Vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge in der dualen Ausbildung in Thüringen

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1 Vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge in der dualen Ausbildung in Thüringen Fachtagung Jugendberufshilfe Thüringen e.v. Neudietendorf, Dr. Ingrid Dietrich Birgit Fritzsche IAB Sachsen-Anhalt- Thüringen

2 Entwicklung der Zahl der Auszubildenden, der neu abgeschlossenen und vorzeitig gelösten Ausbildungsverträge Entwicklung der Zahl der Auszubildenden, der neu abgeschlossenen und der vorzeitig gelösten Ausbildungsverträge in Thüringen 2002 bis Auszubildende neu abgeschlossene Ausbildungsverträge vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge Quelle: Thüringer Landesamt für Statistik; Statistisches Bundesamt; eigene Darstellung.

3 Lösungsquote in Thüringen Entwicklung der Lösungsquote in Thüringen, den neuen Ländern und Berlin sowie Deutschland 2002 bis 2012 (in Prozent) 30,7 30,6 26,1 26,0 24,7 23,4 23,0 24,1 22,8 23,0 21,7 21,2 21,9 21,0 21,0 19,9 19,8 25,4 21,5 23,4 28,0 27,6 29,6 29,1 27,7 26,7 24,4 24,4 22,6 23,0 Thüringen Neue Länder und Berlin Deutschland Anm.: Berechnung der Lösungsquote ab 2010 nach dem neuen Schichtenmodell des BIBB. Für 2007 liegt wegen der Revision der Berufsbildungsstatistik keine Quote vor. Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Darstellung.

4 Bedeutung des Themas Vorzeitige Vertragslösungen können nicht in jedem Fall vermieden werden, aber ihre Zahl sollte möglichst gering sein, weil sie mit Einschnitten in die berufliche Entwicklung der Jugendlichen verbunden sein können, die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe sinken kann, Probleme bei der Wiederbesetzung der Stelle auftreten, Kosten für die Ausbildungsbetriebe entstehen, dies vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung zur Sicherung des künftigen Fachkräftebedarfs beiträgt.

5 Lösungsquote nach Geschlecht und Schulabschluss in Thüringen 2012 (in Prozent) Höchster allgemeinbildender Abschluss Geschlecht Insgesamt Ohne Hauptschulabschluss Hauptschulabschluss Realschulabschluss Hochschul-/ Fachhochschulreife Männer 28,6 45,6 39,0 26,0 13,7 Frauen 30,0 37,8 43,8 30,2 16,1 Insgesamt 29,1 42,9 40,4 27,6 14,8 Quelle: Statistisches Bundesamt.

6 Lösungsquote nach Ausbildungsberufen in Thüringen 2012 (> 100 Neuabschlüsse; in Prozent) Friseur/-in Koch/Köchin Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk 50,5 48,6 53,4 Anlagenmech. f. Sanitär-, Heizungs-, Klimatechnik Hotelfachmann/-fachfrau Elektroniker/-in 43,7 42,6 42,3 Fachlagerist/-in Konstruktionsmechaniker/-in Verkäufer/-in Tischler/-in Bürokaufmann/-kauffrau Kaufmann/Kauffrau für Bürokommunikation Maschinen- und Anlagenführer/-in alle Berufe 36,0 35,5 35,4 32,2 32,0 30,8 29,6 29,1 Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung; Thüringer Landesamt für Statistik; eigene Darstellung.

7 Lösungsquote nach Ausbildungsberufen in Thüringen 2012 (> 100 Neuabschlüsse; in Prozent) alle Berufe Kraftfahrzeugmechatroniker/-in Medizinische/-r Fachangestellte/-r Automobilkaufmann/-kauffrau Zahnmedizinische/-r Fachangestellte/-r Fachkraft für Lagerlogistik Zerspanungsmechaniker/-in Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel Landwirt/-in Verfahrensmech. f. Kunststoff-u. Kautschuktechnik Kaufmann/Kauffrau im Groß- und Außenhandel Mechatroniker/-in Industriemechaniker/-in Industriekaufmann/-kauffrau Werkzeugmechaniker/-in Bankkaufmann/-kauffrau Elektroniker/-in für Betriebstechnik 8,0 9,5 17,9 17,2 14,9 14,9 14,0 29,1 28,4 27,5 26,8 26,8 26,3 23,8 23,4 23,3 22,7 Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung; Thüringer Landesamt für Statistik; eigene Darstellung.

8 Lösungsquote nach Ausbildungsbereichen in Thüringen 2012 (in Prozent) 36,4 Landesdurchschnitt 29,1 27,7 29,4 22,3 19,7 5,8 Industrie u. Handel Handwerk Öffentl. Dienst Freie Berufe Landwirtschaft Hauswirtschaft Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Darstellung.

9 Lösungsquote und Anteil der überwiegend öffentlich geförderten Ausbildung in Thüringen 2012 (in %) 55 Friseure Fachverk. im Lebensmittelhandw. Anlagenm. f.sanitär-, Heizungs- u. Klimat. Hotelfachleute Elektroniker Köche Lösungsquote Konstruktionsmechaniker Tischler Bürokaufleute Maschinen- und Anlagenführer Fachkräfte f. Lagerlogistik Zerspanungsmechaniker Kfl. im Einzelhandel Verfahrensm. f. Kunststoff- u. Kautschukt. Kfl. im Groß- u. Außenh. Mechatroniker 6 Industriekaufleute Werkzeugmechaniker Bankkaufleute Elektroniker für Betriebstechnik Kaufleute für Bürokommunikation Verkäufer Fachlageristen 1 Kfz-mechatroniker 2 Medizinische Fachangestellte 3 Automobilkaufleute 4 Zahnmedizinische Fachangestellte 5 Landwirte 6 Industriemechaniker Anteil überwiegend öffentlich geförderte Ausbildung Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung; eigene Darstellung.

10 Vertragslösungen nach Ausbildungsjahren Vertragslösungen nach Ausbildungsjahren Anteil an allen Lösungen im Berichtsjahr (in Prozent) 2,4 3,2 2,5 2,1 1,6 5,3 27,2 30,3 27,4 24,7 20,9 19,2 0,3 0,5 0,8 0,7 0,9 11,7 11,9 13,2 13,2 11,9 31,8 32,1 31,1 29,4 28,5 37,5 36,4 36,4 33,0 32,3 27,3 32,9 30,2 33,7 40,2 45,1 48,3 56,3 55,5 54,9 56,8 58, Ausbildungsjahr 2. Ausbildungsjahr 3. Ausbildungsjahr 4. Ausbildungsjahr Quelle: Statistisches Bundesamt; Thüringer Landesamt für Statistik; eigene Darstellung.

11 Lösungsquote in der Probezeit Anteil der Lösungen in der Probezeit nach Geschlecht und Schulabschluss in Thüringen 2012 einfache Lösungsquote (in Prozent) Innerhalb der Probezeit (4 Monate) vorzeitig gelöste Ausbildungsverhältnisse in Prozent von allen im Berichtsjahr begonnenen Ausbildungsverträgen Männer Frauen Insgesamt Ohne Hauptschulabschluss 10,3 8,3 9,5 Hauptschulabschluss 11,2 16,4 12,8 Realschul- o. vergleichbarer Abschluss 7,6 11,2 9,0 Hochschul-/Fachhochschulreife 5,1 5,7 5,4 Im Ausland erworbener Abschluss, der nicht zuordenbar ist 12,0-11,5 Insgesamt 8,4 11,0 9,3 Quelle: Statistisches Bundesamt: Sonderauswertung.

12 Zwischenfazit 2012 verzeichnete Thüringen mit 29,1 Prozent unter allen Bundesländern eine der höchsten Lösungsquoten. Sie lag 4,7 Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt. Die Lösungsquote variierte stark zwischen den Ausbildungsberufen. Je höher der allgemeinbildende Schulabschluss, desto geringer war die Wahrscheinlichkeit einer Vertragslösung. Vorzeitige Vertragslösungen kamen im Handwerk häufiger vor als in den übrigen Ausbildungsbereichen. Die Lösungsquote von außerbetrieblichen Ausbildungsverhältnissen für sozial Benachteiligte und Lernbeeinträchtigte lag über dem Durchschnitt. Frauen beendeten häufiger als Männer das Ausbildungsverhältnis vorzeitig. Fast 10 Prozent der 2012 begonnenen Ausbildungsverträge wurden bereits in der Probezeit gelöst. Das Risiko einer Vertragslösung innerhalb der ersten vier Monate nach Ausbildungsbeginn war für Auszubildende mit Hauptschulabschluss ( 12,8 %) und für Frauen (11,0 %) am höchsten.

13 Gründe für (befürchtete) vorzeitige Vertragslösungen aus Sicht der Auszubildenden (in Prozent) schlechtes Betriebsklima Konflikte Ausbilder/Auszubildender gesundheitliche Gründe Kosten der Ausbildung Qualitätsmängel in der Ausbildung Qualitätsmängel Berufsschule Alltagskonflikte (persönl.) Erreichbarkeit Berufsschule falsche Vorstellung vom Beruf ausbildungsfremde Tätigkeit andere Gründe Erreichbarkeit Ausbildungsbetrieb Insolvenz Ausbildungsbetrieb Mutterschaft Berufsberatung vermittelt falsches Bild befürchtete Gründe bei aktueller Lehre (1.105) Gründe bei abgebrochener Lehre (205) Anm.: Die Abbildung zeigt die Ergebnisse der IAB-Befragung in den Regionen Halle und Südthüringen Quelle: Kropp (2013); eigene Darstellung.

14 Betriebliche Ausbildungsqualität Schweizer Projekt STABIL beleuchtet Zusammenhang zwischen Lösungsgeschehen und betrieblicher Ausbildungsqualität Betriebe der Best-Practice-Gruppe verzeichnen sehr hohe Ausbildungsqualität und keine/wenige Vertragslösungen. Typisch für diese Betriebe ist vor allem, dass sie sich stärker am Bildungsplan orientieren, häufiger deshalb ausbilden, um Jugendlichen eine Perspektive zu geben, um den Nachwuchs zu sichern und weil dies Teil der Personalpolitik ist, sich durch mehr genutzte Weiterbildungstage ihrer Berufsbildner auszeichnen, eine geringere Affinität zu strafender, distanzierter Haltung gegenüber den Lernenden aufweisen, über die beste Kooperation mit der Berufsschule berichten. (Quelle: Schumann 2014)

15 Prävention von Vertragslösungen Berufsorientierung durch die Schulen, die Berufsberatung der Agenturen für Arbeit sowie die Betriebe mit dem Ziel, für jeden Jugendlichen ein individuell passendes Ausbildungsverhältnis zu finden Professionelle Unterstützung nach Ausbildungsbeginn: Informationsaustausch zwischen Ausbildern, Betriebsinhabern, Ausbildungsberatern der Kammern, Berufsschullehrern und Berufsberatern Suche nach schnellen und unkomplizierten Hilfen. (Quelle: Schnapp 2012)

16 Prävention von Vertragslösungen Chancen auf einen Wiedereinstieg erhöhen sich, wenn Hilfen für die betroffenen Jugendlichen schon vor der Vertragslösung oder spätestens unmittelbar danach eingeleitet werden, die Jugendlichen von den berufsbildungsverantwortlichen Personen gezielt über neue Ausbildungsmöglichkeiten beraten werden, Jugendliche ohne Anschlussperspektive an einem Brückenangebot oder einer arbeitsmarktlichen Maßnahme teilnehmen. (Quelle: Schmid 2011)

17 Fazit Vorzeitige Vertragslösungen werden in den meisten Fällen durch mehrere Faktoren ausgelöst. Maßnahmen zur Vermeidung von Vertragslösungen sollten bei allen an der Ausbildung Beteiligten ansetzen.

18 Literatur Schmid, Evi (2011): Lehrvertragsauflösungen im Kanton Zürich: Wiedereinstieg und Anschlusslösung. Universität Zürich. Lehrstuhl für Gymnasial- und Berufspädagogik. Schnapp, Monika (2012): Hilfestellungen vor und nach Ausbildungsbeginn. In: Baumeler, Carmen; Ertelt, Bernd-Joachim; Frey, Andreas (Hrsg.): Diagnostik und Prävention von Ausbildungsabbrüchen in der Berufsbildung. Verlag Empirische Pädagogik. Landau. Schumann, Stephan (2014): STABIL Die Ergebnisse im Überblick. Vortrag an der Universität Fribourg

19 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Kontakt: Dr. Ingrid Dietrich

20 Lernendenauswahl in Malerbetrieben Schnupperlehre Schulzeugnis und Noten Bewerbungsgespräch* Betriebsbesuch* Vorstellen mit Eltern Zweite Schnupperlehre Interner (Eignungs-) Test Externer (Eignungs-) Test 5,58 5,40 4,57 4,74 4,82 4,99 4,97 5,21 6,95 6,90 6,76 6,79 6,72 6,29 6,49 6,10 Maler keine LVA LVA =nie 7=immer Anm.: Das Antwortformat umfasst: 1 nie, 2 sehr selten, 3 selten, 4 gelegentlich, 5 oft, 6 sehr oft, 7 immer. Signifikante Unterschiede sind mit einem Stern (*) gekennzeichnet. Quelle: Forsblom u. a. (2014); Schumann (2014), Folie 30.