AAjdUU^, (ju&*>+^l SE-PYRENÄEN PALAOMAGNETISCHE UND STRUKTURGEOLOGISCHE. Geologe, Universität Basel EIDGENÖSSISCHEN TECHNISCHEN HOCHSCHULE ZÜRICH

Transkript

1 Diss. ETH Nr PALAOMAGNETISCHE UND STRUKTURGEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN ALS BEITRAG ZUR TEKTOGENESE DER SE-PYRENÄEN ABHANDLUNG Zur Erlangung des Titels DOKTOR DER NATURWISSENSCHAFTEN der EIDGENÖSSISCHEN TECHNISCHEN HOCHSCHULE ZÜRICH vorgelegt von PETER KH. KELLER eidg. dipl. Geologe, Universität Basel geboren am 6. Mai 1960 von Lindau im Bodensee BRD Angenommen auf Antrag von: Prof. Dr. W. Lowrie, Referent Prof. Dr. H.P. Laubscher, Univ. Basel, Korreferent Prof. Dr. P. Santanach, Univ. Barcelona, Spanien, Korreferent 1992 AAjdUU^, (ju&*>+^l

2 ZUSAMMENFASSUNG Die Pyrenäen in SW-Europa gehören zum Komplex des alpinen Orogens. In den SE-Pyrenäen wurden mesozoische und tertiäre Sedimente während der späten Kreide bis zum späten Eozän/frühen Oligozän gefaltet und überschoben. Diese Strukturen können in zwei tektonische Decken unterteilt werden. Die Pedraforca-Decke wurde während des frühen Eozäns in das Vorlandbecken der paläozänen Pyrenäen geschoben. Sie besteht hauptsächlich aus mesozoischen und paläozänen Sedimenten. Während des weiteren südwärtigen Vorschreitens der Gebirgsfront wurde dieses Vorland in den Überschiebungsgürtel mit einbezogen. Die resultierende Cadi-Decke transportierte die Strukturen der Pedraforca-Decke passiv gegen Süden. Die Strukturen der Pedraforca-Decke werden von Überschiebungen und Falten dominiert. Ihre Streichrichtung variiert stark zwischen WNW-ESE und SW-NE. Diese Strukturen werden von Horizontalverschiebungen, von steilen Vor- und Rücküberschiebungen versetzt. Die alpine Überschiebungs tektonik erreichte oft die Oberfläche, sodass die meisten Strukturen während ihrer Bildung erodiert wurden. Oberflächennahe Gesteine wurden so der chemischen Verwitterung ausgesetzt. Auf dem Erosionshorizont lagerten sich nach der allgemeinen Kompression im späten Eozän und frühen Oligozän Sande und Konglomerate ab. Diese terrigenen Sedimente versiegeln im allgemeinen die alpine Tektonik und den spät eozänen Erosionshorizont. Nur an einigen Stellen der SE-Pyrenäen wurden der Erosionshorizont und die darüberliegenden Konglomerate durch subvertikale Brüche versetzt und schräggestellt. Dieser Deformationsstil unterscheidet sich von der alpinen Überschiebungstektonik. Für die paläomagnetischen Untersuchungen wurden in der Pedraforca- und der Cadi-Decke sowie im Vorland der Pyrenäen orientierte Proben genommen. Die Probennahme im Deckgebirge konzentrierte sich auf spätkretazische Kalke, während im Vorland des Gebirges spät eozäne bis früh oligozäne molasseartige Sedimente beprobt wurden. Die Richtungs komponenten der natürlichen remanenten Magnetisierung (NRM) wurden mittels linearer Regression nach visueller Definition linearer Segmente der während des Abmagnetisierens erhaltenen NRM-Vektoren bestimmt. Die Trägermineralien der NRM wurden anhand ihrer Koerzitivkraft und ihrer Blockungstemperaturen identifiziert. Dazu wurden Proben in Magnetfeldern -III-

3 bis zu einem Tesla schrittweise aufmagnetisiert (IRM) und anschliessend thermisch abmagnetisiert. Die NRM-Richtungen der Sande und Silte aus der Molasse zeigen stark gestreute Richtungen. Während des thermischen Abmagnetisierens konnten zwei Richtungskomponenten unterschieden werden. Die Tief temperaturkomponente entblockt unter 300 C. Sie wird von einem pigmentären Hämatit und/oder einem Goethit getragen. Die Hochtemperatur komponente ist bis 675 C stabil, was typisch für spekularen Hämatit ist. Die Korrektur der Schichtlage resultiert in einer besseren Gruppierung der Hoch temperatur-richtungen, was eine prätektonische Magnetisierung des spekularen Hämatits aufzeigt (D=339, 1=50, 0:95=5.2 ). Die Tieftemperatur komponente zeigt dagegen eine posttektonische Magnetisierungsrichtung (D=332, 1=60, 0:95=4.4 ). Beide Richtungen zeigen etwa 20 westwärtige Abweichung zu ihren Referenzrichtungen. Dies wird durch tektonische Bewegungen erklärt, die jünger sind als die alpine Deckentektonik. Die Probennahme im Deckgebirge konzentrierte sich auf Kalke der Bona-Formation. Diese Kalke erscheinen normalerweise grau, nur in der Nähe des Erosionshorizontes weisen sie eine rötliche Färbung auf. Die NRM dieser Kalke wird von mindestens zwei Richtungskomponenten getragen. Die erste Komponente entblockt unterhalb 125 C. Ihre Richtung weist parallel zum heutigen Axialen Dipol Feld der Erde (D=003, 1=56, 0:95=5.0 ). Diese Komponente wird einem durch Verwitterung gebildeten Goethit zuge schrieben. Die Hochtemperaturkomponente, die zwischen 600 C und 650 C entblockt, wird von Hämatit getragen. Die Hämatit-Magnetisierung wurde nur in der rötlichen Kalkvarietät der Bona-Formation gefunden. Die NRM dieses Hämatits zeigt weder prä- noch posttektonische Richtungen. Die beste Grup pierung der NRM-Richtungen ergab sich, indem die Faltengeometrie zur Zeit der Konglomeratablagerungen rekonstruiert wurde (D=40, 1=39, 0:95=5.9 ). Dies wurde erreicht, indem die Schichtlage der Kreidekalke um die Schicht neigung der diskordant darüberliegenden Konglomerate korrigiert wurde. Daraus wird geschlossen, dass der Hämatit während, oder nach, den letzten Deckenbewegungen in den Pyrenäen magnetisiert wurde. Die beobachteten Rotationen, bis zu 40 im Uhrzeigersinn, müssen daher ebenfalls mit einer post-deckentektonik erklärt werden. -IV-

4 Die paläomagnetischen und strukturgeologischen Daten führen zu den folgenden Schlussfolgerungen: 1. Die remanente Magnetisierung der grauen und der rötlichen Kalke der Bona-Formation wird hauptsächlich von Hämatit und/oder Goethit ge tragen. Da diese Eisenphasen keine prätektonischen Magnetisierungs richtungen aufweisen, wird ihre Entstehung als ein Resultat chemischer Verwitterung erklärt. Die unterschiedlichen NRM-Richtungen dieser Eisenoxide weist auf mehrere Verwitterungsphasen in den spätkretazischen Kalken hin. Die erste Verwitterung kann dem späten Eozän/frühen Oligozän zugeordnet werden. Sie wird durch die chemisch remanente Magnetisierung von Hämatit angezeigt. Die Bildung von Hämatit als dominierendes Eisenoxid verlangt ein sub tropisches Klima während dieser Zeit für NE-Spanien. Die zweite Verwitterungsphase wird durch das Vorhandensein von Goethit angezeigt, der eine chemisch remanente Magnetisierung parallel zum heutigen Erdmagnetfeld aufzeigt. Dies weist auf eine Bildung des Goethits seit dem späten Pleistozän hin. Da kein Hämatit dieser zweiten Verwitterungsphase zugeordnet werden konnte, zeigt Goethit kältere und feuchtere klimatische Bedingungen, ähnlich dem heutigen Klima, an. 2. Die paläomagnetischen Daten der SE-Pyrenäen und des Vorlandes zeigen ohne tektonische Korrektur gegensätzlich rotierte Richtungen. Dies weist post-früh oligozäne tektonische Bewegungen nach. Diese Blockrotationen im Zusammenhang mit Horizontalverschiebungen und die Deformation des spät eozänen/früh oligozänen Erosionshorizontes weisen auf eine post Deckentektonik hin, die die Geometrie der eozänen SE-Pyrenäen modifizierte. Dieses tektonische Ereignis wird mit der oligozänen bis miozänen Öffnung des Golfs von Lion erklärt, die auch in den zentralen Pyrenäen zu Extension und Horizontalver schiebungen führte. -V-

5 ABSTRACT The Pyrenees in SW-Europe are part of the Alpine orogenic belt. In the SE-Pyrenees, Mesozoic and Tertiary Sediments were folded and thrusted during the latest Cretaceous to the early Oligocene. They can be subdivided into two thrust Sheets. The Pedraforca thrust sheet which is mainly composed of Mesozoic cover rocks was thrusted onto the foreland of the Paleocene Pyrenees during the early Eocene. Because of further southward progression of the Pyrenean thrust-belt this foreland became involved in the orogeny that is indicated by the Cadi thrust sheet. The structure of the Pedraforca thrust sheet is dominated by folds and thrusts with an incoherent strike varying from WNW-ESE to SW-NE. These structures are often displaced by steep fore- and back-thrusts and transforme faults. Thrusting was very shallow and accompanied by erosion. Conglomerates and sandstones are deposited above an erosional surface. They lie generally flat or gentle inclined above folded and thrusted Sediments of the Pedraforca and the Cadi thrust sheet and cover discordantly the contact between this two tectonic units. This gives evidence of a very late to postthrusting deposition of these conglomerates. The end of thrusting can be dated as latest Eocene to early Oligocene by syn-tectonic Molasse type Sediments in the Pyrenean foreland. In some places the erosional surface and its overlying conglomerates are strongly deformed mostly by sub-vertical faults, which represent a different tectonic style than the Eocene tectonic. Oriented samples were collected in the syntectonic Molasse Sediments and in late Cretaceous limestones from the Pedraforca- and Cadi thrust sheet. The characteristic natural remanent magnetization (NRM) components were evaluated using linear regression techniques aided by Visual inspection of linear Segments of the NRM vectors during demagnetization. Isothermal remanent magnetization acquisition in fields up to 1.0 Tesla followed by thermal demagnetization was used to identify the different ferromagnetic minerals by means of coercivity and blocking temperature spectrum analysis. The NRM directions of the syntectonic Molasse are scattered. During thermal treatment it is observed that the NRM consists of two components. The low temperature component unblocks below 300 C. It is carried by a pigmentary hematite and/or a goethite. The high temperature component is stable up to 675 C which is typical for specular hematite. Unfolding of these beds results in a better grouping for the high temperature directions which -VII-

6 displays a pretectonic direction (D=339, 1=50, ag5=5.2 ). In contrast the goethite shows a post-tectonic direction (D=332, 1=60, ag5=4.4 ). Both directions are rotated about 20 anticlockwise relative to their reverence poles by post-alpine tectonic. The sampling of the late Cretaceous limestones was conentrated on the Bona-Formation. Near the late Eocene to early Oligocene erosion surface the normally grey limestones of the Bona-Formation appear reddish. The NRM of these limestones is carried by two components. A component unblocks below 125 C. Its direction corresponds to a present earth field direction (D=003, 1=56, 0:95=5.0 ). This component can be attributed to a post-tectonic goethite formed due to weathering. A high temperature component unblocked between 600 C and 650 C is carried by hematite showing neither a pre- nor a post-tectonic direction. This component was only found in reddish limestones of the Bona-Formation. Best grouping of the hematite directions is reached by restoring the fold geometries in a position before the erosion surface has been deformed (D=40, 1=39, 0:95=5.9 ). This is reached by unfolding of the late Cretaceous limestones by the amount of dip measured in the conglomerates. This suggests a hematite magnetization in the latest stage or after Pyrenean thrusting during the lower Oligocene. Therefor the observed clockwise rotation of the hematite directions is conclusions: The paleomagnetic and structural data lead to the following 1. The remanent magnetizations of the grey and reddish limestones are carried by hematite and/or goethite. Thus no pretectonic magnetization has been obtained from these ferric phases, their formation is explaind as a result of Chemical weathering. The difference of their directions suggests that the chemical weathering of the Late Cretaceous limestones is a multistage process. The first weathering stage of the latest Eocene to early Oligocene age is indicated by a chemical remanent magnetization carried by hematite. The formation of hematite as the dominant weathering product suggests a subtropical climate in NE-Spain during this period. The second weathering stage is indicated by the presence of goethite which carries a chemical remanent magnetization parallel to the present earth field. This suggests formation of the goethite since the Late Pleistocene under cooler climatic conditions similar to the present-day climate in the Pyrenees. postthrust-tectonic. -VIII-

7 deeply affected the geometry of the Eocene thrust-belt in the Pedraforca area and probably elsewhere. This tectonic event can most reasonable be explained with the Oligocene/Miocene opening of the Gulf of Lion which also lead to extensional structures and strike-slip faults in the central Pyrenees. 2. The Paleomagnetic data of the SE-Pyrenees and their foreland show contra-rotating directions which can only be explaind by post-early- Oligocene tectonics. Block rotation associated with strike-slip faults and deformation of the late Eocene to early Oligocene conglomerates strongly suggests a post-early-oligocene wrench tectonic, which -IX-