Bürgerliches Recht I Prof. Dr. Michael Beurskens
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1 Bonner Examenskurs 2015/2016 Bürgerliches Recht I Prof. Dr. Michael Beurskens Thema 4: ( 164 BGB),, Haftung des Vertreters ohne, im BGB AT und Schuldrecht AT
2 Was behandeln wir heute? 1 Was ist? a b c d e Was setzt die "eigene Willenserklärung" voraus? Was verlangt das sprinzip? Woraus ergibt sich die? Welchen unterliegt die? Was gilt für Vertretung ohne? 2 Was muss man zu 166 BGB wissen? 3 Was muss man zur wissen? 4 Was muss man zum wissen?
3 1 Was ist?
4 Was ist? Was versteht man unter? A B V
5 Was ist? Was ist (nicht)? Handeln in fremdem Namen 164 BGB Handeln unter fremdem Namen Namenstäuschung Identitätstäuschung 164 BGB (hm; zt: analog) Mittelbare (verdeckte) StV 383 HGB Verpflichtungsermächtigung 1357 BGB bewusste Falschübermittlung 177 ff. BGB analog (str.)
6 Was ist? Was setzt voraus? 1. Kein höchstpersönliches Rechtsgeschäft/ Zulässigkeit Ehe ( 1311) Testam. ( 2064) nicht: Eigene Willenserklärung analog: gesch.-ähnl. Handl. nicht: Realakte 3. In fremdem Namen () ausdrücklich konkludent für den es angeht 4. Mit Vollmacht ( 167) gesetzl. ( 1629) organsch. ( 26) Prozessvollm. 81 f. ZPO 5. Keine Schranke Kollusion ( 138) Missbr. ( 242) Insichg. ( 181)
7 a Was setzt die "eigene Willenserklärung" voraus?
8 Was setzt die "eigene Willenserklärung" voraus? Was bedeutet eigene Willenserklärung? Geschäftsfähigkeit, Irrtümer, etc. relevant Abgrenzung Botenschaft ( Ist das Kindchen noch so klein, kann es gleichwohl Bote sein ) Form ( 168), Irrtümer ( 120), szurechnung ( 166) Streitig: Bote ohne Botenmacht (bew. Überschreitung) 177 ff., 120, 142 beschränkte Geschäftsfähigkeit hinreichend ( 165 BGB)
9 b Was verlangt das sprinzip?
10 Was verlangt das sprinzip? Welche Problemkonstellationen gibt es bei der? unternehmensbez. Geschäfte: Geschäft für den, den es angeht offen/verdeckt irrige Annahme der Handeln für Unternehmensträger wird vermutet ( 164 I 2) Keine, aber Geschäftspartner ist gleichgültig, mit wem er kontrahiert Bargeschäfte des tägl. Lebens Anfechtung ausgeschlossen ( 164 II)
11 Was verlangt das sprinzip? Was ist im Hinblick auf den Vertretenen zu beachten? Nennung des Vertretenen nicht erforderlich ( offenes Geschäft für den, den es angeht ) Vertretener muss noch nicht existieren nachträgliche Bestimmung durch Vertreter, Dritten oder sonstige Umstände möglich
12 c Woraus ergibt sich die?
13 Woraus ergibt sich die? Was ist im Hinblick auf eine Vollmacht zu beachten? Erteilung: einseitige Willenserklärung ( 167 I) Vertrag zulässig Keine Annahme erforderlich aber Zurückweisung möglich Minderjährige: 111 S. 1 BGB ggü. Bevollmächtigtem (Innenvollmacht) ggü. Dritten (Außenvollmacht) Umfang: Trennungsprinzip Abgrenzung: Können (AußenV) Dürfen (InnenV) Begrenzte Akzessorietät ( 168 S. 1)
14 Woraus ergibt sich die? Was muss hinsichtlich der Form der Vollmachtserteilung beachtet werden? Grundsatz Formfreiheit ( 167 II = 182 II) Ausnahme: 1484 II BGB; 2 II GmbHG; 134 III, 135 AktG Ausnahme: faktische Vorwegnahme formbedürftiger Rechtsgeschäfte, insb. unwiderrufliche Vollmacht Ausnahme: besondere Schutzbedürftigkeit ( 766 BGB) Keine Ausnahmen bei 182 II
15 Woraus ergibt sich die? Was muss man zu den handelsrechtlichen Vollmachten wissen? Prokura Handlungsvollmacht Ladenvollmacht 49 HGB umfassend 53 HGB eintragungspflichtig, aber: nur deklaratorisch 50 I HGB nach außen unbeschränkbar im Innenverhältnis Schadensersatz ( 280 I) 54 HGB frei definierbar aber Vermutung des Umfangs 56 HGB vollmacht
16 Woraus ergibt sich die? Wodurch erlischt die Vollmacht? grds. nach Inhalt der Vollmacht 168 S. 1 BGB 168 S. 2 BGB Bedingungseintritt ( 158 BGB) Befristung (163 BGB), Zeitablauf SpezialVM: Vornahme / Unmöglichkeit Erlöschen des Grundgeschäfts Ausnahme vom Abstraktionsprinzip Beachte für Auftrag ( 672 S. 1, 675 BGB) postmortale Vollmacht Widerruf: einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung 168 S. 3 BGB 167 S. 1 BGB (Innen-/Außenwiderruf) Anfechtung siehe nächste Folie
17 Woraus ergibt sich die? Wodurch wird der Vertreter geschützt? 674 BGB Fiktion des Fortbestehens Erlischt der Auftrag in anderer Weise als durch Widerruf, so gilt er zugunsten des Beauftragten gleichwohl als fortbestehend, bis der Beauftragte von dem Erlöschen Kenntnis erlangt oder das Erlöschen kennen muss. 729 BGB Fortdauer der Geschäftsführungsbefugnis Wird die Gesellschaft aufgelöst, so gilt die Befugnis eines Gesellschafters zur Geschäftsführung zu seinen Gunsten gleichwohl als fortbestehend, bis er von der Auflösung Kenntnis erlangt oder die Auflösung kennen muss.
18 Woraus ergibt sich die? Welche Probleme bestehen bei der Anfechtung einer Innenvollmacht? Anfechtung vor Ausübung unproblematisch zulässig ohnehin: Widerruf ( 168) Anfechtung nach Ausübung Überhaupt noch möglich - Erledigung? Anfechtungsgegner? 143 III (Bevollmächtigter) II 143 IV analog (Geschäftspartner) Haftung: 122 I direkt gg. Vertretenen 179 II gg. Vertreter 122 (Kette) gg. Vertretenen 122 analog gg. Vertretenen
19 Woraus ergibt sich die? Welche Probleme bestehen beim Widerruf einer Vollmacht? 171, 172 BGB Rechtsgeschäftstheorie stheorie Vollmacht besteht weiter reine svollmacht
20 Woraus ergibt sich die? Welche gesetzlichen Tatbestände gibt es? 170 BGB 171 Abs. 2 BGB 172 Abs. 2 BGB Außenvollmacht muss ggü. Geschäftspartner widerrufen werden Widerruf kundgegebener (gesch.ähnl. Handlung) Innenvollmacht muss kundgetan werden Vollmachtsurkunde muss zurückgegeben / für kraftlos erklärt werden Beachte: 173 BGB: Keine Kenntnis / kein Kennenmüssen, da sonst keine Schutzbedürftigkeit
21 Woraus ergibt sich die? Wie unterscheidet man Kundgebung ( 171 BGB) und Außenvollmacht ( 167 Abs. 1, 2. Var. BGB)? Hiermit ermächtige ich X für mich Willenserklärungen abzugeben / Willenserklärungen für mich zu empfangen. 167 Abs. 1, 2. Var. BGB Außenvollmacht 171 BGB Kundgebung der Vollmacht Ich habe X ermächtigt, für mich Willenserklärungen abzugeben / Willenserklärungen für mich zu empfangen
22 Woraus ergibt sich die? Str.: Wann muss der Geschäftspartner gutgläubig sein? M 1 : Zugang ( 130 BGB) der Erklärung des Vertreters 164 BGB: Willenserklärung wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen 145 BGB: Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden M 2 : Zugang der Annahme durch Geschäftspartner 173 BGB: Vornahme des Rechtsgeschäfts 151 BGB: Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande
23 Woraus ergibt sich die? Ist der immer dem Vertretenen zurechenbar? 433 II V X Unterschriebene Vollmachtsurkunde 172? H Versand ohne Kenntnis des A 164 =Aushändigen? G Bewusste Entäußerung erforderlich? Streitig: wie abhandengekommene WE
24 Woraus ergibt sich die? Fall K beauftragt X, für ihn einen Computer zu einem angemessenen Preis zu erwerben. Entscheidend für K ist, dass X Informatik studiert und deshalb als Fachmann entscheidet. Tatsächlich studiert X aber Kunst und hat von Computern keine Ahnung. X sucht bei V ein Luxusgerät für ohne Bildschirm aus. Als X gegenüber V erklärt, dass der PC für K sei und dieser bezahle, ruft V bei K an, der ihm bestätigt, er habe X bevollmächtigt, für ihn einen Computer zu erwerben. Über das Gerät und den Preis wird nicht gesprochen. Daraufhin schließt V mit X als Vertreter des K einen Kaufvertrag über den Computer und übergibt und übereignet das Gerät. Die Zahlung soll innerhalb von einer Woche auf Rechnung erfolgen. K, der X nur wegen seiner vermeintlichen technischen Kompetenz beauftragte, ist entsetzt. Er will den PC nicht und wollte auch keinen Künstler mit der Auswahl beauftragen. X dachte, dass K das Design besonders wichtig sei und er deshalb ihn beauftragt habe. Muss K zahlen?
25 Woraus ergibt sich die? Lösung (1) Anspruch V K aus 433 II BGB WE des K 164 I BGB Ursprünglich (+) rückwirkend nach 142 Abs. 1 entfallen? (1) Vollmacht = anfechtbares Rechtgeschäft? Hier: Durch Ausübung erledigt? Hier: Nur Innenverhältnis zwischen K und X? (2) Anfechtungserklärung ( 143 I) möglich (3) Richtiger Anfechtungsgegner ( 143 II / III) streitig, ob gegenüber X, V oder beiden (4) Anfechtungsgrund: Eigenschaftsirrtum ( 119 II) Ausbildungsstand des X (5) Anfechtungsfrist (+)
26 Woraus ergibt sich die? Lösung (2) Aber 171 BGB? Grundsätzlich (+), aber ebenfalls anfechtbar? M 1 : 171 BGB ist eine Willenserklärung Aber: Kein Geschäftswille (rechtlicher Erfolg?) M 2 : serklärung nicht anfechtbar Aber: Schutzbedürftigkeit? M 3 : Geschäftsähnliche Handlung Analogie zu 119 ff.
27 Woraus ergibt sich die? Was sind Anscheins- oder Duldungsvollmacht? I. Keine echte Vollmacht erteilt II. III. einer (bereits erfolgten) Bevollmächtigung objektive Umstände, die auf Vollmacht hindeuten Zurechenbarkeit des s 1. Duldungsvollmacht: Kennen früheren Auftretens (ggf.: konkludente Bevollmächtigung!) 2. Anscheinsvollmacht: Vertretener hätte Auftreten erkennen und verhindern können und müssen IV. Gutgläubigkeit des Geschäftspartners (arg. ex 173 BGB)
28 Woraus ergibt sich die? Was ist eine Duldungsvollmacht? I. Objektiver Anknüpfungspunkt Mehrmaliges Auftreten oder Titel ( Generalvertreter )oder Firmenstempel / Briefpapier II. Subjektiv: Vertrauen Kausalität für Verhalten des Geschäftsgegners Keine Kenntnis / Kennenmüssen (analog 173 BGB) III. Zurechenbarkeit Kenntnis des Vertretenen von Bewusstes Nichteinschreiten trotz Möglichkeit (Geschäftsfähigkeit erforderlich)
29 Woraus ergibt sich die? Was ist eine Anscheinsvollmacht? I. Objektiver Anknüpfungspunkt Mehrmaliges Auftreten oder Titel ( Generalvertreter ) oder Firmenstempel / Briefpapier II. Subjektiv: Vertrauen Kausalität für Verhalten des Geschäftsgegners Keine Kenntnis / Kennenmüssen (analog 173 BGB) III. Zurechenbarkeit Kennenmüssen = fahrlässige Unkenntnis Nichteinschreiten trotz Möglichkeit (Geschäftsfähigkeit erforderlich)
30 Woraus ergibt sich die? Was gilt bei der Verwendung fremder Benutzerkonten im Internet? Kontodate n zum Buchkauf M 433 Abs. 2 F V Schuhkauf mit Konto des M Nach BGH, Urt. v VIII ZR 289/09
31 Woraus ergibt sich die? Was gilt bei der Verwendung fremder Benutzerkonten im Internet? M 433 Abs. 2 F findet Zettel mit Benutzername + Kennwort F Schuhkauf mit Konto des M V Nach BGH, Urt. v VIII ZR 289/09
32 Woraus ergibt sich die? Str.: Genügt bloße Fahrlässigkeit zur Zurechnung einer fremden Willenserklärung? M 1 : Ja Auch für Abgabe / Erklärungsbewusstsein genügt fahrlässig gesetzter Schutz des Verkehrs vorrangig Wie Duldungsvollmacht M 2 : Nein BGB setzen Wille ( kundgeben, aushändigen ) voraus dort aber Anfechtung nach 119 BGB 122 BGB Nur 280 Abs. 1 BGB ivm 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB
33 Woraus ergibt sich die? Was gilt bei Gesamtvertretung? Anwendungsbereich Passivvertretung Vertrag 1629 I 2 BGB 26 II 1 BGB, 709, 714 BGB 35 II GmbHG, 125 II HGB, 48 II HGB Einzelvertretung 28 II, 1629 I 2, 2. HS, 125 II 3 HGB 78 II 2 AktG, 35 II 3 GmbHG 170 III ZPO
34 Woraus ergibt sich die? Welche Probleme stellen sich beim Auftreten von Gesamtvertretern? mehrere Vertreter Auftreten nur eines Vertreters auch nacheinander auch verschiedene Form auch an verschiedenen Orten wirksam wenn alle Erklärungen vorliegen 177 I BGB ivm 184 BGB Untervollmacht (Zusatz i.v., 174 BGB, 181 BGB) Ermächtigung ( 125 II 2 HGB, 150 II HGB, 78 IV AktG)
35 Woraus ergibt sich die? Was muss man bei der Untervollmacht beachten? Wie verhalten sich die Vollmachten zueinander? Wer darf erteilen? Wie kann erteilt werden? Abgeleitete Befugnis Akzessorietät Parallele Vertretungsbefugnis Ausdrückliche / konkludente Befugnis Auslegung Erkennbares Interesse an pers. Wahrnehmung Beachte: 52 II HGB, 58 HGB Vertretung des Vertretenen (Normalfall) Vertretung des Vertreters
36 Woraus ergibt sich die? Was gilt bei Mängeln von Hauptoder Untervollmacht? Wie ist die Haftung? UnterVM unwirksam Untervertreter haftet HauptVM unwirksam offengelegt: Hauptvertreter haftet nicht offengelegt: Untervertreter haftet
37 d Welchen unterliegt die?
38 Welchen unterliegt die? Wann fallen Innen- und Außenverhältnis auseinander? Innenvollmacht BGB / Anscheins- / DuldungsVM Kein Interesse weitergehende Vollmacht als Handlungsbefugnis zu erteilen Innenverhältnis = Außenverhältnis (außer ausdrücklich anders erklärt) Geschäftspartner darf sich auf das verlassen, was ihm gesagt wurde Außenverhältnis abstrakt, Innenverhältnis kann abweichen Gesetzlich fixierte Vollmacht Innenbeschränkungen üblich, aber nur Innenwirkung Außenverhältnis fixiert, Innenverhältnis dispositiv
39 Welchen unterliegt die? Welche Folgen hat die Überschreitung der Innenbefugnis? Grds. Beschränkung nur im Innenverhältnis Vertretener wirksam verpflichtet / berechtigt Schadensersatz Vertreter gegen Vertretenen Zu Lasten des Vertretenen (aber: Innenregress) Sonderfälle: Kollusion, Missbrauch Kein Anspruch gegen Vertretenen Grds. kein Schadensersatz von Vertreter Zu Lasten des Geschäftspartners
40 Welchen unterliegt die? Was ist abzugrenzen? Vollmacht ist einseitiges Rechtsgeschäft (basiert auf Willenserklärung) Auslegung nach 133, 157 BGB Beispiel: Kauf mir ein Magnum-Eis für 2 Eis kostet tatsächlich 2,10 133, 157 BGB aus Empfängersicht (=Vertreter, nicht Geschäftspartner) Gemeint ist ungefähr 2, Damit sind 2,10 in Ordnung Gemeint ist maximal 2, Damit sind 2,10 zu viel
41 Welchen unterliegt die? Was ist ein Insichgeschäft? Diener zweier Herren ( 181 BGB) Selbstkontrahieren Mehrvertretung Unter- und Eigenvertretung: analog (h.m.) / direkt (Lit.) Ausnahmen Rechtlich vorteilhafte Geschäfte (tel. Red. / 107 analog) Gestattung (181, 1. Var. BGB) Erfüllung einer Verbindlichkeit (181, 2. Var. BGB) Genehmigung möglich ( 177 BGB)
42 Welchen unterliegt die? Was gilt für die nachteilhafte Erfüllung vorteilhafter Geschäfte? Literatur Rechtsprechung teleologische Reduktion 181 BGB anwendbar Gesamtbetrachtung bereits Kausalgeschäft nachteilig
43 Welchen unterliegt die? Was ist ein Missbrauch der? bewusstes Zusammenwirken (Kollusion) sonstiger Missbrauch (Evidenz) Obj., wissentl. Pflichtverstoß des Vertreters Kenntnis des Geschäftspartners Schädigungsabsicht des Vertreters Folge: 138, 826 BGB obj. Pflichtverstoß des Vertreters str. Kenntnis min. fahrlässige Unkenntnis des Dritten (= objektive Evidenz) Keine Schädigungsabsicht Folge: streitig
44 Welchen unterliegt die? Welche Folgen hat ein Missbrauch der? Genehmigungsrecht (analog 177 BGB) M 1 : 138 BGB, 826 BGB VM entfällt M 2 : Einrede unzulässiger Rechtsausübung ( 242)
45 Welchen unterliegt die? Fall H beauftragte V für ihn einen Gebrauchtwagen für bis zu zu erwerben. V entdeckte bei G einen alten VW Golf, den G für verkaufen wollte. Daraufhin schloss V ausdrücklich als Vertreter des H mit G einen Kaufvertrag. H fand zu teuer und verweigerte die Zahlung. Daraufhin wandte sich G an V. V stellte bei genauerer Untersuchung des PKW fest, dass dieser einen Unfallschaden hatte, was nicht sofort erkennbarwar. V erklärtedie Anfechtung. G wundert sich, warum V anfechten will. Sein Vertragspartner sei doch H gewesen. Er meint zudem, die Anfechtung sei zu spät; er habe nichts von dem Unfall gewusst, da er den Wagen geerbtund sofort verkaufthabe. Kann G von V Zahlung des Kaufpreises verlangen?
46 Welchen unterliegt die? Wie stellen sich die Rechtsbeziehungen dar? H 167: bis V G 142 I, 119 II BGB
47 Welchen unterliegt die? Lösung (1) G V aus 179 Abs. 1, 1. Var. BGB I. Vertragsschluss durch Vertreter ohne bei BGB-Vollmacht kann Außenverhältnis frei gestaltet werden; hier summenmäßig begrenzt (1.500 ), Geschäft liegt aber darüber keine svollmacht (insb. 171, 172 BGB) II. Keine Genehmigung des H ( 177 Abs. 1 BGB) (+) III. Bösgläubigkeit des V ( 179 Abs. 2 BGB) (+) IV. Gutgläubigkeit des G ( 179 Abs. 3 BGB) (+) V. Folge: Erfüllung
48 Welchen unterliegt die? Lösung (2) Anfechtung ( 142 Abs. 1 BGB) Anfechtbares Rechtsgeschäft? Gesetzliches Schuldverhältnis, kein Rechtsgeschäft ( 179 Abs. 1 BGB) Bei wirksamer Vertretung ( 164 BGB) könnte nur Vertretener anfechten, nicht Vertreter (obwohl WE des Vertreters!) aber: 179 Abs. 1, 1. Var. BGB soll keine Besserstellung des Geschäftspartners ggü. Wirksamkeit bewirken, sondern nur Gleichbehandlung Auch 179 Abs. 1 BGB ist von auf Vertrag gerichteter Willenserklärung abhängig (vgl. Wortlaut) Willenserklärungen sind anfechtbar ( 119, 120, 123 BGB) planwidrig Interessenlage vergleichbar 142 Abs. 1 analog auf 179 Abs. 1 BGB
49 e Was gilt für Vertretung ohne?
50 Was gilt für Vertretung ohne? Für welche Fälle gilt 179 BGB unmittelbar? Vertreter Nur bei Genehmigung 177 BGB Nichtigkeit bei einseitigem Rechtsgeschäft ( 180 BGB) Dritter Vertretener Ausfallhaftung 179 I (, II) Verweigerung oder Fristablauf ( 177 II BGB) Beachte: Widerrufsrecht ( 178 BGB)
51 Was gilt für Vertretung ohne? Für welche Fälle gilt 179 BGB analog? Identitätstäuschung (Handeln unter fremd. Namen) insb. Unterschriftfälschung Partei kraft Amtes (Insolvenzverwalter) Handeln für nicht existierende Person Abgrenzung: falsa demonstratio Genehmigungsbedürftigkeit des Rechtsgeschäfts Vorspiegelung eines anderen Dritten (beachte 119 II) insb. unbeschränkte Haftung
52 Was gilt für Vertretung ohne? Kann man die Haftung nach 179 Abs. 1 BGB erweitern? individualvertraglich AGB 309 Nr. 11 b BGB 307 I, II BGB Ausschluss, sich auf 179 III zu berufen, wenn besonderes Vertrauen in Anspruch genommen wurde ( 242 BGB)
53 Was gilt für Vertretung ohne? Warum ordnen 179 I BGB und 311a II eine Haftung auf das positive Interesse an? Garantenhaftung Verkehrsschutzfunktion Sanktionsfunktion Rechtsvereinfachungsfunktion
54 Was gilt für Vertretung ohne? Fall Der nicht vertretungsbefugte V verkaufte 10 Kisten Ersatzteile aus dem Lager seines Arbeitgebers H für an G, wobei er sich als Vertreter gerierte. Die Ersatzteile sollten eine Woche später bezahlt und abgeholt werden. Einen Tag später bot X dem G gleichwertige Ersatzteile für nur an. Dies lehnte G ab, da er annahm, bereits einen Vertrag mit H (vertreten durch V) zu haben und er keine weiteren Teile benötigte. Als H von dem Vertrag erfährt, will er damit nichts zu tun haben. G hätte die Ersatzteile für weiterverkaufen können. Kann G von V Zahlung von ( Veräußerungserlös abzüglich , die er an X gezahlt hätte, wenn er gewusst hätte, dass kein Vertrag mit H zustande gekommen ist)aus 179 Abs. 1 BGB verlangen?
55 Was gilt für Vertretung ohne? G V aus 179 Abs. 1, 2. Var. BGB I. Vertragsschluss durch Vertreter ohne II. Keine Genehmigung des H ( 177 Abs. 1 BGB) (+) III. Bösgläubigkeit des V ( 179 Abs. 2 BGB) (+) IV. Gutgläubigkeit des G ( 179 Abs. 3 BGB) (+) V. Folge: Schadensersatz (Erfüllung nützt hier nicht!) 249 Abs. 1 BGB: Zustand der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nichteingetreten wäre
56 Was gilt für Vertretung ohne? Auftreten mit = positives Interesse : Als ob Vertrag richtig zustandegekommen wäre; insbesondere entgangener Gewinn ( 252 BGB) Dann: zahlen, bekommen = Schadensersatz oder Überhaupt nicht aufgetreten? = negatives Interesse : Als ob Vertrag nie geschlossen worden wäre; insbesondere entgangener Gewinn ( 252 BGB) Dann: zahlen, bekommen = Schadensersatz
57 Was gilt für Vertretung ohne? M 1 : Nach 179 Abs. 1 BGB kann wahlweise auch negatives Interesse verlangt werden Anspruch besteht ihv Arg. 1: Gesetz schreibt statt der Leistung ( 280 Abs. 3, 281 BGB) oder wegen Nichterfüllung ( 376 Abs. 1 HGB), wenn nur positives Interesse gemeint ist (Wortlaut) Arg. 2: Gesetzgeber ging davon aus, dass positives Interesse grds. größer als negatives Interesse ist; daher auch Begrenzung durch positives Interesse in 122 I, 179 II BGB; eine umgekehrte Begrenzung in 179 Abs. 1, 2. Var. BGB fehlt (Systematik) Arg. 3: Bösgläubiger Vertreter ohne soll bestraft werden (Vergleich zur Privilegierung des Abs. 2) (Sinn und Zweck)
58 Was gilt für Vertretung ohne? M 2 : Nach 179 Abs. 1 BGB kann nur das positive Interesse (oder das negative Interesse bis zur Höhe des positiven Interesses) verlangt werden Anspruch nur ihv 5.000, nicht ihv Arg. 1: Schadensersatz knüpft an Erfüllung im selben Satz an, d.h. es soll Erfüllung (durch vermeintlich Vertretenen) durch Geldzahlung ersetzt werden; nicht hingegen Unterlassen des Auftreten als Vertreter fingiert werden (Wortlaut) Arg. 2: Abs. 2 sieht positives Interesse als Obergrenze, nicht negatives Interesse dann sollte nach Absatz 1 die gleiche Obergrenze gelten (Systematik) Arg. 3: Geschäftspartner darf nicht besser stehen, als wenn seine Vorstellung zutreffend wäre (Sinn und Zweck)
59 Was gilt für Vertretung ohne? Wie verhält sich die Vertrauenshaftung nach 179 II BGB zu 311 II Nr. 1, 241 II, 280 I BGB? 179 II 311 II, 280 I verschuldensunabhängig Ausschluss 179 III ( 254 ab Vertragsschluss) Neg. Interesse, Begrenzt durch pos. Int. Vorsatz / Fahrlässigkeit Minderung 254 Neg. Interesse, unbegrenzt 179 II vorrangig (str)
60 Was gilt für Vertretung ohne? Wie verhält sich die Erfüllungshaftung nach 179 I zu 311 II, 241 II, 280 I BGB? 179 I 311 II, 280 I nur pos. Kenntnis / Zusicherung Ausschluss 179 III ( 254 ab Vertragsschluss) Erfüllung / pos. Interesse ( 263, 265) Vorsatz / Fahrlässigkeit Minderung 254 Neg. Interesse 179 I vorrangig (str)
61 2 Was muss man zu 166 BGB wissen?
62 Was muss man zu 166 BGB wissen? Was muss man zu 166 BGB wissen? Zurechnung von Willensmängeln Zurechnung von Kenntnis / grob fahrlässiger Unkenntnis (szurechnung) Ausnahme Weisung ( 166 II): Veranlassung genügt (weite Auslegung) nur bei Vollmacht (Wortlaut!) streitig: Anwendbarkeit auf 989, 990 I (Alternative: 31, 831)
63 Was muss man zu 166 BGB wissen? Welche Konstrukte ergänzen 166 BGB? Analogie ergänzend svertreter: eigenverantwortliche Wahrnehmung von Aufgaben und Entgegennahme/ Weitergabe von Informationen Organisationspflicht wenn typischerweise aktenmäßig festgehaltenes + Anlass abzurufen Fahrlässigkeit
64 3 Was muss man zur wissen?
65 Was muss man zur wissen? Wie sehen die Vertragsbeziehungen aus? Kommittent svertrag är Abwicklungsgeschäft Ausführungsgeschäft mittelbare / verdeckte Dritter
66 Was muss man zur wissen? Was setzt die Drittschadensliquidation voraus? 1. Schaden ohne (vertraglichen) Anspruch 2. Anspruch ohne Schaden 3. Zufällige Verlagerung
67 Was muss man zur wissen? Welche Fälle der Drittschadensliquidation sind anerkannt? Obligatorische Gefahrentlastung 447 I (Transport) 644 I 1 (Abnahme) 2174 BGB (Vermächtnisnehmer) Obhutsverhältnisse Gesetzliches Vorbild: 701 BGB Miete, Leihe, Verwahrung Ergänzung von 823 I BGB Mittelbare 383 ff. HGB Vertreter berechtigt & verpflichtet
68 Was muss man zur wissen? Welche wichtigen Unterschiede bestehen zum Vertrag mit Schutzwirkung? Drittschadensliquidation Eigener Anspruch, fremder Schaden Schaden wandert zum Anspruch Zum Schadensausgleich Abtretung erforderlich Schuldverhältnis mit Schutzwirkung Eigener Anspruch, eigener Schaden Anspruch wandert zum Schaden Keine weitere Übertragung erforderlich
69 4 Was muss man zum wissen?
70 Was muss man zum wissen? Was setzt eine haftung allgemein voraus? objektiver tatbestand Disposition des Geschädigten subjektiv schutzwürdiges Vertrauen Zurechenbarkeit des s
71 Was muss man zum wissen? Welche Fälle des s kennen wir bislang? 171 BGB 172 BGB Duldungsvollmacht Anscheinsvollmacht Kundgabe Vollmachtsurkunde (im Original!) Hinnehmen des Vertragsschlusses (nicht: Erfüllung) in Kenntnis (str., aa: konkludente Vollmacht) Dauer/Häufigkeit des Auftretens + Kennenmüssen + Verhinderungsmöglichkeit (str., aa: nur c.i.c.)
72 Was muss man zum wissen? Was muss man zu Schuldurkunden ( 405 BGB) wissen?
73 Was muss man zum wissen? Was gilt für Quittung ( 370 BGB) und Abtretungsurkunde ( 410 BGB)?
74 Was muss man zum wissen? Was muss man sonst zu Wertpapieren wissen? Urkunde Verkörperte Gedankenerklärung, die Aussteller erkennen lässt und zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet + bestimmt ist Privates Recht Nicht bloße Tatsachenurkunde Z.B. Forderung, Mitgliedschaft Inhaberpapiere Recht aus dem Papier folgt Recht am Papier 929 ff. BGB Orderpapiere 929 ff. + Indossament Rektapapiere Recht am Papier folgt Recht aus Papier 398, 952
75 Was muss man zum wissen? Was ist eine Inhaberschuldverschreibung? 793 ff. BGB Urkunde Anspruch auf Zahlung einer Geldsumme Entstehung: Begebungsvertrag, Übertragung: 929 ff. BGB Schuldnerschutz: Legitimationsfunktion ( 797) Gläubigerschutz: gutgläubiger (einwendungsfreier) Erwerb ( 794, 796) Beachte: Urkundenerneuerung ( 798), Kraftloserklärung ( 799)
76 Was muss man zum wissen? Was muss man zum Sparbuch wissen? Urkunde im Sinne von 952 II BGB (Recht am Papier folgt Recht aus dem Papier) 929 ff. unanwendbar Urkunde isv 405 (v.a. 399 BGB) 407 BGB unanwendbar Aber: 808 I 1 Teleologische Reduktion: grobe Fahrlässigkeit (arg. ex Art. 40 III 1 WG)
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