Individuelle und kollektive Lernprozesse: Lernen (in) der Organisation: Überblick
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- Björn Lehmann
- vor 7 Jahren
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1 Individuelle und kollektive Lernprozesse: Lernen (in) der Organisation: Überblick Lernbegriff, Lerntheorien Individuelles Lernen kollektives Lernen Organisationales Lernen als Spezialfall kollektiven Lernens Was ist eine Organisation? Was ist eine lernende Organisation? Lernen als Informationsverarbeitungsprozess Ein allgemeines Lernmodell Ein organisationales Lernmodell Organisationales Lernen Organisationales Wissen Empfehlungen zur Gestaltung organisationalen Lernens Block 2a-1
2 Lernbegriff: Forschungsdisziplinen (Lern)-Psychologie Pädagogik Didaktik Neurobiologie Philosophie.. Block 2a-2
3 Lernbegriff: Definition (1) Definition ist abhängig von dem jeweils vertretenen lerntheoretischen Ansatz Begriffsannäherungen : Lernen = Verhaltensänderung Lernen = Erweiterung der Verhaltensmöglichkeiten (Verlernen = Verringerung der Verhaltensmöglichkeiten) Lernen = Aneignung von Wissen Block 2a-3
4 Lernbegriff: Definition (2) Lernen kann definiert werden als Psychischer, innerer Vorgang Veränderung im (beobachtbaren) Verhalten oder in (nichtbeobachtbaren) Verhaltensdispositionen Kenntnisse Fähigkeiten, Fertigkeiten Überzeugungen, Einstellungen, Werthaltungen Block 2a-4
5 Verhaltensänderung ist relativ dauerhaft ist zurückzuführen auf Lernbegriff: Definition (3) (einmalige oder wiederholte) Interaktionen mit der Umwelt (Beobachtung, Nachahmung) (ein- oder mehrmalig) gemachte Erfahrungen Gewinnen und Durchdenken von Informationen (Einsicht) und nicht zurückzuführen auf biologische Entwicklungsprozesse, strukturelle Veränderungen im Gehirn, Medikamente, Müdigkeit, o.ä. Block 2a-5
6 Lerntheorien: Überblick (1) Die Lernpsychologie beschreibt in Lerntheorien unterschiedliche psychologische Ansätze, die die Kenntnisse über das Lernen systematisieren. Ziele einer Formulierung von Lerntheorien: Darstellung und Erklärung des Lernprozesses durch Zurückführung des Phänomens Lernen auf möglichst wenige und einfache Grundprozesse. Es ist bisher nicht gelungen, eine einheitliche Lerntheorie zu formulieren. Block 2a-6
7 Lerntheorien: Überblick (2) Vielmehr entwickelten sich seit Beginn der experimentellen Lernforschung ( Mitte des 19. Jh.) verschiedene theoretische Strömungen, die sich zeitlich in drei große Richtungen gliedern lassen: Behavioristische Lerntheorie Kognitive Lerntheorie Konstruktivistische Lerntheorie Block 2a-7
8 Behavioristische Lerntheorie (1) Begründung der Lernforschung (ab Mitte des 19. Jh.) Verhaltenstheorien, die das Lernen mittel des Stimulus- Response (Reiz-Reaktions) Paradigmas erklären. Grundlage: objektiv beobachtbares (messbares) Verhalten Annahme: das Gehirn reagiert auf Reize mit erlernten Verhaltensweisen Block 2a-8
9 Behavioristische Lerntheorie (2) Ein Lernprozess wird dann angenommen, wenn ein Individuum auf einen gleichen oder ähnlichen Anstoß (Stimulus) in einer von früherem Verhalten signifikant abweichenden Weise reagiert (Response). Während sowohl Reiz als auch Verhaltensänderung beobachtbar sind, ist der Lernprozess selbst nicht beobachtbar ( Black Box ) und wird somit ausgeblendet. Block 2a-9
10 Behavioristische Lerntheorie (3) Klassische Konditionierung nach Pawlow ( ): entwickelte in Experimenten mit Hunden die Theorie über den bedingten Reflex untersucht wurde die Beziehung zwischen einem bestimmten Verhalten (unbedingte und bedingte Reaktion) und diesem Verhalten vorausgehenden Reizen (unbedingte, neutrale und bedingte Reize) Reiz-Reaktions-Lernen: wird ein neutraler Reiz (läutende Glocke) gemeinsam mit einem unbedingten Reiz (Darbietung von Futter) dargeboten, findet eine Kopplung zwischen unbedingtem und neutralen Reiz statt; der neutrale Reiz wird zu einem bedingten Reiz und ist nun selbst in der Lage eine bedingte Reaktion auszulösen (Speichelfluss). Tritt der bedingte Reiz öfter ohne Begleitung des unbedingten Reizes auf, wird das gelernte Verhalten wieder gelöscht (Extinktion) Block 2a-10
11 Behavioristische Lerntheorie (4) Operante Konditionierung nach Skinner ( ) Wird ein Verhalten von der Umwelt positiv bewertet wird dieses Verhalten gelernt. Durch positive Verstärker wird die Auftrittswahrscheinlichkeit erhöht, durch negative Verstärkung wird sie verringert ( Bekräftigungslernen ). Auch das Erlernen komplexer Verhaltensweisen ist möglich. Folgen des Verhaltens stehen im Vordergrund: Reaktions- Konsequenz-Verbindung Dem vorangegangen Reiz, der einer Reaktion vorausgeht wird nur eine Hinweisfunktion zugebilligt. Verhaltensänderung wird nicht auf Vorgänge im Inneren zurückgeführt, sondern auf die Konsequenzen, die ein Verhalten hat. Block 2a-11
12 Behavioristische Lerntheorie (5) Nach behavioristischem Verständnis wird Verhalten grundsätzlich als reaktiv betrachtet; Verhaltensänderungen lassen sich somit durch gezielte Auswahl und Gestaltung der Reize gezielt steuern. Ziele einer an behavioristischen Denkweisen orientierten Didaktik: Beschreibung von Instrumenten, mittels derer ein angestrebtes Verhaltensrepertoire der Lernenden systematisch aufgebaut werden kann Formulierung möglichst präziser Lernziele (angestrebte Verhaltensänderung) Auswahl geeigneter Reize (Fragen, Materialien, Informationen) um den Lernprozess anzustoßen Vergleich des End-Verhaltens mit dem Eingangsverhalten hinsichtlich der Erreichung der angestrebten Lernziele (Lernzielkontrolle). Block 2a-12
13 Behavioristische Lerntheorie (6) Extremform behavioristischer Didaktik: Programmierter Unterricht nach Skinner: Lineare Lernprogramme, in denen der zu vermittelnde Stoff in kleinste, aufeinander aufbauende Schritte (Frames) aufgeteilt wird Die Bewältigung der Lernschritte wird dem Lernenden sofort zurückgemeldet (Feedback) und als Erfolg wahrgenommen Das Erfolgserlebnis wirkt als Verstärker und bekräftigt einerseits die auf den Lernprozess zurückzuführende Verhaltensänderung, andererseits wird die Bereitschaft, den Lernprozess aufrecht zu erhalten, gefördert (Motivation) Bleibt der Lernerfolg aus, wird der Fehler nicht beim Lernenden, sondern beim Programm gesucht. Programme werden solange optimiert bis mindestens 90% der Probanden 90% des Lernstoffes beherrschen. Block 2a-13
14 Kognitivistische Lerntheorie (1) Entwickelte sich in den 50/60er Jahren des 20. Jh. aus Kritik am Behaviorismus. Der Erwerb komplexer intellektueller Fähigkeiten ist durch behavioristische Prinzipien allein nicht zu erklären, sondern bedarf der Berücksichtigung kognitiver Prinzipien. Die inneren kognitiven Prozesse der behavioristischen Black Box werden nicht ausgeblendet, sondern bilden als bewusste Denk- und Verstehensprozesse die Grundlage menschlichen Lernens. Lernen ist kein reaktiver, sondern ein bewusster Prozess. Block 2a-14
15 Kognitivistische Lerntheorie (2) Begründer: Bandura (sozial-kognitive Lerntheorie), Piaget Weiterentwicklung: Modelle der Informationsverarbeitung Weitere schulbezogene Lerntheorien, die sich auf der Grundlage der Informationsverarbeitungsmodelle entwickelten (z.b. hierarchische Lerntypen nach Gagné, entdeckendes Lernen nach Bruner). Block 2a-15
16 Kognitivistische Lerntheorie: Bandura (1) Bandura (*1925) : Lernen am Modell Lernen muss nicht auf eigenen Erfahrungen basieren, sondern ist auch am Modell möglich (Lernen durch Beobachten). Banduras Erkenntnisse basieren nicht auf Tierversuchen sondern stützen sich ausschließlich auf Humanstudien (insbesondere bezogen auf den Erwerb von Verhaltensweisen im sozialen und sprachlichen Bereich). Die kognitiven Strukturen des Menschen werden nicht direkt beschrieben, sondern indirekt über seine kognitiven Fähigkeiten (die sich aus den kognitiven Strukturen ergeben), charakterisiert: Block 2a-16
17 Kognitivistische Lerntheorie: Bandura (2) Kognitive Fähigkeiten: Der Mensch ist fähig zum Gebrauch von Symbolen (Erfahrungen können ohne einübendes Verhalten im Gedächtnis verankert werden) zum Lernen durch Beobachtung zu vorausschauendem Denken (Folgen einer Handlung können abgeschätzt werden) zur Selbstregulation (Verhalten kann nach eigenen Standards bewertet und entsprechend reguliert werden) zur Selbstreflexion (Nachdenken über sich, über Erfahrungen und über eigene Fähigkeiten) Block 2a-17
18 Kognitivistische Lerntheorie: Bandura (3) mögliche Konsequenzen der Fähigkeit zum Lernen durch Beobachtung/am Modell? Aneignung neuer Verhaltensmuster Hemmung oder Enthemmung bereits bestehender Verhaltensmuster Veränderung des emotionalen Erregungsniveaus in bestimmten Situationen Fokussierung der Aufmerksamkeit auf bestimmte Reize, denen zuvor keine Aufmerksamkeit geschenkt wurde Block 2a-18
19 Kognitivistische Lerntheorie: Bandura (4) Speicherung als potenzielle Verhaltensweise Verhaltensaneignung Äußere Reize Verstärker Wirksamkeits- und erfolgserwartungen Selbstregulation Verhaltensausführung Block 2a-19
20 Kognitivistische Lerntheorie: Weiterentwicklungen (1) Modelle der Informationsverarbeitung: Erklärung von Lernvorgängen und Erforschung von Gedächtnisleistungen Von außen eingehende Informationen werden mit einer vorgegebenen (veränderbaren!) Struktur des denkenden Systems verarbeitet ( kognitive/mentale Struktur) Denken wird als Prozess der Informationsverarbeitung betrachtet. Lernen wird als Erwerb/Weiterentwicklung der kognitiven Struktur interpretiert. Block 2a-20
21 Kognitivistische Lerntheorie: Weiterentwicklungen (2) Mittels der kognitiven Strukturen versucht das Individuum eine Verbindung zwischen Umwelt und eigenen Handlungen herzustellen. Um die von außen eintreffenden Informationen verarbeiten zu können, müssen verschiedene Elemente, mit denen die eingehenden Informationen verglichen werden sollen bereits im System gespeichert sein ( Gedächtnis, Wissensspeicher ). Block 2a-21
22 Kognitivistische Lerntheorie: Fazit 1. Lernen ist auch möglich ohne (sichtbare) Verhaltensänderung Kognitionen (Meinungen, Werturteile, Präferenzen etc.) können sich ändern, ohne dass sie sich als Verhaltensänderung dokumentieren müssen. 2. Im Gegensatz zu behavioristischen Modellen sind Lernergebnisse nicht vorhersehbar, da von außen auf das Individuum wirkende Reize (Informationen) je nach bestehender individueller kognitiver Struktur zu unterschiedlichen Lernergebnissen führen können. Block 2a-22
23 Konstruktivistische Lerntheorie (1) Entwickelt sich seit 60er Jahren des 20. Jh. aufbauend auf Annahmen des Kognitivismus. Vielfalt von konstruktivistischen Theorieströmungen (nicht nur in Pädagogik und Didaktik, auch in der Psychologie, Philosphie, Soziologie, Neurobiologie etc.) Keine einheitliche Theorie; Theoriebildung noch nicht abgeschlossen Hier: Beschränkung auf konstruktivistische Ansätze in Pädagogik und Didaktik. Block 2a-23
24 Konstruktivistische Lerntheorie (2) These: Es gibt keine objektive Realität, die der Lehrende dem Lernenden vermitteln könnte (erkenntnistheoretischer Bezug: Verhältnis von Wissen und Wirklichkeit). Das Gehirn speichert nicht nur Wissen, in kognitiven Prozessen wird durch Interpretation aufgenommener Reize neues Wissen (in Abhängigkeit von bestehendem Vorwissen!) konstruiert. Bisherige Wissenskonstrukte werden ergänzt bzw. modifiziert. Konstruktivistisch geprägte Didaktik fragt danach, wie dieser Aufbau von Wissen ( Wissenskonstruktion ) gefördert werden kann. Block 2a-24
25 Konstruktivistische Lerntheorie (3) Wesentliche Erkenntnisse: Neue Informationen sollten an bestehende Erfahrungen/ bestehendes Vorwissen der Schüler anknüpfen. Verschiedene Lernende können dieselben Lerninhalte unterschiedlich wahrnehmen und interpretieren. Informationen, die der Lernende nicht einordnen kann/ will, weil sie keinen Bezug zu einem von ihm als wichtig eingestuften Kontext haben, können nicht in die bisherigen Wissenskonstruktionen integriert werden. Entwicklung metakognitiver Fähigkeiten ist die Voraussetzung für die Entwicklung selbständigen und selbstgesteuerten Lernens. Block 2a-25
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