Modul 10 2 Gase 2 Insektizide 4 Schwermetalle 6 Chemische Kampfstoffe 9 Lösungsmittel 11
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- Liane Lichtenberg
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1 Modul 10 2 Gase 2 Atemgifte 2 Reizgase 3 Insektizide 4 Axonale Ionenkanäle 4 Acetycholinesterase 5 Mitochondriale Atmungskette 5 α₂-rezeptor 5 GABA 5 Acetycholinrezeptor 5 Schwermetalle 6 Blei 6 Quecksilber 6 Arsen 7 Thallium 8 Selen 8 Chemische Kampfstoffe 9 Blut-Kampfstoffe 9 Lungen-Kampfstoffe 9 Nasen-Rachen-Kampfstoffe 9 Augenreiz-Kampfstoffe 9 Haut-Kampfstoffe 10 Nerven-Kampfstoffe 10 Psycho-Kampfstoffe 10 Lösungsmittel 11 Alkohol 11 Lösungmittel 12 Quellenangaben: VL-Folien der Vorlesungsreihe Allgemeine Pharmakologie und Toxikologie der Universität Mainz aufgezeichnete Videos der Vorlesungsreihe Allgemeine Pharmakologie und Toxikologie der Universität Mainz, Plattform Ilkum 1
2 Modul 10 Gase Atemgifte Gut drei Viertel aller Todesfälle bei Bränden sind der Inhalation von Brandgasen geschuldet. Sogenannte Stickgase, wie zum Beispiel in Silos und Brunnen, führen zu einer Verdrängung von Sauerstoff und so zu einem Erstickungstod. Im Folgenden einige Beispiele für die genannten Gase: Kohlenmonoxid (CO) Das Gas ist farb- und geruchslos, hat die gleiche Dichte wie Luft und wird daher nicht als Gefahr wahrgenommen. Es wird unter anderem vermehrt freigesetzt bei Bränden, schlecht belüfteten Parkhäusern, Silos, defekten Heizanlagen, aber auch beim Tabakrauchen. Die Affinität von CO zu Hb ist etwa 300-fach höher als die von Sauerstoff. Es kommt zu einer Blockade der Sauerstoffbindungsstellen und bei einem hohen Wert zu toxischen Auswirkungen. Die Symptome sind abhängig von der CO-Menge: Das therapeutische Eingreifen besteht im Wesentlichen in der Gabe von reinem Sauerstoff, evtl. ist eine Druckkammer indiziert. Die jeweilige Symptomatik wird je nach Schweregrad behandelt und bedarf nicht selten einer intensivmedizinischen Behandlung. Blausäure Verwendung findet Blausäure hauptsächlich in der Industrie für verschiedene Prozesse. Beispiele sind das Vergolden und Versilbern, die Nutzung als Insektizid und das natürliche Vorkommen in Nahrungspflanzen. Blausäure hemmt reversibel die Cytochromoxidase, was zur Hemmung der Atmungskette führt. Bei längerer Einwirkung kann die Zelle keine Energie in Form von ATP mehr gewinnen, es kommt zum Zelltod. Die letale Dosis liegt bei mg, abhängig vom Körpergewicht. Symptome sind Hyperpnoe, durch den Sauerstoffmangel und eine Rotfärbung der Haut. Nach Inhalation kommt es innerhalb von Sekunden zu Symptomen, bei oraler Aufnahme binnen von wenigen Minuten. 2
3 Therapieansätze sind: Natriumthiosulfat Dieser Wirkstoff wandelt die Blausäure in Thiocyanat um, was weit weniger toxisch ist. Methämoglobinbildner Oxidiert Fe²+ zu Fe³+, Methämoglobin entsteht. Die verminderte Sauerstofftransportkapazität wird bei der Behandlung in Kauf genommen. Es wird weniger Blausäure gebunden. Hydroxycobalamin Ist ein Komplexbildner, die Blausäure wird ausgeschieden. Reizgase Der Angriffsort von Reizgasen hängt von ihrer Wasserlöslichkeit ab. Ist diese hoch sind die betroffenen Organe die Augen, Larynx und Trachea, je niedriger die Wasserlöslichkeit, desto tiefer dringen die Gase in die Atemwege ein. Dringt ein solches Gas tief in die Atemwege ein, besteht die Gefahr eines toxischen Lungenödems. Die Toxizität hat unterschiedliche Ursachen. Zum einen die chemische Zerstörung des Lungengewebes, zum anderen die systemische Wirkung durch die Verteilung über den Blutweg. Man unterscheidet die Gase außerdem anhand ihrer Wirkweisen, bzw. anhand des Wirkeintritts. Es gibt Gase, bei denen zeigt sich unmittelbar eine pulmonale Wirkung, die sich anhand von Husten und Bronchospasmus äußert. Gase mit verzögerter pulmonaler Wirkung zeichnen sich aus, durch das Fehlen von Husten und Ausbildung eines Lungenödems. Beispiele für Reizgase mit geringer Löslichkeit und verzögertem Wirkeintritt sind NO₂ und Ozon. NO₂ ist fast geruchlos und hoch giftig. Beim Einatmen kommt es zunächst zu Schwindel und Kopfschmerzen, später zu Atemnot und Lungenödem. Die Therapie des toxischen Lungenödems besteht in der Gabe von Sauerstoff, Inhalation von Glucocortikoiden, ggf. auch intravenös und je nach Patientenzustand Diazepam zum Ruhigstellen. Gase mit systemischer Wirkung zeigen in der Regel extrapulmonale Symptome, wie zum Beispiel Kohlenmonoxid (siehe oben). 3
4 Insektizide Per Definition sind Pestizide und Biozide chemische Verbindungen zu Bekämpfung schädlicher oder unerwünschter Organismen, die die Nahrung des Menschen sowie andere Lebensgüter angreifen, oder Krankheiten übertragen. Die einzelnen Stoffklassen unterscheiden sich anhand der Zielstrukturen, die in den Organismen angegriffen werden. Axonale Ionenkanäle Als Beispiel seien chlorierte cyklische Kohlenwasserstoffe genannt. Ein Vertreter ist das Dichlordiphenyl-Trichlorethan, oder weil sich kein Mensch dieses Wort merken kann, kurz DDT. DDT wird eingesetzt zur Schädlingsbekämpfung und ist weltweit zur Malariabekämpfung zugelassen. Zu bedenken ist, dass DDT aufgrund seiner Lipophilie in Fett kumulieren kann und es sich so innerhalb von Menschen und Tieren anreichern kann. Es kann zu einer Übererregbarkeit des ZNS kommen, da es die Offenwahrscheinlichkeit für Na+-Kanäle erhöht. DDT ist bei Mäusen und Ratten karzinogen, beim Menschen ist diese und eine mutagene Wirkung nicht erwiesen. Auch wenn bei Arbeitern in DDT-Fabriken eine Kumulation im Fettgewebe ohne toxische Wirkung nachgewiesen wurde, kann es zu akuten Intoxikationen kommen. Die letale Dosis für Menschen liegt bei 10-30g. Etwa eine Stunde nach Kontakt kommt es zu Zungentaubheit und dann zu Parästhesien an den Extremitäten. Später folgen dann Unruhe, Schwindel und Krämpfe, die im schlimmsten Fall tödlich enden. Eine weiteres Beispiel sind Pyrethroide. Auch diese Stoffklasse greift axonale Ionenkanäle an. Natürlicherweise kommt es in Chrysanthemen (das sind schöne bunte Blumen) vor. Synthetisch hergestellt wird es zur Bekämpfung von Insekten und findet Anwendung in Innenräumen, in der Landwirtschaft und bei der Behandlung von Haustieren (Hunden, Katzen, etc.). Die Wirkung besteht in der verzögerten Schließung von aktivierten Na+-Kanälen, was eine verlängerte Depolarisation an motorischen Nerven zur Folge hat. Es kommt zu einer letalen Lähmung des Schädlings. In dieser Wirkweise besteht auch die Toxizität für den Mensch. Da der Stoff gut über die Haut resorbierbar ist, also lipophil, kann er im Fettgewebe kumulieren und bis zu 30 Tage dort bleiben. Bei sehr hohen Dosen führt dies beim Mensch zu sensorischen Störungen, Übelkeit, Erbrechen und Krämpfen. Eine chronische Schädigung des Nervensystems gilt als umstritten. 4
5 Acetycholinesterase Der Angriffspunkt dieser Stoffklasse ist die Acetycholinesterase. Wichtige Vertreter sind Organophosphate und Carbamate. Organophosphate werden auch als chemische Kampfstoffe eingesetzt und haben eine sehr hohe Toxizität. Aufgrund der Lipophilie werden sie gut über die Haut resorbiert. Bei einer Vergiftung mit Organophosphaten oder Carbamaten kommt es durch die Hemmung der Acetycholinesterase zu muskarinergen Symptomen wie Speichelfluss, erhöhter Bronchosekretion, Bronchospasmus, Durchfall, Erbrechen, Miosis und Bradykardie. Außerdem zeigen sich nikotinerge Symptome wie Tremor, Krämpfe, Sprachstörungen, Müdigkeit, Verwirrtheit bis hin zur Bewusstlosigkeit und Atemlähmung. Die Therapie der Vergiftung besteht in der Gabe von Atropin (2-5 mg i.v. alle 10 Minuten) und muss meist eine längere Zeit fortgeführt werden. Bei einer Vergiftung mit Organophosphaten ist zudem Obidoxim indiziert, allerding immer in Kombination mit Atropin. Mitochondriale Atmungskette Ein Vertreter dieser Stoffklasse ist Rotenon. Es blockiert den Enzymkomplex I der Atmungskette und führt bei hohen Dosen zu einer Atemlähmung. Die geschätzte letale Dosis beim Mensch sind 0,3-0,5g/kgKG bei oraler Aufnahme. Eine Inhalation ist toxischer. Rotenon fördert bei Ratten einen Morbus Parkinson und steht daher im Verdacht, diese Langzeitauswirkungen auch auf den Menschen zu haben. α₂-rezeptor Amitraz ist ein Beispiel für diese Stoffkalsse. Es wird eingesetzt zur Parasitenbekämpfung bei Laus- und Milbenbefall, insbesondere bei Haustieren. Es ist ein Agonist am α₂-rezeptor und führt bei hohen Dosen zu Bradykardie, Hypotonie, Hypothermie und gastrointestinalen Symptomen. Das Antidot ist Yohimbin. GABA Avermeticin und Ivermeticin potenzieren die inhibitorische Aktivität von GABA im ZNS. Die Wirkstoffe werden ebenfalls zur Parasitenbehandlung bei Haustieren eingesetzt. Ein Antidot existiert nicht, die Therapie erfolgt symptomatisch. Acetycholinrezeptor Nikotin besetzt den Rezeptor und gilt als natürliches Insektizid. 5
6 Schwermetalle Schwermetalle wie z.b. Blei, Arsen, Cobalt, Quecksilber und Thallium sind Umweltgifte, weil immer wieder kleinere Dosen aufgenommen werden. Über die Zeit entwickelt sich dann eine Toxizität, die sich unterschiedlich äußern kann. Blei Blei findet Verwendung in Batterien, Farbpigmenten, Kabelumantelungen und vielen weiteren Alltagsgegenständen. Pflanzen und Lebensmittel werden durch Staub und Niederschläge kontaminiert, bei Tieren und Menschen finden sich die höchsten Konzentrationen in Leber und Niere. Man geht von einer Gesamtresorption von 30-40ug/d aus, durch Nahrung, Trinkwasser, Kontakt und Luft. Die Zielorgane von Blei sind die glatte Muskulatur, das blutbildende und das motorische System. Auch Ablagerungen im Skelett mit einer hohen Halbwertszeit sind bekannt. Für eine akute Vergiftung bedarf es hoher Dosen. Sie kann sich in einer sogenannten Bleikolik äußern, es kommt zu Übelkeit, Erbrechen und Darmkrämpfen. Bei Kindern werden Bleiencephalopathien beschrieben. Die Symptome sind Desorientierung, Schlaflosigkeit, Erbrechen, Ataxie, Stupor und Aggressivität. Häufiger sind chronische, toxische Symptome. Die dauerhafte Belastung mit Blei kann zu einer Anämie führen, durch Hemmung der Häm-Synthese. Zudem ist Blei neurotoxisch, was sich in Gedächtnisstörungen, Schwindel und Sehstörungen bemerkbar macht und die Lernfähigkeit beeinflusst. Die Therapie erfolgt mittels Chelatbildnern. Mittel der Wahl bei einer akuten Intoxikation ist Na₂-Ca-Edetat. Bei einer chronischen Vergiftung nimmt man DMPS. Bei Verdacht auf ein Hirnödem sind zudem Glucokortikoide indiziert. Bei organischem Blei, wie es z.b. in Benzin vorkommt, sind Chelatbildner schlechter wirksam. Quecksilber Bei Quecksilber unterscheidet man metallisches Hg, wie es in der Luft vorkommt, Quecksilber-Salze und organisches Hg. Klassischerweise kommt es in Thermometern vor, Dämpfe entstehen bei bestimmten industriellen Verfahren, Amalgan-Füllungen sind quecksilberhaltig und bestimmte Desinfektionsmittel ebenfalls. Quecksilber hat eine hohe Affinität zu SH-Gruppen und kann Proteine zerstören. Es kommt zu vielfältigen Symptomen: Bei einer akuten Vergiftungen zeigen sich zunächst Übelkeit, Metallgeschmack, Koliken und Erbrechen. Dies führt zu einer Gastroenteritis, es kommt durch Schäden an der Niere zu einer Polyurie und dadurch zu einem Protein- und Elektrolytverlust. Die Nieren versagen, es kann nach wenigen Tagen zum Tod kommen. 6
7 Als Folge der Nierenfunktionsstörung kann es zudem zu einer Colitis mucomembranacea (starke Koliken, Durchfälle) und Stomatitis mercurialis (dunkles Zahnfleisch, Ulcera im Mund) kommen. Bei einer chronischen Vergiftung ist das ZNS der Hauptmanifestationsort. Es kommt zu Krämpfen, Lähmungen, Konzentrationsschwierigkeiten und Zitterschrift. Die Therapie der Quecksilber-Vergiftung gliedert sich folgendermaßen: Nicht resorbiertes Hg wird durch medizinische Kohle behandelt. Bereits resorbiertes Hg durch BAL (Dimercaprol), ein Antidot, oder D-Penicillamin, ein Chelatbildner. BAL wird i.m. appliziert. Nebenwirkungen sind ein Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz, Übelkeit, Erbrechen und Schwindel. Es ist notwenig einen großen Überschuss zu verabreichen, da der Komplex nicht stabil ist. D-Penicillamin kann i.v. und per os verabreicht werden. Es ist kontraindiziert bei Anurie. Nebenwirkungen sind Nierenschäden, Gelenkrheumatismus, Skelett- und Augenmuskellähmungen, sowie Geschmacksstörungen. Die Symptomatik wird begleitend mit entsprechenden Medikamenten und Maßnahmen behandelt (Hämodialyse, Spasmolytika, Glucocortikoide etc.). Arsen Arsen existiert in verschiedenen Oxidationsstufen. Hohe Arsenkonzentrationen finden sich in Schalentieren, Seefischen und zum Teil auch im Trinkwasser. Die 3-wertigen Verbindungen sind toxischer als die 5-wertigen. Arsentrioxid findet sich zum Beispiel auch in Pestiziden, hat Verwendung in der Glasindustrie und als Therapeutikum in der traditionellen chinesischen Medizin. Die toxische Wirkung besteht in der Hemmung von Proteinen durch die Bindung an SH- Gruppen. Die akute Wirkung äußert sich in Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Hämaturie und Proteinurie, Parästhesien und neurologischen Ausfällen. Es kann zu einer zentralen Atemlähmung kommen. Die letale Dosis beim Menschen beträgt etwa mg Arsentrioxid. Bei einer chronischen Vergiftung zeigen sich Hautveränderungen (Hyperkeratose, Melanose und Haarausfall), sowie respiratorische Symptome. Schwäche und Leberschäden sind ebenfalls eine Auswirkung der chronischen Toxizität. Arsen hat zudem eine karzinogene Wirkung aus Lunge, Haut, Niere und Blase. Die Therapie besteht aus DMPS, einem Antidot, sowie Aktivkohle. 7
8 Thallium Thallium wird unter anderem eingesetzt bei der Chemotherapie der Lues und als Rattengift. Es ist geruchs- und geschmacksneutral. Die letale Dosis liegt bei mg/kgkg. Bei einer akuten Vergiftung kann es zu einer letalen kardialen Schädigung kommen. Eine chronische Vergiftung zeigt sich durch Übelkeit, Erbrechen, Obstipationen, ZNS-Störungen, Sehstörungen und evtl. einer Ateminsuffizienz. Bei Überleben der Vergiftung weisen die Patienten an den Fingernägeln sogenannte Mees sche Bänder auf und erleiden ggf. ein Korsakow-Syndrom. Die Therapie besteht in der Gabe von Aktivkohle und NaSO₄, sowie Berliner Blau. Selen Selen ist ein essentielles Spurenelement, allerdings mit einer geringen therapeutischen Breite. Bei Überdosierungen und Vergiftungen kommt es zu gastrointestinalen Symptomen, Haarausfall und oftmals letalen Herzentzündungen. Chelatbildner sind Mittel der Wahl bei einer Selen-Vergiftung. 8
9 Chemische Kampfstoffe Definition: Chemische Stoffe, die für kriegerische Zwecke missbraucht werden. Die geschichtlichen Hintergründe und Einsätze sind leider zahlreich. Man klassifiziert chemische Krampfstoffe zum einen nach der Munitionierung im 1. Weltkrieg, die zusammenfassend gesagt, die Tödlichkeit beschreibt, zum anderen nach der Art und dem Ort der Wirkung. Nach letzterem sind die Kampfstoffe im Folgenden gegliedert. Blut-Kampfstoffe Kampfstoffe, die unter diese Klassifizierung fallen, sind unter anderem Blausäure und Chlorcyan. Zyankali ist das Salz der Blausäure und eins der am schnellsten tötenden Gifte. Die Kampfstoffe binden an die Cytochromoxidase und hemmen letztlich die ATP-Bildung (siehe Seite 2). Nach Inhalation der Gase kommt es binnen von Sekunden zu Symptomen wie Hyperpnoe und Rotfärbung der Haut. Die letale Dosis beträgt etwa 1mg HCN/kgKG. Lungen-Kampfstoffe Lungenkampfstoffe wurden vornehmlich im 1. Weltkrieg eingesetzt. Ein Beispiel ist Chlorgas. Es ist hoch wasserlöslich und wirkt vorallem auf Augen, Nase, Pharynx und Larynx. Phorgen ist nicht gut wasserlöslich und wirkt auf die tieferen Strukturen der Atemwege. Je nach Expositionsmenge kommt es zu Husten und leichter Atemnot bis hin zu einem ggf. letalem Lungenödem. Patienten, die es überleben erleiden in der Regel eine Lungenfibrose. Die Therapie besteht aus Sauerstoffgabe, Beatmung, Cortison und Bronchodilatoren. Nasen-Rachen-Kampfstoffe Es handelt sich um halogenierte, organische Arsenverbindungen. Beispiele sind Clark I und Clark II. Die Kampfstoffe werden über die Schleimhäute und die Haut aufgenommen. Der Wirkmechanismus ist weitgehend unbekannt, es kommt zu einer Reizung der Atemwege, die je nach Menge bis zu einem Lungenödem und einer Atemlähmung führen kann. Ein Antidot ist nicht bekannt. Augenreiz-Kampfstoffe Ethylbromacetat ( Tränengas ) wird auch heute noch von der Polizei zur Selbstverteidigung eingesetzt. Die Wirkstoffe sind lipophil und werden daher schnell aufgenommen. Es kommt zu einer Reizung der Bindehaut, die sich mit Brennen und starkem Tränenfluss äußert. Ein Antidot ist nicht bekannt, Spülen der Augen verkürzt die Symptomatik. 9
10 Haut-Kampfstoffe Es handelt sich unter anderem um sogenannte Lost-Verbindungen. Schwefel-Lost, oder auch Senfgas und Stickstoff-Lost. Die Substanzen sind bifunktionelle Alkylantien und werden in ähnlicher Form heute auch noch als Zytostatika eingesetzt. Senfgas ist sehr lipophil und wird über die Haut und die Atemwege aufgenommen. Bei einer Vergiftung kommt es nach einer asymptomatischen Phase, die mehrere Stunden dauern kann, zu Blasenbildung auf der Haut, Atemnot und Hämatotoxizität. Als Spätwirkung sind Tumore beschrieben. Es gibt kein Antidot. Die Betroffenen müssen gründlich gewaschen werden, evtl. ist Aktivkohle indiziert, sowie Antibiotikagabe, um Hautinfektionen zu verhindern. Weitere Hautkampfstoffe sind Arsenverbindungen, wie zum Beispiel Lewisit. Auch dieser Stoff wird über Inhalation und die Haut aufgenommen. Er reichert sich in Lunge, Leber und Niere an. Die Vergiftung führt zu lokalen Schäden an der Haut (Brennen, Blasenbildung) und zu Erbrechen, Koliken, Durchfällen und Nekrosen im Magen-Darm- Trakt. Eine Therapiemöglichkeit ist BAL, ein Antidot. Nerven-Kampfstoffe Beispiele für Nervengifte sind Tabun, Sarin, Soman und VX. Alle Stoffe sind hoch toxisch, geruchlos, flüssig und lipophil. Alle hemmen die Acetylcholinesterase, führen also zu parasympathomimetischen Symptomen wie Bradykardie, Blutdruckabfall, Bronchospasmus, und vermehrte Speichelproduktion. Es kommt zu Tremor und Atemschwäche, die peripher und zentral bedingt ist. Die einzig mögliche Therapie sind Atropin und Reaktivatoren der Acetycholinesterase, wie z.b. Obidoxim. Ggf. ist eine künstliche Beatmung notwendig und die Behandlung der Krampfanfälle mit Benzodiazepinen. Psycho-Kampfstoffe Diese Stoffe werden auch als Super-Halluzinogene bezeichnet. Ein Beispiel ist Chinuclidinylbenzilat (BZ). Es hemmt die cholinerge Erregungsübertragung auf muskarinische Rezeptoren. Antidot ist Physostigmin. 10
11 Lösungsmittel Man unterscheidet organische Lösungsmittel wie Benzol, aliphatische Kohlenwasserstoffe und halogenierte Kohlenwasserstoffe von Alkohol. Hier wiederum gilt es die Wirkung von Ethylalkohol, Methylalkohol, längerkettigen Alkoholen und Glykolen zu unterscheiden. Alkohol Alkohol entsteht durch Gärung. Neben seinem Einsatz als Reinigungs- und Desinfektionsmittel, ist er vor allem ein beliebtes Genussmittel, besonders nach Pharmaprüfungen ;). Ab einer gewissen Menge spricht man von riskantem Konsum und von Abhängigkeit. Alle aliphatischen Alkohole haben eine narkotische Wirkung. Ethylalkohol hat Einfluss auf eine Vielzahl von Liganden-gesteuerten Ionenkanälen. Er stimuliert unter anderem GABA-Rezeptoren, hemmt NDMA-Rezeptoren und aktiviert Endorphin-Rezeptoren. Der Alkohol wird in der Leber durch die AlkoholDehydrogenase zu Acetaldehyd und schließlich zu Acetat umgewandelt. Dieses geht dann entweder in den Citratzyklus ein, oder wird für die Fettsäure-Synthese verstoffwechselt, was bei chronischem Konsum zu einer alkoholbedingten Fettleber führen kann. Die Elimination geschieht nach der Kinetik 0. Ordnung. Die akuten toxischen Wirkungen sind stimulierende Effekte, Sedierung, Diurese, Vasodilatation, Minderung der Thromboxan-Synthese und ein Reflux. Die Ausprägung der Symptomatik nimmt mit steigender Promillezahl zu. Bei einem Blutpromillespiegel von 2,0 ist bereits ein deutlicher Rauschzustand eingetreten, mitunter bis zur Bewusstlosigkeit. Ab 4,0-5,0 Promille kann Alkohol letal sein. Bei Personen mit ausgeprägter Gewöhnung sind diese Grenzen häufig nach oben verschoben. Die Symptome bei chronischem Konsum sind neben der Abhängigkeit, kognitive Störungen, Leberschäden bis hin zur Zirrhose, Impotenz, Polyneuropathien durch toxische Wirkung auf die Nerven und Vitamin B₁-Mangel und Demenz bis hin zum Delirium tremens (Halluzinationen, Schlaflosigkeit). Bei Alkoholkonsum während einer Schwangerschaft kann es zu einer Alkoholembryopathie kommen, die Kinder erleiden nicht selten schwere Schäden. 11
12 Bei einer Vergiftung mit Methanol, die häufig im Zusammenhang mit gepanschtem Alkohol steht, können schon durch kleinere Mengen schwere Symptome auftreten. Methanol wird durch die Alkoholdehydrogenase zu Formaldehyd und dann zu Ameisensäure umgewandelt. Diese akkumuliert und kann nur sehr langsam ausgeschieden werden. Nach 12-24h kommt es zu einer metabolischen Azidose, Atemstörungen, Kreislaufversagen und Niereninsuffizienz. Nach drei Tagen kann es zu einem Retinaödem kommen, welches zwar reversibel ist, den Sehnerv aber häufig so schädigt, dass überlebende Patienten erblinden. Bei einer chronischen Intoxikation mit Methanol, wie es gelegentlich berufsbedingt auftreten kann (Lacke, Lösungsmittel etc.), kann es zu Seh-und Hörnervenschäden kommen. Die Therapie einer akuten Intoxikation besteht in der Gabe von Ethanol. Die Alkoholdehydrogenase wandelt diesen dann um und da die Affinität höher ist als zu Methanol, entsteht weniger Ameisensäure. Je nach Bedarf muss die Azidose behandelt werden und in schweren Fällen ist eine Hämodialyse erforderlich. Lösungmittel Lösungsmittel haben ein hohes Fettlösungsvermögen und hohe Flüchtigkeit und werden daher zur Reinigung und Abtrocknung eingesetzt. Im Haushalt findet man sie häufig in Fleckenentfernern, Fettlösern und Möbelpolitur. Bei einer Intoxikation wirken Lösungsmittel narkotisch und schädigen das zentrale und periphere Nervensystem. Zudem sind Leber- und Nierenschäden möglich. Ein Beispiel ist Benzol, ein Zusatz in Kraftstoffen. Bei einer akuten Intoxikation kommt es zu einer narkotischen Wirkung und letalen Herzrhythmusstörungen. Im Vorfeld treten Schwindel, Erbrechen, Krämpfe und Lähmungen auf. Bei einer chronischen Exposition ist vor allem das blutbildende System betroffen, es kann zu Anämie, Leukopenie und Thrombozytopenie kommen. Zudem hat Benzol mutagene und kanzerogene Effekte. Bei einer Intoxikation mit Benzin kommt es ebenfalls zu einer Narkose und Erbrechen. Bei chronischer Vergiftung sind Lungenschäden, Neuropathien, Depressionen und Gedächtnisstörungen zu erwarten. 12
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