13. Wahlperiode Programm Rhein 2020 und Auswirkungen auf die Nutzung der Wasserkraft
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- Imke Melsbach
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1 13. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abg. Dr. Walter Witzel GRÜNE und Antwort des Ministeriums für Umwelt und Verkehr Programm Rhein 2020 und Auswirkungen auf die Nutzung der Wasserkraft Kleine Anfrage Ich frage die Landesregierung: 1. Welche konkreten Ziele hat das Programm Rhein 2020? 2. Welche Maßnahmen, die die Nutzung der Wasserkraft betreffen, sind in welchem Zeitraum zur Umsetzung dieses Programms geplant? 3. Welche technischen Maßnahmen, die die Durchgängigkeit der Flüsse im Bereich von Wasserkraftwerken bzw. Staustufen verbessern sollen, werden im Rahmen dieses Programms diskutiert, werden erprobt bzw. sollen zur Anwendung kommen? 4. Welche Verfügungen bzw. Maßnahmen sind im Rahmen dieses Programms geplant, die die Genehmigung von neu zu errichtenden Wasserkraftwerken betreffen (ggf. Differenzierung nach kleiner und großer Wasserkraft)? 5. Welche Verfügungen, Maßnahmen bzw. Eingriffe sind im Rahmen dieses Programms vorgesehen, die a) bestehende Kleinwasserkraftwerke, b) bestehende Großwasserkraftwerke, c) Kühlwassereinläufe von atomaren oder thermischen Großkraftwerken betreffen? 6. In welchen Flusssystemen und bis zu welchen Flusskilometern (bzw. zu welchen Ortschaften) sind die in 4. und 5. erfragten Maßnahmen geplant? Eingegangen: / Ausgegeben:
2 7. Teilt die Landesregierung die Meinung, dass die im Rahmen dieses Programms diskutierte Verringerung des Rechenabstands auf 10 mm die energetische Nutzung der Wasserkraft erheblich erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen würde und damit im Gegensatz zum Ziel der Landesregierung steht, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis zum Jahre 2010 zu verdoppeln? 8. Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse liegen der Landesregierung darüber vor, wie im Falle der Einführung eines Rechenabstands von 10 mm geeignete Abschwimmhilfen gebaut werden könnten, bzw. welche diesbezüglichen Untersuchungen hält sie dazu für notwendig? 9. Wie hoch liegen die voraussichtlichen Kosten für die Umsetzung des Programms Rhein 2020 für das Land Baden-Württemberg, aufgeschlüsselt nach Renaturierungen, Grundstückskäufen, Rückbaumaßnahmen, Entschädigungsleistungen für Wasserrechte (auch an Großkraftwerken), Entschädigungsleistungen für Fischerei- und sonstige Rechte, Sonstiges? 10. Welche Mittel wird das Land (nach derzeitigem Stand) in welchem Zeitraum zur Finanzierung der geplanten Maßnahmen zur Verfügung stellen? Dr. Witzel GRÜNE Begründung Die rheinanliegenden Länder wollen als Nachfolge des Programms Lachs 2000 mit dem Programm Rhein 2020 u. a. die Wiederansiedlung von Wanderfischarten in diesem Strom fördern. In diesem Zusammenhang wird u. a. die Forderung aufgestellt, bei Wasserkraftwerken den Rechenabstand auf bis zu 10 mm zu verringern, um so Fischen das Stromabwärts-Wandern zu ermöglichen. Eine solche Maßnahme würde jedoch die energetische Nutzung der Wasserkraft erheblich erschweren und damit das wirtschaftliche Aus für manche mittelständische Wasserkraftbetreiber bedeuten. Zudem stände eine solche Maßnahme im Gegensatz zum Ziel der Landesregierung, den Anteil der erneuerbaren Energien bei der Stromerzeugung bis zum Jahr 2010 (im Vergleich zu 1999) zu verdoppeln. Um die Zielkonflikte zwischen dem Programm Rhein 2020 und der umweltfreundlichen Stromerzeugung aus Wasserkraft beurteilen zu können, sind Antworten auf die o. g. Fragen erforderlich. 2
3 Antwort Mit Schreiben vom 4. Februar 2003 Nr /43 beantwortet das Ministerium für Umwelt und Verkehr im Einvernehmen mit dem Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum und dem Wirtschaftsministerium die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche konkreten Ziele hat das Programm Rhein 2020? 2. Welche Maßnahmen, die die Nutzung der Wasserkraft betreffen, sind in welchem Zeitraum zur Umsetzung dieses Programms geplant? 3. Welche technischen Maßnahmen, die die Durchgängigkeit der Flüsse im Bereich von Wasserkraftwerken bzw. Staustufen verbessern sollen, werden im Rahmen dieses Programms diskutiert, werden erprobt bzw. sollen zur Anwendung kommen? 4. Welche Verfügungen bzw. Maßnahmen sind im Rahmen dieses Programms geplant, die die Genehmigung von neu zu errichtenden Wasserkraftwerken betreffen (ggf. Differenzierung nach kleiner und großer Wasserkraft)? 5. Welche Verfügungen, Maßnahmen bzw. Eingriffe sind im Rahmen dieses Programms vorgesehen, die a) bestehende Kleinwasserkraftwerke, b) bestehende Großwasserkraftwerke, c) Kühlwassereinläufe von atomaren oder thermischen Großkraftwerken betreffen? 6. In welchen Flusssystemen und bis zu welchen Flusskilometern (bzw. zu welchen Ortschaften) sind die in 4. und 5. erfragten Maßnahmen geplant? 9. Wie hoch liegen die voraussichtlichen Kosten für die Umsetzung des Programms Rhein 2020 für das Land Baden-Württemberg, aufgeschlüsselt nach Renaturierungen, Grundstückskäufen, Rückbaumaßnahmen, Entschädigungsleistungen für Wasserrechte (auch an Großkraftwerken), Entschädigungsleistungen für Fischerei- und sonstige Rechte, Sonstiges? 10. Welche Mittel wird das Land (nach derzeitigem Stand) in welchem Zeitraum zur Finanzierung der geplanten Maßnahmen zur Verfügung stellen? Zu 1. bis 6., 9. und 10.: Das Programm Rhein 2020 ist ein von der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) ausgearbeitetes Programm zur nachhaltigen Entwicklung des Rheins. Informationen hierzu sind im Internet unter abrufbar. Das Programm definiert die generellen Rheinschutzziele für die nächsten 20 Jahre. Es ist die Fortsetzung des Aktionsprogramms Rhein, das nach dem Brand bei der Firma Sandoz im November 1986 ausgearbeitet wurde und eine Reduzierung der Schadstoffe im Rhein auf der Basis des Jahres 1985 bis zum Jahr 2000 verfolgte. Ein Teilprogramm dieses Aktionsprogramms Rhein war das Programm Lachs 2000, dessen Weiterführung durch die 12. Rheinministerkonferenz am 22. Januar 1998 in Rotterdam beschlossen wurde. 3
4 Die IKSR betrachtet den Rhein vom Auslauf aus dem Bodensee bis zur Mündung in die Nordsee. Das Programm Rhein 2020 und alle Beschlüsse der IKSR richten sich als Empfehlungen an die Rheinanliegerstaaten. Die Ziele des Programms betreffen die vier Bereiche Ökosystemverbesserung (u. a. Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit), Hochwasservorsorge und Hochwasserschutz, Wasserqualität sowie Grundwasser. Zusätzliche Haushaltsmittel für die Umsetzung des Programms wurden vom Land Baden-Württemberg nicht eingestellt. Am 22. Dezember 2000 ist die Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie, WRRL) in Kraft getreten. Die WRRL schreibt für die Gewässer die Erreichung eines guten Zustands bzw. für erheblich veränderte und künstliche Gewässer eines guten Potenzials bis zum Jahr 2015 (mit zwei zu begründenden Verlängerungsmöglichkeiten bis zum Jahr 2027) vor. Dazu wird durch die Richtlinie ein Flussgebietsansatz vorgegeben. Eine internationale Flussgebietseinheit (FGE) ist die FGE Rhein, die im Gegensatz zum Programm der IKSR das gesamte internationale Einzugsgebiet des Rheins flächendeckend beinhaltet. Die Umsetzung der WRRL setzt verbindliche Zeitvorgaben, die von der Europäischen Union kontrolliert werden. Im Einzelnen ist folgender Zeitplan vorgeschrieben: Bestandsaufnahme bis Monitoring bis Aufstellen eines Bewirtschaftungsplans mit konkreten Maßnahmenprogrammen bis Umsetzung der Maßnahmenprogramme bis Erreichung des guten Zustands/ guten Potenzials bis Verlängerungsmöglichkeit im begründeten Ausnahmefall 2 x 6 Jahre Die Zielsetzungen des IKSR-Programms Rhein 2020 zur Ökologie, zur Wasserkraft und zum Grundwasser stehen im Einklang mit der WRRL. Nur das Thema Hochwasserschutz deckt die WRRL nicht ab. Die WRRL geht in ihrem flächenhaften Ansatz jedoch über das Programm Rhein 2020 hinaus und ist EU-rechtlich verpflichtend. Baden-Württemberg wird auf eine Einszu-eins-Umsetzung achten, das heißt, die WRRL wird entsprechend der Vorgaben der EU in nationales Recht umgesetzt; darüber hinausgehende Maßnahmen sind bei der derzeitigen finanziellen und personellen Kapazität nicht zu verwirklichen. Die Umsetzung der WRRL hat wegen der rechtlichen Verpflichtung Priorität gegenüber dem Programm Rhein Derzeit wird die flächendeckende Bestandsaufnahme vorgenommen. Konkrete Maßnahmen auch im Hinblick auf die Wasserkraftnutzung werden bei Aufstellung des Bewirtschaftungsplans erarbeitet und begründen sich auf wasserwirtschaftliche Notwendigkeiten aufgrund der Bewertung der Bestandsaufnahme und des anschließenden Monitorings. Diese werden als Ziele auch die Wiederherstellung der Durchgängigkeit und die Festsetzung einer ausreichenden Mindestwassermenge beinhalten. Als Basis für deren Festlegung wird in Baden-Württemberg der 4
5 Wasserkrafterlass Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Umwelt und Verkehr, des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum und des Wirtschaftsministeriums zur gesamtökologischen Beurteilung der Wasserkraftnutzung; Kriterien für die Zulassung von Wasserkraftanlagen bis 1000 kw vom 14. Dezember 2000 dienen. Die WRRL sieht für die Umsetzung eine aktive Information und Anhörung der Öffentlichkeit vor. In diesem Zusammenhang werden auch die erforderlichen Maßnahmen zur Wasserkraftnutzung sowie zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit diskutiert werden. Im Rahmen anstehender Wasserrechtsverfahren wird auch das Ziel der Wanderfisch-Wiedereinbürgerung eine Rolle spielen. Ein konkreter Handlungsbedarf in Bezug auf behördliche Entscheidungen gegenüber Betreibern von Wasserkraftanlagen kann sich zur Erreichung eines guten Gewässerzustandes unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit ergeben. Für künstliche und erheblich veränderte Gewässer ist dafür das Ziel des guten ökologischen Potenzials individuell unter Berücksichtigung der bestehenden Nutzungen (z. B. Wasserkraft, Schifffahrt) zu bestimmen. Die Wiedereinbürgerung der Langdistanz-Wanderfische ist jedoch nur zu realisieren, wenn die Gewässer wieder in beide Richtungen durchwanderbar gestaltet werden. Um die Aufwärtswanderung zu ermöglichen, sind an allen Wasserkraftwerken Durchgängigkeitsbauwerke erforderlich, die jeweils an die örtlichen Verhältnisse anzupassen sind. Auf der Abwärtswanderung müssen die Jungfische die vorhandenen Kraftwerke sicher passieren können. Für die Junglachse (Smolts) bedarf es dazu an den kleineren Kraftwerken Schutzvorrichtungen gegen das Einschwimmen in die Turbinen und einer Umgehungsmöglichkeit (Bypass). Wegen der relativ geringen Größe der Smolts darf die lichte Weite der Öffnungen in den Schutzvorrichtungen nicht größer als 10 mm sein. Bei den Wasserkraftwerken am Rhein sind ebenfalls Aufstiegshilfen erforderlich. Auf besondere Abstiegshilfen kann nach dem bisherigen Stand der Kenntnisse verzichtet werden, da bei sehr großen (Wassermengen bis zu 300 m 3 pro Sekunde) und langsam laufenden Turbinen davon auszugehen ist, dass kleinere Fische wie die Smolts die Turbinenpassage weitgehend unbeschadet überstehen. Über mögliche Maßnahmen am Oberrhein wird zur Zeit im Auftrag der IKSR eine Studie erarbeitet. 7. Teilt die Landesregierung die Meinung, dass die im Rahmen dieses Programms diskutierte Verringerung des Rechenabstands auf 10 mm die energetische Nutzung der Wasserkraft erheblich erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen würde und damit im Gegensatz zum Ziel der Landesregierung steht, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis zum Jahre 2010 zu verdoppeln? Zu 7.: Die Landesregierung geht davon aus, dass die Installation von Fischabstiegsanlagen und Feinrechen, soweit diese für den Erfolg der Wiedereinbürgerung der Wanderfische notwendig sind (s. o.), ohne eine starke Minderung der Energieproduktion der bestehenden Anlagen möglich ist. Signifikante Auswirkungen der Maßnahmen für die Wiederansiedlung der Lachse auf das Ziel der Landesregierung, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis zum Jahre 2010 zu verdoppeln, werden nicht erwartet. 5
6 8. Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse liegen der Landesregierung darüber vor, wie im Falle der Einführung eines Rechenabstands von 10 mm geeignete Abschwimmhilfen gebaut werden könnten, bzw. welche diesbezüglichen Untersuchungen hält sie dazu für notwendig? Zu 8.: Das Verhalten abwandernder Lachse an Kraftwerkrechen und ähnlichen Schutzvorrichtungen ist bekannt. Hier kann insbesondere auf französische Untersuchungen zurückgegriffen werden, deren wesentliche Ergebnisse im nachfolgend genannten Merkblatt berücksichtigt sind. Die Gestaltung geeigneter Umgehungsmöglichkeiten ist damit qualifizierten Ingenieurbüros möglich. Eine gute Übersicht über entsprechende Bauwerke und ausgeführte Beispiele gibt das im Entwurf vorliegende Merkblatt 501 Fischschutz- und Fischabstiegsanlagen der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (ATV-DVWK). Diese Bypässe ermöglichen abwandernden Fischen ohne Schädigung ins Unterwasser zu gelangen. Eine entsprechende Konstruktion ist jeweils anlagenspezifisch und unter Berücksichtigung der Ansprüche der abwandernden Fische auszuführen. Müller Minister für Umwelt und Verkehr 6
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