Der WHO-Stufenplan. 2.1 Inhalte bei Beschlussfassung Entwicklung bis heute 30 Jahre später Rechtsgrundsätze 12
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- Markus Gerber
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1 9 Der WHO-Stufenplan.1 Inhalte bei Beschlussfassung 10. Entwicklung bis heute 30 Jahre später 11.3 Rechtsgrundsätze 1 E. Beubler, Kompendium der medikamentösen Schmerztherapie, DOI / _, Springer-Verlag Wien 01
2 10 Kapitel Der WHO-Stufenplan.1 Inhalte bei Beschlussfassung Bereits 198 hat ein multidisziplinär besetztes Gremium von Experten in Mailand Richtlinien zur Behandlung von Krebsschmerzen erarbeitet. Diese Richtlinien empfehlen einige wenige Arzneimittel, mit der Schmerzfreiheit als realistisches Ziel für die Mehrheit der Krebspatienten weltweit erreichbar wäre. Die empfohlenen Arzneimittel waren: Aspirin, Codein und Morphin. Diese Richtlinien waren schließlich die Basis für den 1986 publizierten WHO-Stufenplan (. Abb..1). Der Stufenplan sieht vor, Schmerzen, beginnend mit en, wenn die nicht ausreichen, mit schwachen Opioiden, und wenn die nicht ausreichen, mit starken Opioiden zu behandeln. Als besonders wichtig wird hervorgehoben: Wenn ein Arzneimittel der Stufe I in adäquater Dosis und Einnahmefrequenz nicht zu Schmerzfreiheit führt, soll nicht auf ein anderes Arzneimittel derselben Stufe gewechselt werden; es soll auch nicht die Dosis erhöht werden. Die Anweisung lautet, ein stärkeres Analgetikum zu verordnen, d. h. ein Arzneimittel der nächsten Stufe zu versuchen. Zusätzlich soll immer an Adjuvantien gedacht werden. Das sind Arzneimittel, die nicht direkt analgetisch wirken, aber die Wirkung des gewählten Analgetikums verstärken können bzw. bestimmte Symptome, die mit den Schmerzen assoziiert sind, günstig beeinflussen. In der WHO-Empfehlung waren es: Ein Antikonvulsivum: Carbamazepin 1 Ein Neuroleptikum: Haloperidol Ein Anxiolytikum: Diazepam 3 Ein Glucocorticoid: Prednisolon oder Dexamethason 4 1 A, CH: Tegretol; D: Tegretal A, CH, D: Haldol 3 A, CH, D: Valium 4 A, CH, D: Fortecortin Heute ist diese Liste sicherlich länger und wird im Inneren des Buches besprochen. Zusätzlich zu den genannten Arzneimittelgruppen hat die WHO 5 Behandlungsmaxime gefordert.»by the mouth«die Schmerztherapie sollte, wenn möglich, oral verabreicht werden heute würde man auch die transdermale Applikation mit einem»analgetika-pflaster«als wichtige Möglichkeit ansehen.»by the clock«es sollten keine Schmerzen zwischen den einzelnen Einnahmezeiten auftreten, sonst werden immer höhere Dosierungen benötigt. Die Dosis des Analgetikums, wenn es sich um ein starkes Opioid handelt, soll solange gesteigert werden, bis Schmerzfreiheit besteht. Das Dosisintervall soll möglichst nicht verändert werden, die nächste Dosis aber gegeben werden, bevor die Wirkung der vorher gegebenen Dosis abklingt.»by the ladder«die Arzneimittelauswahl soll wie geschildert der Schmerzintensität angepasst werden fügte die WHO dem Katalog noch zwei Punkte hinzu:»for the individual«schmerztherapie ist eine individuelle Therapie, deren Dosierung vom Schmerz des Patienten und nicht von Dosierungsschemata abhängt. Dazu gehört auch die richtige Auswahl eines adjuvanten Arzneimittels.»attention to detail«die Bedürfnisse des Patienten müssen berücksichtigt und auch nicht medikamentöse Maßnahmen sollten in den Therapieplan aufgenommen werden. Der ursprünglich für Tumorschmerzen entwickelte Stufenplan ist heute als generelle Richtlinie für die Therapie chronischer Schmerzen zu sehen. Auch Schmerzen des Bewegungsapparates, neuropathische Schmerzen und andere Nicht-Tumorschmerzen können mit Hilfe dieser
3 11. Entwicklung bis heute 30 Jahre später Nicht invasiv (oral, transdermal, sublingual) Starkes Opioid + Schwaches Opioid +. Abb..1 Der modifizierte WHO-Stufenplan zur Analgetikatherapie WHO-Empfehlung behandelt werden. Bei postoperativen und posttraumatischen Schmerzen ist der Stufenplan in umgekehrter Richtung zu gehen.. Entwicklung bis heute 30 Jahre später Die 198 angedachten und 1986 von der WHO veröffentlichten Richtlinien zur Behandlung starker Schmerzen werden auch heute noch, global betrachtet, ignoriert. Nach dem International Narcotic Control Board (INCB) verbrauchen nur 6 Nationen etwa 80 % des medizinisch verwendeten Morphins und 10 Nationen brauchen ganz wenig oder gar keines. In manchen Ländern ist es die Gesetzeslage, in anderen ist es eine Kostenfrage, in wieder anderen fehlt die Ausbildung der Ärzte und in vielen Ländern kommen alle drei Umstände zusammen, aber auch in Ländern, die die Schmerztherapie mit Opioiden angenommen haben, steht nicht alles zum besten. Nur wenige Länder haben Schmerztherapie im Curriculum der Universitäten für die Ärzteausbildung vorgesehen. Eine postgraduate Ausbildung ist meist freiwillig und oft abhängig von pharmazeutischen Firmen, die diese Ausbildung bezahlen. Nur wenige Länder bieten ihren Ärzten Fortbildungen auf eigene Rechnung, unter anderem Österreich. 1 3 Postoperative Schmerztherapie ist nach wie vor Glücksache. In Krankenhäusern, in denen sich eine Person oder ein Team für Schmerztherapie stark macht, funktioniert die postoperative Schmerztherapie ausgezeichnet. Ist ein derartiger Geist in einem Krankenhaus nicht vorhanden, hat sich die postoperative Schmerztherapie in den letzten 30 Jahren kaum verändert. Dort sind Paracetamol und Metamizol nach wie vor das höchste der Gefühle. Noch kläglicher sieht es bei chronischen Schmerzformen aus. Auch wenn in einigen Ländern bei chronischen Schmerzzuständen mit Opioiden großzügiger umgegangen wird, ist es noch keine Garantie für optimale Therapie. Ausschlaggebend ist die regelmäßige Kontrolle, das regelmäßige Management von Nebenwirkungen, die regelmäßige Einstellung der Dosis und die interdisziplinäre Behandlung des Patienten. Sind diese Maßnahmen nicht optimal aufeinander abgestimmt, unterbrechen etwa 0 % der Patienten die Opioideinnahme und landen in einem Zustand sehr schlechter Lebensqualität. Nach wie vor sind eine Reihe von Vorurteilen zu überwinden: es ist die Stärke der Schmerzen und nicht die Schwere der Krankheit, die den Einsatz von Opioiden rechtfertigt. Es ist auch nicht die zu erwartende Lebensdauer, also nicht die Ultima Ratio die die Entscheidung beeinflussen sollte. Opiophobie trifft aber nicht nur Ärzte, sondern natürlich auch Patienten und das vor allem mit zunehmendem Alter, bei niedrigem Bildungsniveau und niedrigem Einkommen. Bei diesen Patienten ist es für Ärzte besonders schwierig eine vernünftige Schmerztherapie durchzuführen. Kontraproduktiv sind sicher auch Publikationen in namhaften Zeitschriften wie Lancet, die auf eindrucksvolle Weise mit schönen Abbildungen die Anzahl der unter Opioidtherapie zu Tode gekommenen Patienten darstellt. Liest man die Arbeit genau, erkennt man, dass die Opioide weit weniger gefährlich sind als beispielsweise NSAR und liest man sie ganz genau, erkennt
4 1 Kapitel Der WHO-Stufenplan man, dass Opioid-Todesfälle nur bei Patienten passieren, die auch andere Arzneimittel nehmen und bei denen die Kombination dann zum Problem wird. Ein Opioid allein, sorgfältig dosiert und titriert, ist ein sehr sicheres Arzneimittel und übertrifft in seiner Sicherheit viele andere Arzneimittel bzw. Arzneimittelgruppen. Auch in Ländern wie Österreich, Deutschland und der Schweiz, die im Vergleich zu vielen anderen Ländern, der Schmerztherapie ein großes Gewicht beimessen, dementsprechend auch Einrichtungen gegründet haben und in denen wissenschaftliche Gesellschaften die Schmerztherapie thematisieren, gibt es Begriffe die sehr gern verwendet werden und letztlich als Worthülsen im Raum stehen bleiben. Einer davon ist Lebensqualität: schon die Tatsache, dass in Publikationen in Deutschland nur in 9 von 43 klinischen Studien, die sich mit Schmerztherapie beschäftigen, Lebensqualität ein Thema ist (0 %) zeigt, dass hier noch viel nachzuholen wäre. International ist der Schnitt noch wesentlich schlechter, hier sind es nur 10 % der Studien, die das Thema Lebensqualität mit bearbeiten. Ein weiteres, oft strapaziertes Wort ist die Interdisziplinarität: sie ist letztlich ausschlaggebend für eine optimale Schmerztherapie, ja ausschlaggebend, dass komplizierte Fälle überhaupt zur Zufriedenheit des Patienten behandelt werden können, aber letztlich eben oft nur ein Wort. Es sind ganz wenige Schmerzzentren, die die Bedingungen, die dieses Wort erfordert, erfüllen und dementsprechend Patienten optimal versorgen können. Fünf zusätzliche Telefonnummern am Schreibtisch des behandelten Arztes in einer Schmerzeinheit sind nicht die Art von Interdisziplinarität, die eigentlich gemeint ist. der Bundesrepublik Deutschland darf ein Arzt starke Opioide verordnen, er darf sie auch verabreichen, er darf aber dem Patienten keine derartigen Medikamente überlassen, z. B. für ein Wochenende, da dies einer Abgabe gleich käme, die dem Arzt nicht erlaubt ist. Dem österreichischen Arzt ist die Abgabe erlaubt, er darf dem Patienten, z. B. für ein Wochenende, die nötigen Arzneimittel überlassen. In Deutschland gibt es mittlerweile genügend Präzedenzfälle, bei denen Ärzte verurteilt werden, die Opioide nicht im Sinne einer optimalen Therapie verordnen. In den Medien wird das dann oft verkürzt so interpretiert, dass Schmerztherapie mit Opioiden für den Arzt eine gefährliche Sache sei. Die eigentliche Rechtslage jedoch erlaubt es sowohl in Deutschland als auch in Österreich bei entsprechender Einwilligung des Patienten oder dessen Betreuers eine entsprechende Schmerztherapie zu betreiben, auch unter der Gefahr der Verkürzung des Lebens des Betroffenen..3 Rechtsgrundsätze Verschiedene Staaten haben verschiedene Rechtsgrundsätze, die einer Therapie mit starken Opioiden nicht immer förderlich sind. In
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