Rede von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer zur Eröffnung der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik am Samstag, dem 13. August 2005 auf Schloss Ambras
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- Caroline Friedrich
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1 Rede von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer zur Eröffnung der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik am Samstag, dem 13. August 2005 auf Schloss Ambras Meine Damen und Herren! Gerne habe ich die Einladung angenommen, die Innsbrucker Festwochen der Alten Musik 2005 zu eröffnen. Diese Festwochen finden nunmehr zum 29. Mal sehr erfolgreich statt, und haben sich ganz der Pflege dieser Musikgattung verschrieben. Dieser Schwerpunkt ist gut gewählt und sinnvoll, weil Innsbruck auf eine besonders reiche und lange zurück reichende kulturelle Geschichte blicken kann, und weil es eine Vielzahl an historischen Bauten gibt, die für solche Musikdarbietungen geeignet sind. Außerdem hat eines der schönsten Lieder der Renaissance die Stadt Innsbruck zum Thema: Innsbruck, ich muss dich lassen, ich zieh dahin mein Straßen so heißt es in jenem schwermütigen Lied, dessen Text keinem Geringeren als Kaiser Maximilian persönlich zugeschrieben wird. Es klingt in diesem Lied der Schmerz desjenigen nach, der in die Fremde ziehen und Innsbruck hinter sich lassen muss. Ich habe allen Grund, jetzt anders gestimmt zu sein, weil ich eben erst den umgekehrten Weg zurückgelegt und hier in Innsbruck eingetroffen bin.
2 Meine Damen und Herren! Es ist eine Erfahrung, die wohl jede Generation neu machen muss oder kann, dass das Alte oft ganz zeitgemäß wirkt, dass Vergangenes wie eine aktuelle Botschaft auftritt, wenn man sich ernsthaft damit beschäftigt. Mit einem Mal wirkt, was vergessen war oder verstaubt schien, frisch und kraftvoll. Man darf, glaube ich, dieses Phänomen nicht mit dem heute besonders geschätzten Retro-Kult verwechseln. Dieser wendet sich dem Vergangenen spielerisch und manchmal aus provokativer Lust an scheinbar nicht zeitgemäßen Ausdrucksformen zu; Renaissance hingegen empfindet und macht das Alte zeitgemäß. Gemeint ist, dass Vergangenes seine Kraft und Faszination nicht eingebüßt hat und zur Zeitgenossenschaft taugt. Gerade auf dem Feld der Alten Musik hat man lange Zeit den Eindruck gewonnen, sie sei vergessen und in der Musikgeschichte von der Wucht der später geborenen Tongiganten wie Mozart, Beethoven oder Wagner förmlich erdrückt worden. In den letzten Jahren und Jahrzehnten hat sich aber die Alte Musik als durchaus lebendig, ja in vielerlei Hinsicht vom Geheimtipp zum Publikumsliebling entwickelt.
3 Ich denke etwa an Henri Purcell, dessen Musik von Stanley Kubrik für den Film entdeckt wurde, und dessen schöne Arien aus Dido und Aeneas durch die Interpretation von Klaus Nomi sogar in der Rockmusik Einzug hielten, oder an die Goldberg-Variationen von Bach, die durch Glenn Gould auch Menschen begeistern konnten, die nicht zu den Stammgästen der Konzertsäle zählen. Oder Vivaldis Vier Jahreszeiten, die durch Nigel Kennedy auch in den Pop-Charts zur Nummer 1 wurden. Gleichzeitig hat auch die Arbeit an einer möglichst originalgetreuen Wiedergabe alter Musik hohe Anerkennung und großer Verbreitung gefunden. Denken wir an die wirklich einfühlsame und überzeugende Art der Interpretation durch Harnoncourt, der sich ein großes Publikum geschaffen hat und auch an die unglaublich starke und weiter wachsende Verbreitung alter Musik durch moderne Tonträger. Mit Hilfe einer einzigen CD-Box kann man sich in die Welt von Vivaldi, Bach, Corelli, Locartelli oder Geminiani versetzen und vertiefen. Damit wird alte Musik zeit-genössisch im besten Sinne des Wortes. D.h. sie begleitet, beschäftigt und erfreut uns hier und jetzt.
4 Eine solche Gültigkeit kommt auch jenem Thema und jener Person zu, die im Zentrum der diesjährigen Innsbrucker Festwochen stehen: Don Quijote. Vieles an dieser überragenden Romanfigur von Miguel de Cervantes ist mittlerweile fester Bestandteil unserer Sprache und unseres Denkens geworden. Wer gegen Windmühlen kämpft, erinnert an den Ritter von der traurigen Gestalt und literarisch beeinflusst zeigt sich auch jemand, der sein Pferd als treue Rosinante bezeichnet. Mit der Inszenierung der Barockoper von Francesco Conti Don Chiscotte haben die Innsbrucker Festwochen nicht nur ein Event der Wiener Hofoper des frühen 18. Jahrhunderts auf dem Spielplan des Sommers, sie gedenken damit auch des mittlerweile bereits 400. Geburtstages, den der Roman von Cervantes in diesem Jahr begeht. Zu dieser Wiener Hofoper hat man als Bundespräsident ob man will oder nicht eine besondere Beziehung: Nicht nur, dass sich gerade die Präsidentschaftskanzlei in den Räumen eines Habsburgerherrschers befindet, der selbst als Komponist in Erscheinung trat, nämlich Leopold I., auch mein Arbeitszimmer wird von einer Barockoper dominiert: an den Wänden befindet sich eine große Darstellung einer Aufführung der Oper von Christoph Willibald Gluck Il Parnasso Confuso, die
5 anlässlich der Hochzeit von Kaiser Josef II. komponiert und aufgeführt wurde. Wenn ich also gesagt habe, dass die Alte Musik auch unsere Gegenwart begleitet, dann habe ich das auch in Bezug auf meinen Alltag, in einem ganz konkreten Sinn gemeint. Ich möchte abschließend den Verantwortlichen für die Festwochen in Innsbruck für ihr Engagement und ihre Arbeit danken, den Mitwirkenden an den Konzerten und anderen Veranstaltungen wünsche ich viel Erfolg und gutes Gelingen. Ich bin sicher, dass den Besucherinnen und Besuchern künstlerisch interessante und hochwertige Aufführungen geboten werden. Der Eröffnung der Innsbrucker Festwochen steht nichts mehr im Wege. Sie sind eröffnet.
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