Ziegenmilchproduktion in der Schweiz

Transkript

1 Ziegenmilchproduktion in der Schweiz Jürg Maurer Agroscope Liebefeld-Posieux Giubiasco 16. Dezember 2011

2 Inhalt Vergleich des Fettsäuregehalts pro 100g Fett in der Milch von Nera Verzasca aus Italien und der Schweiz Bedeutung der Ziegenmilchproduktion in der Schweiz Inhaltsstoffe und Zusammensetzung Milcheigenschaften für die Verarbeitung Ausgleich der Saisonalität Eutergesundheit und Zellzahlverlauf während der Laktation bei Ziegen

3 Vergleich des Fettsäuregehalts pro 100g Fett in der Milch von Nera Verzasca aus Italien und der Schweiz

4 Fettsäuregehalt pro 100g Fett in der Milch von Nera Verzasca abhängig von der Höhe ü. Meer

5 Struktur der Ziegenmilchproduktion in der Schweiz Milchziegen ca Tonnen Ziegenmilch pro Jahr ø580 kg pro Tier und Jahr nur etwa die Hälfte der Milch wird vermarktet Viele Rassen: Saanen 30% Walliser Schwarzhals 11% Gemsfarbige 22% Nera Verzasca 12% Toggenburger 13% Appenzeller 5% Bündner Strahlen 3% Und und und 4% Schweiz. Milchstatistik, 2008

6 traditionell Struktur der Ziegenmilchproduktion in der Schweiz - wie früher neben Milchkühen - Alpwirtschaft meist sehr kleine Strukturen - oft wenige Tiere (z.t. von Hand gemolken) - z.b. im Emmental viele Lieferanten (ca. 70) einige wenige spezialisierte Betriebe - Lieferanten von Emmi, Davos und andere - grössere Alpbetriebe (> 200 Milchziegen)

7 Ziegenkäseproduktion in der Schweiz Ziegenkäse in Tonnen Ziegen-Halbhartkäse Ziegen-Weichkäse Ziegen-Frischkäse TSM Zu Ziegenkäse verarbeitete Milchmenge 8172 t(2009) - Sehr wenig andere Produkte (< 1% der Milchmenge) - Viel alpwirtschaftliche Verarbeitung (Südschweiz) - Oft gemischt mit Kuhmilch

8 Umfrage: Weshalb essen Sie Schaf- und Ziegenkäse Ich esse keinen Schafkäse Ich esse keinen Ziegenkäse 11% 11% keine Antwort 0% andere Gründe 6% Kuhmilchunverträglichkeit 3% Natürliche Produkte 27% "ist gesund" 39% "mal was anderes" 44% Ich mag den spez. Geschmack 50% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%

9 Inhaltsstoffe und Zusammensetzung von Ziegenmilch

10 Zellzahlverlauf in der Ablieferungsmilch von Ziegen und Schafen ZELLZAHLEN (Zellen/ml) TIERART April Mai Juni Juli JAHRESZEIT Aug Sept Okt Nov Schafe Ziegen

11 Gehalt an aeroben mesophilen Keimen in Ziegen- und Schafmilch Zellzahlen geom MW

12 Gehalt an koagulasepositiven Staphylokokken in Ziegen- und Schafmilch April Mai Juni Juli Aug Sept Okt Nov 1 JAHRESZEIT TIERART Schafe Ziegen koagulase positive Staph (KbU/ml)

13 Gehalt an Sporen von Buttersäurebakterien in Ziegen- und Schafmilch April Mai Juni Juli Aug Sept Okt Nov 10 JAHRESZEIT TIERART Schafe Ziegen Sporen Buttersäurebazillen (Sporen/L)

14 Keimzahlen ausgewählter Keimgruppen in Ziegenmilchproben Ziegenmilch (n = 9 Monate x 15 Betriebe Keimgruppe Geom. Mittelwert Min - Max Aerobe mesophile Keime Mio. Koagulasepositive Staphylokokken 178 < Enterokokken 134 < Mio. Escherichia coli 12 < Sporen von Cl. tyrobutyricum 271 2) < ) In 5.3 % der Proben nachgewiesen

15 Chemische Zusammensetzung von Ziegenmilch im Vergleich zu pasteurisierter Kuhmilch Ziegenmilch Kuhmilch Parameter Einheit Alle Brienzer Saanen n = 165 n = 54 n = 58 n = 10 x s x x s x x s x x s x Trockenmasse g Protein g Fett g Laktose g Cholesterin mg nb Energie kcal Energie kj

16 Ausgewählte Gehalte an Vitaminen in Kuhund Ziegenmilch pro 100g Vitamin D A B 12 B 3 Folsäure Kuhmilch 74 ng 32 µg 420 ng 90 µg 6.7 µg Ziegenmilch 250 ng 68 µg 70 ng 320 µg 0.6 µg

17 Gehalt an Mineralstoffen und Spurenelementen von Ziegenmilch im Vergleich zu pasteurisierter Kuhmilch Parameter Einheit Ziegenmilch (n = 30) Kuhmilch past. (n = 10) x s x x s x Natrium mg Kalzium mg Kalium mg Magnesium mg Phosphor mg Zink µg Eisen µg Kupfer µg Mangan µg

18 Orotsäuregehalt (mg / 100 g Milch) in Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch Milchart Orotsäure März Orotsäure Juni Orotsäure Sept. Kuhmilch n = ±0.46 n = ±0.75 n = ±0.48 Schafmilch n = ±0.23 n = ±0.33 n = ±0.35 Ziegenmilch n = ±0.24 n = ±0.57 n = ± Orotsäure wird als Wunder- und Allerheilmittel angepriesen - Schutz vor Herz- und Kreislauferkrankungen -Schutz vor Krebs - Senkung des Cholesterinspiegels - Förderung sportlicher Leistungen - Dient als Transportmolekül für Magnesium - Es gibt weder typische Mangelerscheinungen, noch eine empfohlene Mindestaufnahme Vieles sind Hypothesen und wissenschaftlich nicht belegt!

19 Fettsäuregruppen in Ziegen- und Nera Verzascamilch im Vergleich zu Kuhmilch (g/100g Fett) kurzkettige Fs mittellange Fs lange Fs Gesättigte Fs ungesättigte Fs einfach ungesättigte FS mehrfach ungesättigte Fs Kuhmilch Winter Kuhmilch Sommer Ziegenmilch April Zigenmilch Okt Nera Verzasca CH Nera Verzasca I

20 Fettsäuregruppen in Ziegen- und Nera Verzascamilch im Vergleich zu Kuhmilch (g/100g Fett) CLA C18:1t C18:2t ohne CLA t trans ohne CLA Omega-3 Fs Omega-6 Fs Kuhmilch Winter Kuhmilch Sommer Ziegenmilch April Zigenmilch Okt Nera Verzasca CH Nera Verzasca I

21 Nährwertprofil für den Verzehr von 4 dl Ziegen-, Schaf-und Kuhmilch für eine Frau von Jahren Ene rg ie P ro t e in F e t t Lakt o s e Zie g e nm ilc h S c ha fm ilc h Kuhm ilc h V it. A V it. E V it. B 1 V it. B 2 V it. B 6 N a t rium Ka lz ium Kalium M ag ne s ium P ho s p ho r Zink Eis e n Kup f e r M ang an

22 Milcheigenschaften für die Verarbeitung

23 Zusammensetzung der Milch verschiedener Wiederkäuer TS Fett Lactose Protein Casein Ca g/100 ml g/100 ml g/100 ml g/100 ml g/100 ml mg/100 ml Ziege Schaf Büffel Kuh

24 Technologische Eigenschaften von Ziegen-und Schafmilch im Vergleich zu Kuhmilch Ziegenmilch Schafmilch Viskosität Tiefer viel höher (Protein+Fett) Entrahmung langsamer? Mehr Fett aber höhere Viskosität der Magermilch. Gerinnungsfähigkeit schlechter Hitzestabilität schlechter - besser Farbe heller (weiss) heller (weiss) Aroma (Käse) deutlich tierischer etwas tierischer

25 Verkäsbarkeit von Ziegenmilch geringere Kaseingehalte Kurze Gerinnungzeit Fragile Gallerte Schnelle Säuerung(Schwache Pufferung) geringere Käseausbeute Gut geeignet für Frisch- und Weichkäse

26 Massnahmen zum Ausgleich der Saisonalität

27 Gefrierlagerung von Ziegenmilch Gerinnungszeit [min] [min] 10 5 Gelfestigkeit 120 (nach 60 min) [Pa] 100 frisch (n=6) 1 Woche (n=4) 1 Monat (n=2) 2 Monate (n=4) 0 1 Gelfestigkeit (nach 60 min) [Pa] Monate (n=4) 12 Monate (n=6) 0 1 Sensorik: stärkerer tierischer Geschmack und Sedimentbildung

28 Gefrierlagerung von Ziegenmilch Worauf es ankommt Möglichst frisch Möglichst schnelles Einfrieren Flache oder Beutel besser als grosse Kannen Kühlleistung des Tiefkühlers Vorkühlen der Milch auf 0 C Keine Bewegung während des Gefrierens Möglichst rasches Auftauen z.b. Wasser von 40 C(nicht über 45 C -> Rohmilch) Keine Bewegung während des Auftauens Konstante Lagertemperatur Häufig geöffnete TK-Räume sind ungünstig Lagerdauer max. 3-4 Monate

29 Merci für ihre Aufmerksamkeit

30 Eutergesundheit und Zellzahlverlauf während der Laktation bei Ziegen

31 Ziel der Untersuchungen: - Bessere Interpretation der Zellgehalte in Ziegenmilch - Möglicherweise Festlegung von Grenzwerten für den Zellgehalt in Ziegenmilch

32 Betriebe: A B C 45 Ziegen 34 Ziegen 42 Ziegen ca. 700 kg Milch/Tier ca. 650 kg Milch/Tier ca. 720 kg Milch/Tier DeLaval Eimermelkstand WF/Surge Eimermelkstand WF/Surge Eimermelkstand 12-er (mobil), 2 Eimer 8-er, 2 Eimer 12-er, 3 Eimer Euterreinigung trocken Euterreinigung trocken Euterreinigung trocken (nur wenn schmutzig) (nur wenn schmutzig) (systematisch) Systematisches Ausmelken Systematisches Zitzentauchen von Hand (Lorasol GL)

33 Untersuchungen: Insgesamt 2152 Proben von 136 Ziegen Die Probenahme und der Schalmtest erfolgten jeweils unmittelbar vor dem Melken am Morgen. Bakteriologische Untersuchungen nach den Richtlinien des National Mastitis Councils. Die Zellzahl wurde mit einem Fossomatic 360 bestimmt.

34 Zellzahlen (kumulierte Häufigkeit der Einzelziegengemelkproben) in Abhängigkeit der Betriebe Zellzahlen der Einzelziegengemelkproben * 1'000 / ml Betrieb A Betrieb B Betrieb C Prozent der Proben (kumuliert) Zellen/ml Zellen/ml

35 Zellzahlen in den Euterhälftenvorgemelkproben klassiert nach den Schalmtestergebnissen 8.0 Box-Plot (TransferHälften, sta 33v*2152c) Log10 Zellzahlen Vorgemelkproben (Zellen/ml) neg +/ Schalmtestreaktion Mittelwert Stdf Stdab Extremwerte

36 Zellzahlen der Einzelziegengemelkproben in Abhängigkeit der nachgewiesenen Euterinfektionen 10`000 Zellzahlen der Einzelziegengemelke (Zellen/mL) 1` Zellen/ml Zellen/ml 1 ZZ keine Infektion ZZ Infektionen mit CNS Prozent der Proben (kumuliert)

37 Infektionsstatus der Ziegen unterteilt nach Erreger und Betrieb Infektionsstatus Betrieb A Betrieb B Betrieb C Total % keine Infektion 1) % % % % koagulasenegative % % % % Staphylokokken(CNS) 2) (CNS) 3) 4 8.5% 1 3.1% 2 3.5% 7 5.1% Corynebacterium bovis 2) 4 8.5% 0 0.0% 2 3,5% 6 4.4% Staphylococcus aureus 2) 2 4.3% 0 0.0% 2 3.5% 4 2.2% CNS (S. aureus) % 0 0.0% 0 0.0% 6 4.4% Total Ziegen (Befunde) 47 (54) 32 (34) 57 (59) 136 (147) 1) In mind. 70% der Proben keine Erreger und in den restlichen Proben nicht zwei Mal in Folge der gleiche Erreger nachgewiesen 2) In mind. 70% der Proben die entsprechenden Erreger nachgewiesen 3) Infektion unklar, häufigster nachgewiesene Infektionserreger

38 Häufigkeitsverteilung der Zellzahlen der Einzelziegengemelkproben In Abhängigkeit der nachgewiesenen Infektion keine Infektion C. bovis CNS (CNS) S. aureus Anzahl Proben > 3000 Zellzahlklassen Einzelziegenproben (Zellen x1'000 / ml)

39 Resultate - Euterinfektionen unterscheiden sich sehr stark von Betrieb zu Betrieb. - Häufigste Infektionen mit koagulasenegativen Staphylokokken. - Keine gesicherte Infektion mit Streptokokken. - Kein signifikanter Unterschied bei der Zellzahl von Euterhälften, die mit koagulase-nagativen Staphylokokken infiziert sind, gegenüber nicht infizierten Euterhälften. - Deutliche Unterschiede bei den Zellzahlen der Einzelziegengemelke zwischen den Betrieben und den Einzeltieren. - Zellzahlen bei vielen Ziegen in nicht infizierten Euterhälften deutlich über Zellen pro ml Milch.

40 Diskussion - Bei den Zellen in Ziegenmilch scheint es sich nicht ausschliesslich um Leukozyten, sondern auch um Epithelzellen zu handeln, die im Schalmtest und der fluoreszenzoptischen Zellzahlbestimmung miterfasst werden. - Damit wird die Interpretation der Zellzahl stark erschwert. - Grosse betriebs- und tierindividuelle Unterschiede weisen darauf hin, dass produktionstechnische und züchterische Ursachen dafür verantwortlich sein dürften. - Zur Beurteilung der Eutergesundheit müssen zum jetzigen Zeitpunkt auch bakteriologische Milchanalysen miteinbezogen werden. - Da nur ein beschränkter Zusammenhang zwischen Milchqualitätseigenschaften und dem Zellgehalt vorhanden zu sein scheint, lassen sich nur schwer Argumente für die Einführung eines bestimmten Beanstandungsgrenzwertes finden.