ÜBERSICHT (1) Vorlesung zum Anatomiekurs II. Diaphragma. "Der rote Faden" 1. Das Zwerchfell - Einführung. 2. Entwicklung des Zwerchfells
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- Julian Ritter
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1 ÜBERSICHT (1) "Der rote Faden" 1. Das Zwerchfell - Einführung 2. Entwicklung des Zwerchfells a. Entwicklung der Körperhöhlen, Septum transversum b. Fehlbildungen Vorlesung zum Anatomiekurs II Diaphragma 3. Systematische Anatomie des Zwerchfells a. Aufbau, muskuläre und bindegewebige Bestandteile Klinik: Innere Hernien b. Durchtrittstellen durch das Zwerchfell c. Blutversorgung des Zwerchfells d. Innervation des Zwerchfells: N. phrenicus! Verlauf des N. phrenicus im Thorax Abgabe von Ästen Klinik: Phrenicotomie (historisch) Übertragener Schmerz 4. Funktionelle und topographische Anatomie des Zwerchfells Prof. Dr. Thomas Deller Anatomisches Institut I Universität Frankfurt 1 2
2 ALLGEMEINE ASPEKTE (1) ENTWICKLUNG (1) Allgemein: Was ist das Zwerchfell? "Das Zwerchfell ist eine Besonderheit der Säugetiere. Es ist eine 3-5mm dicke, kuppelförmige muskulös-sehnige Platte, die den Thorax vom Bauchraum trennt. Der Muskelanteil des Zwerchfells besteht aus quergestreifter Muskulatur". Aufgaben: 1. Unterteilung Brust und Bauchraum 2. Durchtrittsbereich für Strukturen aus dem Brust in den Bauchraum bzw. umgekehrt. 3. Wichtigster Atemmuskel. Hierbei durch Bauchmuskeln unterstützt (Bauchatmung). Wie entsteht das Zwerchfell? Das Zwerchfell aus mehreren Gewebequellen! Entwicklungsgeschichtlich besteht ein enger Zusammenhang mit der Entstehung der Körperhöhlen. Wir erinnern uns an die Faltungsprozesse des Embryos: 1. Dreiblättrige Keimscheibe 2. Abfaltung/Krümmung der dreiblättrigen Keimplatte 3. Mesoderm bildet 1. paraxiales Mesoderm (Somiten) 2. intermediäres Mesoderm (Somitenstiel) 3. "Seitenplatte" 4. Spaltung der Seitenplatte in parietalen/visceralen Anteil Entstehung einer intraembryonalen Höhle (intrae. Zölomhöhle) Erstreckt sich von Thorax bis Beckenregion 5. Aufteilung dieser Höhlen: Entstehung des Septum transversum (partielle Unterteilung) Es verbleibt weiterhin eine Zölomhöhle mit 1. Perikardhöhle 2. Pleuroperitonealkanäle 3. Peritonealhöhle Beachte: Das Septum transversum entsteht früh! Es entwickelt sich aus cervikalen Somiten (3-5) und wird von deren Nn. spinales innerviert. 3 4
3 ENTWICKLUNG (2) 6. Unterteilung der Höhlen: Pleura/Pericardhöhle von Bauchhöhle: vorne: Septum transversum Pleurahöhle von Pericardhöhle: Pleuroperikardialmembran Pleurahöhle von Bauchhöhle: Pleuroperitonealmembran ENTWICKLUNG (3) Fehlbildungen 1. Angeborene Zwerchfellhernie nach Bochdalek Häufigkeit 1:2000 Geburten Ursache: Pleuroperitonealkanal ist nicht verschlossen worden. Baucheingeweide treten in die Pleurahöhle ein. Kompression von Herz und Lunge. Rasche Operation nötig, sonst verstirbt das Neugeborene! Pränatale Ultraschalldiagnostik! Lokalisation: Fast immer links (rechts: Leber!) 2. Parasternale Hernie von Morgagnie (ventraler Defekt) Für das Zwerchfell besonders wichtig: Verschmelzungsvorgänge im Bereich des Septum transversum: Zur vollständigen Unterteilung tragen bei: 1. Septum transversum (Centrum tendineum) 2. Pleuroperitonealmembranen 3. Ösophagus und Ösophagusmesenterium (Zwerchfellschenkel) 4. Seitlich einwachsende Muskulatur aus der Leibeswand 5 6
4 SYSTEMATISCHE ANATOMIE (1) SYSTEMATISCHE ANATOMIE (2) Gliederung des Zwerchfells Ursprünge Grundlage: Ursprünge an der unteren Thoraxapertur Ansatz: zentrales Sehnenfeld (Centrum tendineum) - Pars sternalis: Ursprung: Processus xiphoideus, Rektusscheide Unterteilung in drei große Abschnitte (Orientierung): - Pars sternalis (mittig) - Pars costalis (beidseits) - Pars lumbalis (Crus dexter et sinister) Crus mediale Crus laterale - Pars costalis: Knorpel der unteren 6 Rippen (alternierend mit M. transv. abd.) - Pars lumbalis (dexter et sinister): Crus mediale: (re) bzw (li) Lendenwirbel Besonderheit: Durchtritt der Aorta (Hiatus aorticus) Ursprung vom Sehnenbogen: Lig. arcuatum medianum Crus laterale: 1./2. Lendenwirbelkörper Arkadenförmige Sehnenstreifen (Fascienverstärkungen) Lig. arcuatum mediale (M. psoas) Lig. arcuatum laterale (M. quadratus lumborum) daher Bezeichnungen: "Psoasarkade" bzw. "Quadratusarkade" 7 8
5 SYSTEMATISCHE ANATOMIE (3) SYSTEMATISCHE ANATOMIE (4) Beachten: Zwischen den Muskelanteilen befinden sich dreieckige, von wenig Bindegewebe gefüllte Dreiecke: - Pars sternalis (mittig) Trigonum sternocostale (Lareysche Spalte) - Pars costalis (beidseits) Trigonum lumbocostal (Bochdalek-Dreieck) Klinisch Relevant? "Locus minoris resistentiae" - Ein Ort geringeren Widerstands! An diesen Orten kann es bei Erhöhung des intraabdominellen Drucks zur Verlagerung von Baucheingeweide in den Brustraum kommen. Man spricht von einem Bruch der Wand, einer "Hernie" Unterscheide: äußere Hernien (Äußere Körperwand, fühlbar für Arzt) innere Hernien (innere Wände, nicht fühlbar für Arzt) hier: innere Hernie - Pars lumbalis Gefahr: Einklemmung ("Inkarzeration") von Eingeweideschlingen! "Akutes Abdomen" - Heftigste Bauchschmerzen unklarer Ursache. Klinische Symptome der Bauchfellreizung! Gefahr eines Darmverschlusses ("Ileus"). Unbehandelt führt der Darmverschluss zum Tode! Alte Chirurgenregel: Über einem eingeklemmten Bruch darf die Sonne nicht auf und wieder untergehen. D.h. schnelle Operation! 9 10
6 SYSTEMATISCHE ANATOMIE (5) Durchtrittsstellen durch das Zwerchfell: "Das Zwerchfell hat Öffnungen für en Durchtritt von Leitungsbahnen und Organverbindungen" 1. Foramen venae cavae (im Centrum tendineum) V. cava inferior R. phrenicoabdominalis (dexter) des N. phrenicus 2. Hiatus aorticus (zwischen Crura medialis; Höhe 1. LWK) Aorta descendens Ductus thoracicus ("Brustmilchgang; Lymphgefäß) 3. Hiatus oesophageus (Crus mediale dextrum, ventral von 2.) Ösophagus Truncus vagalis dexter et sinister 4. Diverse Öffnungen im Crus mediale V. azygos (rechts) V. hemiazygos (links) Nn. splanchnici (Sympathische Nerven zu den Viscera). 5. Zwischen Crus mediale und laterale beidseits Durchtritt des Truncus sympathicus (Grenzstrang) 6. Trigonum sternocostale A./V. thoracica interna (danach A./V. epigastrica superiora) Gefäßversorgung: SYSTEMATISCHE ANATOMIE (6) Der arterielle Zufluss erfolgt aus Gefäßen oberhalb/unterhalb des Zwerchfells: 1. Oberhalb des Zwerchfells: A. thoracica interna (zieht ja auch hindurch) - A. pericardiacophrenica dexter et sinister - A. musculophrenica dexter et sinister 2. Unterhalb des Zwerchfells: Bauchaorta (zieht ebenfalls hindurch) - A. phrencia superior (obere Aorta) - A. phrenica inferior (untere Aorta) Venöser Abfluß über gleichnamige Venen 11 12
7 SYSTEMATISCHE ANATOMIE (7) SYSTEMATISCHE ANATOMIE (8) Innervation: N. phrenicus aus Plexus cervicalis (insbesondere C4) Ungewöhnlich. Aber: Entwicklungsgeschichte erklärt dies! Verlauf: 1. Halsbereich (auf M. scalenus anterior - Aufsuchungsstelle) 2. Obere Thoraxapertur, zwischen Gefäße ins Mediastinum 3. Im Mediastinum ("Was in der Mitte steht" = Mittelfell) Verlauf rechts und links unterschiedlich Rechts: Links: Zwischen Perikard und Pleura V. cava superior, Entlang rechter Herzkontur zum Zwerchfell (zusammen mit A. pericaridacophrenica) Entlang der linken Herzkontur (zusammen mit A. pericaridacophrenica) Beachte: N. phrenicus verläuft ventral der Lungenwurzel Wichtig: N. phrenicus ist ein gemischter somatischer Nerv 1. Motorische Innervation: Zwerchfell 2. Sensible Anteile zu den Auskleidungen der Höhlen: Pleura, Pericard, Peritoneum werden von ihm sensibel innerviert!!! R. phrenicoabdominalis dexter (F. v. cavae) R. phrenicoabdominalis sinister (eigene Durchtrittsstelle) Klinische Relevanz: Schmerzen im Bereich des oberen Abdomen werden über den N. phrenicus weitergeleitet. Durch Verbindungen zum Plexus cervicalis können diese Schmerzen in die Schulter ausstrahlen. "Übertragener Schmerz". Klassisches Beispiel: Reizungen der Gallenblase - Schmerzen auch in der rechten Schulter Besonderheit: Nebenphrenikus Anteile des Phrenikus, die aus C5 kommen und mit dem N. subclavius verlaufen. Früher von Bedeutung für die "Phrenikotomie", die zur Behandlung der Tuberkulose eingesetzt wurde
8 FUNKTIONELLE & TOPOGRAPHISCHE ANATOMIE (1) Beachte: Die relative Lage des Zwerchfells ist klinisch relevant, die topographischen Bezüge des Zwerchfells helfen uns bei der Orientierung im Brustkorb und Bauchraum und bei der Interpretation von Rö-Bildern. Höhe der Zwerchfellkuppeln: Linke Zwerchfellkuppel steht etwas niedriger (Herz) Projektion: Medioklavikularlinie, 4. ICR (Stehen, mittlere Respiration) Atemverschieblichkeit: Rippe = 6-7 cm Die Zwerchfellkuppeln sind auf Röntgenbildern deutlich zu erkennen! FUNKTIONELLE & TOPOGRAPHISCHE ANATOMIE (2) Nachbarschaftsbeziehungen: Rechts: Oberseite: Rechter Lungenunterlappen Unterseite: Area nuda der Leber (Befestigung der Leber am Zwerchfell) Trigonum lumbocostale: Beziehungen zur Niere Links: Oberseite: Linker Lungenunterlappen, Lingulasegment Oberlappen Herz (Pericard ist mit Centrum tendineum verwachsen) Unterseite: Linker Leberlappen Magenfundus (Magenblase im Rö-bild) Milz Trigonum lumbocostale: Beziehungen zur Niere 15 16
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