der Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart ISBN RECLAM ist eine eingetragene Marke

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Laura Heidrich
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1 Alle Rechte vorbehalten 1998, 2008 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart Umschlaggestaltung: Finken & Bumiller, Stuttgart Satz und Druck: Reclam, Ditzingen Buchbinderische Verarbeitung: Kösel, Krugzell PrintedinGermany2008 RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart ISBN

2 Inhalt Statt eines Vorworts Sarah Kirsch: Reise mit Blättern Sappho Gebet an Aphrodite Ibykos Herz im Frühling Claudianus Die schlafende Venus Tsurayuki Seht, meine Wortblätter treiben im Winde Hafis Die Weisheitssucher Na-Lan Hsing-Dö Lied Johann Wolfgang Goethe Mit einem gemalten Band Gingo Biloba Friedrich Hölderlin Die Muße Novalis An ein fallendes Blatt Joseph von Eichendorff Seliges Vergessen Heinrich Heine Das gelbe Laub erzittert Annette von Droste-Hülshoff So oft mir ward eine liebe Stund Die Linde August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Wie mein Kind sich freuen kann!

3 Nikolaus Lenau Wie Merlin Friedrich Hebbel Spaziergang am Herbstabend Emanuel Geibel Durch die wolkige Maiennacht Theodor Storm April Conrad Ferdinand Meyer Schwarzschattende Kastanie Ricarda Huch Wie aus des Ostens Dunst Christian Morgenstern Blätterfall Vom Zeitunglesen Rainer Maria Rilke Herbsttag Herbst Else Lasker-Schüler Heimlich zur Nacht Ferdinand Hardekopf Baum Hermann Hesse September Hermann Claudius Apfel-Kantate Joachim Ringelnatz Landregen Ina Seidel Herbstritornelle Gottfried Benn Gärten und Nächte Kurt Schwitters Ich werde gegangen

4 Georg von der Vring In keiner Zeit Klabund Tierherbst Eugen Roth Frühlingsnacht Bertolt Brecht Unrecht ist menschlich Schicke mir ein Blatt Manfred Hausmann Der Rosenstrauch Rafael Alberti Im Erlenschatten, Liebste Peter Huchel Unter Ahornbäumen Karl Krolow Aufplatzendes Laub Laub Peripatetisch Paul Celan Corona Wisława Szymborska Freude am Schreiben Ernst Jandl antipoden nichts und etwas naturschauspiel Ingeborg Bachmann Unter dem Weinstock Peter Rühmkorf Auch gut, wenn man am Schluß Paradise regained Hans Magnus Enzensberger Das leere Blatt

5 Walter Helmut Fritz Tonlos Sarah Kirsch Jedes Blatt Orgelmusik oder Doktor Luthers Kutschfahrt Elisabeth Borchers briefe C. W. Aigner Frösche in Wiepersborough Jetzt füttert das Morgenlicht Cliff Kilian Mirzuliebst Verzeichnis der Autoren, Gedichte und Druckvorlagen 132 Statt eines Nachworts Vom Blättersammeln zum Abbild mit Licht und Schatten

6 Reise mit Blättern Ein Buch ist ein Baum mit seinen Blättern. Was ist eine Blätter-Anthologie? Blätter, Blätter, ein Zigeuner-, ein Papagoyer-Baum leuchtendster fremdländischster Farben. Der Dichter ist ein Baum, sein Lebtag hat er mit Blättern zu tun. Neue erschaffen, die alten vergessen, verbrennen wohl gar. Die Blätter fallen, der Baum wird gefällt. Die Blutbuche in meiner Kindheit, die ein Kleid sein konnte. Oder in dieser Gegend die Pappeln... Rauschen wie Regen oder das Meer. In einer kleinen zubetonierten Stadt am Rhein, zu der es mich auf einer Lesereise hingeweht hat, waren das Schönste drei alte Kastanien mit ihren frischaufgespannten Blättern, den Blütenkerzen. Als ich der jungen Frau, die ihr Restaurant, ihr kleines Hotel als»haus des guten Geschmacks«auswies, davon spreche, sagt sie, diese Bäume aber machten viel Dreck, andauernd Arbeit. Die klebenden Blätterschuppen, die man ins Haus trägt, im Herbst Zentner von Laub. Eu Gott, von diesen Blättern leben wir, flocht ich dazwischen. Ein Buch ist ein Baum mit seinen Blättern. Ein Buch aufschlagen ist oftmals der Beginn einer Lesereise. Wer zu lesen gelernt hat oder ein Naturtalent ist, er hat mit diesem Reclam-Bändchen mehr als die teuerste TV-Maschine erworben: bestes Kino im Kopp will sich ereignen, unzählige Reisen unter Bäumen stehen ins Haus, die Blättlein auf grünen Füßen springen zum Tanz. Sarah Kirsch 9

8 GEBET AN APHRODITE Komm hierher... zum weihevollen Heiligtum! Da blüht ein Gehölz von leichten Apfelbäumen, und auf Altären quillen Wolken des Weihrauchs. Kühle Wasser gehen gesangreich durch die Apfelzweige, Rosen beschatten alle Hänge, traumlos rieselt der leichte Schlaf von ihren Bebenden Blättern. Überblüht von Blumen der Frühlingstage Sinkt die Trift ins Feuchte hinab, den Pferden Nahrung gebend. Leise veratmet seinen Ruch das Aniskraut. Komm doch, Kypris, waltend an dieser Stätte! Und im Gold der Krüge vermisch den Nektar Mit dem zarten Duften der Festesfreude! Gib uns zu trinken! Sappho

9 HERZ IM FRÜHLING Lenzlich im Garten der Nymphen, dem unentweihten, Stehen die Bäume in Blüte, kydonische Quitten, Immer erquickt von dem Wasser des strömenden Flusses; Dort auch im Schutz überschattender Blätter gedeihen Knospend die Blüten der Rebe. Aber in mir ruht die Liebe zu keiner Stunde. Wie unter leuchtenden Blitzen der thrakische Nordwind Wütet, so stürmt gegen mich von Kypris geleitet Eros, der sinnbetörend und rasend mit Unheil Drohend die Seele erschüttert. Ibykos 12

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