Positionspapier. engineering Card Instrument zur Förderung der internationalen Mobilität von Ingenieuren
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- Richard Brandt
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1 Positionspapier engineering Card Instrument zur Förderung der internationalen Mobilität von Ingenieuren Februar 2011
2 Januar 2011
3 Positionspapier engineering Card 1 Einleitung Die Europäische Union verfolgt das Ziel, bestehende Hindernisse beim Arbeitsplatzwechsel zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten zu beseitigen und die berufliche Mobilität zu fördern. Hierzu müssen für die Berufsgruppe der Ingenieure insbesondere die Anerkennungsverfahren beruflicher Qualifikationen erheblich beschleunigt und vereinfacht werden. Die engineering card, ein Berufsausweis für Ingenieure, leistet hierfür einen entscheidenden Beitrag. Sie dokumentiert erworbene Bildungsabschlüsse und Berufsqualifikationen entsprechend international anerkannter Standards. Damit verbessert sie auch die Transparenz auf dem europäischen Ingenieur- Arbeitsmarkt und erleichtert somit für Unternehmen die Auswahl passender Fachkräfte aus dem Ausland. Der VDI fordert die Politik auf, im Zuge der anstehenden Überarbeitung der EU Berufsanerkennungsrichtlinie einen geeigneten Rahmen für die europaweite Umsetzung der engineering card zu schaffen und damit einen wesentlichen Beitrag zur dringend notwendigen Vereinfachung der Anerkennung von Qualifikationen sowie zur Erleichterung der Mobilität von Ingenieuren zu leisten. Wachsende Bedeutung internationaler Mobilität Mit der fortschreitenden Globalisierung nimmt auch für Ingenieure die Bedeutung der internationalen Mobilität zu. Industrieunternehmen, auch kleinere und mittlere, agieren verstärkt auf ausländischen Märkten. Ingenieurdienstleister und Ingenieurbüros engagieren sich ebenfalls zunehmend in internationalen Projekten. Damit wächst der Bedarf an Ingenieuren, die flexibel und mobil international eingesetzt werden können. Der Bedarf an grenzüberschreitend mobilen Ingenieuren wird darüber hinaus auch zunehmen wegen der unterschiedlichen Verfügbarkeit von Ingenieuren über Landesgrenzen hinweg. In Deutschland beispielsweise kann bereits seit Jahren der Bedarf an qualifizierten Ingenieuren nicht vollständig gedeckt werden. Dieses Problem wird sich aufgrund der demographischen Entwicklungen zunehmend verschärfen. Um ihren Bedarf an Ingenieuren zu decken, dürften deutsche Unternehmen künftig verstärkt dazu über gehen, qualifizierte Kräfte auch aus dem Ausland zu rekrutieren. Für Ingenieure stellen sich mit dem Trend zur grenzüberschreitenden Mobilität neue Herausforderungen. Zunehmend wichtiger wird es, bereits in frühen Berufsjahren erste praktische Erfahrung im Ausland zu sammeln und sich damit für den Einsatz in internationalen Unternehmen und bei internationalen Projekten zu qualifizieren. Dieser Herausforderung stehen auch Chancen gegenüber: Für grenzüberschreitend mobile Ingenieure gewinnen im Ausland ansässige Unternehmen als potentielle Arbeitgeber künftig an Bedeutung. Grenzüberschreitende Anerkennung beruflicher Qualifikation Trotz des klar steigenden Bedarfs an grenzüberschreitend mobilen Ingenieuren, bestehen selbst innerhalb der EU noch erhebliche Mobilitätshindernisse in der Form von komplizierten Verfahren zur Anerkennung von Berufsqualifikationen und Bildungsnachweisen.
4 Positionspapier engineering Card 2 Nach wie vor ist es für Ingenieure sehr aufwändig, die in einem Mitgliedstaat erworbene Qualifikationen in einem anderen Mitgliedstaat anerkennen zu lassen. In Deutschland liegt die Zuständigkeit für die Anerkennung im Ausland erworbener Ingenieurqualifikationen je nach Bundesland bei den Regierungspräsidien oder bei den Ingenieurkammern. In jedem Fall wird für die Anerkennung eine Reihe von Dokumenten benötigt, die jeweils amtlich beglaubigt und übersetzt werden müssen. Nicht selten dauern die Verfahren bis zu sechs Monaten und kosten mehrere hundert Euro zuzüglich der ebenfalls nicht unerheblichen Aufwendungen für Übersetzungen und Beglaubigungen. In anderen EU-Mitgliedstaaten sind die Verfahren z.t. sogar noch aufwändiger. Damit erschweren die langwierigen und kostspieligen Anerkennungsverfahren die Wahrnehmung der europäischen Grundrechte der Arbeitnehmerfreizügigkeit sowie der Dienstleistungsfreiheit durch die Ingenieure. EU-Berufsanerkennungsrichtlinie und Berufsausweise Die Europäische Berufsanerkennungsrichtlinie aus dem Jahr 2005 (2005/36/EG) dient dem Abbau dieser Hindernisse bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen und Bildungsnachweisen. Ziel der Richtlinie ist es, die Aufnahme und Ausübung von Berufstätigkeiten innerhalb der EU deutlich zu erleichtern. Die Richtlinie konsolidiert und vereinfacht die 15 EU Richtlinien, die die Berufsanerkennung zuvor regelten. Hinsichtlich der Umsetzung in den Mitgliedstaaten lässt die Berufsanerkennungsrichtlinie (2005/36/EG) grundsätzlich die folgenden Wege offen: Automatische Anerkennung, Schaffung einer gemeinsamen Plattform, Einführung von Berufsausweisen. Das System der Automatischen Anerkennung würde bedeuten, dass in einem EU-Land erworbene Berufsqualifikationen automatisch europaweit anerkannt würden. Wer beispielsweise in Deutschland die Berechtigung für bestimmte Tätigkeiten erwirbt, z.b. das Erstellen von Statiken für öffentliche Gebäude, dürfte diese Tätigkeit dann automatisch in ganz Europa ausüben. Dieses System kommt für Ingenieure aufgrund der sehr heterogenen länderspezifischen Anforderungen an die Berufsqualifikation allerdings nicht in Frage. Aus dem gleichen Grund sind in den vergangenen Jahren Bemühungen gescheitert, eine gemeinsame Plattform für Ingenieure einzuführen. Eine solche Plattform würde voraussetzen, dass europaweit einheitliche Qualifikationsstandards für das Ausführen einzelnen Ingenieurtätigkeiten definiert würden. Auch dieses System scheitert an den heterogenen länderspezifischen Anforderungen an die Berufsqualifikation. Der Berufsausweis zeichnet sich für die Berufsgruppe der Ingenieure als der einzig erfolgversprechende Weg zur Erleichterung der Anerkennung von Berufsqualifikationen und Bildungsnachweisen ab. Durch den Berufsausweis werden die erworbenen Qualifikationen von kompetenten Stellen zuverlässig geprüft und eindeutig dokumentiert. Damit bietet der Berufsausweis den für die Anerkennung zuständigen Stellen in den EU-Mitgliedstaaten eine entscheidende Hilfe bei der Informationssuche und Entscheidungsfindung und kann so den Prozess der Anerkennung erheblich vereinfachen. Mit der Einführung des Berufsausweises für Ingenieure wurde bereits begonnen. Auch in zahlreichen anderen Berufsgruppen werden mittlerweile von Verbänden und weiteren Berufsorganisationen herausgegebene europäische Berufsausweise gegenüber den Alternativen der Automatischen Anerkennung und der Gemeinsamen Plattform präferiert. Die EU-Kommission setzt ebenfalls auf die Ein-
5 Positionspapier engineering Card 3 führung von Berufsausweisen zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2005/36/EG. Sie hat daher die zuständigen Verbände und weiteren Berufsorganisationen ausdrücklich aufgefordert, entsprechende Formate zu entwickeln. engineering card: Ziele und Funktionsweise dieses Berufsausweises Auf Initiative des VDI wurde vom europäischen Ingenieurverband FEANI (Fédération Européenne d Associations Nationales d Ingenieurs) mit der engineering card ein Berufsausweis für Ingenieure entwickelt und eingeführt. Die engineering card ist durch folgende fünf Merkmale gekennzeichnet, die für den Erfolg und die Akzeptanz des Berufsausweises entscheidend sind: 1. Vollständigkeit: Die auf der engineering card abgebildeten Informationen sind umfassend, d.h. sie geben einen vollständigen Überblick über die akademische Ausbildung, Berufserfahrung und Weiterbildung des Karteninhabers. 2. Standardisierung auf Basis europäischer Standards: Der Berufsausweis bildet die Informationen zu akademischer Ausbildung, Berufserfahrung und Weiterbildung entsprechend den europäischen Standards ab, die im Rahmen des European Qualification Framework (EQF) definiert sind. Für die akademische Ausbildung gelten darüber hinaus die EUR-ACE-Kriterien, die europaweit abgestimmten Akkreditierungskriterien für Ingenieurstudiengänge. 3. Unabhängige Prüfung und Anerkennung: Die Angaben auf dem Berufsausweis sind verlässlich. Die Qualifikationen werden im Herkunftsland durch eine unabhängige Registerkommission geprüft und anerkannt. Die Registerkommission setzt sich zusammen aus Experten der Hochschulen, relevanten Ingenieurorganisationen und der Wirtschaft. Damit ist die breite Anerkennung der engineering card gewährleistet. 4. Flexibilität durch dezentrale Verwaltung: Die Einführung und Administration des Berufsausweises erfolgt dezentral, d.h. in den jeweiligen EU-Mitgliedsstaaten. Das bedeutet, dass die erworbenen Qualifikationen im Herkunftsland des Karteninhabers dokumentiert werden. Über die standardisierten Einträge hinaus sind noch länderspezifische Ergänzungen entsprechend nationaler Anforderungen möglich. 5. Freiwilligkeit: Der Besitz der engineering card ist freiwillig, d.h. Ingenieure sind nicht verpflichtet, den Berufsausweis zu besitzen. Die Karte stellt vielmehr eine Dienstleistung für all jene Ingenieure dar, die innerhalb der EU mobil sein wollen. Dadurch wird sichergestellt, dass die engineering card eine bedarfsgerechte Lösung darstellt und unnötigen Kosten sowie Bürokratie vermieden werden. Die Ingenieurorganisationen aus 31 europäischen Ländern, die Mitglieder der FEANI sind, sind davon überzeugt, dass die engineering card einen wichtigen Beitrag zur Erleichterung der grenzüberschreitenden Anerkennung von Qualifikationen von Ingenieuren in Europa leisten kann. Mehrere FEANI- Mitglieder werden das Konzept der engineeringcard bereits 2011 in ihren Ländern einführen. Die FEANI-Mitgliedsorganisationen in den weiteren EU-Mitgliedstaaten möchten den Berufsausweis einführen sobald sicher gestellt ist, dass europaweit die für die Anerkennung zuständigen nationalen bzw. lokalen Stellen die Karte anerkennen.
6 Positionspapier engineering Card 4 Unterstützung durch die Politik Der VDI fordert die Politik auf, durch die anstehende Überarbeitung der Richtlinie 2005/36/EG einen geeigneten Rahmen für die europaweite Einführung und Anwendung des Berufsausweises für Ingenieure zu schaffen. Folgende Punkte sollten hierbei berücksichtigt werden: Im Zuge der Überarbeitung der Richtlinie sollten Berufsausweise als das Mittel zur Vereinfachung der grenzüberschreitenden Beschäftigung und Mobilität anerkannt werden. Insbesondere ist sicherzustellen, dass die auf einem Berufsausweis eingetragenen Qualifikationen von den zuständigen nationalen Stellen anerkannt und bei der Prüfung der Arbeitserlaubnis angemessen berücksichtigt werden. Die Berufsausweise sollten für die einzelnen Berufsgruppen unterschiedlich ausgeprägt werden können, damit berufsspezifische Besonderheiten bestmöglich berücksichtigt werden können und die europaweit einheitliche Profilbildung der einzelnen Berufe, die für das weitere Zusammenwachsen des europäischen Arbeitsmarkts von großer Bedeutung ist, unterstützt wird. Für die Berufsgruppe der Ingenieure soll die engineering card als Berufsausweis explizit in der Richtlinie anerkannt werden. Die engineering card sollte durch die zuständigen Berufsorganisationen in den jeweiligen Ländern herausgegeben werden. Dies sind die Mitgliedsorganisationen der FEANI. Diese Berufsorganisationen können am besten gewährleisten, dass die Qualifikationen der Bewerber hinreichend geprüft werden. Die Überwachung dieses dezentralen Systems sollte von europäischen Dachverbänden übernommen werden. Für den Bereich der Ingenieure ist dies die FEANI. Der Berufsausweis für Ingenieure sollte nicht verpflichtend eingeführt sondern auf freiwilliger Basis herausgegeben werden. Nur auf diese Weise können Berufsausweise als Dienstleistung für mobilitätswillige Ingenieure verstanden und unnötige Bürokratie vermieden werden. Als europäischer Berufsausweis für Ingenieure kann die engineering card einen wichtigen Beitrag zur Vereinfachung der grenzüberschreitenden Beschäftigung und Mobilität von Ingenieuren innerhalb der EU leisten. Durch die Dokumentation international anerkannter Standards fördert sie auch die Transparenz auf dem Ingenieur-Arbeitsmarkt und erleichtert somit für Unternehmen die Auswahl passender Fachkräfte aus dem Ausland. Durch die Schaffung eines geeigneten Rahmens für die europaweite Umsetzung der engineering card im Zusammenhang mit der Überarbeitung der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie würde ein erheblicher und dringend notwendiger Beitrag zur einfacheren Anerkennung von Qualifikationen sowie zur Erleichterung der Mobilität von Ingenieuren geleistet.
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