Herausgegeben von Kai Brodersen, Uwe A. Oster, Thomas Scharff und Ute Schneider

Transkript

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2 Unter dem Vesuv

3 [GESCHICHTE ERZØHLT] Herausgegeben von Kai Brodersen, Uwe A. Oster, Thomas Scharff und Ute Schneider Bd. 1, Die Welt Homers, ISBN Bd. 2, Hexenjagd in Deutschland, ISBN Bd. 3, Der kænigliche Kaufmann oder wie man ein Kænigreich saniert, ISBN Bd. 4, Zechen und Bechern. Eine Kulturgeschichte des Trinkens und Betrinkens, ISBN Bd. 5, Hinter Klostermauern. Alltag im mittelalterlichen Kloster, ISBN Bd. 6, Krieg in der Antike, ISBN Bd. 7, Ein Paket fçr Deutschland. Von der Liebesgabe zum Westpaket, ISBN Bd. 8, Unter dem Vesuv. Alltag in Pompeji, ISBN Bd. 9, Baden, spielen, lachen. Wie die Ræmer ihre Freizeit verbrachten, ISBN

4 Holger Sonnabend Unter dem Vesuv Alltag in Pompeji [GESCHICHTE ERZØHLT]

5 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet çber abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschçtzt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulåssig. Das gilt insbesondere fçr Vervielfåltigungen, Ûbersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. c 2007 by Primus Verlag, Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermæglicht. Gedruckt auf såurefreiem und alterungsbeståndigem Papier Einbandgestaltung: Jutta Schneider, Frankfurt Einbandabbildung: Ausschnitt aus einem Wandgemålde, das die Initiation von Frauen in den Dionysoskult zeigt. Pompeji,Villa dei Misteri (Mysterienvilla) Foto: bildarchiv steffens Layout: Petra Bachmann,Weinheim Gestaltung und Satz: Hagedorn Kommunikation,Viernheim Printed in Germany ISBN:

6 Inhalt 6 Historische Anmerkungen zu einer mumisierten Stadt 11 Baustelle Pompeji: Das große Erdbeben von 62 n. Chr. 20 Wohnen: Villen und Mietskasernen 38 Handel und Wandel: Eine Stadt bei der Arbeit 56 Essen und Trinken: Von kulinarischen Gençssen 64 Kulturelles Pompeji: Musik, Tanz und Theater 87 Sport und Freizeit: Zwischen Arena und Rotlichtmilieu 107 Leben mit den Gættern: Tempel und Kultståtten 126 Leben auf der Straße: Verkehr, Kommunikation, Wahlkampf 136 Das traurige Finale: Der Ausbruch des Vesuv 79 n. Chr. 157 Anmerkungen 159 Literatur 160 Bildnachweis

7 Historische Anmerkungen zu einer mumisierten Stadt Es ist viel Unheil in der Welt geschehen, aber wenig, das den Nachkommen so viel Freude gemacht håtte. Diese bemerkenswerten Worte notierte Johann Wolfgang Goethe im Mårz 1787 wåhrend seiner berçhmten Reise durch Italien. Kurz zuvor hatte der Dichter der Ruinenstadt Pompeji einen Besuch abgestattet. Seine Begeisterung hielt sich anfangs in Grenzen. Was die Ausgråber bis dahin von der versunkenen Stadt zutage gefærdert hatten, entsprach nicht dem Bild, das sich der Gast aus Deutschland von einer antiken Stadt gemacht hatte. In Zeiten, in denen die Archåologie noch in den Kinderschuhen steckte, stellten sich gebildete Antikenfreunde, die aufmerksam ihre Klassiker studiert hatten, eine ræmische Stadt eben viel monumentaler und repråsentativer vor. Und so hinterließ die mumisierte Stadt bei Goethe einen wunderlichen, halb unangenehmen Eindruck. Seitdem ist viel Zeit vergangen. Heute ist Pompeji ein Magnet fçr Menschen aus aller Welt. Tagtåglich stræmen die Touristen in Scharen durch die Straßen einer Stadt, die vor mehr als 1900 Jahren zum Opfer eines verheerenden Ausbruchs des Vesuv geworden war. Im August 79 n. Chr. endete abrupt die Geschichte einer vitalen Landstadt am Golf von Neapel. Lange Zeit herrschte unter einer dicken Schicht aus vulkanischer Asche und Bimsstein Friedhofsruhe. Mit der Wiederent-

8 Historische Anmerkungen 7 deckung von Pompeji im 18. Jahrhundert feierte die Stadt unter dem Vulkan eine spektakulåre Wiederauferstehung. Wie es bereits Goethe erkannt hatte: Was fçr die Betroffenen eine Katastrophe gewesen war, erwies sich fçr die spåteren Generationen als ein Glçcksfall. Nirgendwo anders erschließt sich dem heutigen Besucher das Alltagsleben einer einerseits ganz normalen, andererseits aber auch ganz besonderen Stadt besser als in Pompeji. Normal war Pompeji in dem Sinne, dass es sich um eine Stadt handelte, wie es sie im 1. Jahrhundert n. Chr. in Italien viele gab. Eigentlich liest sich ihr Steckbrief nicht sehr aufregend. Gegrçndet wurde die Stadt im 7. Jahrhundert v. Chr. von dem italischen Volk der Osker. Im 5. Jahrhundert v. Chr. waren es die hoch zivilisierten Etrusker, die sich im Gefolge ihres Vordringens nach Kampanien zeitweise auch in Pompeji festsetzten. Abgelæst wurden die Etrusker von dem rauen Bergvolk der Samniten. Erst zu Beginn des 1. Jahrhunderts v. Chr. geriet die Stadt am Vesuv unter den Einfluss der Ræmer. 80 v. Chr. machten sie aus Pompeji eine ræmische Kolonie. Und ræmisch geprågt blieb Pompeji bis zum tragischen Ende im August 79 n. Chr. Abgesehen vom außergewæhnlichen Finale war das eine Geschichte, wie sie so oder åhnlich viele andere Stådte in Italien aufzuweisen hatten. Besonders war Pompeji in einem doppelten Sinn. Zum einen profitierte es von der Fruchtbarkeit der Landschaft um den Vesuv. Campania felix ( glçckliches Kampanien ) nannten die Ræmer die Gegend um den Vesuv mit ihren Weinbergen, die bis zum Gipfel des Vesuv reichten, den Getreidefeldern, den Thermalquellen, den schmucken Stådtchen und Villen. In einem solchen Paradies konnte man es zu einigem Wohlstand bringen, und so gehærte Pompeji zu den reichsten Stådten in Italien. In Pompeji zu wohnen, bedeutete fçr die meisten der