Folien Vortrag Forum Psychotherapie Steinburg
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- Judith Kneller
- vor 7 Jahren
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Transkript
1 Folien Vortrag Forum Psychotherapie Steinburg Fortbildung "Aktueller Stand und Richtlinienverfahrensweise bei Abhängigkeitserkrankungen in der ambulanten Psychotherapie" am Dr. Jean Hermanns
2 Ambulante Psychotherapie bei Abhängigkeitserkrankungen Aktueller Stand, Möglichkeiten und praktische Umsetzung Forum Psychotherapie Steinburg Vortrag am Jean Hermanns
3 Ausgangspunkte I Entscheidung des Bundesausschusses zu abhängigkeitserkrankten PatientInnen Vertragspsychotherapeutische Behandlung auch bei (noch) fehlender Abstinenz Voraussetzungen: Abstinenzbemühungen und Erreichbarkeit von Abstinenz innerhalb von max. 10 Therapiestunden bei (opiat-)substituierten PatientInnen: Zusammenarbeit mit substituierenden ÄrztInnen und Beikonsumfreiheit
4 Ausgangspunkte II bisherige Voraussetzung: PatientIn musste sich in (stabiler) Entwöhnungsphase befinden bzw. stabile Abstinenz Voraussetzung für suchtkranke und v.a. komorbide Pat. oftmals unmöglich bei Rückfälligkeit im Prinzip keine Weiterbehandlung möglich Behandlung der Rückfälligkeit selbst war problematisch u.a. sehr fragliches Krankheitsverständnis
5 Ausgangspunkte III Anerkennung von Sucht als Krankheit Problem der Finanzierung: Empfehlungsvereinbarung von 1978 überkommene Sichtweisen von Sucht bzw. Trennung von körperlicher und psychischer Suchtsymptomatik nicht sachgerecht Kostenträgerschaft verhinderte die eigentliche kurative psychotherapeutische Behandlung von Suchtkranken im Prinzip nur körperlicher Entzug und medizinische Rehabilitation
6 Ausgangspunkte IV Aufbau eines differenzierten Sucht-Rehabilitationssystems sozialarbeiterisch und sozialmedizinisch geprägt Veränderung durch Interesse am komorbiden psychischen Störungen keine ausreichenden stationären und ambulanten Behandlungsmöglichkeiten Konzentration auf eine Störung serielle statt parallele bzw. integrative Behandlung
7 Struktur moderner Suchtbehandlung - Was hat sich (schon) geändert? Ideal der Abstinenz keineswegs immer erreichbar harm-reduction, bes. bei Komorbidität Aufbau einer tragfähigen Motivation zentrale Aufgabe der Therapie Sucht-Entwicklungen und -verläufe sind uneinheitlich Individualisierung der Therapie nicht jeder suchtkranke Pat. bedarf einer Sucht-Reha Systematische Nutzung von Verstärkern aus der sozialen Umwelt community reinforcement approach
8 Struktur moderner Suchtbehandlung - was muss sich (noch) ändern? Abbau der Dominanz der Kostenträger Behandlung der Störung Sucht als normale seelische Störung keine Bestrafung des Vorliegens von Krankheitszeichen Einbindung der sozialpädagogischen SuchttherapeutInnen in SGB V-Leistungen Vorgehen analog den psychosomatischen Behandlungen bei affektiven und Persönlichkeitsstörungen?
9 Moderne ambulante Suchtpsychotherapie Behandlungsnetzwerk bzw. sozialpsychiatrische Orientierung psychotherapeutische Behandlung als durchgehende Intervention auch und gerade bei komorbiden Pat. und chronisch-rezidivierendem Verlauf parallel zu Maßnahmen der Eingliederungshilfe und Gesundheitsvorsorge ( harm reduction) Sucht als bio-psycho-soziale Störung
10 Einschub: Methoden zur Reduzierung/Beendigung von Konsum/Rückfälligkeit Repertoire der Methoden der kog. VT, speziell: Identifizierung von Risikosituationen und Anfälligkeitsfaktoren Rückfalltagebuch/ Trockenjubiläen Verhaltens-Verträge (nicht Erfolgsverträge) einschl. Selbstbelohnung bei erreichten Teilzielen Selbstinstruktion Notfallpläne/Telefonketten Identifizierung von selbsterlaubenden Gedanken/ dysfunktionalen Kognitionen Ausrutscher-Beendigung Cue-exposure/Expositionstraining
11 Stichwort: familiäre Interaktion unabhängig von therapeutischer Schule Sucht ist eine Familienkrankheit dysfunktionale Interaktionsmuster Einbeziehung der Familie/Ehepartner
12 Evidenzbasierte Psychotherapie der Sucht: Was wirkt? (Rist, 2008) Förderung von Eigenaktivität, Konsum zu reduzieren Self management skills, Ermutigung zur Nutzung eigener Möglichkeiten Intrinsische Motivationsförderung Verhaltenskontrakte Soziale Kontingenzsetzung Verbesserung der Beziehungen zu Bezugspersonen
13 Evidenzbasierte Psychotherapie der Sucht: Was wirkt nicht? (Rist, 2008) Erziehen Belehren Konfrontieren Einsicht fördern Entspannen Forcierter Selbsthilfegruppenbesuch Ermahnen, Warnen vor neg. Folgen Unspezifische Beratung und allgemeine Unterstützung
14 Zurück zum motivational interviewing als Grundansatz als evidenzbasiertes, z.zt. erfolgversprechendstes therapeutisches Verfahren bei Abhängigkeitserkrankungen
15 Was sagt motivational interviewing (über erfolgreiche Therapie)? - einige Beispiele - Pat. muss sich seinem Selbstbild/Selbsterleben verstanden fühlen er muss einen Vorteil der Therapie für sich erkennen und erleben er muss selbst Diskrepanzen zwischen seinem (Sucht-)Verhalten und seinen (Lebens-)Zielen feststellen er muss sich als Mensch anerkannt und verstanden fühlen er muss Änderungskompetenz und zuversicht aufweisen und sich dessen bewusst sein Pat. muss selbstmotivierende Aussagen treffen und sich selbst auf Änderungen verpflichten
16 Wie geht MI vor??
17 Grundlagen von motivational interviewing Berücksichtigung der Merkmale der Sucht Kaum Lernen aus Bestrafung Lernen aus Belohnung Erhöhung Impulsivität Kurzsichtigkeit für die Zukunft (ventromedialer Kortex) Nachlassen rationales Denken kognitiv Ambivalenz
18 Grundlagen von motivational interviewing Was ist Widerstand???
19 Grundlagen von motivational interviewing Widerstand ist normal!!!!! Widerstand ist eine übliche und angemessene sog. Defensivstrategie!!! gerade auch angesichts Ihrer Position als Mediziner/Psychotherapeut
20 Grundlagen von motivational interviewing und vor allem: "It requires at least two people to not cooperate!" (Miller&Rollnick) d.h. Widerstand ist ein interaktionelles Phänomen, kein Persönlichkeitsmerkmal! Folge von Übergriffigkeiten bzw. Autonomieverletzungen des Therapeuten Offenheit für Sichtweisen, Ziele und Handlungspräferenzen des Klienten mindert Widerstand "Rechthaber-Reflex" muss gebändigt werden!!
21 Grundlagen von motivational interviewing Ambivalenz ist der Regelfall!! und ist normal!!
22 Grundlagen von motivational interviewing Quellen der Ambivalenz Diagnosestellung Verhaltensänderung Inanspruchnahme von Hilfe
23 Grundlagen von motivational interviewing Warum Ambivalenz im Vordergrund von MI? Vor- und Nachteile des Konsums/ der Abstinenz Ambivalenz ist ein natürlicher Teil jeder Veränderung auch nach Entscheidungen
24 Grundlagen von motivational interviewing Definition MI " a client-centered, directive method for enhancing intrinsic motivation to change by exploring and resolving ambivalence" (Miller&Rollnick)
25 Grundlagen von motivational interviewing Ambivalenz bedeutet jede abhängige Person besitzt Veränderungspotential trägt in der Pro-Veränderungsseite die Gründe für Veränderung in sich Betroffener kann so zum Fürsprecher der eigenen Veränderung gewonnen werden nur so ist eine stabile Verhaltensänderung ohnehin nur möglich
26 Grundlagen von motivational interviewing Intrinsische Motivation und Ambivalenz "Eigenmotivation zur Veränderung wird gefördert, wenn die Motive pro Veränderung gestärkt und gleichzeitig die Motive kontra Veränderung wertgeschätzt werden!" (Veltrup) (dies geschieht in Phase I des MI)
27 Grundlagen von motivational interviewing Wann ändert sich der Mensch?? Welche Rolle können Therapeuten beim Veränderungsprozess spielen?
28 Therapeutische Prinzipien Express empathy Develop discrepancies Avoid argumentation Roll with resistance Support self-efficacy
29 Grundlagen von motivational interviewing - Techniken des MI - Förderung von Änderungsbereitschaft I Offene Fragen Aktiv zuhören Bestätigen Verstärkung selbstmotivierender Aussagen
30 Grundlagen von motivational interviewing Aktiv zuhören Allgemein: nonverbale Aufmerksamkeit die 3 V : Vermitteln, dass man am anderen interessiert ist Verstehen, was der andere meint Verspüren, was der andere sagt Reflexionen gestalten
31 Grundlagen von motivational interviewing Anhaltendes aktives Zuhören Einfaches Wiederholen Neuphrasieren (leichte Änderung) Paraphrasieren (erweiterte Neuformulierung) Reflexion der Gefühle
32 Grundlagen von motivational interviewing Bestätigen Anerkennen des bisherigen Bemühens Verständnis für die Ambivalenz und die Notlage Bewunderung für die Lebens-(Arbeits-) leistung
33 Grundlagen von motivational interviewing Bestätigen hier gilt ganz besonders: Nur selbstbildkompatible Information wird verwertet (und wirkt!).
34 Motviational interviewing Methoden zur Förderung von Änderungszuversicht ("confidence talk") offene Fragen Zuversichtsrating (Skala 1-10, mit Diskussion) Rückblick auf vergangene Erfolge ("Wie haben Sie das gemacht?") Ansprechen persönlicher Stärken und Unterstützungsmöglichkeiten brainstorming (alle auch abwegigen Ideen sammeln lassen, die eine Veränderung erleichtern) Weitergabe von Informationen und Empfehlungen Umdeuten (z.b. von Misserfolgen) Thematisieren hypothetischer Änderungen ("Wie haben Sie es geschafft?")
35 Motviational interviewing Methoden zur Förderung veränderungsbezogener Äußerungen ("change talk") offene Fragen Wichtigkeitsrating (Skala 1-10, mit Diskussion) 4-Felder-Entscheidungsmatrix/Waage-Modell Veränderungsmotive genau erkunden ("wie stellen Sie sich einen Tag ohne Alkohol genau vor?") Extrementwicklungen erfragen ("Was sind Ihre schlimmsten Befürchtungen, was wird passieren, wenn Sie so weitermachen wie bisher?") Rückschau halten (Zeiten, in denen der Konsum noch kein Problem war, was war anders?) Zukunft nach Konsumreduktion imaginieren Lebensziele explorieren und Dissonanzen zum Suchtmittelkonsum eruieren
36 Grundlagen von motivational interviewing - Techniken des MI - Förderung von Änderungsbereitschaft II Diskrepanzen entwickeln Förderung von Selbstverpflichtung Widerstand aufnehmen Selbstwirksamkeit stärken
37 Was hat sich geändert?
38 Aktuelle Zahlen Problematischer Konsum bei ca. 20 % aller Cannabiskonsumenten (Konsum an mehr als 20 von 30 Tagen im Monat) 10 % aller Cannabiskonsumenten bezeichnen sich selbst als abhängig!
39 Veränderung der Konsumgewohnheiten Applikationsformen Substanzqualität Konsummuster
40 Veränderung der Applikationsformen
41 Substanzqualität moderate Zunahme des THC-Anteil im Haschisch Hochzüchtung des THC-Anteils durch Hochleistungsgewächshäuser Genmanipulation noch ungesichert Wegzüchtung von teilweise antagonistisch wirkenden Cannabinoiden (z.b. Cannabidiol)
42 Konsummuster und -motivation Pegel kiffer von der Peace- zur Kick -Droge Eimer -Rauchen Kombination mit anderen Halluzinogenen
43 Typische psychische Wirkungen des Kurzzeitkonsums I Euphorie gehobene Stimmung, grundlose Heiterkeit, Gelassenheit als Folge Ausgelassenheit, Fröhlich-keit, Lach- und Witzellust auch Gefühl der Erfüllung und Zufriedenheit gelegentlich vorher kurze Phase ängstlicher, agitierter Verstimmung
44 Typische psychische Wirkungen des Kurzzeitkonsums II Verminderter Antrieb globale Passivität und Apathie Empfinden einer wohligen Mattigkeit Gefühl der Leichtigkeit gleichzeitig verlangsamte Bewegungen frgl. verminderte Aggressivität
45 Typische psychische Wirkungen des Kurzzeitkonsums III Denkstörungen: o bruchstückhaftes Denken o Herabsetzung der gedanklichen Speicherungsfähigkeit o Verlust der Erlebniskontinuität o Ordnung des Denkens nach assoziativen Gesichtspunkten (erhöhte Phantasie) o ideenflüchtiges Denken o Abnahme abstrakt-schlussfolgender Denkprozesse zugunsten bildhaft-konkreter Vorstellungen
46 Zweiphasiger Ablauf des Cannabisrausches 1. Phase der Stimulation: verstärkte Wahrnehmung, Euphorie, Angst 2. Phase der Sedierung: Dämpfung, Beruhigung, Schläfrigkeit Erklärung für Unterschiedlichkeit der Konsummotivation Doppelwirkung motiviert doppelt differentielle Wirkung bei Psychotikern
47 Haschisch macht gleichgültig --- aber das ist mir egal!
48 Amphetamine: ca. 2 Mill. (min. 1x im Leben) ca. 1 Mill. Ecstasy oder LSD ca. 400 Tsd. Spice-Produkte Trends: Ecstasy LSD Amphetamine Spice und Co.
49 Konsumenten neuer synthetischer Drogen (Centre for Drug Research, Uni Frankfurt) nahezu 100% Cannabiserfahrung ca. 80% Erfahrung mit anderen illegalen Drogen d.h. keine Rekrutierung neuer Konsumentenkreise
50 Konsumenten neuer synthetischer Drogen (Centre for Drug Research, Uni Frankfurt) 1. Probierer/ gelegentliche Konsumenten: Konsummotiv vor allem Neugierde 2. Regelmäßige Räuchermischungs-Konsumenten: Konsum entweder anstatt Cannabis oder zusätzlich zu Cannabis; zum Teil aus rechtlicher Motivation heraus ( sauber bleiben ) 3. Regelmäßige Konsumenten von Research Chemicals: zumeist erfahrene, experimentierfreudige Konsumenten unterschiedlicher Drogen (Partyszene, Psychonauten ); legaler Status weniger wichtig
51 Legal Highs psychoaktiv wirksame Substanzen, die noch nicht von der Drogengesetzgebung erfasst sind Piperazine, synthetische Cathinone, synthetische Cannabinoide rechtliche Grauzone (zwar legal, aber irreführende Gebrauchsinformationen und warnungen) Ersatzstoffe für illegale Substanzen (MDMA) getarnte Produkte (Badesalze, Pflanzendünger, Kräutermischungen, Düngerpillen)
52 Räuchermischungen unterschiedliche pflanzliche und synthetische Bestandteile Werbung mit rein natürlichen Inhaltsstoffen (z.b. blaue Lotosblume, sibirischer Löwenschwanz) Lava Red, Monkees go bananas, Bonzai, Jamaican Gold, Forest Green, Maya
53 Research Chemicals I RC s, früher Designerdrogen genannt Variationen von vorhandenen illegalen Substanzen ( molekulare Struktur) oder neue chemische Struktur mit ähnlicher Wirkung wie illegale Substanzen Vermarktung als legaler Ersatz (z.b. des Ecstasy- Grundstoffes MDMA) oder mit zweckentfremdeten Begriffen (z.b. Dünger für Kakteen, Badesalz)
54 Rush Hour Dieses Badesalz übertrifft in seinem prickeln sogar das beliebte Charge+ und das zu einem unschlagbar günstigen Preis! 29,95 inkl. 0% MwSt., zzgl Ecko Badesalz, der neuste Renner aus der Badesalz Familie :)
55 Research Chemicals II Umgehung der Gesetze falsche Sicherheit/legaler Status sagt nichts über Gefährlichkeit aus weitgehend unerforscht (nur in 16% der als Ecstasy verkauften Pillen ist der Wirkstoff MDMA enthalten, in 84% Research Chemicals) Versuchskaninchen Notwendigkeit von safer use
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