Viel Stoff wenig Zeit Didaktische Reduktion und konzentriertes Lernen in berufsbegl. Studiengängen
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- Marta Holtzer
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1 2. Tag der Lehre, FH St. Pölten, 12. April 2013 Viel Stoff wenig eit Didaktische Reduktion und konzentriertes Lernen in berufsbegl. Studiengängen Martin Lehner (1) Einführung (2) Auswahl (aus der Stofffülle) (3) onzentration (auf das Wesentliche) (4) Vereinfachung (des omplizierten) (5) Verstehen Einführung
2 Stofffülle und omplexität: Tendenzen Das Stoffmengenproblem : umfangreiche Lerninhalte und geringe eitbudgets (auch und insbesondere in berufsbegl. Studiengängen) Höchst individuelle Lernvoraussetzungen, z.b. Lernbiografie, Beruf, soziale ontexte Mehr Sonderwissen und exklusive Wissensbestände; auch: verdichtetes ExpertInnenwissen Einsatz handlungsorientierter Lehr-/Lernformen, z.b. SGL Neue Informations- und ommunikationstechnologien mit der Möglichkeit, große Informationsmengen verfügbar zu machen Veränderte Bildungsstrukturen, z.b. Bologna-Prozess, entralmatura Didaktische Reduktion Didaktische Reduktion findet immer dann statt, wenn umfangreiche und komplexe Sachverhalte aufbereitet werden, um sie für die Lernenden überschaubar und begreifbar zu machen. Fachlichkeit fachwissenschaftliche Begriffe, Aussagen und Strukturen Didaktische Transformation onzentration auf das Wesentliche Fasslichkeit didaktisch (d.h. für die Lernenden) rekonstruierte Begriffe, Aussagen und Strukturen Inhalte Auswahl erlegen und Anordnen Lerngegenstände Reduktion der Stofffülle Vereinfachen des omplizierten Reduktion der inhaltlichen omplexität
3 Auswahl Das Verhältnis von Stoffmenge und Lernqualität? Stoffmenge Lernqualität?
4 Die Vollständigkeits-Falle Ich erkläre hier, weil ich ein guter Fachmann bzw. eine gute Fachfrau bin. Und als Fachmann/Fachfrau verfüge ich natürlich über eine große Menge an Fachwissen. Also erwarten die anderen auch von mir, dass ich mein großes Wissen zeige. endlich mit dem Stoff 'durch' endlich 'den Stoff geschafft' Lehner, Martin: Viel Stoff - wenig eit, Wege aus der Vollständigkeitsfalle, 2. erweiterte und aktualisierte Auflage Bern, Stuttgart, Wien 2009, S Reduktion historisch Aus einem Brief Goethes an seine Schwester Verzeiht, liebste Schwester, dass ich Euch einen solch langen Brief schreibe. Ich hatte keine eit, Euch einen kurzen zu schreiben.
5 Impression Management (nach Jack Trout) Quelle: Jack Trout / Steve Rifkin: Die Macht des Einfachen Warum komplexe onzepte scheitern und einfache Ideen überzeugen, Wien u.a. 1999, S. 57 Orientieren Strukturwissen Grundlandschaft und Tiefenbohrungen Exemplarisch vertiefen Tiefenbohrungen Wagenschein, Martin: Verstehen lehren - Genetisch, Sokratisch, Exemplarisch, Weinheim 1989, S. 31 f.
6 Siebe der Reduktion (Stoffreduktion: Auswahl der Lerninhalte) R1 (15 Minuten) R2 (1 Stunde) R3 (2 Tage) Die Siebe der Reduktion Beispiel: Säure-Base-Reaktionen Säuren (ätzend, Wasserstoff-Ionen) Laugen (wässrige Hydroxidlösungen) Protolyse, z.b. Darstellung von Chlorwasserstoff Autoprotolyse von Wasser Div. Beispiele Säuren: Salpetersäure, Essigsäure Laugen: Natronlauge, alilauge Indikatoren:... Säure/Base-Definitionen Arrhenius Brønsted Säure-Base- Reaktionen, z.b. Neutralisation (ein- und zweistufig) ph-wert onzentrationen Anwendung: Titration
7 wei Reduktions-Tipps Arbeiten Sie mit Track One & Two Unterschiedliche Lernpfade Track One: inhaltlicher ern, das Wesentliche ( Best of ) Track Two: umfangreicher Pfad Nutzen Sie das In-Out-Prinzip Neuer Lehrstoff IN Alter Inhalt OUT onzentration auf das Wesentliche
8 Didaktische Vereinfachung (Dietrich Hering, 1958) Hering, Dietrich.: ur Faßlichkeit naturwissenschaftlicher und technischer Aussagen, Berlin 1959, Anhang Erscheinungsformen des Elementaren (= Wesentlichen) Beispiel: Chemie Das Elementare kann in der Chemie in vielerlei Gestalt auftreten: als grundlegende Einsicht (z. B. die chemischen Elemente lassen sich aufgrund ihrer Eigenschaften in eine systematische Ordnung bringen), als formuliertes Gesetz (z. B. Massenwirkungsgesetz), als gültige Regel (z. B. Oktettregel), als prinzipielle Erkenntnis (z. B. Doppelbindungen sind weniger stabil als Einfachbindungen), als ganz einfache Erfahrung (z. B. das Herausspritzen von Substanzen beim Erhitzen im Reagenzglas ist durch Schütteln vermeidbar).
9 onzentration auf das Wesentliche: Extremreduktion Beispiel: Prozessmanagement Erst kommt die Ablauf- und dann die Aufbauorganisation. In Prozessen denken, also in einer Folge von Aktivitäten, die zu einem Ergebnis führen Input, Aktivitäten und Output beschreiben. Geschäftsprozesse erheben, dokumentieren, gestalten und verbessern. Die Siebe der Reduktion (Inhaltsreduktion: onzentration der Lerninhalte) R1 (z. B. eine Aussage) R2 (z. B. drei Aussagen) R3 (z. B. zehn Aussagen)
10 R1 zwischen Aufzählungen gleichartiger Satzglieder vor entgegengesetzten onjunktionen Die Siebe der Reduktion Beispiel: Beistrichsetzung) R2 trennt den Gliedsatz vom Hauptsatz, z.b. Relativsatz ausalsatz zwischen Satzteilen, die aufzählungsartig durch onjunktionen verbunden sind, z.b. je desto R3 kann das erweiterte Partizip trennen schließt Appositionen ein trennt bzw. umschließt Erläuterungen zwischen Hauptsätzen bei eingeschobenen Hauptsätzen vor dem erweiterten Infinitiv nach als, anstatt, außer, ohne, statt, um der von einem Substantiv oder Verweiswort abhängt Metaphoring Beispiel: Evolution Ingenieur Evolution oder Bastler
11 Witze eine Form der Extremreduktion Beispiel: Philosophie Relativität: eitwahrnehmung Eine Schnecke ist von zwei Schildkröten überfallen und ausgeraubt worden. Auf die Frage der Polizei, wie es dazu gekommen sei, sagt sie nur: Ich weiß auch nicht, es ging alles so schnell. Logik: Monte-Carlo-Effekt Falls Sie demnächst ein Verkehrsflugzeug zu besteigen beabsichtigen, nehmen Sie aus Sicherheitsgründen bitte eine Bombe mit. Die Wahrscheinlichkeit, dass in einem Flugzeug zwei Leute mit einer Bombe sitzen, beträgt nämlich nahezu Null. Metaphysik: Rationalismus Der Optimist sagt: Das Glas ist halb voll. Der Pessimist sagt: Das Glas ist halb leer. Der Rationalist sagt: Das Glas ist doppelt so groß, wie es sein müsste. Vereinfachung
12 Vereinfachen: Varianten Einschränken (hohe omplexität verringern) Abstrahieren: Absehen von Details, Einflussfaktoren vernachlässigen, Ausnahmen und omplikationen weglassen. Partikularisieren: Beschränken auf einen Aspekt, z. B. die Funktion, das Prinzip, das Phänomen, das Qualitative. Veranschaulichen (eher abstrakten Darstellungen konkreter machen) Idealisieren: Entwickeln von eher theoretischen Modellen und onzepten. Mit Analogien veranschaulichen: Ähnlichkeiten zu bekannten Sachverhalten, Modellen, Gesetzmäßigkeiten usw. nutzen. Bildhaft veranschaulichen: z. B. Bilder, Skizzen, gegenständliche Modelle, Metaphern; auch audio-visuell: Ton- und Bild-Ton-Dokumente. Handelnd veranschaulichen: Tätigkeiten, z. B. Übungen, Experimente, Praxis. Didaktische Vereinfachung Beispiel: Messuhr (Technik) Messuhr mit Rundskala: Die Längsbewegung des Messtasters wird mittels ahnstange und ahnrad auf den eiger übertragen.
13 Vereinfachen Beispiel: Physik Die Dampfmaschine Wat is en Dampfmaschin? Da stelle mehr uns janz dumm. Und da sage mer so: En Dampfmaschin, dat is ene jroße schwarze Raum, der hat hinten un vorn e Loch. Dat eine Loch, dat is de Feuerung. Und dat andere Loch, dat krieje mer später. Lehrer Bömmel (1933) in Die Feuerzangenbowle Strukturen Beispiel: Präsentation (zeitliche Struktur) Einleitung Durchführung Hauptteil Vorbereitung Schluss
14 Strukturschema Beispiel: Tenses (Englisch) now The traffic-light is red I'm brushing my teeth. I ve brushed my teeth I ve been brushing my teeth I brushed my teeth I was brushing my teeth Verstehen
15 Reduktion und omplexität Auf eine kurze Formel gebracht: Ohne den Blick auf die reduzierte Form keine Erhellung des komplexen Sachverhalts und ohne Blick auf den komplexen Sachverhalt kein angemessenes Verständnis der reduzierten Gestalt! Christian Salzmann (1982) Christian Salzmann: Elementarisierung und Vereinfachung als ernproblem des Lehr-Lernprozesses. In: Pädagogische Rundschau 36 (1982) Heft 5, S. 551 onzentration auf das Wesentliche Beispiel: ufall (Stochastik) Test: Sie bekommen Listen mit 100 zufälligen Münzwürfen vorgelegt. Einige Listen sind das Ergebnis von echten Münzwürfen, andere sind konstruiert. Wie unterscheiden Sie die echten Münzwürfe von den konstruierten? A B
16 onzentration auf das Wesentliche Beispiel: eitmanagement Eine Frage: Wie lassen sich drei Liter Wein in zwei Flaschen (à 1 Liter) füllen? 4. Auflage Martin Lehner Prof. (FH) Privatdozent Dr. phil. Didaktik und Hochschulentwicklung
17 THE END
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