Vertriebspartner- und Handelvertreterverträge in Argentinien

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1 Vertriebspartner- und Handelvertreterverträge in Argentinien Elbert Forino Vagedes Abogados Sociedad Civil RA Matías A. Vagedes (LLM Münster) Dezember 2006 Edificio SAFICO Av. Corrientes 456 Piso 15 C1043AAR Buenos Aires República Argentina T (54 11) F (54 11) info@

2 2 Vertriebspartner- und Handelsvertreterverträge 1. Vertriebspartnerverträge Vertriebspartnerverträge sind im argentinischen Recht nicht explezit gesetzlich geregelt. Jedoch haben die Gerichte, durch die Anwendung allgemeiner Regeln, wichtige Rechtsprechung zu diesem Thema entwickelt. Im argentinischen Rechtssystem gibt es allerdings keine Bindung an die Rechtsprechung oberer Gerichte (speziell dem obersten Bundesgericht), auch wenn die unteren Gerichte dazu tendieren, den oberen Gerichten im Ergebnis zu folgen. Die Rechtsprechung enthält also durchaus Richtlinien bezüglich der allgemeinen Regeln, die in diesem Rechtsgebiet anwendbar sind. Vertriebspartnerverträge unterfallen danach der allgemeinen Vertragsfreiheit und bedürfen nicht der Schriftform. Ein Vertriebspartnervertrag ist ein Vertrag, nach dem ein natürliche oder juristische Person (der Vertriebshändler) Waren in eigenem Namen und auf eigene Rechnung, von einem Hersteller oder Großhändler kauft, um sie Dritten mit Gewinn weiterzuverkaufen. Die Gewinne des Vertriebshändlers resultieren aus der Differenz zwischen dem Preis, den der Vertriebshändler dem Hersteller oder Großhändler bezahlt und demjenigen, den der Vertriebshändler von Dritten verlangt. Preise können auf verschiedene Arten bestimmt werden, ohne dass sich die Natur des Verhältnisses ändert. Vertriebspartnerverträge erlauben es Herstellern und Importeuren ihre Produkte an Vertriebspartner zu verkaufen, die diese dann an Dritte weiterverkaufen. Die Verträge sind dadurch gekennzeichnet, dass Hersteller eine gewisse Kontrolle über die Geschäfte ihrer Vertriebspartner haben und dass sie beabsichtigen langandauernde, stabile Verhältnisse aufzubauen. Die Vertragsbestimmungen beinhalten häufig die Definition eines geografischen Gebietes, in dem die Produkte ausschließlich vertrieben werden sollen, die Verpflichtung keine ähnlichen oder Konkurrenzprodukte in einem bestimmten Bereich zu verkaufen, Regelungen bezüglich der Werbung, der Bezahlung und der Lieferbedingungen, von Mindestverkaufsquoten oder zielen, usw. Argentinien hat, anders als eine Anzahl anderer lateinamerikanischer Rechtssysteme, keine Gesetze erlassen, die dem Vertriebshändler

3 3 außervertraglich das besondere Recht gewähren, im Falle einer Beendigung des Vertrages eine Abfindung zu erhalten. Liegt kein Missbrauch oder ein arglistiger Gebrauch von Rechten vor, hat der Vertriebshändler kein Recht, eine Abfindung für die Beendigung des Vertrages zu verlangen. Danach kann ein Geschäftsherr die Fortführung eines Vertriebspartnervertrages verweigern, ohne dass er deliktisch haftet, wenn er in gutem Glauben gehandelt hat, es dem Vertriebspartner rechtzeitig vorher angezeigt hat und sich vertragsgemäß verhält. Allerdings haben die Gerichte entschieden, dass eine solche Beendigung, wenn sie nicht im Vertrag vorgesehen ist und der Vertriebshändler nicht ausreichend vorher benachrichtigt worden ist, rechtswidrig sei und die Zuerkennung einer beträchtlichen Entschädigung für den Vertriebspartner rechtfertige. Deshalb sollte man, wenn man einen solchen Vertrag aufsetzt, die Laufzeit des Vertrages festlegen und die Voraussetzungen einer Beendigung so klar und präzise, wie möglich regeln. Die Beendigung eines Vertrages, selbst wenn sie zu dem vertraglich vereinbarten Zeitpunkt geschieht, kann trotzdem angezweifelt werden, wenn entweder bestimmte Tatsachen vorliegen (wie z.b. aufeinanderfolgende Verlängerungen oder Erneuerungen des Vertrages, die darauf hin deuten, dass ein zeitlich befristeter Vertrag auf diese Weise in einen Vertrag von unbegrenzter Dauer umgewandelt werden sollte) oder die Beendigung gegen Treu und Glauben verstösst und mithin Anlass zu einer Klage basierend auf einer sogenannten missbräuchlichen Ausübung des Rechts besteht. Die Festsetzung einer Vertragslaufzeit von über zehn Jahren kann unter bestimmten Voraussetzungen als ungültig angesehen werden. In unbefristeten Verträgen sind die Parteien nicht berechtigt, einen Vertrag für einen unbegrenzten Zeitraum abzuschließen; deshalb kann jede Partei den Vertrag nach eigenem Ermessen beenden, ohne dazu verpflichtet zu sein, eine Abfindung zu zahlen, solange die beendende Partei diese Beendigung vorher adäquat oder angemessen angezeigt Dieses Prinzip ist vom Obersten Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aufrechterhalten worden. Erfolgt keine adäquate oder angemessene Anzeige, hat die andere Partei einen Anspruch auf Schadensersatz für die kurzfristige und unverhältnismäßige Beendigung des Vertrages verlangen. Der Schadensersatz für die unrechtmäßige Beendigung des Vertrages wird für die betroffene Partei üblicherweise aufgrund der Gewinne berechnet, die normalerweise in einer Zeitspanne, die vom Gericht entsprechend der dem Fall zugrundeliegenden Besonderheiten festgelegt wird, gemacht worden wären. Um

4 4 darüber hinaus Schadensersatz zu erhalten, muss die entsprechende Partei einen besonderen Schaden beweisen, so wie eine spezielle Schädigung ihres goodwill, die Zerstörung ihres Geschäfts oder sittliche Härte. Wenn Vertriebspartner natürliche Personen sind, muss das eventuelle Risiko, dass sie als Arbeitnehmer angesehen werden könnten, genau analysiert werden. Dieses hat sich in den letzten Zeiten besonders verschärft. 2. Handelsvertreterverträge Genau wie Vertriebspartnerverträge sind Handelsverträge im argentinischen Recht nicht speziell geregelt, weshalb die Rechtsprechung grundsätzlich Richtlinien in Bezug auf die allgemeinen Regeln, die in diesem Gebiet anwendbar sind, vorgibt. In einem kommerziellen Handelsvertretervertrag übernimmt es eine natürliche oder juristische Person, ein Geschäft für einen Geschäftsherrn zu fördern oder auszuführen. Der Handelsvertreter handelt normalerweise in eigenem Namen, auch wenn er ebenfalls im Namen seines Geschäftsherrn handeln kann. Ein Handelsvertretervertrag kann die Bevollmächtigung des Handelsvertreters beinhalten, für den Geschäftsherrn Geschäfte abzuschließen, was aber nicht immer der Fall sein muss. Als Vergütung für seine Tätigkeiten hat der Handelsvertreter einen Anspruch auf eine Provision, die sich normalerweise als Prozentsatz der Summe der Verkäufe, die der Handelsvertreter für den Geschäftsherrn gefördert hat, berechnet. Wichtige Vertragsbestimmungen sind solche, die sich auf die Bezahlungen des Handelsvertreters, die Gebiete, die Ausschließlichkeit und die Beendigung beziehen. Der Handelsvertreter ist ein unabhängiger Vertragspartner, der dem Geschäftsherrn nicht untergeordnet ist. Der Handelsvertreter ist kein Angestellter des Geschäftsherrn, so dass die Beziehung zwischen den beiden Parteien nicht dem Arbeitsrecht unterliegt. Wie bei Vertriebspartnerverträgen ist aber das potenzielle Risiko vor Abschluss des Vertrages abzuwägen, dass Handelsvertreter, wenn sie natürliche Personen sind, als Arbeitnehmer angesehen werden können. Der Handelsvertreter trägt auf keinen Fall das

5 5 wirtschaftliche Risiko der Geschäfte, an denen er sich für den Geschäftsherrn beteiligt hat. Der einzige Unterschied zwischen der Handelsvertreter und der Vertriebspartnerbeziehung ist, dass der Handelsvertreter keine Waren zum Weiterverkauf ankauft, sondern lediglich den Verkauf solcher Waren für den Geschäftsherrn fördert. In Bezug auf die Beendigung einer solchen Vertragsbeziehung, wenden die argentinischen Gerichte ähnliche Prinzipien auf die Beendigung an, wie auf die Beendigung von Vertriebspartnerverträgen. Das heißt, wenn es keinen spezielle vertragliche Regelung gibt, kann jede Seite den Vertrag beenden, ohne der anderen Seite eine Abfindung zu schulden, vorausgesetzt die andere Seite wurde angemessen von dieser Beendigung benachrichtigt.