Marzahn-Hellersdorf - Tendenzen der sozialen Spaltung und Segregation

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1 Marzahn-Hellersdorf - Tendenzen der sozialen Spaltung und Segregation Dr. Rainer Ferchland Grundlage: Studie (Entwurf) Zur sozialen Lage von Kindern und Jugendlichen in MaHe (im Auftrag des kommunalpolitischen forums e.v. berlin) Wilfried Barthel, Rainer Ferchland, Ursula Schröter, Renate Ullrich R. Ferchland 1

2 MaHe: Bev. mit höherem Bildungsniveau (Oberschicht) unterpräsent (Mikrozensus) Bevölkerung mit Fachhochschulreife (%) 2007 Friedrichshain-Kreuzberg Charlottenburg-Wilmersdorf Pankow Steglitz-Zehlendorf Mitte Tempelhof-Schöneberg Berlin Treptow-Köpenick Reinickendorf Lichtenberg Marzahn-Hellersdorf Neukölln Spandau R. Ferchland 2

3 MaHe: Bev. mit höherem Bildungsniveau (Oberschicht) unterpräsent (Mikrozensus) Bev. mit Hochschulabschluss (%) 2007 Charlottenburg-Wilmersdorf Steglitz-Zehlendorf Pankow Friedrichshain-Kreuzberg Mitte Tempelhof-Schöneberg Berlin Treptow-Köpenick Reinickendorf Marzahn-Hellersdorf Lichtenberg Neukölln Spandau R. Ferchland 3

4 MaHe: sozial überdurchschnittlich belastet Personen mit Hartz IV-Bezug (%EW unter 65 Jahren) 12/2008 Neukölln Mitte Friedrichsh.-Kreuzb. Spandau Marzahn-Hellersdorf Berlin Lichtenberg Reinickendorf Tempelh.Schöneb. Treptow-Köpenick Charlott.-Wilmersd. Pankow Steglitz-Zehlendorf R. Ferchland 4

5 In Marzahn-Hellersdorf ist Kinderarmut besonders verbreitet Kinder unter 15 Jahren mit Hartz IV-Bezug 12/2008 (% EW unter 15 Jahren) Mitte Neukölln Friedrichshain-Kreuzberg Marzahn-Hellersdorf Spandau Lichtenberg Berlin Reinickendorf Tempelhof-Schöneberg Treptow-Köpenick Charlottenburg-Wilmersdorf Pankow Steglitz-Zehlendorf 15,8 21,8 25,5 24,7 39,3 38,9 36,0 34,6 32,1 44,5 47,7 52,6 52,4 0,0 10,0 20,0 30,0 40,0 50,0 60, R. Ferchland 5

6 Marzahn-Hellersdorf: Viele Aussagen über den (Geamt-)Bezirk treffen auf große Teile nicht zu

7 Marzahn-Hellersdorf: identitätsbildende Merkmale? Was unterscheidet MaHe von allen anderen Bezirken? (1) Dualität von Großsiedlungs- und Siedlungsregion (Fehlen traditioneller mehrgeschossiger Wohnviertel) (2) Dominanz der Großsiedlung (71% Bev.; 45% Fläche) (3) Soziales Gefälle zwischen Siedlungs- und Großsiedlungsregion mit Tendenz zur sozialen Polarisierung R. Ferchland 7

8 Marzahn-Hellersdorf: 2 Grundmuster der Segregation (1)Polarisierung Großsiedlung - Siedlungsgebiet (2)Segregation innerhalb der Großsiedlung R. Ferchland 8

9 Kinder- und Jugendarmut ist auf die Großsiedlung konzentriert R. Ferchland 9

10 1. Polarisierung Großsiedlungs- Siedlungsregion

11 Polarisierungstendenz: MaHe, EW-Entwicklung nach Gebietstyp (2000=100) Bezirk Großsiedlung Siedlungsgebiet R. Ferchland 11

12 Erheblicher Bevölkerungsaustausch trotz moderater Saldi An- und Abmeldungen je 1000 EW (Mittelwert der Sozialräume) Großsiedlg Siedlungsgeb. Anm Abm R. Ferchland 12

13 Segregation durch über- und binnenbezirkliche Wanderung Saldi der An- und Abmeldungen über die Grenzen der Bezirksregion 2007 je EW Siedlungsgebiet -3,4 4,2 7,2 Wanderungsverlust Großsiedlung -5,8-2,7-1,7 Wanderungsgewinn MaHe (andere Siedlgs'region) anderer Bez über die Stadtgrenze Noch nachzuweisen: Sozial doppelt geteilte Wanderungsströme: 1) Siedlung 2) Großsiedlung je nach Zu- und Fortzügen R. Ferchland 13

14 Soziale Belastung des Bezirks beruht auf sozialer Belastung der Großsiedlung Personen nach SGB II 12/2008 (je 100 EW < 65J) ,4 5,8 % EW<65J 24,2 Großsiedlungsgebiet Siedlungsgebiet Marzahn-Hellersdorf R. Ferchland 14

15 Sozialräumliche Spaltung bzgl. Bildungschancen MaHe: Schüler der 6. Klasse 2007/08 mit Bildungsempfehlung Gymnasium (%) nach Stadtteilen Großsiedlung 33 Siedlungsgebiet R. Ferchland 15

16 Bundestagswahlen 2009 MaHe, Wahlergebnisse (Zweitstimmen) nach Siedlungstyp (%) Wahlbeteil. SPD CDU LINKE GRUENE FDP Rechte Großsiedlung Siedlungsgebiet R. Ferchland 16

17 2. Segregation innerhalb der Großsiedlungsregion

18 Sozialstrukturatlas und Monitoring zur sozialräumlichen Entwicklung in MaHe mittlerweile am stärksten differenzierter Stadtbezirk, Ausweitung benachteiligter Gebiete (mit niedrigem Sozialstatus und negativer Entwicklungstendenz) Tendenz zur Verschlechterung der Sozialstruktur R. Ferchland 18

19 Status/Dynamik-Index 2008 Monitoring Soziale Stadtentwicklung R. Ferchland 19

20 Status/Dynamik-Index 2007 Status hoch, Dynamik positiv Status sehr niedrig, Dyn. negativ R. Ferchland 20

21 Großsiedlung differiert wenig hinsichtlich mangelnder Bildungschancen MaHe: Schüler der 6. Klasse 2007/08 mit Bildungsempfehlung Gymnasium (%) nach Stadtteilen Hellersd.-Nord Marzahn-Mitte Marzahn-Süd Hellersdorf-Süd Marzahn-Nord Hellersdorf-Ost 38 Kaulsdorf 56 Biesdorf Mahlsdorf R. Ferchland 21

22 Großsiedlung: Oberschicht minimal Unterschicht dominant (Ausnahmen: H-S, M-S); Siedlgsgeb.: Unterschicht minimal, Oberschicht dominant (Ausnahme: BD) (ESU 2008/09) H-Nord 55% 35% 11% M-Mitte 53% 36% 11% M-Nord 51% 40% 10% H-Ost 49% 43% 8% H-Süd 39% 45% 16% BEZIRK 36% 43% 21% M-Süd 33% 55% 12% Biesdorf 13% 43% 43% Kaulsdorf 9% 41% 50% Mahlsdorf 50% 48% 2% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% untere soziale Schicht Mittlere soziale Schicht Obere soziale Schicht Steglitz-Zehlendorf: US 11,4% R. Ferchland 22

23 Geringer Anteil der Oberschicht in MaHe betrifft die deutsche Bev. MaHe ESU 2008: Schulabschluss Eltern nach Herkunft (%) 0% 20% 40% 60% 80% 100% deutsch osteurop übrige Gesamt ohne HptSch mttl. R HSR HSR: Eltern mit Migr. hintergrund > dt. Eltern R. Ferchland 23

24 Hypothese: Marzahn-Hellersdorf hat besondere Unterschicht Niveau durch deutsche Bev. geprägt, Migrationsbev. hat marginalen Einfluss Junge Bevölkerung überdurchschnittlich vertreten (1. Generation, dar. Kinder von Wendeverlierern) Weit überwiegend in Großsiedlung Hoher Anteil Alleinerziehender Segregation in einzelnen Stadtteilen (hoch konzentriert in einigen Wohngebieten) Zuwachs aus anderen Berliner Bezirken R. Ferchland 24

25 Annäherung an Besonderheiten der unteren Schicht Struktur der Arbeitslosen 12/08 (%) Frauen 43,4 45,6 Ausländer 5,7 20,3 unter 25 J 9,9 13,2 Langzeitarbeitslose 36,6 42,2 Marzahn-Hellersd. Berlin Hintergrund: MaHe hat höchste Arbeitslosigkeit bezogen auf Bev Jahre (12%) R. Ferchland 25

26 MaHe, Stadtteile 12/2008: Minderjährige Kinder in Alleinerziehenden-Haushalten mit Hartz IV-Bezug (% EW unter 18 Jahren) Hellersdorf-Nord 33 Marzahn-Nord Marzahn-Mitte Hellersdorf-Ost Hellersdorf-Süd Marzahn-Hellersdorf Marzahn-Süd Kaulsdorf 6 Biesdorf 5 Mahlsdorf R. Ferchland 26

27 3. Segregation (weitere Beispiele) Tendenz zur räumlichen Trennung sozial unterschiedlicher Gruppen (sozialräumliche Entmischung) In Deutschland traditionell gemäßigt (keine Ghettos)

28 Segregation MaHe ESU08: Segregationsindex ausgewählter Gruppen nach Stadtteilen : : Obere Schicht Untere Schicht Ausländer Deutsche mit Migr'hintergr. Einw. mit Migr.'hintergr. Soziale Segregation > ethnische Segr.; Tendenz zur Vertiefung R. Ferchland 28

29 Segregation sozial benachteiligter Kinder extrem hoch MaHe ESU08: Segregationsindex ausgewählter Gruppen nach Stadtteilen unter 15J Hartz IV (nef) Obere Schicht Untere Schicht Ausländer Deutsche mit Migr'hintergr. Einw. mit Migr.'hintergr R. Ferchland 29

30 Kinderfreundlichkeit? Korrelation (Pearson) über 32 Sozialräume: Anteil Kinder unter 15 in Hartz IV mit Anteil Kinder unter 6 Jahre : 0,841 mit Anteil Kinder unter 15 Jahre: 0,669 Hoch signifikant Tendenz: Je höher der Anteil von Kindern im Wohngebiet, desto höher die soziale Benachteiligung von Kindern oder Kinderreiche Wohngebiete sind tendenziell Wohngebiete der Kinderarmut R. Ferchland 30

31 -1-0,5 0 0,5 1 Sozialindex I Pers nach SGBII insg 1208 %EW<65 Arbeitslose 12/08 ( %EW15<65) Erwerbsfäh. Hilfebed %15<65 Schicht ESU08 Pkt-Wert Großsiedlungs-/Siedlungsgebiet Tendenz: Wohngebiete armer Kinder und Jugendlicher in MaHe sind tendenziell benachteiligte und benachteiligende Wohngebiete Schulbildung Eltern ESU08 Dichte EW/ha Durchschnittsalter 08 SVpfl Besch 1208 %EW15<65 vorzeit. Sterbl je 100TEW Wa-Saldo 0607 je 1TEW Neuerkrank tabakass bös NB EW<18J mmigrhg 1208 %EW<18 Wa-Saldo <6J 0607 je 1TEW <6 EW mmigrhg 1208 %EW Leerstand >6Mon 2008 EW-Entw % Ausl <18 08 %EW<18 Signifikante Korrelationen: nichterwerbsfähige Hilfebedürftige unter 15 Jahren mit ausgewählten Indikatoren (über 32 Sozialräume) Nicht signifikant: - EW Ausländer 1208 %EW - SVB <25J 1208 %EW15<25 - Neuerkrank bösart Neubildg R. Ferchland 31

32 Konzentration der sozial Benachteiligten in (markt-) unattraktiven Wohngebieten = Ziel der Verdrängung aus Innenstadt Stadtteile - Längerfristiger Leerstand (>6Monate) 2008 (%) Hellersdorf-Nord 9,8 Marzahn-Nord 8,5 Marzahn -Mitte 7,6 Marzahn-Hellersdorf Hellersdorf-Ost Hellersdorf -Süd 6,0 6,4 6,3 Marzahn -Süd Mahlsdorf 4,7 4,6 Kaulsdorf Biesdorf 3,9 4,1 0,0 2,0 4,0 6,0 8,0 10,0 12, R. Ferchland 32

33 Hypothese: (Teile von) MaHe - Auffangbecken der Verdrängung sozial Benachteiligter aus der Innenstadt Wohnungsknappheit, Mietensteigerung, wachsende Arbeitslosigkeit (Krise), Aufwertung von Wohngebieten (Gentrification) in der Innenstadt Nördliche Teile der Großsiedlung von MaHe sind Verdrängungsziel für sozial Benachteiligte aus Innenstadt Tendenz wachsend? R. Ferchland 33

34 Schlussfolgerungen/Handlungsbedarf (Aspekte) Segregationstendenz stoppen?! Ausschlaggebend: Perspektive Großsiedlung (vorläufig illusionär?) Sozialraumorientierte Kommunalpolitik (z.b. QM) wichtig, aber unzureichend Polarisierung, Segregation, negative Dynamik (von Teilen der GS) konnte nicht aufgehalten werden Übergreifende Strategien/verstärkte Förderung auf Bundes- und Landesebene verstärkt notwendig Arbeit! Permanente, differenzierte und wertende Beobachtung durch integriertes System der Sozialberichterstattung R. Ferchland 34