Sehr geehrte Damen und Herren,
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- Helmuth Diefenbach
- vor 7 Jahren
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1 gern bin ich der Bitte nachgekommen, als Schirmherrin dieser Fachkonferenz zu fungieren und über die Gestaltung der Gleichstellungspolitik in Sachsen-Anhalt zu sprechen. Die Konferenz trägt den Titel Gender Management Von der Quote zur Erfolgsstrategie, ein spannendes Thema mit vielen Facetten. Dabei geht es nicht nur darum, auf welchem Weg der Frauenanteil in Führungspositionen sowohl in der Wirtschaft als auch in der Verwaltung in Sachsen-Anhalt deutlich erhöht werden sollte, sondern um die Nutzung von Innovationspotential. Der Ansatz des Gender-Mainstreaming verpflichtet uns, die Konsequenzen für Männer und Frauen zu beleuchten. Dort, wo es zu Disparitäten oder sogar Diskriminierungen kommt, müssen Gegenstrategien entwickelt werden. Das bedeutet ganz praktisch: wenn Frauen in den Chefetagen nicht gleichberechtigt vertreten sind, brauchen wir Strategien für eine gezielte Förderung von Frauenkarrieren. Bisher wurde auf Freiwilligkeit gesetzt! Zehn Jahre nach der Unterzeichnung der Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft zur Förderung der Chancengleichheit machen die Bilanzen aber deutlich, dass die Fortschritte in den vier Zielbereichen sehr unterschiedlich ausfallen: Bei fairen Ausbildungschancen für Mädchen und Frauen und bei der Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind gute Erfolge zu verzeichnen, in den beiden anderen Handlungsfeldern hingegen Entgeltgleichheit und Frauen in Führungspositionen sind diese Ziele nicht erreicht. In Führungspositionen in der Wirtschaft und in der öffentlichen Verwaltung sind Frauen weiterhin deutlich unterrepräsentiert. Frauen werden sogar weniger berücksichtigt, wenn in Familienunternehmen die Nachfolge neu geregelt wird, selbst wenn sie bessere Qualifikationen aufweisen. Hochqualifizierte Frauen verdienen faire Chancen auf Führungspositionen in der Privatwirtschaft. Studien der Europäischen Kommission, des Statistischen Bundesamtes, des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), der Hans-Böckler-Stiftung u. a. zur Vertretung der Geschlechter in Führungsgremien belegen seit Jahren die Unterrepräsentanz von Frauen. Nach Analysen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) stagniert der Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Privatwirtschaft in den letzten Jahren bei 27 Prozent. Dies entspricht jedoch bei Weitem nicht dem Anteil hochqualifizierter Frauen.
2 Insgesamt nimmt der Frauenanteil in Führungspositionen mit zunehmender Größe des Unternehmens und auch mit der Höhe der Hierarchieebene im Unternehmen ab: die Luft nach oben wird immer dünner- Frauen gelingt es eher, in kleinen bis mittleren Unternehmen Führungspositionen einzunehmen. In Großkonzernen sind in Vorständen und Aufsichtsräten fast ausschließlich Männer vertreten. Im Vergleich der EU-Mitgliedsländer liegt Deutschland mit einem Anteil von 30,8 Prozent Frauen in allgemeinen Leitungspositionen unter dem EU-Durchschnitt (32,5 Prozent) auf Rang 11. Im Deutsche Bank Research mit dem Titel Auf dem Weg zu gender-balanced leadership vom Januar 2011 war zu lesen: Anstatt Frauen ändern zu wollen, sollten interessierte Unternehmen überholte Einstellungen und Prozesse im eigenen Haus überdenken. Sie müssen Gender-Fragen als zentrales Thema begreifen, das auf Vorstandsebene angegangen werden muss männliche Führungskräfte spielen dabei eine entscheidende Rolle. Es scheint, als ob das Thema Geschlechterkultur, Gender-Management sowie Frauen in Führungspositionen bei der Deutschen Bank angekommen ist. Aber nicht nur dort, sondern in der Wirtschaft überhaupt. Das belegt beispielsweise das Interesse von Unternehmen am logib-d-test. Logib-D ist ein Analyse-Tool und steht für Lohngleichheit im Betrieb. Die mit dem Gütesiegel ausgezeichneten Unternehmen haben ihre Entgelt- und Personalstrukturen analysiert und einen Beratungsprozess durchlaufen. Im August vergangenen Jahres zeichnete das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 24 Unternehmen aus ganz Deutschland mit dem Label logib-d geprüft aus. Die Deutsche Telekom hat als erstes Dax-30-Unternehmen eine Frauenquote eingeführt, über die sie bis Ende Prozent der oberen und mittleren Führungspositionen im Unternehmen mit Frauen besetzen will. Daneben stehen Initiativen von E. ON, Lufthansa, Henkel, ERGO, RWE, die mit einem Gender-Management in der Unternehmenskultur ansetzen. diese Aktivitäten können nur ein Anfang sein. Frauen sind trotz erzielter Fortschritte und mit einem Anteil von 51 Prozent der Bevölkerung Deutschlands in Entscheidungsprozessen und Führungspositionen weiterhin deutlich unterrepräsentiert. Dazu einige Zahlen aus der deutschen Wirtschaft:
3 Auf der Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und -minister der Länder in Halle 2011, die unter meiner Leitung stand, wurde zum Thema Frauenquote der Bericht der Länderarbeitsgruppe Teilhabe von Frauen in Führungs- und Kontrollgremien der Wirtschaft vorgestellt, an dem auch Sachsen-Anhalt mitgewirkt hat. Auf der Grundlage dieses Berichtes stellten wir übereinstimmend fest, dass eine gesetzliche Frauenquote mit dem deutschen Verfassungsrecht und dem Europarecht vereinbar ist. Das Gremium sprach sich für eine möglichst einfache, aber wirksame gesetzliche Lösung aus, die sowohl eine Einhaltung der gesetzlichen Geschlechterquote gewährleistet, als auch auf unangemessene und die Rechtssicherheit beeinträchtigende Sanktionen verzichtet. Zugleich wurde empfohlen, bei der Umsetzung der Quote erforderliche Zeitverläufe und Besonderheiten einzelner Branchen zu berücksichtigen. Nordrhein-Westfalen brachte im vergangenen Jahr einen Gesetzentwurf ein, der vorsah, für alle Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen eine sofortige gesetzliche Mindestquote in Höhe von zunächst 30 Prozent und fünf Jahre später in Höhe von 40 Prozent einzuführen. Sachsen-Anhalt unterstützte diesen Gesetzentwurf, der allerdings die notwendige Mehrheit im Bundesrat Ende November 2011 knapp verfehlte. die bisherigen Entwicklungen machen deutlich, dass wir es mit einem Prozess zu tun haben, der einen langen Atem und Geduld braucht. Mit dem Blick auf bundespolitische Bemühungen betrachte ich es als wichtigen Schritt, dass die Bundesregierung im vergangenen Jahr einen Gleichstellungsbericht Neue Wege Gleiche Chancen. Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebensverlauf veröffentlicht hat. Darin hat die Sachverständigenkommission verdeutlicht, dass Gleichstellungspolitik eine Schlüsselfrage für die Gestaltung einer zukunftsorientierten Innovationspolitik ist. Ausdrücklich wird das hohe wirtschaftliche Potenzial einer Gleichstellung der Geschlechter dargestellt und belegt, dass die Kosten einer Nicht-Gleichstellung die der Gleichstellung bei weitem übersteigen. Im Bericht heißt es dazu: International wird anerkannt, dass in der Verwirklichung der Chancengleichheit von Frauen und Männern im gesamten Lebensverlauf großes Potenzial sowohl für einen geglückten gesellschaftlichen Zusammenhalt als auch für nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum steckt. Die Sachverständigenkommission hat in diesem Kontext die Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen als eine vorrangige Aufgabe benannt, um die Voraussetzungen für gleiche Teilhabechancen von Frauen und Männern im Erwerbsleben zu schaffen.
4 In ihrer Stellungnahme zum Gleichstellungsbericht entwickelte die Bundesregierung allerdings nur wenige Ansätze, um gravierende Fehlanreize im Sozial-, Arbeits-, Unterhalts-, Versorgungs- und Steuerrecht, die eine tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern verhindern, abzubauen. Wir werden die weiteren bundespolitischen Entwicklungen hierzu aufmerksam begleiten. die gegenwärtige Situation in Sachen Geschlechtergleichstellung ist sowohl bundesweit als auch in Sachsen-Anhalt nach wie vor unbefriedigend. Es bleibt viel zu tun. Blicken wir auf Sachsen-Anhalt, so finden wir aber heute gute politische Ausgangsbedingungen für positive Veränderungen in Richtung Geschlechtergleichstellung vor. Die Landesregierung hat sich in ihrer Koalitionsvereinbarung dezidiert zu Gleichstellungsfragen positioniert. Schon die Präambel stellt auf Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit ab, wenn es dort heißt: Gerechtigkeit ist die Voraussetzung für sozialen Frieden in unserer Gesellschaft und für die Schließung der sozialen Schere in unserem Land. Zu einem gerechten Sachsen-Anhalt gehören gute Lebenschancen und - perspektiven für alle Menschen, die Förderung von Familien und Kindern und das gleichberechtigte Miteinander der Generationen. Alle dazu in der Koalitionsvereinbarung konkret benannten Ziele halte ich für richtig und wichtig, wie z. B. die nachhaltige Erhöhung des Anteils weiblicher Nachwuchswissenschaftler und Professoren an den Hochschulen (Festschreibung einer Gleichstellungsquote von mindestens 40 Prozent in den nächsten Zielvereinbarungen), die Erhöhung des Frauenanteils von Frauen in Führungsfunktionen im öffentlichen Dienst sowie an den Universitäten und Hochschulen (40 Prozent Frauen in Führungsfunktionen in der Landesverwaltung und im nachgeordneten Bereich) sowie die Berücksichtigung von Familienkompetenzen bei Einstellungen und Beförderungen im öffentlichen Dienst. Meiner Ansicht nach kann eine nachhaltige gleichstellungspolitische Veränderung nur dann gelingen, wenn das Vorhaben strukturpolitisch angegangen wird. Ein strukturorientierter Ansatz bedeutet Karriereplanung und -entwicklung von Frauen als Teil eines erfolgreichen Gender Managements in der Landesverwaltung zu betrachten. Mein Haus arbeitet gerade an solch einer Handlungsstrategie, die Teil eines Gender- Mainstreaming-Konzeptes für die gesamte Landesverwaltung sein wird. Dieses Gender-
5 Mainstreaming-Konzept wird sich letztendlich auch als ein Baustein in das Programm für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt einfügen. Am 28. November 2011 fand die Auftaktveranstaltung Landesprogramm für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt statt, zu der ich über 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer begrüßen konnte. Das Landesprogramm wird sich vorrangig auf die Handlungsfelder - Existenzsichernde Beschäftigung - Soziale Gerechtigkeit - Partizipation - Bildung und - Antigewalt-Arbeit beziehen. In einem dialogorientierten Verfahren werden Fachleute aus Gesellschaft, Wirtschaft und Verwaltung zusammenarbeiten und sich zu gemeinsamen Zielen, konkreten Maßnahmen, Vorhaben und Aktionen verständigen. Im Laufe des dritten Quartals 2012 wird es dann dazu einen ersten Zwischenbericht der Projektlenkungsgruppe an den Landtag geben. Das sind ehrgeizige Ziele. Dabei und das möchte ich betonen, geht es mir als Gleichstellungs- und Frauenministerin um eine integrative, d. h. in die jeweilige Facharbeit verankerte Gleichstellungspolitik. Wir brauchen für Sachsen-Anhalt eine neue Programmatik, die alle gleichstellungspolitischen Akteurinnen und Akteure verbindet, in allen gesellschaftlichen Bereichen verankert ist und Frauen und Männer in den Blick nimmt. Das werden wir mit dem Programm für ein geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt in Angriff nehmen. Zugleich wollen wir in der Landesverwaltung Gender Mainstreaming als politische Handlungsstrategie, die Gesetze, Vorhaben und Maßnahmen von vornherein auf ihre geschlechtsspezifischen Wirkungen hin untersucht, weiter qualifizieren. Und in diesem Kontext werden wir uns intensiv dem Vorhaben aus der Koalitionsvereinbarung widmen, den Frauenanteil in Führungspositionen der Landesverwaltung zu erhöhen. Für den Verlauf der Konferenz wünsche ich Ihnen viel Erfolg und hoffe, dass Sie die heutige Veranstaltung motiviert und mit neuen Ideen und Impulsen für Ihre Vorhaben verlassen.
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