Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

Transkript

1 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen. Liebe Gemeinde, über die Liebe dürfen wir heute reden. Da fällt ihnen bestimmt auch viel ein, passendes und unpassendes. Intimes und Phantasievolles. Glück und Schmerz in großen Haufen. Ich lese ihnen gleich einen der schönsten Liebestexte aus der Bibel vor. Noch was: zur Liebe gehört Lachen. Man kann nicht lieben ohne mindestens zu lächeln, am besten äußerlich, aber innerlich gilt auch. Und noch was: wenn es um Liebe geht, dann geht es darum, eine neue Perspektive einzunehmen. Alles noch mal mit anderen Augen zu sehen. Herzensaugen. Und das ist so schwer. Und noch ein letztes: das hat irgendwie mit Glück zu tun. Oder? Und um das ganze komplizierte schon mal ein wenig zu entwirren, bevor`s mit dem Predigttext dann richtig zur Sache geht, dachte ich mir, könnte ich ihnen jetzt ganz hochsommerlich-ferienzeitlich einen Witz erzählen, damit sie einfach schon mal was zum Lachen haben, falls es nachher zu ernst wird. Einen Perspektivenänderungswitz. Jesus hat auch

2 solche Geschichten erzählt. Also so ähnliche. Leider haben wir verlernt, mit ihm zu lachen. Diese Geschichte stammt aus dem Glücksbuch von Eckhard von Hirschhausen und wenn sie sie schon kennen und schon mal drüber gelacht haben, dann können sie jetzt ja einfach so tun als ob. Erzählen kann ich aber nicht, weil ich immer kurz vor der Pointe stocke, deshalb lese ich s ihnen einfach vor: Ein Funkgespräch zwischen eine Schiff der US-Flotte und Kanadiern vor Neufundland: Amerikaner: Bitte ändern sie ihren Kurs um 15 Grad nach Norden, um eine Kollision zu vermeiden. Kanadier: Ich empfehle, sie ändern IHREN Kurs 15 Grad nach Süden, um eine Kollision zu vermeiden. Amerikaner: Dies ist der Kapitän eines Schiffes der US- Marine. Ich sage noch einmal: Ändern SIE IHREN Kurs. Kanadier. Nein. Ich sage noch einmal: SIE ändern IHREN Kurs. Amerikaner: Dies ist der Flugzeugträger USS Lincoln, das zweitgrößte Schiff in der Atlantikflotte der USA. Ich verlange, dass sie ihren Kurs 15 Grad nach Norden ändern, oder es werden Gegenmaßnahmen ergriffen, um die Sicherheit dieses Schiffes zu gewährleisten. Kanadier: WIR sind ein Leuchtturm. (von Hirschhausen, Glück, S. 17) Die Perspektive zu wechseln, kann einem manchmal sogar das Leben retten. Und um zu lieben muss man die Perspektive wechseln.

3 Jetzt also das Bibelwort, es ist ein liebevolles: 1. Johannes 4, 7-12 Die Liebe Gottes und die Liebe zum Bruder 7 Ihr Lieben, lasst uns einander lieb haben; denn die Liebe ist von Gott, und wer liebt, der ist von Gott geboren und kennt Gott. 8 Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht; denn Gott ist die Liebe. 9 Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen eingebornen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen. (Joh 3,16) 10 Darin besteht die Liebe: nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsre Sünden. 11 Ihr Lieben, hat uns Gott so geliebt, so sollen wir uns auch untereinander lieben. 12 Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollkommen. (Joh 1,18) 1 Alles was jetzt kommt sind ein paar Versuche, diese wunderbaren großen Worte in kleinen Ausschnitten anzuschauen. Von nah und Fern. Manchmal ist das Große ja zu groß für uns kleine Menschen. Aber wo fangen wir da an? Ein paar Verse weiter sagt Johannes: Furcht, Angst ist nicht in der Liebe (4,18). Das dient erst mal zur Abgrenzung, das klärt

4 ja schon ein wenig. In der Liebe gibt es keine Angst. Das geht nicht zusammen. Angst ist wie Dunkelheit. Aber Dunkelheit kann man nicht ausschalten. Man kann nur Licht machen. Johannes hat uns im Evangelium ja den Satz Jesu überliefert: in der Welt habt ihr Angst. Soll heißen: in der Welt sind wir in der Dunkelheit. Wir mühen uns vergeblich, wenn wir meinen, wir könnten die Angst-Dunkelheit ausschalten. Wir können nur auf das Licht zugehen, auf die Liebe. So viele Menschen leben in so vielen Ängsten und finden doch nicht den Ausweg. Versuchen ihre Ängste mal hierhin, mal dorthin zu schieben, v.a. in dem sie anderen Angst machen. Anstatt die Liebe hereinzulassen, das Licht. Wer aber einmal verstanden und erlebt hat, dass es die Dunkelheit selber gar nicht gibt, der hat schon was von der Liebe gesehen. Erster Perspektivenwechsel. Wenn wir auch nur einen Augenblick erinnern, in dem wir geliebt haben, dann wissen wir: es gibt ein Leben ohne Angst. Es ist eine Ahnung: egal was geschieht, mir kann nichts passieren. Halten wir einfach einmal fest: Liebe ist dort, wo wir die Angst hinter uns gelassen haben.

5 Johannes erinnert uns: Zuerst einmal hat Gott uns geliebt. Und er hat da keine Bedingungen gestellt. Liebe ist bedingungslos. Das ist das, was Jesus uns vorgelebt hat. Johannes sagt ja die Liebe Gottes ist unter uns erschienen. Sie er-scheint in Jesus. Da sehen wir was Licht, was Liebe ist. Es ist das Allerschönste was wir in den Evangelien sehen können, wenn wir nur die Herzensaugen aufmachen: da wird bedingungslos geliebt. So möchten wir das doch auch können. Ist das nicht auch das, was uns bei den besonderen Menschen, die man auch heilig nennen kann, was uns bei denen so phasziniert: dass sie bedingungslos geliebt haben, bis zur Selbstaufgabe? Dass sie nicht gefragt haben: was habe ich davon? Was gibst du mir dafür? Reicht mir das? Von Franziskus über Mutter Theresa bis zu den Abertausend Namenlosen die heute einfach Liebe üben in dem sie nicht fragen sondern einfach lieben. Menschen gehen zum Therapeuten und sagen: mein Partner, meine Frau liebt mich zu wenig. Sie sagen nicht: ich habe zu wenig geliebt. Beziehungen glücken nur, wenn eben das regelmäßig geschieht: bedingungslos lieben. Wenn das aufhört, wird es dunkel, kriecht die Angst durch die Fenster. Da wäre also auch ein Perspektivenwechsel hiflreich, bevors zur Kollision kommt.

6 Gott überlegt nicht: was bekomme ich zurück? Er liebt sich in unsere Welt hinein. Dieser Gedanke: was bekomme ich zurück, das kann man auch das Begehren nennen, das mit Liebe ja nun nicht so arg furchtbar viel zu tun hat. Sobald ich denke: ich will etwas, Vergnügen, Lust, Macht, Einfluss, Reichtum, was auch immer diese Welt zu bieten hat, und ich will es von dir, sobald ich so denke greife ich nach dem, was ich lieben könnte. Sobald ich danach greife, mache ich diese, dieses Andere zum Objekt meiner Begierde - und dann ist s aus mit der Liebe. Liebe ist das zwischen. Sie tastet den anderen Menschen, das Gegenüberliegende nicht an. Denn das ist ja heilig. Weil es genauso von Gott geliebt ist wie ich auch. Deshalb dieses Wunderwort des Apostels: Wer liebt ist aus Gott geboren. Das ist nun der radikale, also an die Wurzel, an die Substanz gehende Perspektivwechsel. Liebe heißt nicht: ich sage dir wo s langgeht - und wenn s noch so gut gemeint wäre. Meine Liebe ist nicht mein Ding. Meine Liebe ist ein Geschenk Gottes. Das fließt zu mir. Überflutet mich manchmal. Dann ist es richtig schön. Aber es reicht auch schon ein wenig. Und es fließt eben immer.

7 Wenn wir in Beziehungen zu anderen Menschen die Liebe vermissen, wenn wir glauben zu einem bestimmten Menschen nur dann eine Beziehung leben zu können, Ehe, Freundschaft, Elternschaft, egal, wenn da was hin- und herfließt, wenn ich einen Anspruch erhebe, die Beziehung müsste sich so oder so gestalten, dann zwinge ich die Liebe Gottes in mein Korsett. Das misslingt garantiert. Wenn ich einen anderen Menschen liebe, dann heißt das übersetzt: mir ist es geschenkt, ihn so zu sehen, wie Gott ihn sich träumt. Ich sehe nicht die Fehler, die Makel, die Falten oder die grauen Haare, ich sehe nicht das, was ihm alles misslungen ist und ihm auch in Zukunft wieder misslingen wird. Ich sehe, dass er, sie ein Geliebter, eine Geliebte Gottes ist. Das ist so was von entlastend, so was von befreiend. Das ist Gnade, Geschenk. Bleibt also am Ende eigentlich nur noch mal das zu wiederholen, was Johannes sagt: Wenn wir uns untereinander lieben, dann bleibt Gott in uns. Also: ohne Liebe sind wir gott-los. Sind wir auf Kollisionskurs mit dem Leben. Ohne Liebe werden wir untergehen. Wir können 100 mal unser Glaubensbekenntnis sprechen: wenn wir

8 nicht lieben ist es für die Katz. Wir können die Bibel vorwärts und rückwärts lesen. Beten und Meditieren soviel wir wollen: ob wir bei Gott und er bei uns ist sind zeigt sich einzig daran, dass wir die bedingungslose Liebe leben. Heute, morgen. Täglich. Amen