Klimawandel Auswirkungen auf Flora und Fauna

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1 Klimawandel Auswirkungen auf Flora und Fauna Frank-M. Chmielewski Lebenswissenschaftliche Fakultät Professur für Agrarklimatologie Bildungsreihe (Stadt)gärtnern im Klimawandel - Auftaktveranstaltung UN Klimakonferenz in Paris (21. Konferenz der Vertragsstaaten) Ziel: Globale Post-Kyoto-Regelung - neues, globales, rechtsverbindliches Klimaschutzabkommen für die Zeit nach 2020 Global: > 35 Gt CO 2 /a = 30/3.67 = 9.5 Gt C Kyoto Protokoll (1997): Reduktion der Emissionen im Zeitraum auf den Wert im Jahr : + 56 % Quelle: Eigene Darstellung 1

2 Beobachtete Änderung der globalen Mitteltemperatur, Quelle: IPCC 2013 Globale Temperaturentwicklung (Land und Ozean), Bezugsperiode: Globale Mitteltemperatur im 20. Jahrhundert T in C Top 10: 2014 (+0.69), 2010, 2005, 1998, 2013, 2003, 2002, 2006, 2009, 2007 Quelle: National Climate Data Center 2

3 Globale Temperaturentwicklung (Land und Ozean) Monatliche Anomalien der wärmsten Jahre seit 1880, einschl T in C Top 10: 2015 (!), 2014, 2010,... Quelle: National Climate Data Center Zusammenfassung - Globale Erwärmung seit 1901 um ca. 1 K - Anstieg Meeresspiegel um 20 cm - Periode in der NH: wärmsten 30 Jahre seit dem Hochmittelalter global wärmstes Jahr seit 1880 (+0.69 K) - Klimawandel zeigt sich auch im Abtauen von Schneemassen, Eis, Gletschern und Permafrostböden - die Erwärmung der Ozeane schreitet weiter voran Quelle: IPCC

4 Ursachen des beobachteten Temperaturanstiegs Strahlungsantrieb (radiative forcing) CO 2 CH 4, N 2 O, FCKW 2.3 W/m² Die Ursache des Klimawandels ist zu 95 % Sicherheit auf die Zunahme anthropogener Spurengase zurückzuführen! Quelle: IPCC 2013 Veränderung der atmosphärische CO 2 Konzentration Quelle: NOAA,

5 Geschichte des Klimawandels ( Jahre) Heutige Warmphase (Holozän): - letzten ca Jahre - relativ stabile Klimaverhältnisse Ursache: Veränderung der Erdbahnparameter a Eem Weichsel/Würm Abb.: Temperaturveränderungen in der Antarktis (Eisbohrkern Vostok) gegenüber dem heutigen Mittelwert (Mittellinie) der letzten Jahre (78 S, 106 E), Petit 2000, Barnola 2003 Zur Relevanz des Klimawandels Beobachteter Temperaturanstieg: 10 C in a, d.h. 1 C / 1000 a Weichsel/Würm (Wisconsin) Kaltzeit vor ca a Holozän vor ca a bis heute Erwarteter Temperaturanstieg: 1.8* - 3.7** C in 100 a, d.h. 1 C / 56 a - 1 C / 27 a * RCP 4.5 **RCP 8.5 5

6 Mittlere Lufttemperatur in Europa, E-OBS Daten: 70 N - 40 N, 10 W - 25 E Monat Trend Quelle: Chmielewski, unveröffentlicht Mittlere Lufttemperatur in Deutschland, Referenzperiode / 2009: Ta = 9.9 C 2014: Ta =10.3 C Ta in C T = 1.4 C Abb.: Jahresmitteltemperatur in Deutschland , Quelle: UBA Quelle: UBA 6

7 Mittlere Lufttemperatur in Berlin/Brandenburg Anomalien ( T a ) zur Referenzperiode Abb.: Jährliche Temperaturanomalien für BB, (EOBS Daten) Quelle: Chmielewski, unveröffentlicht Langjährige Trends im Jahresmittel der Lufttemperatur, Trend BB: +1.4 C*** Positive Trends in allen Monaten! Spannweite: 1.2 K (SPN) K (OHV), N/S-Gradient EOBS Daten, 0.25 Auflösung Quelle: Chmielewski, unveröffentlicht 1.3 Alle Trends signifikant mit **p<0.01, bzw. ***p<

8 Langjährige Trends der Winterniederschläge (mm), Trend BB: mm ns Spannweite: -7.4 mm (UM) * mm (SPN) * EOBS Daten, 0.25 Auflösung Quelle: Chmielewski, unveröffentlicht +30.7* Trends signifikant mit + p<0.10, *p<0.05 Langjährige Trends der Sommerniederschläge (mm), Trend BB: +3.7 mm ns Spannweite: mm (PR) mm (BAR) EOBS Daten, 0.25 Auflösung Quelle: Chmielewski, unveröffentlicht Alle Trends signifikant nicht signifikant 8

9 Verlängerung der thermischen Vegetationsperiode L5 in mm, Trend BB: d* Spannweite: d (SPN) * d (HVL), W/E-Gradient EOBS Daten, 0.25 Auflösung Alle Trends signifikant mit *p<0.05, nur SPN: + p<0.10 Quelle: Chmielewski, unveröffentlicht Representative Concentration Pathways (RCP), IPCC 2013 RCP8.5 Gt C / a RCP6.0 RCP4.5 RCP2.6 Quelle: IPCC

10 Mögliche Änderungen der globalen Lufttemperatur bis C Quelle: IPCC 2013 Mögliche regionale Niederschlagsänderung, Tendenz der regionale Änderungen trockene Gebiete werden trockener, feuchte Gebiete dagegen noch feuchter. Quelle: IPCC

11 IPCC Projektionen - ein ungebremster Ausstoß von Treibhausgasen würde die globale Mitteltemperatur um 3.7 K ansteigen lassen (Mittel ) - Möglich ist eine Zunahme der Lufttemperatur von 1.0 C (RCP 2.6) C (RCP 8.5) - mehr Hitzewellen sind wahrscheinlich - Anstieg des Meeresspiegel um cm möglich (abhängig vom RCP) - Gletscher schmelzen weiter ab - Ozeane drohen "sauer" zu werden (Bildung von Kohlensäure durch CO 2 -Aufnahme) - Klimazonen werden sich weiter verschieben - in den Subtropen und den Mittelmeerregionen sind Dürren wahrscheinlicher - in der Tropen und mittleren Breiten ist hingegen Starkregen wahrscheinlicher Mögliche saisonale Änderungen der Lufttemperatur, REMO/UBA-A1B T ( C) D BB Jahr MAM JJA SON DJF A1B ( ) zum Kontrolllauf ( ) Quelle: Projekt KliO, Chmielewski et al

12 Mögliche saisonale Änderungen der Niederschlagshöhe, REMO/UBA-A1B P (mm) D BB Jahr MAM JJA SON DJF A1B ( ) zum Kontrolllauf ( ) Quelle: Projekt KliO, Chmielewski et al Mögliche Änderungen der Länge der thermischen Vegetationsperiode (Zeitraum vs ), REMO/UBA-A1B L 5 (Tage) D BB A1B ( ) zum Kontrolllauf ( ) Quelle: Projekt KliO, Chmielewski et al

13 Was können wir mit gewisser Sicherheit erwarten? höhere Temperaturen in allen Jahreszeiten, vor allem deutlich wärmere Winter, verlängerte thermische Vegetationszeit, mehr Sommertage, weniger Frosttage, die Verlagerung des Niederschlages vom Sommer in den Winter, vermutlich eine Zunahme von Wetterextremen, höhere CO 2 -Konzentration der Luft. Das Klima Berlins 2100 Szenario A2 am Ende des 21. Jahrhunderts zu ARPEGE HadRM3H Quelle: Kopf et al

14 Mögliche klimatische Veränderungen für Berlin (RCP 8.5) Zusammenfassung Erhöhung der Jahresmitteltemperatur um C deutlich mildere Winter mit weniger "Eistagen" 20 d (2050: 8-13 d, 2100: 5-4 d) mehr "heiße Tage" 10 d im Sommer (2050: d, 2100: d) Zunahme der MAM-Niederschläge 128 mm (2050: mm, 2100: mm) unveränderte Sommerniederschläge, Anstieg der Winterniederschläge Zunahme von Starkregen für ein heute einjähriges Ereignis auf Ereignisse/a bis 2015, Ereignisse/a bis 2100 Quelle: Walther und Lüdeke (PIK), Senatsverwaltung Berlin Fauna: Legebeginn der Kohlmeise , Daten der ÖFS Schlüchtern T 34 =4.9 C T 34 =6.1 C T 34 = +1.2 C 27/04 22/04 t 2 = -5 d t 2 / T 34 = d / 1 K Abb: Temperaturbedingte Veränderungen (T 34 ) im Legebeginn der Kohlmeise (t 2 ) in Schlüchtern (Hessen), Quelle: Chmielewski et al

15 Flora: Beginn der Forsythienblüte in Hamburg (DWD-Daten) : BB: - 26 d T: K BB / T = - 22 d / 1 K Abb: Beginn der Forsythienblüte (BB) und Lufttemperatur (T) 90 Tage vor Blühbeginn in Hamburg Quelle: Chmielewski und Bruns 2013 Flora: Beginn des Maitriebs der Fichte in Deutschland (DWD-Daten) Quelle: Bruns

16 Bioindikator Phänologie Phänologische Uhr Deutschland Quelle: DWD 2013 Forstwirtschaft: Länge der natürlichen Vegetationsperiode in Europa, (IPG-Daten) : LGS: d Abb: Mittlere Länge der Vegetationsperiode in Europa (LGS), , (Zeit zwischen Blattentfaltung und Blattfall von ausgewählten Arten) Quelle: Chmielewski et al

17 Obstbau: Trends im Blühbeginn der Obstgehölze in Deutschland Obstart BB Datum s Tage Trend / 55a Tage Konfidenzintervall ±Tage Süßkirsche *** 2.2 Birne *** 2.4 Sauerkirsche *** 2.1 Apfel *** 2.0 *** P<0.1 % Quelle: Chmielewski 2016, Daten DWD Verschiebung phänologischer Phasen des Apfels Mittel aus 5 Klimamodellläufen, vs Quelle: INKLIM-A, Projekt CHARIKO, Blümel und Chmielewski 2013, Chmielewski

18 Änderungen im Auftreten des Apfelwicklers in Hessen I G : Anzahl von Generationen im Jahr I G 2 Generationen Year Quelle: INKLIM-A, Projekt CHARIKO, Blümel und Chmielewski 2013 Invasive Schädlinge im Obstbau: Kirschessigfliege Höhere Temperaturen begünstigen die Ausbreitung invasiver Schädlinge: Beispiel Kirschessigfliege legt ihre Eier in Weichobstarten (Süßkirsche, Himbeere, Pflaume, Pfirsich, rote Trauben) stammt aus Asien und gelange über die Handelswege nach Europa 2008 erstmals in Spanien beobachtet 2010 massive Schäden am Obst in Südfrankreich, Spanien, Italien 2010 erstes Auftreten in Süddeutschland 2011 hohe Schäden in Südtirol Besonderheit: - sehr hohe Vermehrungsrate - in Asien 13, in Mitteleuropa heute 5-8 Generationen / Jahr Quelle: Vogt et al. 2012, Chmielewski

19 Beobachtete Folgen des Klimawandels - Eine Verschiebung der Lebensräume von Tieren und Pflanzen in größere Höhen bzw. polwärts - Dezimierung einiger Tierpopulationen - früherer Austrieb und Blühbeginn von Bäumen und Pflanzen - Auftauchen nicht heimischer (invasiver) Pflanzen- und Tierarten - vermehrtes Auftreten bakterieller (Feuerbrand) bzw. pilzlicher Erkrankungen (Apfelschorf, Mehltau, Fruchtfäule) - verändertes Brut- und Wanderungsverhalten bei Vögeln - Asynchronisation in der Flora und Fauna... Fazit Die Auswirkungen des Klimawandels auf Landwirtschaft, Obst- und Gartenbau werden stark vom tatsächlichen Ausmaß und der Geschwindigkeit des Klimawandels abhängen. Moderate klimatische Veränderungen (Erwärmung bis 2 K global, RCP2.6): - Adaptation ist möglich - positive Effekte könnten teilweise in den mittleren und höheren Breiten überwiegen Starke klimatische Veränderungen (RCP8.5): - Anpassungsfähigkeit der Landwirtschaft kann an ihre Grenzen gelangen bzw. sie übersteigen - negative Effekte könnten überwiegen 19

20 Aktuelle Literaturtipps: CLIMATE CHANGE 24/2015 Vulnerabilität Deutschlands gegenüber dem Klimawandel Buth et al im Auftrag des UBA Geographische Rundschau Klimawandel und Landwirtschaft Ausgabe März Heft 3 /