Wohnungseigentum in der Verwalterpraxis 15. Fachtagung Der richtige Umgang mit Sonderzuständigkeiten bei Instandhaltung und Instandsetzung
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- Johanna Goldschmidt
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1 Wohnungseigentum in der Verwalterpraxis 15. Fachtagung Der richtige Umgang mit Sonderzuständigkeiten bei Instandhaltung und Instandsetzung Prof. Dr. Florian Jacoby
2 Anlassentscheidung BGH v V ZR 9/12: Eine in der Teilungserklärung getroffene Regelung, wonach Balkone, die zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind, auf dessen Kosten instandzusetzen und instandzuhalten sind, ist nicht einschränkend dahin auszulegen, dass hiervon Kosten ausgenommen sind, die die im Gemeinschaftseigentum stehenden Balkonteile betreffen. Folie 2
3 Überblick I. Grundlagen 1. Regelungsprobleme der Instandhaltung 2. Gesetzliche Weichenstellung 3. Sonderzuständigkeiten (Gebrauch am Gemeinschaftseigentum) 4. Steuerungsmöglichkeiten II. Regelungen in der Teilungserklärung III.Regelungen durch Beschluss Folie 3
4 1. Regelungsprobleme der Instandhaltung 21 Abs. 1 WEG: Soweit nicht in diesem Gesetz oder durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer etwas anderes bestimmt ist, steht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu. 16 Abs. 2 WEG: Jeder Wohnungseigentümer ist den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Folie 4
5 2. Gesetzliche Weichenstellung Wenn ein Gebäudeteil im gemeinschaftlichen Eigentum steht, dann haben grundsätzlich die Wohnungseigentümer - in der Eigentümerversammlung über die Instandhaltung und Instandsetzung zu entscheiden (Verwaltung) und - die Kosten der Maßnahme nach Miteigentumsanteilen zu tragen (Kostentragung). Wenn eine Sache im Sondereigentum steht, dann - hat der Sondereigentümer zu entscheiden und die Kosten (aus seiner eigenen Beauftragung) selbst zu zahlen, - Beschlüsse der Wohnungseigentümer sind mangels Beschlusskompetenz nichtig. Folie 5
6 3. Sonderzuständigkeiten Gebrauchsmöglichkeit am Gemeinschaftseigentum aufgrund von für - Sondereigentum oder - Sondernutzungsrecht - einzelnen Eigentümer (individuell) oder - mehrere Eigentümer (Nutzergruppe, insbesondere Mehrhausanlage). Folie 6
7 4. Steuerungsmöglichkeiten 10 Abs. 2 WEG: Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes (...). Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. 10 Abs. 3 WEG: Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, sowie die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. 10 Abs. 4 WEG: Beschlüsse der Wohnungseigentümer gemäß 23 (...) bedürfen zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch. Folie 7
8 Teil 2 Regelungen in der Teilungserklärung Folie 8
9 Aspekte der Gestaltung und Auslegung Gegenständliche Reichweite der Regelung - allein genutzte Gegenstände - Gegenstände im räumlichen Bereich des Sondereigentums - durch Sondernutzungsrecht zum alleinigen Gebrauch zugewiesene Gegenstände Erfasste Maßnahme - Instandhaltung, Instandsetzung - Sonstige bauliche Maßnahmen - Verkehrssicherungspflichten Regelungsinhalt - Kostentragungspflicht - Verwaltungsbefugnis (wer entscheidet: wann und was) Folie 9
10 Fall 1 Gemäß 6 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung hat jeder Wohnungseigentümer unter anderem die von ihm allein genutzten Gegenstände auf eigene Rechnung ordnungsgemäß zu pflegen, instandzuhalten und instandzusetzen. In dem räumlichen Bereich seines Sondereigentums treffen den einzelnen Wohnungseigentümer deshalb unabhängig von der Zuordnung zu dem Sonder- und Gemeinschaftseigentum bestimmte Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten, die beispielhaft genannt werden. Dazu gehören zunächst Schönheitsreparaturen einschließlich des Anstrichs der Innenseite der Fenster samt Rahmen. Weiter wird die Behebung von Glasschäden und die Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster samt Fensterrahmen und Rollläden aufgeführt. In diesem Zusammenhang heißt es, soweit dabei die Außenansicht betroffen werde, sei eine einheitliche Ausführung unabdingbar; daher sei die Erneuerung des Außenanstrichs der Fenster samt Rahmen und Rollläden Sache der Eigentümergemeinschaft. Wer trägt die Kosten der vollständigen Erneuerung der Fenster? Folie 10
11 Lösung Fall 1 BGH v V ZR 174/11: Weist die Gemeinschaftsordnung die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung der Fenster nebst Rahmen in dem räumlichen Bereich des Sondereigentums den einzelnen Wohnungseigentümern zu und nimmt dabei den Außenanstrich aus, ist eine vollständige Erneuerung der Fenster im Zweifel Sache der Gemeinschaft. Es gilt 16 II WEG. Folie 11
12 Fall 2 In der Teilungserklärung heißt es u. a.: Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteile, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder gemäß dieser Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind (z.b. Balkone, Terrassen, Veranden, Einstellplätze), sind von ihm auf seine Kosten instandzusetzen und instandzuhalten. Folie 12
13 Fall 2 Frage 1 Können die Eigentümer durch Beschluss die Reichweite der Klausel bestimmen? LG München v S 8790/11: Ein Eigentümerbeschluss, der darauf gerichtet ist, eine verbindliche Auslegung der Teilungserklärung - hier: Klausel zur Verteilung von Kosten für die Instandsetzung der Balkone - herbeizuführen, ist mangels Beschlusskompetenz nichtig. Dauerhafte Rechtssicherheit nur durch - (Klarstellende) Änderung der Teilungserklärung/Vereinbarung - Feststellungsurteil (auch auf Zwischenfeststellungsklage) Folie 13
14 Fall 2 Frage 2 Wie ist diese Klausel auszulegen? BGH v V ZR 9/12: Eine in der Teilungserklärung getroffene Regelung, wonach Balkone, die zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind, auf dessen Kosten instandzusetzen und instandzuhalten sind, ist nicht einschränkend dahin auszulegen, dass hiervon Kosten ausgenommen sind, die die im Gemeinschaftseigentum stehenden Balkonteile betreffen. Folie 14
15 Fall 2 Frage 3 Was ist mit einem Beschluss, der eine abweichende Kostenverteilung für eine bestimmte Maßnahme vorsieht? BGH v V ZR 9/12 Tz. 11: Ob der in dem Verstoß gegen 5.2 der Teilungserklärung liegende Rechtsfehler nur zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse führt oder zu deren Nichtigkeit wegen fehlender Beschlusskompetenz zur erstmaligen Begründung einer Kostenlast der Gemeinschaft, bedarf hier keiner Klärung. Folie 15
16 Fall 2 Frage 4 Was hat die Teilungserklärung für Auswirkungen auf die Organisation und Ausführung der Baumaßnahme; Welche Grenzen gelten für die Überleitung der Verwaltungszuständigkeit auf einen Eigentümer, welcher Raum bleibt noch für eine Beschlussfassung der Eigentümer? Lässt sich unterscheiden, ob - Umpflanzungen im Garten, - Austausch einzelner Fenster, einer ganzen Fensterfront oder - Der Neuaufbau eines Balkons betroffen ist? Folie 16
17 Übertragung der Verwaltungszuständigkeit Grenzen der Übertragung der Verwaltungszuständigkeit auf einen Eigentümer: - Beeinträchtigung der Verwalterkompetenzen 27 IV WEG erklärt 27 I III WEG für indisponibel: - 27 I Nr. 2 WEG: erforderliche Maßnahmen zur Erhaltung, - 27 I Nr. 1 Fall 1 WEG: Beschussausführung. Flexibel bleibt, was erforderlich ist und was beschlossen wird. - Beeinträchtigung der anderen Eigentümer Duldungspflichten bei Beeinträchtigung von Sonder- oder sonstigem Gemeinschaftseigentum beruhen auf Beschluss Koordinierung mehrerer erfolgt durch Beschluss Grenzen einer Beschlussfassung durch Eigentümerversammlung - Beschlusskompetenz: (+), da Ersatzzuständigkeit unentbehrlich. - Rechtswidrig wegen Verstoßes gegen Vereinbarung oder fehlender Ordnungsmäßigkeit? Entscheidung über Ob, Wann und Wie der Maßnahme. Beauftragung im Namen des Eigentümers/der Gemeinschaft. Folie 17
18 Lösung Fall 2 Frage 4 Allgemeingültige Aussage lässt sich angesichts der Vielgestaltigkeit der betroffenen Maßnahmen nicht treffen, insbesondere ist aber zu unterscheiden, ob Maßnahme andere Eigentümer betrifft, weil sie deren Sondereigentum oder sonstiges Gemeinschaftseigentum betrifft. - Keine Betroffenheit anderer Eigentümer Verwaltungszuständigkeit grundsätzlich bei Eigentümer, Beschluss der Eigentümer aber allenfalls anfechtbar. - Betroffenheit anderer Eigentümer Keine selbstständige Verwaltungszuständigkeit des Eigentümers, Beschlussfassung der Eigentümer erforderlich. Folie 18
19 Fall 3 Fenster gehören zum Sondereigentum. Welche Wirkungen äußert diese Regelung? BGH v V ZR 57/12: Durch die Teilungserklärung kann Sondereigentum an wesentlichen Bestandteilen des Gebäudes nicht begründet werden; diese kann die Grenze zwischen dem gemeinschaftlichen Eigentum und dem Sondereigentum nur zu Gunsten [ 5 III WEG], nicht aber zu Ungunsten des gemeinschaftlichen Eigentums verschieben. OLG Karlsruhe v WX 115/08: Ist die Zuweisung von Bauteilen zum Sondereigentum dinglich unwirksam, kann die gem. 140 BGB gebotene Umdeutung für Bauteile im räumlichen Bereich des Sondereigentums (hier: Fenster- und Türelemente) ergeben, dass für sie die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht auf eigene Kosten bei den jeweiligen Wohnungseigentümern liegen soll. Folie 19
20 Fall 4 Nach Teilungserklärung trägt der Sondernutzungsberechtigte die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung der seiner Sondernutzung unterliegenden Gegenstände, insbesondere Grundstücksflächen. Wer trägt die Kosten für das erforderliche Fällen eines Baumes auf einer Sondernutzungsfläche. OLG Düsseldorf v Wx 227/03: Die Kosten der Beseitigung eines auf einer Sondernutzungsfläche stehenden Baumes, der ein angrenzendes Garagengebäude beeinträchtigt bzw. beschädigt, muss der Sondernutzungsberechtigte nicht allein tragen, auch wenn die Teilungserklärung bestimmt, dass er die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten der Sondernutzungsfläche tragen soll. OLG München v Wx 1/11: Der Sondernutzungsberechtigte: Zur Instandhaltung einer Grundstücksfläche gehört es auch, dass sich auf derselben keine Gegenstände befinden, die eine Gefährdung darstellen, wie dies bei abgestorbenen Bäumen der Fall sein kann. Unerheblich ist es dem gegenüber, ob der Sondernutzungsberechtigte berechtigt oder verpflichtet gewesen wäre, die Bäume selbst zu beseitigen. Folie 20
21 Beispiel für eine gemeinschaftsfreundliche Kostenregelung bei Sondernutzungsrecht Die Eigentümer vereinbaren: Wohnungseigentümer haben die Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung, aber auch alle anderen baulichen Maßnahmen und die Verkehrspflichten für solche Flächen des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen, die ihnen durch ein Sondernutzungsrecht zum alleinigen Gebrauch zugewiesen sind. Die Verwaltungsbefugnis ruht weiter auf sämtlichen Wohnungseigentümern. Diese können insbesondere entscheiden, wann, auf welche Art und Weise und durch wen die Maßnahmen zu unternehmen sind. Folie 21
22 Teil 3 Regelungen durch Beschluss Folie 22
23 Grundfragen zur Beschlussfassung Beschlusskompetenz - Gesetzliche Beschlusskompetenz in 16 IV WEG - Öffnungsklauseln Ordnungsmäßigkeit (Anfechtbarkeit) eines Kostenbeschlusses (im Einzelfall) Kostenfolgen eines Beschlusses über eine bauliche Veränderung ( 16 VI WEG) Folie 23
24 Fall 5 In einer Eigentümerversammlung wird beschlossen: Die Kosten für Erhaltungsmaßnahmen an Fenstern werden abweichend von 16 II WEG künftig so verteilt, dass die Kosten von demjenigen zu tragen sind, an dessen Sondereigentumseinheit die Fenster grenzen. Welche Wirkung äußert der Beschluss? BGH v V ZR 162/10: Eine schon nach dem Inhalt des Beschlusses über den Einzelfall hinausreichende Änderung des Schlüssels [zur Kostenverteilung von Instandsetzungsmaßnahmen] ist nicht von der Beschlusskompetenz nach 16 IV WEG gedeckt und daher nichtig. Folie 24
25 Fall 6 In einer Teilungserklärung heißt es: Die Eigentümer können mit 2/3-Mehrheit die Gemeinschaftsordnung, insbesondere die Verteilung der Kosten, ändern. In einer Eigentümerversammlung erscheinen 21 der 30 Eigentümer. Für die Änderung der Kostenverteilung stimmen 15 Eigentümer, 6 dagegen. Was hat der Verwalter zu verkünden? Folie 25
26 Lösung Fall 6 BGH v V ZR 162/10: Verlangt eine Öffnungsklausel eine 2/3-Mehrheit und klärt sie nicht, was der Bezugspunkt sein soll, sind - 2/3 aller Wohnungseigentümer und - nicht nur der in der Versammlung anwesenden erforderlich. Die Kostenverteilung wird nicht geändert (Beschluss ist abgelehnt). Folie 26
27 Fall 7 Lassen sich über 16 IV WEG anfechtungsfest die Kosten für die Sanierung - von bestimmten Fenstern, - des einzigen Fahrstuhls in einer Mehrhausanlage dem betroffenen Eigentümer auferlegen? Folie 27
28 Qualifizierte Beschlussmehrheit im Einzelfall 16 Abs. 4 WEG: 1 Die Wohnungseigentümer können im Einzelfall zur Instandhaltung oder Instandsetzung im Sinne des 21 Abs. 5 Nr. 2 oder zu baulichen Veränderungen oder Aufwendungen im Sinne des 22 Abs. 1 und 2 durch Beschluss die Kostenverteilung abweichend von Absatz 2 regeln (...). 2 Der Beschluss zur Regelung der Kostenverteilung nach Satz 1 bedarf einer Mehrheit von - drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer im Sinne des 25 Abs. 2 und - mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile. Folie 28
29 BGH v V ZR 164/09 Ein Beschluss nach 16 IV WEG muss den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Verwaltung genügen. Daran fehlt es, wenn die für den Einzelfall beschlossene Änderung des Kostenverteilungsschlüssels einen Anspruch der betroffenen Wohnungseigentümer auf Gleichbehandlung in künftigen Fällen auslöst und so den allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel unterläuft. Ein solcher Verstoß führt zur Anfechtbarkeit, nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses. Folie 29
30 Lösung Fall 7 Bestimmte Fenster: Jetzt (allein) zahlende Eigentümer müssen bei künftiger Sanierung weiterer Fenster fremde Fenster nach 16 II WEG mitbezahlen, daher Beschluss anfechtbar. Einziger Fahrstuhl in einer Mehrhausanlage: grds. ordnungsmäßig, nicht anfechtbar, weil keine entsprechende Maßnahme ( gleichgelagerte Instandsetzungsmaßnahme ) künftig möglich. Folie 30
31 Abwandlung Fall 7 In der Vergangenheit wurden in einer Anlage stets Fenster von den betroffenen Eigentümern bezahlt, obwohl die Gemeinschaftsordnung keine entsprechende (wirksame) Regelung enthält. Die Fenster eines Eigentümers sind sanierungsbedürftig und er verlangt Austausch. Lassen sich die Kosten der Maßnahme über 16 IV WEG mit der erforderlichen Mehrheit dem betroffenen Eigentümer auferlegen? Folie 31
32 Lösung: Abwandlung Fall 7 Eine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt es noch nicht, in BGH v V ZR 164/09 gab es keine gefestigte Übung in der Anlage. Meines Erachtens ist der Beschluss ordnungsmäßig und daher nicht anfechtbar, - weil der Verteilungsmaßstab der jetzt zu beschließenden Maßnahme die bisherige Praxis fortsetzt. - Ordnungsmäßigkeit ergibt sich aus Vergangenheit, ohne dass im Unterschied zu BGH v V ZR 164/09 Bindung für die Zukunft (!) damit einhergeht. Folie 32
33 Fall 8 Die extravaganten Balkoneigentümer der Südseite wollen die Brüstungen ihrer Balkone aufwendig und äußerst kostenintensiv umgestalten, indem eine Glas- Stahl-Konstruktion errichtet wird. In der Eigentümerversammlung wird über die Baumaßnahme abgestimmt. Die Balkoneigentümer sind dafür, die anderen Eigentümer erscheinen nicht oder enthalten sich der Stimme. Der Beschluss wird nicht angefochten und ausgeführt. Der Verwalter fragt sich, wie er die Kosten der Maßnahme verteilen soll. Folie 33
34 Besondere Kostenregelung 16 Abs. 6 WEG: Ein Wohnungseigentümer, der einer Maßnahme nach 22 Abs. 1 nicht zugestimmt hat, ist nicht berechtigt, einen Anteil an Nutzungen, die auf einer solchen Maßnahme beruhen, zu beanspruchen; er ist nicht verpflichtet, Kosten, die durch eine solche Maßnahme verursacht sind, zu tragen. Satz 1 ist bei einer Kostenverteilung gemäß Absatz 4 nicht anzuwenden. 22 WEG: Bauliche Maßnahmen - Abs. 1: Klassische bauliche Veränderung - Abs. 2: Modernisierung - Abs. 3: Modernisierende Instandsetzung Folie 34
35 BGH v V ZR 65/11 1. Stimmt ein Wohnungseigentümer einer baulichen Maßnahme gemäß 22 I WEG nicht zu, ist er gemäß 16 VI 1 Halbs. 2 WEG von den damit verbundenen Kosten befreit; es kommt nicht darauf an, ob seine Zustimmung gemäß 22 I i.v.m. 14 Nr. 1 WEG erforderlich war oder nicht. 2. Er kann die Kostenfreistellung auch nach Bestandskraft des Beschlusses über die Durchführung der baulichen Maßnahme verlangen, sofern der Beschluss die Kostenverteilung nicht abschließend regelt. Folie 35
36 Lösung Fall 8 Soweit es sich bei der Umgestaltung der Balkonbrüstung bloß um eine klassische bauliche Veränderung handelt, tragen die Kosten nur die Eigentümer, die für die Maßnahme gestimmt haben. Abweichend kann es sich um eine Modernisierung ( 22 II WEG) nur handeln, wenn die Maßnahme aus der Sicht eines verständigen Wohnungseigentümers eine sinnvolle Neuerung darstellt, die voraussichtlich geeignet ist, den Gebrauchswert des Wohnungseigentums nachhaltig zu erhöhen; an einer solchen sinnvollen Neuerung wird es unter anderem dann fehlen, wenn die entstehenden Kosten bzw. Mehrkosten außer Verhältnis zu dem erzielbaren Vorteil stehen (BGH v V ZR 224/11). Folie 36
37 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr. Florian Jacoby Direktor der Forschungsstelle für Immobilienrecht, Universität Bielefeld Universitätsstr. 25, Bielefeld Folie 37
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