Grußwort. Dr. Richard von Weizsäcker. Mitgliederversammlung des DOSB am in Hamburg. 1 DOSB Organigramm
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1 Grußwort Dr. Richard von Weizsäcker Mitgliederversammlung des DOSB am in Hamburg 1 DOSB Organigramm
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3 Grußwort von Dr. Richard von Weizsäcker Mitgliederversammlung des DOSB vom 8. Dezember 2007 in Hamburg Herr Präsident, meine Damen und Herren, von Herzen habe ich Ihnen dafür zu danken, dass ich hier dabei sein darf, alle zu grüßen und vor allem Ihnen zu danken für das, was Sie mit Ihrer Arbeit, mit Ihrer Hingabe für die Kräfte in unserem Zusammenleben, für unser Ziel einer humanen Gesellschaft und für die Freude von unzähligen Menschen aller Altersstufen tun. Letzteres darf ich sagen, obwohl ich zugeben muss, dass ich erst im Alter von 65 Jahren angefangen habe, das Sportabzeichen abzulegen und dann nach einiger Zeit auch wieder aufgehört habe. Aber es hat mir große Freude gemacht und ich kann nur sagen: Jeder, der es tut, wird diese Freude auch erleben. Dr. Richard von Weizsäcker Erlauben Sie mir eine kurze Gedankenreihe zu unseren Staatszielen zu sagen. Was ist denn das, der Staat? Das sind auf der einen Seite unsere Verfassungsorgane, mit ihren Rechten und Pflichten. Zugleich und vor allem aber ist es unsere Bevölkerung - Wir, die Bürger! Wie lauten unsere Staatsziele? Da liest man -Sozialstaatsprinzip, -Gleichstellung von Mann und Frau, -Verwirklichung eines vereinten Europas,
4 alles Aufgaben und Pflichten primär unsere Verfassungsorgane. Dann tritt ein neues Ziel hinzu, die Forderung, die Kultur einzubeziehen in die Staatsziele und ich finde, mit Recht. Die Kultur ist ein klassisches Beispiel dafür, dass wir nur gemeinsam etwas erreichen, nämlich durch die beauftragten Verfassungsorgane, aber auch durch uns, die Bürger. Förderung und Schutz durch Verfassungsorgane, Aktivität durch die Zivilgesellschaft, das ist es, was wir zu einem humanen Zusammenleben brauchen. Genau hier und an dieser Stelle gehört die Debatte über das Staatsziel Sport dazu. 15 von 16 Landesverfassungen haben diesen Schritt, also den Sport als Staatsziel in ihrer Verfassung zu verankern, vollzogen. Einerseits geht es darum, den Sport vor Missbrauch zu schützen, den es auch innerhalb des Sports gibt, wie wir ja alle wissen. Dann vor allem ist es die Aufgabe, den Sport zu fördern. 30 Mio. Vereinsmitgliedschaften gibt es in unserem Land; ich habe gerade die eindrucksvolle Zahl aus Hamburg dazu gehört. Der Einsatz von Bürgern mit dem Ehrenamt findet sich aber an keiner Stelle der ganzen Gesellschaft so zahlreich und so intensiv und hingebungsvoll wie beim Sport. Dort wird wirklich Zeit und Kraft investiert für eine Sache, die nicht nur dem zugute kommt, der es macht, weil es ihm Freude macht, sondern auch seinen Mitmenschen. DOSB-Vizepräsidentin Ilse Ridder-Melchers, Dr. Richard von Weizsäcker und DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach Erlauben Sie mir zwei besondere Aspekte zu nennen, die mir im Bezug auf die Debatte Staatsziel Sport besonders am Herzen liegen. Das Eine ist die Bedeutung des Sports für Heranwachsende, Kinder und Jugendliche. Das Andere ist die Bedeutung des Sports für das Zusammenwachsen von Menschen, die von Außen zu uns kommen auch von besonderer Bedeutung ist. Integration, Migranten, Migrantinnen, auch das gehört dazu, das sind meine zwei Punkte.
5 Für junge Menschen: Wo, wenn nicht im Spiel, lernen sie, dass es eine entscheidende Lebenshilfe ist, sich für eine sportliche Leistung auch wirklich anzustrengen, zu trainieren, etwas zustande zu bringen? Es ist die erste lebensprägende Erfahrung, was es bedeutet, in einer Mannschaft zusammen zu wirken, ihr anzugehören. Es ist zum ersten Mal, dass man selber versteht, dass und warum unser Zusammenleben so etwas wie Regeln braucht, nicht nur Befehle, Verordnungen und Gesetze, sondern auch Regeln, die wir selber einsehen und die davon abhängen, dass wir sie verstehen und auch handhaben. Spiel und Sport sind der erste Platz, wo man auch wirklich Fairness untereinander lernt und dabei begreift, dass Fairness zu empfangen und selber zu praktizieren in Wahrheit Lebenshilfe ist. Wenn man die Achtung für den Gegner im Spiel lernt, dann geht es viel besser in den anderen Bereichen des Lebens weiter - im Wohnblock, im Beruf oder in überfüllten Untergrundbahnen oder wo auch immer. Aber auch Misserfolge zu erleben, sie zu ertragen, sie zu verstehen, das lernt man im Spiel. Dr. Richard von Weizsäcker und DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach Mir ist eines vor allem in Gedanken an die Kinder und die Jugend besonders wichtig: Es ist schön, dass wir im Zeitalter der Telekommunikation leben, alle online, und es ist klar, dass die junge Generation uns alten Leuten in ihren Kenntnissen im Internet weit voraus ist. Natürlich müssen sie das lernen für ihr eigenes Leben. Aber trotzdem wollen und müssen wir doch weiter zusammenleben. Wir dürfen uns nicht isolieren, nicht allein spielen und Sport betreiben. Neulich habe ich mal ein amerikanisches Buch in die Hand bekommen mit dem Titel Bowling alone. Das soll heissen, selbst wenn man kegelt, selbst dann kann man mit der Telekommunikation auf alle Mitspieler verzichten. Am besten ist, man macht das alles ganz allein, am Computer. Wir haben doch wirklich gelernt, dass Sport- und Spielerfahrung etwas sind, was wir zum
6 Heranwachsen brauchen. Also da will ich ein Beispiel aus meiner eigenen Familie nennen: Ich habe meinem Sohn eine Sportart nahegebracht, das ist das Schachspiel und dann hat er immer verloren und war unglücklich. Dann habe ich ihm gesagt, er soll doch in einen der wunderbaren Sportvereine eintreten. Das machte er auch und nach einem Vierteljahr spielte er wieder mit mir. Und ich machte die Erfahrung, noch Freude an dem Spiel zu gewinnen, auch wenn er nun immerfort gewann. Ich habe also dabei verlieren gelernt; auch das ist eine gute Sache. Es ist doch besser, mit jemandem zu spielen, der es besser kann, als mit dem Computer zu spielen. Wenn ich am Computer spiele, kann ich jeden Fehlzug einfach zurücknehmen und werde überhaupt nicht bestraft. Kurzum: Heraus aus der Isolation, hinein in das Zusammenspielen, das Zusammenleben. Sport für die Jugend ist gerade in diesem Sinne ganz besonders unersetzlich. Der zweite Punkt, das ist die Integration unserer vielen neuen Bürger, die von Außen kommen und mit denen wir doch Zusammenleben lernen wollen. Ich finde es gut, dass politische Parteien jetzt auch Grundsatzprogramme neu zur Diskussion gestellt und verabschiedet haben. Da ist dann die Rede davon, dass wir in Deutschland ein Integrationsland sind auf der Basis unserer Leitkultur. Was kann denn das heissen? Mit Ihnen gut zusammenleben lernen! Und wie lernen wir besser, bei uns Zuwanderer aufzunehmen und sie einzubeziehen, als mit Bildungsförderung, mit aktiver Teilhabe an unserer Zivilgesellschaft und hier mit dem Sport an vorderster Stelle? Das macht uns wirklich zum Integrationsland. Wer also solche Sachen in seinem Parteiprogramm schreibt, der soll dazu beitragen, dass wir auch durch den Sport diejenige Würde und Anstrengung verbinden, die nach meiner Überzeugung mit einem wahren Staatsziel verbunden ist. Das ganze Land nimmt Anteil am Sport, es nimmt Anteil daran, wie der Sport uns als Kraft zur Integration hilft. Wir sind ein Land der Freiheit und der Demokratie; die Ziele unseres Staates sind niemals gegen andere Staaten gerichtet. Wir haben auch einen Patriotismus empfunden und geteilt anhand des Sports, aber ganz ohne jeden Nationalismus, offen und freundlich für alle Nachbarn. Gerade deshalb gehört der Sport zusammen mit unserer Kultur, mit unserer sozialen Zielsetzung und unserer europäischen Verwirklichung hinein in unsere Verfassung. Aber jetzt genug und auf zur Winterolympiade nach München; ich wünsche uns einen guten Verlauf des heutigen Vormittags.
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