Waschmittel und Waschgeräte bis Mitte des 20. Jahrhunderts

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1 Waschmittel und Waschgeräte bis Mitte des 20. Jahrhunderts Als Folge der Industrialisierung änderten sich die Wohnverhältnisse besonders in den Städten. Anstelle kleiner Einfamilienhäuser wurden große Wohnhäuser gebaut, in denen in der Regel mindestens 8 Mietparteien wohnten. Abb. 1. Städtische Wohnhäuser des 19. Jahrhunderts: Oben: Handwerkerhäuser in der Altstadt von Karlsruhe um Rechts: Mietshaus auf den Champs Elysees, Paris um 1900 Da nicht mehr genügend Platz war, um die Wäsche wie früher im Freien zu Waschen, mussten neue Waschmöglichkeiten gefunden werden. In Frankreich wurden in der Ära Napoleon III. große Waschhäuser in den einzelnen Stadtviertel gebaut, wo man sich wie früher zum Waschen zusammenfand, in Deutschland wurden dagegen je nach Platzverhältnissen kleine Waschküchen im gemeinsamen Hof oder im Kellergeschoss der Mietshäuser eingerichtet. a b Abb. 2. a. Waschhaus in Frankreich aus der Zeit um 1865, b. Gemeinschaftswaschküche im Hinterhof (V. van Gogh 18882/83), c. Waschküche im Keller um 1910 c

2 Abb. 3. Geräte für die Handwäsche links: Waschbrett aus Metall, Mitte aus Holz, rechts: Handwaschapparat um 1900 Um der Hausfrau die schwere und umständliche Arbeit in der Waschküche zu ersparen, wurden schon sehr bald Waschmaschinen erfunden. Besonders lang hielt sich das Waschbrett aus Metall oder Holz, das teilweise noch lange nach dem Zweiten Weltkrieg in Gebrauch war. Andere Hilfsmittel wie der Handwaschapparat waren dagegen nicht lange in Gebrauch (s. Handwaschapparat ). Abb. 5. Amerikanischer Schnellwäscher Zwischen der Jahrhundertwende und dem Zweiten Weltkrieg wurden viele unterschiedliche Modelle von Waschmaschinen erfunden, um der Hausfrau die Wäsche zu erleichtern. Hier sollen nur einige wenige vorgestellt werden, da die meisten nicht sehr hilfreich waren und deshalb bald wieder vom Markt verschwanden, wie das Beispiel aus dem Jahr 1909 zeigt: Zur Bedienung dieser Maschine waren zwei kräftige Wäscherinnen nötig. In einem ameri- Abb. 6. Patentdampfwaschapparat kanischen Modell, dem amerikanischen Schnellwäscher von vor 1900 Abb. 4. Waschmaschine (1909) für zwei kräftige Wäscherinnen wurde die eingeseifte Wäsche mehrmals zwischen zwei Rollen gequetscht, um somit den Schmutz aus der Wäsche herauszudrücken. Der Patentdampfwaschapparat aus der gleichen Zeit ist eine Weiterentwicklung des beheizten Bugadier (s. Waschmaschinen vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert) mit folgenden Änderungen: Die Heizung ist kein offenes Feuer unter dem Waschkessel sondern ein geschlossener Ofen. Dadurch kann es sehr leicht zu einem Dampfüberdruck im Waschkessel kommen, deshalb ist oben ein Überdruckventil angebracht (Abb. 6 b).

3 Die Waschlauge wird auch nicht im Waschkessel aus Asche und Fett an der Wäsche produziert sondern als Waschlauge, in der Regel Seifenlauge zugegeben. Gleich ist bei beiden Modellen, dass die erhitzte Lauge im Zentralzylinder nach oben steigt und über einen Verteiler auf die Wäsche verrieselt wird. Ein Modell aus der gleichen Zeit ist eine Trommelwaschmaschine, deren Trommel allerdings noch von Hand mit einem großen Schwungrad betrieben wurde. Abb. 7. Trommelwaschmaschine um 1900 Abb. 8. Wäschetrocknen und bleichen auf dem Rasen (M. Liebermann 1880) und im Hinterhof (nach 1900) Das Trocknen der Wäsche musste aus Platzmangel so kurz wie möglich gehalten werden. Häufig musste die Wäsche auf Leinen im Hinterhof getrocknet und an der Luft gebleicht werden, die goldene Zeit des Wäschebleichens auf dem Rasen war vorbei, wie noch 1880 von Max Liebermann dargestellt (Abb. 8). Zur Einsparung der Trockenzeit musste die Wäsche gut gewrungen werden, damit sie möglichst wenig Wasser enthielt. Hierzu wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts Wäschewringen gebaut, die in ähnlicher Gestalt heute noch für Fensterleder verwendet werden. Während und zwischen den beiden Weltkriegen wurde die Entwicklung von Waschgeräten nicht sehr intensiv betrieben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde aufgrund der Zerstörung und der schlechten wirtschaftlichen Lage hauptsächlich in den Waschküchen gewaschen. Die einzige Modernisierung war der Gebrauch eines separaten Wäscherührwerks (Abb. 10) Nicht nur die Waschgeräte wurden seit der Industrialisierung revolutioniert sondern auch die Waschmittel. Bis in die ers- Abb. 9. Wäschewringe

4 Abb. 10. Wäsche nach dem 2. Weltkrieg in der Waschküche mit elektrischem Rührwerk ten Jahre des 20. Jahrhunderts in manchen Gegenden auch bis in die 30er Jahre war die Seife das Hauptwaschmittel. In Frankreich wurde die Savon de Marseille, eine Hartseife in Würfeln mit einer Kantenlänge von ca. 10 cm, die man heute noch in Südfrankreich auf den Märkten kaufen kann, geraspelt und als Seifenflocken zum Waschen verwendet. Auch in Deutschland wurde überwiegend geraspelte Kernseife, teilweise auch Schmierseife als Waschmittel verwendet. Die Seifensiederei (Abb. 11) wird heute noch betrieben, wobei sich die Produktionsstätten nur wenig geändert haben. Allerdings wird die überwiegende Menge an Seife als Toilettenseife verwendet, was man sowohl am Duft als auch an den Formen der Seife erkennen kann. Entsprechend dem Zeitgeschmack wurde in manchen Epochen die Seife entsprechend der Seifenschale, häufig in Form einer Jakobsmuschel geformt (Abb. 12). b c a d Abb. 11. Seifenproduktion: a. Seifensiederei bis ins 19. Jht.; Seifenproduktion bei Henkel: b. 1913, c. Seifenblöcke 1925, Seifenbearbeitung 1932, d. Produktionsanlage 1951 e

5 a b c Abb. 12. Seifenformen (a) und Seifenschalen (b, c)