Vom Wald zur Blumen- und Magerwiese
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- Judith Dieter
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1 Vom Wald zur Blumen- und Magerwiese Ausserhalb von Chevenez, wenn man auf der Hauptstrasse in Richtung Porrentruy fährt, befindet sich eine schöne Magerwiese, die Côte de l Honne, welche schon seit über 100 Jahren bekannt ist. Diese Magerwiese ist auch auf der alten Landeskarte der Schweiz, der Siegfridkarte aus dem späten 19 Jh. ersichtlich. Sie wurde im Laufe der Zeit unterschiedlich genutzt, und erst gegen Anfang des 20 Jh. aus wirtschaftlichen Gründen sich selbst überlassen. Laut Informationen eines alten Landwirtes aus Chevenez wurde die Wiese bis Ende des 19. Jahrhunderts im Herbst und Winter mit Schafen beweidet. Die Magerwiese diente als Nahrung für die Tiere. Die Beweidung verhinderte ein Aufkommen von Sträuchern und Waldbäumen. Diese Situation könnte bereits seit dem Mittelalter vorherrschen, als die Menschen der Zeit die Wälder rodeten, um landwirtschaftliche Flächen zu erhalten. Jetzige Situation und Nutzung der Parzellen Die grün eingerahmte Parzelle (ca. 1ha)entspricht dem übrig gebliebenen Teil der ursprünglichen Magerwiese, welche seit Jahrhunderten bestand. Diese Parzelle wurde bis vor 25 Jahren vom Naturschutzverein Porrentruy gepflegt. Die Pflanzenvielfalt auf dieser Parzelle ist mit 3 Gentiana Arten, 7 Orchideen Arten und einer Vielfalt von typischen Jura Trockenrasenpflanzen erstaunlich. Die orange eingerahmte Parzelle (ca. 1.4ha) wurde bis Ende des 19. Jahrhunderts mit Tieren bestockt, dann jedoch aufgegeben. Allmählich fand auf der Wiese eine Sukzession zu einem relativ dichten, jungen Wald mit Pinus sylvestris, Quercus robur, Populus tremula und Alnus glutinosa statt. Die freien Nischen wurden durch Prunus spinosa, Rosa canina und Crataegus monogyna besetzt, welche als Unterwuchs den Wald undurchdringlich machen. Die rote Fläche (ca. 1.3ha) ist schon länger bewaldet mit vor allem Quercus robur, Pinus sylvestris und als Unterwuchs Coryllus avellana. Die Gesamtfläche der drei Parzellen beträgt ca. 3.7 Hektaren. Die Ajoie befindet sich auf ungefaltetem Jurakalkgestein. Beim Bau der Autobahn A16 entdeckte man in den verschiedenen Schichten hunderte von Dinosaurier-Fussabdrücken, Muscheln, Ammoniten, Schildkröten und Mammutteilen. Der flachgründige Boden der drei Parzellen besteht aus einer 515cm mächtigen Schicht aus Mineralerde, bedeckt von einer ca cm dicken humosen Oberschicht. Alle Parzellen sind südwärts ausgerichtet, und daher im Sommer und Herbst eher trocken. Im Winter und im Frühjahr sind die Parzellen normalerweise eher feucht. Umwandlung der orangen Parzelle Vom Jahr 1990 an habe ich während 10 Jahren einen Kurs für die Stadtgärtner von Basel-Stadt in der Gewerbeschule Basel organisiert. Das Thema lautete Natur in der Stadt. Jedes Jahr kamen 12 bis 15 Stadtgärtner für jeweils zwei Semester vier Stunden pro Woche in die Gewerbeschule. Mit der Bewilligung der Gemeinde Chevenez und dem verantwortlichen Forstingenieur von Porrentruy war es möglich, jeweils an einem Tag im Winter mit den Kursteilnehmenden die Sträucher und den Wald auf der ehemaligen Trockenwiese etappenweise zu fällen. Es dauerte insgesamt 8 Jahre, um die orange Fläche von Bäumen und Sträuchern zu befreien. Damit vom einstigen jungen Wald ein Nachweis erhalten blieb, wurde in der Mitte der Parzelle eine Wald-Insel übrig gelassen (blauer
2 Kreis). In den ersten 2-3 Jahren nach dem Abholzen wuchs eine Vielfalt von Ruderalpflanzen, die jeden Winter gemäht wurde. Schon im dritten Jahr blühten inmitten der Ruderalflora die beiden Orchideen-Arten Anacamptis pyramidalis und Gymnadenia conopsea. 10 Jahre nach der Rodung des jungen Waldes nahm die Parzelle wieder die ursprüngliche Form des Trockenrasens an. Heute zeugt nur noch die Wald-Insel von der zwischenzeitlichen Wald- und Strauchvegetation auf der Magerwiese. Pflege der Parzelle Nach dem Abholzen der Bäume und Sträucher wurde zusammen mit dem Naturschutzamt im St. Ursanne und der Bauernfamilie Franz und Rita Blum in Chevenez vertraglich vereinbart, dass die Familie Blum die grüne und orange Parzelle einmal im Jahr mähen werde. Der Termin für das Mähen wurde auf den November, nach den ersten Frösten, gelegt. Warum so spät? Auf den Flächen kommen die drei Enzian-Arten Gentiana germanica, G. cruciata und G. ciliata vor. Diese blühen sehr spät und die Samenkapseln sind oft erst anfangs November reif. Da es sich bei Gentiana germanica und G. ciliata um ein- und zweijährige Pflanzen handelt, ist es wichtig spät im Jahr zu mähen, damit für den Erhalt der Population genügend Samen reifen können. Die Bauernfamilie erhält für das späte Mähen und die Qualität der Pflanzengesellschaft Ausgleichsbeiträge vom Kanton und vom Bund. Das gemähte Gras wird vom Bauer abtransportiert und kompostiert. Orchideen auf den Parzellen Auf der grünen Parzelle gedeihen seit vielen Jahren folgenden Orchideen-Arten: Anacamptis pyramidalis, Orchis militaris, Ophrys fuciflora, Gymnadenia conopsea, Neottia nidus-avis, Listera odorata, Platanthera bifolia, Neotinea ustulata, Orchis morio und Orchis mascula. Auf der orangen Parzelle ist nach dem Abholzen neben einer Vielzahl der bereits oben erwähnten Arten auch noch die Orchidee Dactylorhiza fuchsii aufgekommen. Im Unterschied zu den Pflanzen der grünen Parzelle ist festzustellen, dass die Orchideen der orangen Parzelle Individuen hervorbringen, die doppelt so gross sind wie die der gleichen Arten auf der grünen Parzelle. Seltene Pflanzen Auf der gerodeten Waldfläche (orange Parzelle) östlich der Insel (blau)blühte nach 10 Jahren die seltene Türckenbund-Lilie (Lilium martagon). Es stellt sich die Frage, ob die unterirdischen Knollen der Türkenbund-Lilie während der ca. 100 Jahre dauernden bewaldeten Zeit überlebt haben könnten, oder ob sie neu aufgekommen ist. Auf der orangen Parzelle haben 3-4 Jahren nach dem Abholzen viele Orchideen-Arten Blatt-Rosetten gebildet und einige Arten haben bereits geblüht. Schlussfolgerung und Perspektive Mit dem Versuch zeigte sich, dass es möglich ist, aus einem Brachland oder einem jungen Wald wieder eine magere Trockenwiese zurückzugewinnen. Die Regeneration dauerte in Chevenez ca. 10 Jahre. In Zusammenarbeit mit den Behörden der Gemeinde Haute Ajoie, der Pro Natura, der Schweizerischen Orchideenstiftung, dem Naturschutzamt in St. Ursanne und der Bauernfamilie Blum wurde besprochen, dass die rote Parzelle ebenfalls gerodet werden sollte. Dadurch soll die
3 Gesamtfläche der mageren Trockenwiese vergrössert werden. Zudem vermindert dies die Beschattung der orangen Parzelle durch den Wald der roten Parzelle. Danksagung Ich danke dem ehemaligen Bürgermeister von Chevenez Herrn Oeuvray Gérome, der diese Arbeit ermöglicht hat. Ein spezieller Dank an Herrn Monnin Michel Forstingenieur. Er hat die FällBewilligung gegeben und die Waldrandzone der orangen Parzelle bestimmt. Einen besonderen Dank geht an die Kursteilnehmenden der Stadtgärtnerei Basel. Ohne sie wäre der Versuch unmöglich gewesen. Literatur Lauber K and Wagner G (2002) Flora Helvetica, 2ème éd. Haupt, Bern Ritter M (1985) Inventaire des prairies et pâturages secs du Canton du Jura. Contributions à la protection de la Nature en Suisse 7 Sprunger S (1998) Combe Vatelin, Pinède de Courgenay et l'étang de la Creule un ensemble de biotopes à sauvegarder et à protéger!. Bauhinia 12(1/2):23-31 Sprunger S (1999) Courgenay, un haut lieu de la flore en Ajoie. Actes Société Jurassienne d'émulation p Website Schweizerische Orchideenstiftung: Marty D, Ayer J, Becker D, Berger J-P, Billon-Bruyat J-P, Braillard L, Hug WA & Meyer CA (2007) Late Jurassic dinosaur tracksite of the Transjurane highway (Canton Jura, Switzerland): overview and measures for their protection and valorisation. Bull. Angew. Geol.: Anschrift des Autors Samuel Sprunger Kustos der Schweizerischen Orchideenstiftung am Herbarium Jany Renz Botanisches Institut der Universität Basel Schönbeinstrasse Basel Anhang Fig. 1: Ausschnitt der Siegfriedkarte - Côte de l Honne, Geokatalog Schweizerische Eidgenossenschaft Fig. 2: Ausschnitt von Swissimage - Côte de l Honne, Geokatalog Schweizerische Eidgenossenschaft Biotopbilder von Samuel Sprunger (Copyright by S. Sprunger)
4 Siegfried Karte: swisstopo m Massstab 1: 2,500 Gedruckt am : ist ein Portal zur Einsicht von geolokalisierten Informationen, Daten und Diensten, die von öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden Haftung: Obwohl die Bundesbehörden mit aller Sorgfalt auf die Richtigkeit der veröffentlichten Informationen achten, kann hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit, Genauigkeit, Aktualität, Zuverlässigkeit und Vollständigkeit dieser Informationen keine Gewährleistung übernommen werden.copyright, Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
5 0 swisstopo m Massstab 1: 2,500 Gedruckt am : ist ein Portal zur Einsicht von geolokalisierten Informationen, Daten und Diensten, die von öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden Haftung: Obwohl die Bundesbehörden mit aller Sorgfalt auf die Richtigkeit der veröffentlichten Informationen achten, kann hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit, Genauigkeit, Aktualität, Zuverlässigkeit und Vollständigkeit dieser Informationen keine Gewährleistung übernommen werden.copyright, Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
6 Ursprünglicher Waldzustand im Bereich der orangen Zone
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8 1) 2) 3) 4) Gymnadenia conopsea Campanula rapunculoides (Acker-Glockenblume) Orchis mascula Orchis militaris
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10 1 2 3 Ruderalpflanzen 1) Ruderalpflanzen 2) Lithospermum officinale (Steinsame) 3) Ruderalpflanzen in der orangen Zone nach 1 Jahr mähen
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12 ) Grüne Zone im Frühjahr 2) Orange Zone im Frühjahr 3) Orange Zone, Pflanzengesellschaft im Frühjahr nach 10 Jahren Mähen
13 Bild oben: orange Zone im Frühjahr Bild unten: orange Zone im Winter nach dem Mähen im November
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15 ) blaue Zone (Insel) im Frühjahr, Westansicht 2) blaue Zone (Insel) im Frühjahr, Südansicht 3) blaue Zone (Insel) im Winter, Südostansicht
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