entspringt, sondern ausgehandelt wird. [ 1 ] Sie muss frei gebildet, gegnerfrei und unabhängig sein und das geltende Tarifrecht anerkennen. [ 2 ] 2 Schutz der Koalitionsfreiheit HI Das Recht, Gewerkschaften zu bilden, ist ebenso wie das Recht, Arbeitgebervereinigungen zu bilden, verfassungsrechtlich geschützt. [ 3 ] Jede Behinderung dieser Koalitionsfreiheit durch Drohung, Versprechen oder sonstige Mittel ist rechtswidrig. Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass jede unterschiedliche Behandlung von Personen wegen ihrer gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung unterbleibt. [ 4 ] Der Schutz erstreckt sich auch auf die Betätigung im Dienst von Gewerkschaften oder für sie (z. B. Kassieren von Beiträgen). Ein Arbeitgeber darf die Einstellung eines Arbeitnehmers nicht von dessen Austritt aus einer Gewerkschaft abhängig machen; die betroffene Gewerkschaft kann sich gegen diesen rechtswidrigen Angriff auf ihr Koalitionsbetätigungsrecht mit einer Unterlassungsklage wehren. [ 5 ] Das Grundgesetz gewährt auch die so genannte negative Koalitionsfreiheit, also die Freiheit des Arbeitnehmers, keiner Gewerkschaft beizutreten; deshalb besteht bei der Werbung für Gewerkschaften ein Verbot des Bedrängens des Arbeitnehmers. Allerdings darf nicht bereits jeder Druck als Verletzung der negativen oder positiven Koalitionsfreiheit angesehen werden. Die Werbung und Information an betriebliche Adressen von Arbeitnehmern ist z. B. trotz des Verbots der Nutzung der betrieblichen -Adresse zu privaten Zwecken zulässig, sofern es hierdurch zu keinen nennenswerten Betriebsablaufstörungen oder spürbaren wirtschaftlichen Belastungen des Arbeitgebers kommt. [ 6 ] 3 Zutrittsrecht HI Zum Recht von Vertretern der Gewerkschaften, an Sitzungen des Betriebsrats und an Betriebsversammlungen teilzunehmen, s. Betriebsversammlung. Gewerkschaftsbeauftragte haben ein Zutrittsrecht zum Betrieb insoweit, als es zur Wahrnehmung der im BetrVG den Gewerkschaften übertragenen Aufgaben dient oder in innerem Zusammenhang mit der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung der Gewerkschaften steht. Deshalb besteht kein
2 Zutrittsrecht, um am Arbeitsplatz mit den Arbeitnehmern allgemeine Fragen des geltenden Tarifvertrags zu besprechen. [ 7 ] Ein Zutrittsrecht für Gewerkschaftsbeauftragte außerhalb ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben zur Informations-, Werbe- und Betreuungstätigkeit besteht auch nicht außerhalb der Arbeitszeit und während der Pausen. [ 8 ] 4 Vertretungsrecht vor Arbeitsgerichten HI Vor Arbeitsgerichten, Landesarbeitsgerichten und dem Bundesarbeitsgericht können Vertreter von Gewerkschaften Gewerkschaftsmitglieder vertreten, wenn das Gewerkschaftsmitglied einen arbeitsrechtlichen Streit als Arbeitnehmer führt, 11 Abs. 4 ArbGG. 5 Gewerkschaftszugehörigkeit und Tarifansprüche HI Rechtsnormen eines Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten für Arbeitnehmer kraft Koalitionsmitgliedschaft nach 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG unmittelbar. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Tarifeinheit am 10. Juli 2015 und dem neu eingefügten 4a TVG gelten gesetzliche Regelungen zur Auflösung von Tarifpluralitäten. [ 9 ] In Tarifverträgen darf zwischen den bei der vertragsschließenden Gewerkschaft organisierten und anders oder nichtorganisierten Arbeitnehmern nach bisheriger Rechtsprechung des BAG grundsätzlich nicht unterschieden werden. Sog. Differenzierungsklauseln sind in 2 Grundformen möglich: "Qualifizierte Differenzierungsklauseln", die auf die individualrechtlichen Gestaltungsbefugnisse des Arbeitgebers einwirken wollen, indem sie auf verschiedene Weise sicherzustellen versuchen, dass im Ergebnis dem gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter in jedem Falle mehr zusteht als demjenigen, der nicht Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft ist. "Einfache Differenzierungsklauseln", welche die Gewerkschaftszugehörigkeit des Arbeitnehmers zwar zur Voraussetzung für einen bestimmten materiellen Anspruch machen, die aber keine rechtlichen Schranken dafür aufstellen, dass der Arbeitgeber auf individualvertraglicher Ebene die tariflich vorgesehene Ungleichbehandlung beseitigt. [ 10 ] Den Rechtsanspruch aus einem nicht für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag haben aufgrund des Tarifvertrags nur Mitglieder der vertragsschließenden Gewerkschaft. [ 11 ] Das schließt aber nicht aus, dass der Arbeitgeber auch mit den anderen oder nichtorganisierten Arbeitnehmern dieselben Rechte und Arbeitsbedingungen vereinbart wie mit den Gewerkschaftsmitgliedern. 6 Verteilung von gewerkschaftlichem Werbematerial im Betrieb HI Werbe- und Informationsmaterial der Gewerkschaften darf durch Betriebsangehörige außerhalb der Arbeitszeit im Betrieb verteilt werden. Das BAG [ 12 ] hat dazu jedoch folgende Grundsätze
3 aufgestellt: Das Material darf keinen parteipolitischen Inhalt haben. Sonstige politische Fragen dürfen darin nur insoweit behandelt werden, als sie mit der Wahrung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der Arbeitnehmer in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Der Arbeitgeber, die Arbeitgeberschaft und der Arbeitgeberverband dürfen in dem Material nicht unsachlich angegriffen werden und Arbeitsabläufe nicht gestört werden. [ 13 ] Das Urteil des BAG vom [ 14 ] ist vom Bundesverfassungsgericht [ 15 ] aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das BAG zurückverwiesen worden, und zwar mit folgender Begründung: Auch während der Arbeitszeit ist die Mitgliederwerbung eines Gewerkschafters im Betrieb nicht grundsätzlich verboten. Vielmehr muss im Einzelfall entschieden werden, ob das Gewerkschaftsmitglied durch seine Verhaltensweise gegen seine Pflichten aus seinem Arbeitsvertrag verstoßen hat und die Interessen des Arbeitgebers berücksichtigt werden. Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit umfasst alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen, also auch die Mitgliederwerbung durch Gewerkschaften. Andererseits ist auch die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit der Arbeitgeber, die insbesondere bei einer Störung des Arbeitsablaufs und des Betriebsfriedens berührt wird, durch das Grundgesetz geschützt. Ein Arbeitgeber kann seinen Arbeitnehmern untersagen, gewerkschaftliches Werbematerial über die hausinternen Postfächer für die Betriebsabteilungen zu verteilen. [ 16 ] Information und Werbung für eine bestimmte Gewerkschaft oder für Gewerkschaften überhaupt dürfen im Betrieb nicht durch den Betriebsrat als solchen (wohl aber durch einzelne Betriebsratsmitglieder) erfolgen. Der Arbeitgeber braucht keine Gewerkschaftswerbung mittels seines Eigentums (z. B. Aufkleber auf Schutzhelm) zu dulden. [ 17 ] Allerdings muss gewerkschaftliche Mitgliederwerbung durch Plakate am schwarzen Brett o. Ä. geduldet werden. [ 18 ] Zur Werbung durch die Gewerkschaft mittels siehe oben Schutz der Koalitionsfreiheit. 7 Klagerecht bei Tarifbruch HI Die Gewerkschaften können einen Unterlassungsanspruch gegen tarifwidrige Betriebsvereinbarungen und Regelungsabreden gerichtlich durchsetzen. Die Regelungen des Tarifvertrags gehen auch der sog. Regelungsabrede (d. h. Übernahme von formlos zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbarten Regelungen in Einzelarbeitsverträge) vor. [ 19 ] 8 Betriebsrats- und Gewerkschaftstätigkeit HI Nach 74 Abs. 3 BetrVG sind Arbeitnehmer, die im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes Aufgaben (z. B. als Betriebsrat, Wahlvorstand, Mitglied der Einigungsstelle) übernehmen, hierdurch unbeschadet der sich aus ihrem Amt ergebenden Pflichten nicht gehindert, als Gewerkschaftsmitglieder für ihre Gewerkschaft auch im Betrieb tätig zu sein. Eine Mitteilungspflicht des Arbeitnehmers über den Beitritt zu einer Gewerkschaft besteht gegenüber dem Arbeitgeber nicht.
4 Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, bei der Einstellung Fragen nach der Gewerkschaftszugehörigkeit überhaupt oder richtig zu beantworten, denn der Arbeitgeber darf nicht wegen der Gewerkschaftszugehörigkeit den Abschluss des Arbeitsvertrags verweigern. [ 20 ] Er kann die Frage wegen einer etwaigen Tarifbindung nach der Einstellung stellen, wenn dies unumgänglich ist. 9 Keine Wahl gewerkschaftlicher Vertrauensleute im Betrieb HI Die Gewerkschaften haben keinen gesetzlichen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber, die Wahlen der gewerkschaftlichen Vertrauensleute im Betrieb durchführen zu lassen. Denn die Wahl der Vertrauensleute kann nach Ansicht des BAG auch an einem anderen Ort außerhalb des Betriebs durchgeführt werden. Stehen gewerkschaftseigene Räume in der Nähe der Betriebsstätte nicht zur Verfügung, so bleibt nach Ansicht des BAG die Möglichkeit, geeignete Räume anzumieten oder einen Wahlbus einzusetzen, in dem die Gewerkschaftsmitglieder in unmittelbarer Nähe der Betriebsstätte ihre Stimme abgeben können. [ 21 ] [ 1 ] BAG, Beschluss v , 1 ABR 62/89. [ 2 ] BAG, Beschluss v , 1 ABR 22/85. [ 3 ] Art. 9 Abs. 3 GG. [ 4 ] 75 BetrVG. [ 5 ] BAG, Urteil v , 1 AZR 651/85. [ 6 ] BAG, Urteil v , 1 AZR 515/08. [ 7 ] BAG, Beschluss v , 1 ABR 24/72. [ 8 ] BVerfG, Beschluss v , 2 BvR 384/78. [ 9 ] Mehr dazu: Tarifvertrag, Geltungsbereich [ 10 ] BAG, Urteil v , 4 AZR 64/08. [ 11 ] 4 TVG. [ 12 ] BAG, Urteil v , 1 AZR 533/67. [ 13 ] BAG, Urteil v , 1 AZR 610/80 und BAG, Urteil v , 5 AZR 74/91. [ 14 ] BAG, Urteil v , 5 AZR 74/91. [ 15 ] BVerfG, Beschluss v , 1 BvR 601/92. [ 16 ] BAG, Urteil v , 1 AZR 597/85. [ 17 ] BAG, Urteil v , 1 AZR 172/78. [ 18 ] BAG, Urteil v , 1 AZR 121/81. [ 19 ] BAG, Beschluss v , 1 ABR 72/98.
5 [ 20 ] BAG, Urteil v , 1 AZR 651/85. [ 21 ] BAG, Urteil v , 1 AZR 303/77.
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