Agnes Miegel. Propagandistin des NS-Regimes. von Hans-Heinrich Holland

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1 Agnes Miegel Propagandistin des NS-Regimes von Hans-Heinrich Holland

2 Wenn man den Gedanken des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog aufgreift und nach den geistigen Wurzeln des Nationalsozialismus fragt, dann muss man weit in die Vergangenheit zurückgreifen. Die Ideologie der Nationalsozialisten wurde nicht erst nach 1933 entwickelt, sondern existierte bereits im Kaiserreich - in ihrer tödlichen Konsequenz gebündelt wurde sie durch die Nazis. Agnes Miegel

3 Historischer Rückblick Erste rassistische, d.h. antisemitische Ausschreitungen gab es in Berlin Ende der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts Im Berliner Antisemitismusstreit prägte der konservative Historiker und Herausgeber der Preußischen Jahrbücher, Heinrich von Treitschke, den Ausspruch: Die Juden sind unser Unglück (1878) 50 Jahre später war diese Parole in allen NS-Blättern zu finden. Ein Jahr nach dem Ausspruch wurde Agnes Miegel geboren Faschistoides Gedankengut war in vielen (groß-)bürgerlichen Gruppen zu finden, exemplarisch dazu die frühen antisemitischen Parteien oder der Bund der Landwirte auch Bismarck bediente sich der Vorurteile und ideologischen Versatzstücke Lediglich das katholische Zentrum, Teile der Liberalen (die politische Vertretung des Liberalismus sammelte sich unter dem Namen Nationalliberale ) und die SPD hielten Distanz zu den Sündenbock-Thesen für die damalige wirtschaftliche Strukturkrise. ( Große Depression von 1873 bis 1895)

4 Lebenslauf von Agnes Miegel Agnes Miegel, geb. am 9. März 1879, wuchs streng erzogen in einer ostpreußischen Kaufmannsfamilie in Königsberg auf Bis zum 5. Lebensjahr weigerte sich das Mädchen zu sprechen Sie war ungewöhnlich ruhig und still und blieb zumeist ohne Spielkameraden. Sie unterhielt sich lieber in Gedanken mit ihren Ahnen, die in ihrem Blut weiterlebten. (Blut) Schon seit ihrer Kindheit betrachtete sie Ostpreußen als ihre Mutter und Deutschland als ihren Vater ( Symbole im Werk: Bernstein als Symbol für Ostpreußen und der Große Wagen für Deutschland) (Boden) Sie besuchte die Schule in Königsberg, war 2 Jahre in einem Pensionat in Weimar, besuchte ab 1899 eine Säuglingspflegerinnenschule in Berlin, Ausbildung zur Lehrerin in England 1913 stirbt die Mutter und 1917 der Vater, beide waren vorher sehr krank und Agnes Miegel pflegte die Eltern lange

5 Lebenslauf von Agnes Miegel arbeitet sie bei der stark rechtslastigen Ostpreußischen Zeitung gegen die Ausrichtung der Zeitung hatte sie nichts, jedoch sei die Ausdrucksweise zu krass 1933 Berufung in die Preußische Akademie der Künste als Senatorin Am 27. Februar 1945 flüchtet sie aus Königsberg und kommt ins Interniertenlager Oksböl (Dänemark) 1949 Entnazifizierungsverfahren und Aufhebung des Veröffentlichungsverbotes, das seit 1945 bestand Am 26. Oktober 1964 stirbt sie in Bad Salzufflen

6 Literarisches Schaffen von Agnes Miegel (nicht vollständig) 1901 Veröffentlichung erster Balladen im Göttinger Musenalmanach (herausgegeben von Boerris von Münchhausen) und erster Gedichtband bei Cotta (Stuttgart) 1907 Balladen und Lieder bei Diederichs, Jena 1920 Gedichte und Spiele (Kleist-Preis) 1926 Geschichten aus Alt-Preußen 1932 Herbstgesang. Neue Gedichte (nach Karl Plenzat verkündet sie hier den nationalsozialistischen Staat: Künderin eine neuen Frühlings und Morgens wohl die Eintrittskarte in die Preußische Akademie) 1933 Die Fahrt der 7 Ordensbrüder (Neuveröffentlichung aus: Geschichten aus Alt- Preußen 1926) 1940 Ostland (diesen Band bezeichnet sogar die Biografin Anni Piorreck als durch den Nationalsozialismus beeinflußt ) 1943 Besuch bei Margret Nach 1945 Veröffentlichungen u.a. exklusiv bei Nation Europa, einer rechtsextremen Zeitschrift, die beim Verfassungsschutz auf dem Index steht. Herausgeber: Arthur Ehrhardt, ehemaliger SS-Hauptsturmführer und Chef der Bandenbekämpfung im Führerhauptquartier

7 An den Sitzungen der Preußischen Akademie hat Agnes Miegel angeblich nie teilgenommen hier ein Foto von 1933

8 Politisches Wirken von Agnes Miegel Agnes Miegel vertritt in ihren Werken weitgehend die nationalsozialistische Ideologie. Sie ist eine Meisterin der leisen Töne aber auch bei ihr ist Rassismus nachweisbar Ihre Autoritätsgläubigkeit veranlasst sie immer wieder, Lobgesänge auf die großen Männer, die Geschichte machen anzustimmen Hindenburg, Hitler (in mindestens 3 Gedichten), aber auch die Reichsfrauenführerin Scholtz-Klink wird bedacht Die Schicksalsergebenheit ist durchgängiges Thema in ihrem Werk und gerade deswegen besonders für die Nazis brauchbar, denn sie brauchten Menschen, die Befehle ausführten und sich in ihr Schicksal fügten. Ihr besonderes Verhältnis zu Blut und Boden erläutert sie 1934 im Völkischen Beobachter

9 Politisches Wirken von Agnes Miegel Ihr Nationalismus ist übersteigert, die Rückholung Ostpreußens ins Reich wird auch mit militärischen Mitteln befürwortet 1939 verfasst sie ein Gedicht An Deutschlands Jugend und fordert darin auf, in den Krieg zu ziehen und die Frauen mögen die Männer unterstützen 1937 tritt sie in den NS-Frauenbund und 1940 in die NSDAP ein Sie arbeitet gern mit Hitler-Jungen und BDM-Mädchen zusammen (z.b. bei der chorischen Dichtung Memelland, 1935 vom Reichssender Königsberg ausgestrahlt) Im Krieg verfasst sie Trostgedichte für Soldaten von denen bisher nirgendwo eine Spur entdeckt wurde

10 Die Mitglieder der Preußischen Akademie 1936

11 Was bleibt von Agnes Miegel? Agnes Miegel sah keine Notwendigkeit ihre eigene Rolle im NS-Staat zu überdenken. Das Gesamtwerk wurde bereinigt, die schlimmsten Entgleisungen entfernt. Die vorhandenen Dokumente mussten extra aus dem Antiquariat zusammengetragen werden (dabei besonderer Dank an Karl-Heinz Sobolewski) und neuere wissenschaftliche Arbeiten auf zusätzliche Quellenangaben überprüft werden. Nur aus einer solchen Arbeit wissen wir von der Existenz einer 3. Hymne auf Adolf Hitler (1939 Dem Schirmer des Volkes )

12 Sollte etwas von Agnes Miegel bleiben? Sie erlebte den Hinauswurf der Brüder Thomas (Nobelpreisträger 1929) und Heinrich Mann aus der Preußischen Akademie und hatte keine Probleme damit, dass Bücher im Mai 1933 brannten und deren Verfasser später starben (Bild unten: Carl von Ossietzky in einem der Emslandlager, er verstarb an den Folgen der Misshandlungen dort) Agnes Miegel erlebte die Vertreibung von Literaten aus Deutschland sie beklagte nur die Vertreibung von Deutschen aus den Ostgebieten nach einem auch von ihr gewollten Krieg

13 Sollte etwas von Agnes Miegel bleiben? Für wen? In heutigen rechtsextremen Kreisen ist Agnes Miegel noch immer hoch angesehen, wie nebenstehende Anzeige von 2001 belegt. Sicherlich weil sie niemals Bedauern über ihren Beitrag im NS-System äußerte. Ihre Themen werden in rechtsextremen Kreisen weiter gepflegt. Sie berichtete über den Ordensstaat, der NS-Vorstellungen nach, ein SS-Staat sein sollte (die Ordensburg der SS sollte die Wewelsburg sein! Bis 1945 KZ auch für Hertener)

14 Keine posthumen Ehrungen mehr für Agnes Miegel Eine Straße, die quer durch ein ehemaliges Zwangsarbeiter- und Kriegsgefangenenlager führt, aus gerechnet mit dem Namen einer Propagandistin des NS-Regimes zu versehen ist schon sehr abenteuerlich! Den Namen dort beizubehalten, nachdem man den Beitrag der Dichterin zum Elend dieser Menschen kennt, ist unverzeihlich Aber Herten ist kein Einzelfall, in über 100 westdeutschen Städten gibt es Agnes-Miegel-Straßen, - Wege, -Plätze und noch schlimmer - es gibt Agnes-Miegel- Schulen und in Bad Nenndorf (Bild rechts) auch ein Agnes- Miegel-Denkmal

15 Denk mal!!!