Dem Stress hilflos ausgeliefertoder. Dr. med. Angelika Toman Oberärztin SPD Goldau
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- Marielies Böhme
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1 Dem Stress hilflos ausgeliefertoder nicht? Dr. med. Angelika Toman Oberärztin SPD Goldau
2 Sozialpsychiatrischer Dienst des Kantons Schwyz
3 Standort: Centralstr 5c, Goldau 3
4 Was ist Stress? Würze des Lebens? Gesundheitsrisiko?
5 Stress als natürliche evolutionsbiologische Reaktion Stress ist eine natürliche Reaktion des Körpers auf jede Art von Belastung und hilft uns, uns derselben anzupassen. Er aktiviert im Organismus Stresshormone (u.a. Adrenalin und Noradrenalin), die uns ermöglichen, in Gefahren- und Überlebenssituationen blitzschnell zu reagieren Flucht oder Kampf
6 Körperliche Stressreaktion Erhöhte Produktion von Blutzucker, Cholesterin und Fettsäuren im Blut zur Bereitstellung von Energie Kalte Hände und Füsse Erhöhter Blutdruck Erhöhte Muskelspannung Lokale Entzündungsherde (Rötung, Schwellung, Hitze und Schmerzen) Hemmung der Energiespeicherung Aktivierung und Durchblutung des Gehirns Reduzierte Eiweisssynthese Verstärkte Stoffwechselaktivität, z.b. beschleunigter Herzschlag, schnellere Atmung Vermehrte Produktion von Magensäure, Darmbewegungen (Verdauung) Veränderungen im Immunsystem und bei der Allergieantwort (kurzfristig erhöht, langfristig vermindert) Verbesserte Reflexe Schnellere Blutgerinnung
7 Unsere Bewertung der Situation beeinflusst, wie wir uns fühlen Einschätzung als Bedrohung Einschätzung als Schaden Einschätzung als Verlust Angst Ärger Traurigkeit/Trauer (= Dysstress ) Einsch. als Herausforderung Einschätzung als positiv (= Eustress ) Aktivierung/Energie Freude/Stolz usw.
8 Stress = Anforderung + Bewertung 1. Bewertung der Anforderung / Situation 2. Bewertung der eigenen Bewältigungsressourcen Stress = wenn Anforderungen unsere Bewältigungsressourcen übersteigen Meine Kapazität, mit ihnen umzugehen Externe Anforderungen
9 Mentale Stresskompetenz: Die drei Blickwinkel Umkehrlinse Brennpunkt Objekt Fernrohr Lichtstrahlen Konvexe Linse Konvergente Lichtstrahlen Umgekehrtes Bild Weitwinkel
10 Umkehrlinse Ist es wirklich so? Wie sehen andere (neutrale, unabhängige, erfahrene) Personen die Sache? Welche Beweise oder Tatsachen sprechen für meine Wahrnehmung? Welche anderen Möglichkeiten gibt es, die Situation zu erklären? Brennpunkt Objekt Lichtstrahlen Konvexe Linse Konvergente Lichtstrahlen Umgekehrtes Bild
11 Fernrohr Wie werde ich später, in einem Monat oder einem Jahr, darüber denken? Wie wichtig ist diese Sache wirklich für mich? Was ist wichtiger als diese Sache? Wie sieht die Situation von einer höheren Warte aus?
12 Weitwinkel Wie wichtig ist die Sache für mich? Was ist das Gute an dieser Situation? Was kann ich aus dieser Situation lernen? Welche Aufgabe habe ich in dieser Situation? Welchen Sinn finde ich in dieser Situation? 6. November 2008 GDK Fachveranstaltung 12
13 Probleme aktiv angehen Reaktive Sprache Da kann man nichts machen. Man wird es nicht erlauben. Ich bin halt nun mal so. Er bringt mich auf die Palme. Ich muss Ich kann nicht Wenn nur (Leben im Konjunktiv) Aktive Sprache Welche Alternativen haben wir/habe ich? Ich kann mein Anliegen überzeugend präsentieren! Ich kann es anders probieren. Ich entscheide, wie ich reagiere. Ich wähle. Ich kann. 13
14 Wenn s mal schnell gehen muss: Die 4-A-Strategie Annehmen Abkühlen Analysieren Aktion oder Ablenkung Kann ich momentan etwas ändern? ja Nein Ablenkung Ist es mir die Sache wert? ja Nein Aktion
15 Was ist Burnout? Burnout beschreibt einen Zustand körperlicher und emotionaler Erschöpfung als Folge von lang andauerndem Stress, der mit dauernder Anspannung verbunden ist Das Phänomen Burnout bezieht sich in erster Linie auf Personen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen
16 Wer ist besonders gefährdet? Helfende Berufe z.b. Lehrer, Pflegende, Pfarrer, Sozialpädagogen etc. Aber auch: alle anderen Berufe mit viel Kundenkontakt
17 Hauptsymptome Erschöpfung (psychisch und physisch) Distanzierung / Abstumpfung (Zynismus) Negative Bewertung der eigenen Person und Tätigkeit (Gefühl der Ineffizienz) (daneben existieren weitere, unspezifische Symptome im emotionalen, körperlichen und kognitiven Bereich)
18 Was merkt die betroffene Alles ist zuviel Person? körperliche Erschöpfung: konstante Übermüdung und Lustlosigkeit, dabei oft innerlich angespannt, psychosomatische Beschwerden (Schwitzen, Herzklopfen, Kopf- und Rückenschmerzen, sexuelle Funktionsstörungen) emotionale Erschöpfung: geringe Belastbarkeit, reizbar, den Tränen nahe, keine Distanz keine Fähigkeit mehr, Aufgaben zu planen Schlafstörungen nicht abschalten können, auch in der Freizeit an den Beruf denken Entmutigung: Ich schaffe es doch nicht
19 Der Burnout-Zyklus Stadium 10 Innere Leere Stadium 9 Stadium 12 BURNOUT völlige Erschöpfung Stadium 11 Depr.Stimmung Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit Stadium 1 Sich beweisen wollen Stadium 2 Verstärkter Einsatz Stadium 3 Subtile Vernachlässigung eigener Bedürfnisse Stadium 4 Verdrängung von Konflikten nach Freudenberger und North Stadium 8 Beobachtbare Verhaltensänderungen Stadium 7 Rückzug Stadium 6 Stadium 5 Verstärkte Verleugnung der aufgetretenen Probleme Umdeutung von Werten
20 Was spielt eine Rolle? Faktoren am Arbeitsplatz Privatleben Partnerschaft Beziehungen Persönlichkeit Grundhaltung Körperliche Gesundheit Veranlagung
21 Entstehung / Risikofaktoren 1. Persönliche Faktoren (inkl. Bedingungen des persönlichen Umfelds) 2. Faktoren am Arbeitsplatz
22
23 Persönliche Risikofaktoren Hohes Engagement gekoppelt mit hohem persönlichen Anspruch an sich selbst (Perfektionismus) Geringe Distanzierungsfähigkeit (Bsp.: überhöhtes Helferideal) Äussere Kontrollüberzeugung Introversion und defensive Problembewältigung Vernachlässigung persönlicher Beziehungen und persönlicher Erholung Selbstbetäubung (Ignorieren von Körpersignalen)
24 Gefährliche Leitsätze Meine Arbeit ist mein Leben! Bau nur auf Dich selbst! Ich werde ans Ziel kommen, auch wenn es mich umbringt Ich muss alles unter Kontrolle haben! Ich darf keine Fehler machen! Ich muss besser sein als andere Ich muss immer funktionieren Die anderen sollen mich lieben/ anerkennen
25 Was tun? Eigene Person: Bremsen, Distanz schaffen, time-out Standortbestimmung (vier Bereiche: Gesundheit, Beziehungen, Arbeit, Sinn) -> Prioritäten? Stoppen von Grübeln und Gedankenkreisen, Selbstaffirmation ( für heute ist es genug ) Eigenes soziales Netz stärker pflegen, ggf. auch Suche von Mitbetroffenen Erhöhte Aufmerksamkeit für den eigenen Körper
26 Korrigierende Gedanken Auch die Familie, Freunde, Hobbies gehören zum Leben Man kann es nicht allen recht machen Auch andere brauchen mal Unterstützung Morgen ist auch noch ein Tag! Pausen erhöhen die Leistungsfähigkeit Jeder macht mal Fehler, daraus kann man lernen Jeder hat Stärken und Schwächen Ich kann Aufgaben auch delegieren Ist die Aufgabe wirklich dringend?
27 Risikofaktoren am Arbeitsplatz Zu grosse Arbeitsmenge / zu komplizierte Aufgaben / unsinnige bzw. unlösbare Aufgaben Unklare Erwartungen des Chefs Unklare Verantwortungsbereiche Wenig Handlungsspielraum Schikanös-direktiver Führungsstil (übertriebene Kontrollen, Abwertungen Einzelner vor allen anderen) Fachliche Kompetenzschwächen Kompetenzgerangel und hoher Konkurrenzdruck Zu viele Überstunden / keine Ferien
28 Anzeichen für Burnout am Arbeitsplatz Klagen über Arbeitsunlust und Überforderung Gleichgültigkeit und Entmutigung Erhöhte Reizbarkeit Negative Grundeinstellung, Dienst nach Vorschrift Weniger Kontakt mit Kollegen Vermehrt krankheitsbedingte Absenzen innere Kündigung
29 Erste Hilfe Problem benennen Hilfe anbieten (Entlastung konkret planen) Nicht psychiatrisieren Schlaf regulieren Befürchtungen ( Kündigung ) klären Konflikte klären (Mobbing?) (Coaching / Psychotherapie)
30 Was tun? Institutionell: Klarheit bzgl. Rolle, Zuständigkeit und Kompetenz Gratifikationskultur (Wertschätzung) Transparenz Kommunikation (respektvolles, differenziertes Feedback) Regelmässige Teamgespräche, Möglichkeit zu Gespräch unter vier Augen Partizipation (auch bei Veränderungsprozessen) Vorbildfunktion der Vorgesetzten
31 Was hilft beim Wiedereinsteigen? Verständnisvolle Vorgesetzte Anpassung des Arbeitspensums stufenweiser Aufbau der Leistung Dazu stehen, dass man eine Krise hatte Veränderung der inneren Einstellung
32 Wirtschaftliche Folgekosten 83% der Erwerbstätigen fühlen sich gestresst; 27% davon oft/sehr oft. Das Seco schätzt den daraus entstehenden volkswirtschaftlichen Schaden (Behandlung und Produktionsausfall) auf 4.4 Milliarden SFr/Jahr oder 1.2% des BIP Darin nicht einberechnet wiederum sind die sozialen Folgekosten (Scheidungen, Verhaltensauffälligkeiten der Kinder etc.) Gesteigerte Produktivität pro Arbeitsstunde in der Schweiz seit den 1960er Jahren um 255% 60% aller Krankheitstage in Europa sind auf Stress zurückzuführen
33 Erhalten Sie die Glut! Jeder Mensch hat nur begrenzte Energie, setzen Sie Ihre Kräfte gezielt ein! Verschnaufpausen im Alltag Bei Hektik innehalten: was kann schlimmstenfalls passieren, wenn etwas liegenbleibt? Zeit für Hobbies und Entspannung Verlagern Sie berufliche Probleme nicht ins Privatleben Tagesrhythmus überprüfen, wo immer möglich Arbeitsalltag anpassen Überlegen, ob es sinnvoll sein kann, sich versetzen zu lassen, die Stelle zu kündigen oder gar den Beruf zu wechseln Lernen Sie, NEIN zu sagen
34 Work-life-balance
35 Informationen im Internet
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