Palliative Care in der stationären und ambulanten Pflege
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- Ingelore Schreiber
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1 Fachgespräch Forum Pflegegesellschaft Neumünster Palliative Care in der stationären und ambulanten Pflege Sonja Schneider-Koch Fachreferentin Hospiz- und Palliativarbeit Referentin ambulante pflegerische Dienste Diakonisches Werk Hamburg
2 Palliative Care in der stationären Pflege Ausgangssituation Zahl der über 80-jährigen hat im letzten Jahrhundert um 275% zugenommen Bis 2050 wird sich die Zahl der über 80-jährigen in Deutschland verdreifachen, das sind dann 11% der Gesamtbevölkerung Ca. 20% aller Menschen sterben in stationären Pflegeeinrichtungen Über 60% der Bewohner sind dementiell erkrankt Bewohner leiden bei Aufnahme unter multiplen belastenden Krankheitssymptomen Durchschnittliche Sterbequote liegt in Pflegeheimen bei 35% Innerhalb der ersten drei Monate versterben ein Drittel der neu eingezogenen Bewohner Eine Pflegekraft begleitet im Durchschnitt neun sterbende Bewohner/Jahr Seite 2
3 Das zeigt: Die Bewohnerstruktur hat sich in den letzten Jahren maßgeblich verändert und wird sich weiter verändern Heime sind zu Aufenthaltsorte für hochaltrige, schwerstpflegebedürftige und dementiell erkrankte Menschen geworden Heime entwickeln sich von Feierabendhäusern zu Orte des Sterbens Bewohner kommen zunehmend zum Sterben in die Einrichtungen Mitarbeiter sind durch die veränderten Versorgungsaufträge mehrbelastet Und dies bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen!
4 Zitate Ich habe mich bewußt der Versorgung von Tumorpatienten gewidmet. Ich wußte, dass es mir nicht gelingt, die Misere in der Versorgung unserer alten Mitbürger aufzugreifen. Das Problem ist mir zu groß gewesen. Cicley Saunders 1999 auf die Frage, warum sie bei ihrer Arbeit nicht die Belange der alten Menschen in den Blick genommen habe. Die palliativpflegerische und palliativmedizinische Kompetenz in die Altenund Pflegeheime zu integrieren, wird eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahre sein. Zwischenbericht der Enquete-Komission Ethik und Recht der modernen Medizin 2005 Erste-Sahne-Sterben und Letzte-Sahne-Sterben Beschreibung von Stein Husebo zur Palliativversorgung in Pflegeheimen.
5 Heime = stationäre Hospize? Hospize sind gelungene Beispiele für palliative Versorgung unter Einbeziehung hospizlicher Grundsätze Der Versorgungsauftrag eines Heimes ist breiter als der eines stationären Hospizes. In Hospizen sterben 1-2% aller Menschen, in Pflegeheimen 20% 2 Absatz 3 der Rahmenvereinbarung stationärer Hospizarbeit: Die Notwendigkeit einer stationären Hospizversorgung liegt grundsätzlich nicht bei Patientinnen und Patienten vor, die in einer stationären Pflegeeinrichtung versorgt werden. Ungleichbehandlung von Gast und Bewohner nicht zu vertreten. Heime sind keine Hospize, sie haben aber zunehmend hospizähnliche Anforderungen zu erfüllen ohne die entsprechenden Rahmenbedingungen.
6 SAPV in stationären Einrichtungen Gemäß 37 b Absatz 2 SGB V haben Bewohner in stationären Einrichtungen der Altenhilfe Anspruch auf SAPV Pflegeheime gehören zu den sog. Primären Leistungserbringern, die eine allgemeine Palliativversorgung erbringen (Subsidiarität der SAPV) Was ist eine allgemeine Palliativversorgung in Pflegeheimen? Nur 10% aller Menschen, die einen palliativen Bedarf haben, werden SAPV in Anspruch nehmen Was ist mit den anderen 90%?
7 Was braucht es für eine allgemeine Palliativversorgung in Pflegeheimen? 1. Adäquate Rahmenbedingungen 2. Implementierung der Hospizidee und deren nachhaltige Pflege
8 Implementierung der hospizlichen und palliativen Versorgung Notwendige Schritte der Implementierung: 1. Die Leitungsebene 2. Die Basisorientierung 3. Die Interprofessionalität 4. Zeit und Raum Angelehnt an die 20 Indikatoren BAG Hospiz (Deutscher Hospiz- undpalliativverband)
9 1. Die Leitungsebene Ohne Leitung geht es nicht! Die Leitung muss eine Projektstruktur schaffen Die Leitung muss einen zentralen Ansprechpartner für die Koordination benennen Die Leitung muss die Sterbebegleitung in das Pflegekonzept und in das Leitbild verankern Die Leitung muss erkennen, dass hospizliche Kultur und palliative Kompetenz die Qualität der Einrichtung hervorhebt (Bewohner kann in seinem letzten Zuhause sterben) Die Leitung muss die finanziellen und personellen Ressourcen zur Verfügung stellen Die Leitung muss Möglichkeiten der Reflexion, der Kommunikation und die Einführung von Standards schaffen. Seite 9
10 2. Die Basisorientierung Im Zentrum stehen der Bewohner, die Angehörigen und die Mitarbeiter. Wahrnehmung der Bedürfnisse, Ängste und Erfahrungen Sensibilität für religiöse und spirituelle Bedürfnisse Prozesshafte Gestaltung des Dialogs aller im Haus vorhandenen Professionen Seite 10
11 3. Die Interprofessionalität Hospizliche und palliative Versorgung lebt von der Multiprofessionalität Vorhalten eigener palliativer Fachkräfte Kooperation mit ambulanten Hospizdiensten und Gruppen Vernetzung zu bestehenden Angeboten (Kirchengemeinden, Trauerstellen, Beratungsstellen) Vernetzung zu Palliative Care Teams Zusammenarbeit mit palliativmedizinisch erfahrenen Ärzten und Hausärzten Seite 11
12 4. Zeit und Raum Implementierung braucht Zeit Es muss Zeit und Raum geben für Die Trauer von Bewohnerinnen und Bewohner, von Angehörigen und Mitarbeitern Die Nachsorge des Verstorbenen Die Entwicklung und Ausübung von Sterbekultur und Ritualen Seite 12
13 Implementierungsmodelle/verfahren Projekt 1: Beschreibt das Verfahren, Mitarbeiter auf entsprechende Fortbildungen zu entsenden, damit sie das erworbene Wissen in der Einrichtung umsetzen (Hamburg ) Projekt 2: Beschreibt das Verfahren, eine ausgebildete Palliativfachkraft in die Einrichtung zu holen und mit ihr gemeinsam die Implementierung vor Ort zu gestalten. Projekt 3: Beschreibt, wie im Rahmen des QM eine Organisationskultur des Sterbens zu entwickeln ist Allen Modellen gemeinsam ist: Der Wille es Trägers, Sterbebegleitung zu fördern und Ressourcen zur Verfügung zu stellen Das Einsetzen einer Ansprechperson Schaffen des Pflegeleitbildes und interner Standards und Rituale Bildung multiprofessioneller Teams, Fortbildung der Mitarbeiter und Kooperation mit ambulanten Hospizdiensten Seite 13
14 Implementierung und dann? Nachhaltigkeit Beispiele: Palliative Praxis der Bosch Stiftung Hospizliche und palliative Begleitung in stationären Pflegeeinrichtungen des DEVAP Seite 14
15 Nachhaltigkeit durch Finanzierung = Rahmenbedingungen Derzeit findet die Situation von sterbenden Menschen in Pflegeheimen nur bei der sozialen Betreuung Berücksichtigung (Rahmenvertrag Hamburg: Sterbebeistand und Sterbebegleitung) In allen anderen Leistungsbereichen findet die besondere Situation keine Berücksichtigung (Körperpflege, Mobilität, Ernährung etc.) Reine SGB XI Finanzierung (Hospize SGB XI und SGB V) Kaum i.v. Versorgungsverträge mit Heimen Seite 15
16 Welche Rahmenbedingungen braucht es? Neben der Anschubfinanzierung für Modelle und Projekte eine verlässliche, dauerhafte Finanzierung Zuschüsse für die Qualifikation von Mitarbeitern Finanzierung eines adäquaten Stellenschlüssels Zusätzliche Finanzierung über SGB V als verordnungsfähige Leistung im HKP oder über 39 a SGB V Abstimmung zwischen den Bedarfen zur Sterbebegleitung in Pflegeheimen und den Leistungen der stationären Hospizarbeit Bessere ärztliche Versorgung in Pflegeheimen (Heimarzt?) Die alten Menschen müssen in den Fokus der Palliativmedizin rücken Seite 16
17 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Seite 17
18 Palliative Care in der ambulanten Pflege Spezialisierte ambulante Palliativversorgung gemäß 37 b SGB V Allgemeine Palliativversorgung Seite 18
19 SAPV: Zielgruppe des 37 b SGB V Versicherte mit einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung bei zugleich begrenzter Lebenserwartung, die eine besonders aufwendige Versorgung benötigen, dennoch ambulant versorgt werden können. 37 Abs.2 SGB V: Versicherte in stationären Pflegeeinrichtungen haben ebenfalls einen Anspruch auf SAPV Seite 19
20 Leistungsinhalt des 37 b SGB V Umfasst werden alle ärztlichen und pflegerischen Leistungen einschließlich ihrer Koordination insbesondere zur Schmerztherapie und Symptomkontrolle und zielt darauf ab, die Betreuung der Versicherten in der häuslichen Umgebung zu ermöglichen Schwerpunkt Pflege liegt auf der Behandlungspflege SGB V Die Leistung ist von einem Vertragsarzt oder einem Krankenhausarzt zu verordnen Seite 20
21 Maßgebliche Inhalte der Richtlinien SAPV Im Vordergrund steht anstelle eines kurativen Ansatzes, die medizinischpflegerische Zielsetzung, Symptome und Leiden einzelfallgerecht zu lindern. Die individuellen Bedürfnisse und Wünsche des Patienten sowie die Belange seiner vertrauten Personen stehen im Mittelpunkt der Versorgung. Klare Definition in Bezug auf die Anforderungen an die Erkrankungen, die nur in abstrakter Form festgelegt wurden Klare Definition an eine besonders aufwändige Versorgung: Komplexes Symptomgeschehen Seite 21
22 Inhalte der Palliativversorgung gemäß Richtlinien I Koordination im Rahmen einer multiprofessionellen Zusammenarbeit Symptomlinderung apparative palliativmedizinische Behandlungsmaßnahmen spezialisierte palliativpflegerische Leistungen Führung eines individuellen Behandlungsplans, vorbeugendes Krisenmanagement, Bedarfsintervention Seite 22
23 Inhalte der Palliativversorgung gemäß Richtlinien II Notfall- und Kriseninterventionsbereitschaft rund um die Uhr Beratung, Anleitung und Begleitung der Versicherten und deren Angehöriger einschließlich Unterstützung beim Umgang mit Sterben und Tod Beratung der Leistungserbringer der Primärversorgung Psychosoziale Unterstützung in enger Zusammenarbeit mit Seelsorge, Sozialarbeit und ambulanten Hospizdiensten Seite 23
24 Personelle Voraussetzungen der LE Die Leistung wird durch spezialisierte Leistungserbringer erbracht, orientiert an der Konzeption eines Palliative Care Teams. Die Ärzte müssen über eine Zusatzweiterbildung Palliativmedizin (160 Stunden) verfügen und Erfahrung aus der ambulanten palliativen Behandlung von mindestens 75 Palliativpatienten innerhalb der letzten drei Jahre oder eine mindestens einjährige klinische Tätigkeit auf einer Palliativstation nachweisen können. Die Pflegefachkräfte verfügen neben der dreijährigen Ausbildung über eine Palliative Care Weiterbildung von 160 Stunden und der Erfahrung durch mindestens eine zweijährige praktische Tätigkeit als Pflegefachkraft in den letzten drei Jahren, davon mindestens sechs Monate in einer spezialisierten Einrichtung der Hospiz- und Palliativversorgung. Seite 24
25 Inhalt und Umfang der SAPV gemäß der Richtlinien Die SAPV wird dem jeweiligen Versorgungsbedarf entsprechend erbracht als Beratungsleistung Koordination der Versorgung additiv unterstützende Teilversorgung vollständige Versorgung Die SAPV wird ausschließlich von Leistungserbringern nach 132 d SGB V erbracht. Die Versorgung wird intermittierend oder durchgängig erbracht. Seite 25
26 SAPV Wird durch Palliative Care Teams erbracht (Bezugsgröße Einwohner je Team) Erreicht nur 10% aller sterbenden Menschen In Hamburg werden 8 PCT s zugelassen und ein Kinder PCT PCT hat eigene Rechtsform und eine IK und BK-Nummer Vergütung erfolgt als Pauschale an das Team Problem der SAPV: Das Dach wurde vor dem Erdgeschoss gebaut. Was ist eine allgemeine Palliativversorgung in der Häuslichkeit? Seite 26
27 Ausgangssituation für die allgemeine Palliativversorgung Einige gelungene Projekte Onkologische Brückenpflege in Baden-Würthemberg Home Care Berlin Palliativpflegerische Rahmenvereinbarung in NRW Aber keine regelhafte, vertragliche Umsetzung. Landesverband BKK Nord: Finalpflege im SGB V-Vertrag Seite 27
28 Besonderheiten der ambulanten Versorgung Einsätze und Einsatzintensität des Pflegepersonals nimmt zu SGB V-Leistungen wie Medigabe werden im Sterbeprozess oft weniger (weniger refinanzierte Einsätze) Leistungen wie Koordinationsaufwand, Mehreinsätze, Fahrtzeiten, nächtliche Rufbereitschaften und Einsätze nicht abgebildet in den Versorgungsverträgen Angehörige und Betroffene sind besonders nachts auf sich alleine gestellt Die Mitarbeiter sind Einzelkämpfer vor Ort Seite 28
29 Was ist ein palliativkompetenter Pflegedienst? Verweis auf die Indikatoren der BAG Hospiz Notwendige Schritte der Implementierung in einem Pflegedienst 1. Die Leitungsebene 2. Die Basisorientierung 3. Die Interprofessionalität (Vernetzung!) 4. Zeit und Raum Seite 29
30 Welche vertraglichen Umsetzungsmöglichkeiten gibt es? Aufnahme der allgemeinen Palliativversorgung in die HKP-Richtlinien, damit diese eine verordnungsfähige Leistung wird ( 37 Absatz 1 oder Absatz 2 SGB V) Regelung in 39 a SGB V Rahmenvereinbarungen zur allgemeinen Palliativversorgung auf Länderebene (hier stellt sich das Problem der Differenzierung) Seite 30
31 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Seite 31
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