Nur eine Frage der Zeit?

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1 Umfrage: Antriebskonzepte in der Diskussion Nur eine Frage der Zeit? Hydraulischen Maschinen in der Kunststoffverarbeitung werden besonders in Europa aufgrund der bei vielen Anwendungen besseren Kosten-/Nutzenrelation noch länger den Markt dominieren. Dennoch liegen vollelektrische und hybride Antriebssysteme im Trend, langfristig gehört elektrischen Systemen wohl die Zukunft. Vollelektrische Antriebssysteme sind in allen Bereichen des Kunststoff- und Gummimaschinenbaus auf dem Vormarsch. Am kontroversesten wird die Frage dabei von den Spritzgießmaschinenbauern diskutiert. Dabei gehen die Philosophien weit auseinander. Bevorzugt der eine hydraulische Maschinen Maschinenbauer wie Kunde setzt der andere auf hybride und der dritte auf den vollelektrischen Antrieb. Wobei vollelektrisch nicht unbedingt vollelektrisch zu bedeuten hat, versteckt sich mancherorts doch noch eine kleine Hydraulik. Dennoch ist ein eindeutiger Trend auszumachen: Kaum einer der nicht eine Vollelektrische im Programm hat, erste Modelle auf der K 2001 präsentiert oder wenigstens ein Konzept. Gründe genug für den Plastverarbeiter, eine kleine, nicht repräsentative Umfrage unter den wichtigsten Anbietern zum Thema Vollelektrisch/Hybrid/Hydraulisch anzugehen, damit Sie sich selber ein ungefiltertes Bild machen können. Dazu wurden den Maschinenbauern folgende Fragen gestellt: 1. Auf der K 2001 werden zahlreiche vollelektrische Spritzgießmaschinen präsentiert. Ist damit wenigsten bei kleineren Schließkraftklassen bis 4000 kn das Ende der vollhydraulischen Maschinen eingeläutet? 2. Was versprechen Sie sich von elektrischen Maschinen und wo sind deren Einsatzgebiete? 3. Wo sehen Sie im Jahr 2005 vollelektrische Maschinen von der Marktbedeutung her in Europa, den USA und Asien stehen? 4. Sind hybride Lösungen mittelfristig nicht die sinnvollste Lösung, nach dem Motto elektrifiziert wird, was sinnvoll ist? 5. Wie weit spielen bei der Entscheidung für das Antriebssystem regionale Gegebenheiten eine Rolle und wie weit einfach Vorlieben? 6. Wie viel sind vollelektrische Maschinen teurer als vergleichbare hydraulische (in Prozent) und bei welchen Anwendungen rechnet sich der Mehrinvest? Werner Götz Herbert Kraibühler, Geschäftsführung Technik, Arburg GmbH + Co, Loßburg Arburg, Loßburg Hybridmaschine vereint Vorteile Das Ende der hydraulischen Spritzgießmaschinen im Schließkraftbereich bis 4000 kn ist für Herbert Kraibühler keinesfalls eingeläutet. Vielmehr würden die elektromechanischen Antriebsalternativen die heutigen Maschinen ergänzen. So soll es in acht Jahren immer noch mehr hydraulische Maschinen auf dem Markt geben als vollelektrische. Als eine sinnvolle Lösung sei die Hybridmaschine anzusehen, die die Möglichkeit bietet, die Vorteile beider Systeme hydraulischer und elektromechanischer Antriebe in einer Maschine zu realisieren. Während mit einer vollhydraulischen Maschine höchste Dynamik und Geschwindigkeit beim Einspritzen erzielt werden könnten, verfüge die vollelektrische Maschine über höchste elektromechanische Genauigkeit und Reproduzierbarkeit sowie einen ökonomischen Energieverbrauch. Damit könne die Hybridmaschinen den individuellen Anforderungen entsprechend hin ausgelegt werden. Wirtschaftliche Einsatzbereiche für die teureren vollelektrischen Maschinen sieht Kraibühler bei Anwendungen, bei denen eine hohe Genauigkeit bei der Positionierung gefordert ist. In Bezug auf die Energie lohne sich unter bestimmten Voraussetzungen eine elektromechanische Dosierachse. Battenfeld, Kottingbrunn Nennenswerter Marktanteil Reinhard Gruber ist sich sicher, dass die hydraulischen Maschinen auf absehbare Zeit ihre weltweit führende Stellung werden halten können. Zwar gehe der Trend eindeutig hin zu vollelektrischen Maschinen besonders in Nordamerika,und das zu Lasten der hydraulischen Maschinen. Ein Ende der Hydraulik, wie in Japan absehbar, sei jedoch noch lange nicht in Sicht. Die Kunden wägen heute vermehrt die Vorzüge hydraulischer und elektrischer Antriebstechnik für ihre Anwendungen ab. So biete die vollelektrische Maschine dem Kunden mehr Freiraum für die Umsetzung seiner Produktideen und steigere die Prozesssicherheit. Vorteilhaft einzusetzen seien die Maschinen besonders bei Präzisionsteilen, die komplexe Einspritzprofile benötigen sowie bei schwierig zu verarbeitenden Materialien (zum Beispiel Spritz-/Prägeprozesse, optische 38 PLASTVERARBEITER 52. Jahrg. (2001) Nr. 10

2 Teile). Elektrisch angetriebene Maschinen würden zudem Anwendungsfelder für Präzisionswerkzeuge mit kritischen Werkzeugsicherungsprozeduren und exakten Auswerferbewegungen in Verbindung mit Handlingsystemen eröffnen. Auch steigere die sehr gute Reproduzierbarkeit die Produktqualität, einmal ermittelte Parameter müssten nicht mehr angepasst werden. Langfristig werde sich die vollelektrische Maschine in allen Bereichen der Kunststoffverarbeitung durchsetzen. Bis 2005 soll sie einen nennenswerten Marktanteil erobern, der regional jedoch sehr unterschiedlich ausfalle. Von hybriden Lösungen hält Reinhard Gruber wenig. So seien sie grundsätzlich nichts Neues und Sinn mache es nur, wenn alle qualitätsbestimmenden Reinhard Gruber, Geschäftsführer Battenfeld Kunststoffmaschinen Ges.m.b.H, Kottingbrunn/Österreich (Bild Reinhard Gruber) Maschinenachsen wie Dosieren, Einspritzen und die Schließbewegung elektrifiziert seien. Für die Nebenbewegungen des Auswerfers und der Spritzeinheit sei es nicht sinnvoll, die Nachteile hydraulischer Antriebstechnik wie Lärm und geringer Wirkungsgrad in Kauf zu nehmen. Außerdem böten nur vollelektrische Maschinen Parallelbewegungen bereits im Standard. Generell könne die Gesetzgebung in Bezug auf vollelektrische Maschinen einen enormen Einfluss haben. Beispiel USA: Die US-Regierung unterstützt energiesparende Technologien beziehungsweise die Investition in elektrische Spritzgießmaschinen, was den Trend deutlich verstärkt hat. Auch in den kommenden drei bis fünf Jahren werde die vollelektrische Maschine einen höheren Preis haben, weil das Preisniveau der technologieabhängigen Antriebskomponenten relativ hoch bleiben werde. Einzig steigende Verkaufszahlen könnten zu Preissenkungen führen. Trotzdem rechnet sich der höhere Invest, wenn eine Gesamtbetrachtung über die Lebensdauer angestellt wird. Demag Ergotech, Schwaig und Wiehe Ein Nebeneinander der Systeme Ein Antriebskonzept muss technisch und wirtschaftlich sinnvoll sein. Und für die meisten Produktionsaufgaben brauche es laut Helmar Franz derzeit hydraulischer Antriebe. Dementsprechend würden vollhydraulische Maschinen auch langfristig Bestand haben. Für Helmar Farnz wird es Helmar Franz, Sprecher der Geschäftsführung, Demag Ergotech GmbH, Schwaig und Wiehe ein Nebeneinander vollhydraulischer, elektrischer Maschinen mit Resthydraulik und vollelektrischer Maschinen geben. Von wenigen Hochleistungstypen abgesehen, bedienen vollelektrische Allzweckmaschinen alle Anwendungsgebiete mit durchschnittlichen Leistungsanforderungen. Als Maschinenbauer verspricht sich Demag Ergotech von einer Vollelektrischen eine bessere Marktposition vor allem in wettbewerbsintensiven Exportmärkten. Dabei seien vollelektrische Maschinen keine Universallösung für alle Aufgaben der Spritzgießtechnik. Sie werden bis 2005 ihren Weltmarktanteil vermutlich ausbauen, gegenüber vollund teilhydraulischen Maschinen aber klar in der Minderheit bleiben. Vorteilhaft bei den Maschinen seien vor allem der geringere Energieverbrauch durch die elektrischen Antriebe sowie eine höhere Präzision als bei den hydraulischen Modellen. Letztere seien dagegen preiswerter und bei Leistungsdichte und Einspritzgeschwindigkeit klar im Vorteil. Elektrifiziert wird, was sinnvoll ist dieses Motto liegt der neuesten Maschinengeneration Ergotech EL-EXIS von Demag zugrunde. Es sei die seit 1998 sichtbare Produktpolitik der Franken. Legislative Aspekte seien nur in den asiatischen Märkten gelegentlich von Bedeutung. Wie bei der Entscheidung zwischen Schließsystemen oder Bedienkonzepten, gebe es Vorlieben auch für Elektrik oder Hydraulik. Auch wenn vollelektrische Maschinen bei gleicher Schließkraft um bis zu 80% teurer sind. Kaufmännisch rechne sich der Mehraufwand bei einer erheblichen Energieeinsparung jedoch auf Sicht mehrerer Jahre. Dr. Boy, Neustadt Allein die Effizienz entscheidet In Anbetracht der Marktanteile der hydraulischen und elektromechanisch angetriebenen Maschinen, erscheint für Alfred Schiffer eine Annahme über das mittelfristige oder langfristige Ende des bewährten hydraulischen Maschinenantriebes äußerst spekulativ. Bei all diesen Überlegungen, ab wann und in welcher Geschwindigkeit Technologien verdrängt und durch andere ersetzt werden, müsse berücksichtigt werden, dass bewährte Systeme eine Perfektion erreicht hätten, die hierzu neue konkurrierende Systeme erst durch langjährigen Einsatz erreichen könnten. Genereller Industriestandard werde jedenfalls nur die Technologie sein, welche für den Verarbeiter die effizienteste ist. Spezifische Einsatzgebiete für elektromechanisch angetriebene Maschinen gebe es eigentlich nicht, nur spezielle Anwendungsfälle und regionale Gesetze, welche die Mehrkosten geringer erscheinen ließen. Die Verbreitung von elektrischen Maschinen werde im wesentlichen von der Lösung bestehender Probleme an elektrischen Maschinen und deren Preisrelation zu hydraulischen abhängig sein. Eine Hybridmaschine stelle zwar möglicherweise einen guten Effizienz- und Kostenkompromiss, bezogen auf eine Maschinenachse dar, habe aber grund- 40 PLASTVERARBEITER 52. Jahrg. (2001) Nr. 10

3 sätzlich den Nachteil, die Schwächen beider Systeme zu vereinigen. Hybridmaschinen könnten somit nicht ölfrei und nicht preislich attraktiv sein. Der Vormarsch der vollelektrischen Maschinen in Japan gründe auf Regelungen, nach denen eine hydraulische Maschine mit Zusatzinvestitionen und-/ oder höheren Versicherungsprämien belastet wird. Vorlieben bei der Entscheidung für die Investition eines Produktionsmittels ausleben zu können, muss man sich jedoch leisten können. Alfred Schiffer Alfred Schiffer, Geschäftsführer Technik und Materialwesen Dr. Boy GmbH, Neustadt bezweifelt, dass dies in dem immer härter werdenden Verdrängungswettbewerb der Weltwirtschaft weiterhin möglich sein wird. So liegen die Kosten für elektromechanische Maschinen heutiger Bauart, je nach Größenordnung, zwischen 30 und 50 % höher. Bei aller Euphorie, die heute den elektromechanischen Maschinen entgegengebracht werde, sollte das Thema Service berücksichtigt werden. Ein Spritzgießautomat sei kein Livestyleartikel, sondern ein Produktionsmittel, mit Hilfe dessen Erträge erwirtschaftet werden müssen. Ferromatik Milacron, Malterdingen Wandel auch in Europa Für Dr. Michael Koch ist es verfrüht zu sagen, dass mit der K 2001 vollelektrische Maschinen das mittelfristige Ende der hydraulischen Maschinen einläuten. So werde in Europa unterschätzt, wie sich der Trend zu vollelektrischen Maschinen in Japan und Nordamerika bereits durchgesetzt habe. Deshalb will der Maschinenbauer mit der neuen Elektra evolution-baureihe (siehe Seite 62) einen wesentlichen Akzent für diesen Wandel auch in Europa setzen. Dabei decke die neue Maschine 80 Prozent aller Anwendungen ab, die Elektra classic-reihe erreiche den Großteil der verbleibenden Hochleistungsanwendungen in dem angebotenen Schließkraftbereich. Engel, Schwertberg/Österreich Logische Erweiterung des Programms Da die hydraulische Maschine einen weiten Bereich der technologischen Anforderungen abdeckt und verschiedene Vorteile (u.a. beim Preis) bietet, wird sie auch weiterhin ihren Stellenwert haben, dessen ist sich Dr. Peter Neumann sicher. Dennoch sei die elektrische Maschine die logische Erweiterung des Produktprogramms für Anwendungsgebiete, bei denen vor allem sehr hohe Anforderungen an Präzision und Maschinenfähigkeit gegeben sind. Beim Einsatz elektrischer Maschinen werde es aber aufgrund des Kaufverhaltens der Kunden sowie gesetzlicher Rahmenbedingungen, geographisch gesehen, markante Unterschiede geben. In Europa bestehe durch den derzeit noch geringen Anteil von elektrischen Maschinen sowie durch die steigenden Anforderungen an die Spritzgießprodukte das größte Potential. Mittelfristig erscheine ein Marktanteil von etwa 20 Prozent realistisch. In Japan seien für den Erfolg der vollelektrischen Maschinen strenge Umweltauflagen sowie der geringere Platzbedarf entscheidend. In einigen Bundesstaaten der USA wird laut Dr. Neumann zudem die Investition von Vollelektrischen aufgrund des geringeren Energieverbrauches gefördert. Jede hybride Lösung bedeute zwei unterschiedliche Antriebssysteme in einer Maschine und damit entsprechende Anforderungen an die Instandhaltung. Nur die vollelektrische Maschine bietet alle Vorteile in bezug auf Ölfreiheit, geringe Emissionswerte und optimalen Wirkungsgrad. Das Preisniveau von vollelektrischen Maschinen liege deutlich über dem der hydraulischen Maschinen. Die Mehrinvestition würde sich nur im Anwendungsbereich technische Präzisionsteile durch verringerten Ausschuß, sowie durch Einsparung der aufwendigen Qualitätskontrolle im Prozess rechnen. Dr. Peter Neumann, Sprecher der Geschäftsleitung, Engel Vertriebsgesellschaft mbh, Schwertberg/Österreich Dr. Michael Koch, Geschäftsführer Ferromatik Milacron Maschinenbau GmbH, Malterdingen Dabei seien geringere Herstellungskosten (schnellere Zyklen, weniger Wartung, Energieeinsparung) und qualitativ höherwertige Teile erreichbar. Für das Jahr 2005 erwartet Dr. Koch einen Ferromatik-Umsatzanteil von 30 Prozent mit vollelektrischen Maschinen. Hybride Lösungen seien nur Kompromisse in dem Bemühen, dem technologischen Wandel nur langsam Statt zu geben und natürlich altbewährtes beizubehalten. Sinnvoll ist nach Einschätzung Dr. Kochs die volle Energieeinsparung von bis zu 50% und mehr zu nutzen. Jedermann könne heute die Vorteile der vollelektrischen Maschinen Resourcen sparend nutzen und dem steigenden Kostendruck gleichzeitig in vielerlei Hinsicht innovativ gerecht werden. Vorlieben seien deutlich zu beobachten. Dr. Koch kennt jedoch keine direkte gesetzgeberische Maßnahme, die eine der beiden Ansätze ungleich befördert oder behindert. Der technologische Fortschritt werde allerdings heute noch offene Fragen von selbst beant- 42 PLASTVERARBEITER 52. Jahrg. (2001) Nr. 10

4 worten, bevor gesetzliche Regelungen eine Rolle spielen. Die Investitionskosten der neuen Elektra evolution liegen laut Dr. Koch nur noch wenig über denen hydraulischer Maschinen mit vergleichbarer Schließkraft-/Spritzeinheitenkombination. Wobei ein reiner Preisvergleich unangemessen sei, denn elektrische Maschinen bedeuten mehr Qualität bei geringeren Produktionskosten. Dies gelte jetzt für die meisten Anwendungen. Karl-Heinz Höfert, Verkaufsleiter, Husky Injection Molding Systems S.A., Dudelange/ Luxemburg Husky, Bad Salzuflen Noch lange nicht eingeläutet Auch wenn auf der K 2001 zahlreiche Anbieter vollelektrische Spritzgießmaschinen vorstellen, für Karl-Heinz Höfert ist bei den kleineren Schließkraftklassen auch mittelfristig das Ende der hydraulischen Maschinen noch lange nicht eingeläutet. Dennoch spreche einiges für die vollelektrischen Maschinen: niedrigere Energiekosten, eine höhere Wiederholgenauigkeit und Sauberkeit seien in der Regel die Hauptargumente die angeführt werden, wobei hierzu eine genau Quantifizierung notwendig sei. Einsatzgebiete für die vollelektrischen Maschinen gebe es in nahezu allen Bereichen, technologisch aber auch Einschränkungen wie zum Beispiel bei der Dünnwand-Technik. Dennoch werde die Akzeptanz für die vollelektrischen sicherlich wachsen, wobei Höfert ge- naue Prognosen jedoch sehr schwer fallen. Als sinnvoll erachtet man hybride Lösungen, zumal sie die Sicht von Husky unter dem Gesichtspunkt, Maschinen für spezielle Marktsegmente zu bauen, unterstützen. Auch böten sie erhöhte Flexibilität um Trends zu stützen, zum Beispiel den nach Minderung des Materialverbrauchs durch Reduzierung der Wandstärken. Auf Seiten der Kostenbasis liegen Husky derzeit keine aktuellen Werte vor. Ob sich eine höhere Investition in vollelektrische Maschinen rechnet, sei jedoch nicht allein von der Anwendung abhängig, sonder auch von regionalen Gegebenheiten wie die Strompreisregulierung in Kalifornien, die den höheren Invest rechtfertige. PLASTVERARBEITER 52. Jahrg. (2001) Nr

5 Krauss-Maffei Kunststofftechnik, München Gewinnt an Bedeutung Die hydraulische Maschine wird weiter Ihren Platz im Markt haben, davon ist Josef Märtl überzeugt, auch wenn künftig eine gewisse Substitution durch die elektrische Maschine erfolgt. Darauf stellt sich auch Krauss-Maffei ein und präsentiert mit der Eltec-Spritzgießmaschine auf der K 2001 eine Baureihe elektrischer Maschinen mit Schließkräften von 500, 800, 1100 und 1500 kn mit Zweiplatten-Schließsystem. Für die elektrische Variante spreche vor allem die hohe Präzision, schnelle Zyklen, natürlich der geringere Energieverbrauch und die Umweltfreundlichkeit. Einsatzgebiete sieht Märtl für die Eltec-Maschinen zum Beispiel im Bereich Reinraumtechnik, bei- spielsweise in der Medizintechnik, und bei technischen Teilen. Dementsprechend werde die vollelektrische Maschine mittelfristig immer mehr an Bedeutung gewinnen, natürlich in Abhängigkeit zum Preis/Leistungs-Verhältnis. Bis heute sind elektrische Maschinen deutlich teurer als hydraulische Maschinen, je nach Anwendungsfall und Wertung der Vorteile liege der Return of Investment (ROI) jedoch in einem vertretbaren Bereich. Hybride Lösungen stuft Märtl als eine sehr sinnvolle Lösung ein, zumindest für eine längere Übergangsfrist. Diese Bauweise sei eine gute Ergänzung, zumal viele Nachfolgeeinrichtungen bei kom- Josef Märtl, Geschäftsführer, Krauss-Maffei Kunststofftechnik, München pletten Fertigungszellen derzeit ohne Hydraulik gar nicht auskämen. Regionale Gegebenheiten spielen bei der Krauss-Maffei Kunststofftechnik eine untergeordnete Rolle, da stets Technik und Leistung bei der Entwicklung im Vordergrund stünden. Dementsprechend haben regionale Bedingungen und Vorlieben die Entwicklung nicht geleitet, sondern ausschließlich die Wirtschaftlichkeit und Teilequalität. Mitsui, Neuss Zehn Prozent Marktanteil bis 2005 Mittelfristig wird sich die elektrische Maschine für Anwendungen durchsetzen, bei denen es auf Präzision und ausgereizte schnelle Zyklen ankommt, davon ist Michael Kerber überzeugt. Die Entwicklung in Japan zeige für die nächsten Jahre eine steigende Tendenz auf, mit bis zu 70% elektrische Maschinen bis 3000 kn Schließkraft. Die hydraulische Maschine werde jedoch für vorhandene Hydraulikkernzug-Werkzeuge und bei Kostendruck durch die Teileabnehmer weiterhin eingesetzt. Vorteile elektrischer Maschinen sieht Ker- Michael Kerber, Verkaufsleiter, Mitsui Machine Tool GmbH, Neuss ber systembedingt bei Teilen, die hohe Anforderungen in die Artikelkonstanz stellen. Die positionsrelevante Regelung CNCgesteuerter, vollelektrischer Maschinen ermögliche zudem schnelle, dynamische und koordinierte Bewegungen bei kürzesten Zykluszeiten. Einsatzfelder sieht man bei Mitsui in der Fertigung von dünnwandigen Verpackungen, bei Medizin- und Kosmetikartikeln, Steckverbindungen, optischen Linsen und Datenträgern. Für 2005 erwartet Michael Kerber einen Marktanteil elektrischer Maschinen in Europa von rund zehn Prozent. Die Frage was sinnvoll ist hänge von der Anwendung und vom Ziel des Maschineneinsatzes ab. Vollelektrische Maschinen sind positionsrelevant ausgeführt, das heißt wie bei einer Werkzeugmaschine werden hierbei Positionen (der Schließ- und Spritzfunktion sowie des Auswerfers und des Plastifizier-Servomotors) sowie dynamische Prozesse (ggf. mehrerer miteinander koordinierter Funktionen) auf 1/100 mm genau über die Zeit geregelt. Bei einer Hybridmaschine (mit einer oder mehreren hydraulischen Funktionen), ist das gesamte System letztlich als zeitrelevant anzusehen, das heiße die Genauigkeit und Schnelligkeit der Regelstrecke der vorhandenen Hydraulikfunktion bestimmt die Präzision und den schnellst möglichen Zyklus. Genüge eine so 'elektrifizierte' Universalmaschine, sei diese sicher sinnvoll einzusetzen. Ist das Ziel neben Energieeinsparung jedoch eine technisch best mögliche, konstante Produktion mit kürzesten Zykluszeiten sicherzustellen, sei eine vollelektrische Maschine die richtige Lösung. Die Preisdifferenz sei unter anderem abhängig von der Schließkraftklasse. Bei Kleinmaschinen bis 300 kn Schließkraft sei der Preisunterschied wesentlich höher, da auch in diesen Maschinen weitgehend gleiche Steuerungs- und Antriebs-Systeme wie in den größeren Modellen eingesetzt werden. In der 2500 bis 3000 kn-klasse betrage die Differenz zu vergleichbaren Hydraulikmaschinen teilweise weniger als 20 Prozent. Netstal, Näfels Für jeden von Bedeutung Die Anzahl der weltweit verkauften vollelektrischen Spritzgiessmaschinen ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Bei den kleineren Schliesskraftklassen bis 4000 kn wird sich dieser Trend laut Bernhard Merki in Zukunft am stärksten fortsetzen. Die resultierenden Marktvolumen würden darum früher oder später für jeden global tätigen Maschinenhersteller von Bedeutung sein. Da die Frage der Wirtschaftlichkeit für einen Anwender jedoch oberste Priorität habe, würden mittelfristig sowohl hydraulische als auch hybride Maschinen dank ihren spezifischen Vorteilen bei vielen Anwendungssegmenten weiterhin eine überzeugte Käuferschaft finden. Entsprechend dieser Entwicklung baut Netstal elektrische Maschinen für die beiden Marktsegmente optische Datenträger und hochpräzise technische Teile. Diese Maschinen werden als Parallelbaureihen zu den existierenden hybriden und hydraulischen 44 PLASTVERARBEITER 52. Jahrg. (2001) Nr. 10

6 Produkten im Markt positioniert. Einen Marktanteil für vollelektrische Maschinen bis 2005 zu nennen ist für Bernhard Merki schwierig, zumal die Entwicklung des Gesamtmarktes bis zu jenem Zeitpunkt kaum abschätzbar sei. Dennoch teilt Merki die Prognose, dass mittelfristig weltweit jede dritte verkaufte Maschine im Schliesskraftbereich bis 4000 kn vollelektrisch sein wird. Hybride Lösungen seien eine sinnvolle Lösung, vorausgesetzt, dass der Spritzgießmaschinenbauer sämtliche Antriebsarten technologisch und kostenmässig beherrsche und für jede einzelne Antriebsachse Bernhard Merki, Direktor Marketing und Vertrieb, Netstal- Maschinen AG, Näfels/SChweiz der Maschine die optimale Lösung finde. Optimal kann in diesem Sinne nur heißen anwendungs- und kundennutzengerecht. Diese Vorgehensweise führe bei den kleinen Maschinen aus technischer Sicht eher zu Lösungen mit elektrischen Antrieben. Der Hemmschuh für den Er- folg liege aber gerade in diesem Segment bei den deutlich höheren Kosten der elektrischen Achsantriebe. Ein Vergleich der heutigen Marktpreise zeigt, dass vollelektrische Maschinen je nach Schliesskraftgrösse 20 bis 40% teurer sind als vergleichbare hydraulische Maschinen. Diese Mehrkosten ließen sich allein über die Energieeinsparung nicht kompensieren. Wirklich rechnen werden sich aus Sicht von Bernhard Merki elektrische Maschinen erst, wenn das Preisniveau entweder vergleichbar wird oder bei höheren Kosten ein Produktivitäts- und Qualitätsgewinn erreicht werden kann. PLASTVERARBEITER 52. Jahrg. (2001) Nr