Von wegen behäbig: Die Behörden in der Schweiz entern die Cloud
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- Kristina Sternberg
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1 Von wegen behäbig: Die Behörden in der Schweiz entern die Cloud Berge, Banken, Bernhardiner, dazu noch Schokolade, Uhren und Menschen, die alles ein wenig ruhiger angehen lassen. Dies ist das Bild, das viele Ausländer von der Schweiz haben. Daran sind allerdings die Marketing- und PR-Strategen der Tourismusverbände im Nachbarland nicht ganz unschuldig. Sie pflegen diese Klischees ebenso liebevoll wie ihre alpinen Kollegen im Norden, die ganz Bayern ein Lederhosen-, Schuhplattler- und Maßkrug-Image verpasst haben. Doch gar so behäbig sind die Schweizer nun wirklich nicht. Das belegt das Engagement im Bereich Behörden-Cloud. Ende Oktober 2012 verabschiedete der Steuerausschuss E-Government der Schweiz eine Cloud-Computing-Strategie für die eidgenössischen Behörden, die den Zeitraum bis zum Jahr 2020 abdeckt. Das Ziel ist, eine Cloud-Computing-Infrastruktur aufzubauen, die den Behörden des Bundes sowie in den Kantonen und Gemeinden zur Verfügung steht. Public-Cloud-Dienste in unkritischen Bereichen Geplant ist eine Mischung unterschiedlicher Cloud-Formen, je nach Verwendungszweck und gefordertem Sicherheitsniveau. Für unkritische Services, etwa Informationsdienste für Bürger und Standardanwendungen für Mitarbeiter, können demnach Public-Cloud-Angebote von externen Anbietern genutzt werden, also von privatwirtschaftlichen Cloud-Service-Providern. Zu solchen Angeboten zählen -Dienste und Office-Software, Buchhaltungsapplikationen, Stellenportale und Filmservices für Schulen kurzum klassische Software as a Service (SaaS). Die Cloud-Computing-Services in der Schweiz sollen so ausgelegt sein, dass sie den Daten- und Informationsaustausch zwischen Behörden auf unterschiedlichen Ebenen ermöglichen. (Bild: ISB / Fachhochschule St. Gallen) In Bereichen, die ein höheres Sicherheitsniveau erfordern, etwa wenn es um das Bearbeiten von personenbezogenen Daten geht, werden Community-Clouds favorisiert. Solche Cloud-Computing- Umgebungen sind beispielsweise dann erforderlich, wenn die Daten in der Schweiz gespeichert sein müssen, der Anbieter schweizerischem Recht unterliegen muss oder spezifische Anforderungen gelten, etwa bei der Polizei und im Gesundheitswesen.
2 Platform as a Service zur Entwicklung von Spezialanwendungen Bemerkenswert ist, dass dem Strategiepapier zufolge auch diese Community-Clouds durchaus von privaten Cloud-Service-Providern betrieben werden können. Eine Einschränkung auf staatliche ITK- Dienstleister wird ausdrücklich verneint. Das hat den Vorteil, dass staatliche Einrichtungen je nach Einsatzgebiet auf das Know-how und die meist kostengünstigeren Angebote der Privatwirtschaft zurückgreifen können. Die Rechenzentren und ITK-Fachleute von Gemeinden, Kantonen und Bund haben somit die Möglichkeit, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren, das Entwickeln, Anpassen und Cloudifizieren von speziellen Fachanwendungen. Das Strategiepapier und der dazugehörige Kommentar schlagen übrigens Angebote für Platform as a Service vor. Sie sollen als Entwicklungsplattform für Spezialanwendungen dienen. Auf diese Weise will die Schweiz zudem einem Wildwuchs von Entwicklungswerkzeugen in den IT- Abteilungen von Behörden entgegenwirken. Ein durchaus sinnvolles Vorgehen. Bei Scheitern drohen Mini-Clouds Eine Studie, die das Informatik Steuerorgan des Bundes (ISB) der Schweiz zusammen mit der Hochschule St. Gallen erstellte, warnt ausdrücklich vor den Folgen, falls die Behörden-Cloud in der Schweiz scheitern sollte. Wenn die internen IT-Anbieter der Behörden nicht in der Lage sind, vergleichbare Leistungen zu bieten wie (öffentliche) private Cloud-Service-Provider, werden sich demnach Behörden und Fachbereiche lokal auf dem Markt mit entsprechenden Lösungen eindecken. Das wiederum würde zu einer Vielzahl von Mini-Clouds führen, die sich nicht mehr auf vernünftige Weise koordinieren ließen. Auch für die behördeninternen IT-Abteilungen hätte dies unangenehme Folgen: Sollten sie sich gegen die Cloud sperren, würden sie schlichtweg durch externe Anbieter ersetzt eine deutliche Ansage in Richtung behäbiger IT-Fachleute, die wie gehabt weiterwursteln möchten, am besten bis zur Pensionierung. Swisstopo setzt auf Rechenleistung aus der Cloud Erste Erfahrungen von Behörden in der Schweiz mit Cloud Computing gibt es übrigens schon. So setzt geo.admin.ch, das Geoportal des Bundes, auf Infrastructure-as-a-Service-Angebote externer Cloud-Computing-Anbieter. Vordergründig ist nur der Map Viewer der Bundesgeodateninfrastruktur (BGDI) der Schweiz. Die gesamte Infrastruktur des Viewers wurde jedoch nicht innerhalb der Bundesverwaltung implementiert, sondern komplett in die Cloud von Amazon (EC2 und S3) ausgelagert.
3 Der Map Viewer von Swisstopo wird in der Cloud gehostet bei Amazon. (Bild: Swisstopo) Das Bundesamt für Landestopografie (Swisstopo) hat dazu eine Architektur aufgebaut, die on demand skaliert werden kann und damit schnell auf Lastspitzen reagiert. Da ausschließlich Open- Source-Komponenten eingesetzt werden, halten sich die Lizenzkosten in Grenzen. Dasselbe gilt für die Server-Kosten, weil nur die tatsächlich genutzt Server-Zeit berechnet wird. Und was macht Deutschland? Und Deutschland? Aus Sicht der Schweiz tut sich beim großen Nachbarn im Norden wenig in Bezug auf eine Bundes- oder Behörden-Cloud. So führt die ISB in ihrer Studie genüsslich an: In Deutschland gibt es bisher kaum konkrete Anwendungsbeispiele. Komplexe Rechtsfragen zur Vertragsgestaltung, zum Urheberrecht, zu IT-Sicherheit und zum Datenschutz stehen einer stärkeren Nutzung von Cloud Computing entgegen. Umsetzung der Cloud-Strategie bei Behörden in der Schweiz: Bereits im kommenden Jahr sollen erste Services bereitstehen. (Bild: Eidgenössisches Finanzdepartement EFD/Informatiksteuerungsorgan des Bundes ISB)
4 Wenn es nur das wäre. So gibt es nach Angaben des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) derzeit keine abgestimmte Cloud-Strategie oder Überlegungen, eine deutsche Bundes-Cloud aufzubauen. Bezeichnender Weise findet sich auch im Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 21. September 2012 kein Hinweis auf Cloud Computing. Der Begriff Cloud kommt auf 113 Seiten nicht ein einziges Mal vor. Die Bundesländer: Skeptiker und Protagonisten Anders sieht es in einzelnen Bundesländern aus: Rheinland-Pfalz befürwortet Cloud-Computing- Angebote in der Öffentlichen Verwaltung, unter anderem deshalb, um durch die effizientere Nutzung von IT-Ressourcen Geld zu sparen und die Umwelt zu entlasten. Andere Länder wie Thüringen und Nordrhein-Westfalen geben sich dagegen cloud-skeptisch. In Bayern wiederum ist die Staatsregierung derzeit dabei, den Verhau von Behördenrechenzentren auf zwei zentrale Mega-Data-Center in München und Nürnberg zu konsolidieren. Darüber sollen via Cloud IT-Dienstleistungen bereitgestellt werden. Nach Angaben von Dr. Christoph Habammer, Leiter der Stabsstelle des IT-Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung, sei in Nürnberg mittlerweile eine Storage-Cloud entstanden. Ein Cloud-basierter -Dienst für bayerische Behörden sei in Planung (Stand: November 2012). Seine Kritikpunkte: Viele Fachanwendungen lassen sich nicht in eine Cloud-Computing-Umgebung portieren, und Public-Cloud-Angebote kämen aus Sicherheitsgründen häufig nicht in Betracht. Dass es jedoch auch Community Clouds und Private Clouds gibt, ließ er unerwähnt. Fazit: Die Schweiz kann es den Deutschen zeigen! Zurück in die Schweiz: Der Zeitplan für die Umsetzung der Cloud-Strategie ist sportiff! In acht Jahren die Behörden auf Cloud zu trimmen, ist sicherlich eine Herkules-Aufgabe. Immerhin: Die Schweizer unternehmen wenigstens den Versuch, eine landesweite Cloud-Computing-Infrastruktur für Behörden auf allen Ebenen zu etablieren, von der Gemeinde bis zum Bund. Das lässt sich von Deutschland nicht behaupten.
5 Behörden in der Schweiz sollen eine breite Palette von Cloud-Services nutzen, von SaaS und IaaS bis hin zu Business Process as a Service (BPaaS). (Bild: Eidgenössisches Finanzdepartement EFD/Informatiksteuerungsorgan des Bundes ISB) Auch der Verweis auf die föderative Struktur der Bundesrepublik Deutschland, die einer Behörden-Cloud entgegenstehe, zählt nicht. Denn ein Land wie die Schweiz, mit 26 Kantonen, vier Amtssprachen und laut Wikipedia rund 340 Käsesorten, kann es in puncto Vielfalt durchaus mit Deutschland aufnehmen. Vielleicht sollten sich die Politiker hier zu Lande ein Beispiel an dem kleinen Nachbarn nehmen, und weniger auf die Löcher im Käse schauen, sondern auf den Geschmack dazwischen achten. Quelle: business-cloud.de
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