Entwicklungspsychologische Hintergründe der Nutzung von sozialen Medien durch Jugendliche
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- Jörg Rothbauer
- vor 7 Jahren
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1 Entwicklungspsychologische Hintergründe der Nutzung von sozialen Medien durch Jugendliche Erfa und Impulstagung «Soziale Medien» für Kontaktlehrpersonen und Präventionsfachleute Zürich, 13. März 2013 Prof. Dr. Daniel Süss (ZHAW und UZH) Gliederung 1. Entwicklungsaufgaben im Jugendalter 2. Medien als Handlungsräume und Probebühne 3. Mediennutzung und Freizeit 4. Soziale Medien im Alltag von Schweizer Jugendlichen 5. Verhaltenssucht, Facebook Depression oder Wohlbefinden? 1
2 Moderne Entwicklungsaufgaben im Jugendalter (Flammer & Alsaker 2002) Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, Selbständigkeit und Selbstkontrolle Aufnahme und Aufbau intimer Beziehungen Aufbau einer Zukunftsperspektive Aufbau sozialer Kompetenzen Kritische Haltung gegenüber der Gesellschaft Verständnis für komplexe Zusammenhänge in Politik und Wirtschaft Erwerb von Medienkompetenz Medien sind Handlungs und Erlebnisräume, in welchen Entwicklungsaufgaben bewältigt werden oder deren Bewältigung erschwert werden kann. 3 Handlungsräume und Probebühnen Wir leben in verschiedenen Realitäten: Online / Offline; mediatisiert / face to face Handlungs(spiel )räume und Restriktionen Ressourcen und Belastungen Sphären der Selbstsozialisation Normative Vorgaben mit Sanktionen durch Erwachsene Rollenangebote für Jugendliche Wo gilt es ernst? Wo liegt die Probebühne? Bild: 2
3 Identität als fester Kern mit flexiblen Aussenschalen: Wie weit darf das Patchwork reichen? (vgl. Döring 2003) Fragen Wer bin ich? Zu wem gehöre ich? Woher komme ich? Wohin will ich? Welche Rollen nehme ich ein? Wie gestalte ich diese Rollen? Indikatoren Medienpräferenzen Mediennutzungsstile Medien Communities Medien als Lebensstilelemente Medienfiguren als Leitbilder Bild: 5 Projektleitung: Prof. Dr. Daniel Süss MSc Gregor Waller Befunde 2012 Autoren: lic. phil. Isabel Willemse MSc Gregor Waller Prof. Dr. Daniel Süss BSc Anna-Lena Huber Befragung von über bis 19- Jährigen in der ganzen Schweiz 3
4 Rangliste: Top 10 Häufigkeiten Mediale und non-mediale Freizeitaktivitäten Rang Aktivität 1 Handy nutzen 2 Internet nutzen 3 MP3 hören 4 Fernsehen 4 Freunde treffen 6 Sport treiben (ohne Schulsport) 7 ausruhen / nichts tun 8 Radio hören 9 Gratiszeitung lesen 10 Musik-CD`s hören Freizeitverhalten medial 4
5 Freizeitverhalten medial Freizeitverhalten medial 5
6 Lieblings-Websites Lieblings-Handy-Apps 6
7 Dauer der Internetnutzung 9 bis 16 jähriger in der Schweiz (Hermida, 2013) Medien Multitasking 7
8 Social Networks In welchen Social Networks haben die Schweizer Jugendlichen einen Account? Wie viele Kontakte haben sie dort? Was tun sie in diesen Netzwerken? Welche Informationen geben sie auf ihren Profilen preis? Nutzen sie die Privatsphären- Optionen? Social Networks Wie viel Prozent der befragten Jugendlichen sind bei mindestens einem Social Network angemeldet? 8
9 Social Networks 82% Social Networks: Accounts 9
10 Social Networks: Kontakte Facebook: Altersvergleich Facebook-Account JAMES 2010 JAMES Jahre 60 % 62 % Jahre 64 % 65 % Jahre 79 % 80 % Jahre 79 % 86 % 10
11 Aktivitäten in Social Networks Aktivitäten in Social Networks 11
12 Zeitvergleich: Tätigkeiten in Social Networks Zeitvergleich: Tätigkeiten in Social Networks 12
13 Angabe von persönlichen Daten Angabe von persönlichen Daten 13
14 Privatsphäre-Optionen Wie viele der befragten Jugendlichen, die in einem Social Network angemeldet sind, haben die Privatsphäre-Einstellungen aktiviert? Privatsphäre-Optionen aktiviert 84% Nnetw:
15 Privatsphäre-Optionen Und wie viele davon aktualisieren die Privatsphäre-Einstellungen regelmässig? Privatsphäre-Optionen aktualisiert 61% Nprivat:
16 Fünf Typen jugendlicher Mediennutzung (JAMESfocus 2011) Analoge Musiker Computerfreaks Unterhaltungsorientierte Informationsorientierte Unterhaltungsorientierte: Soziodemographie Unterhaltungsorientierte sind mehrheitlich Jugendliche mit niedrigem sozialen Status Jugendliche mit tiefem und mittlerem Bildungsniveau Mädchen Jugendliche mit Migrationshintergrund 16
17 Unterhaltungsorientierte (31%) Unterhaltung im Internet und stöbern in Social Networks TV schauen und nichts tun Musik machen/komponieren, Tüfteln am Computer, Analoge Medien konsumieren und Zeitungen/Zeitschriften lesen ø Zielgerichtete Infosuche im Internet Informationsorientierte: Soziodemographie Informationsorientierte sind mehrheitlich Jugendliche mit hohem sozialen Status ältere Jugendliche (18 19 Jahre) Jugendliche, die in ländlicher Region leben 17
18 Informationsorientierte (24%) Zielgerichtete Informationssuche im Internet Unterhaltung im Internet und in Social Networks Analoge Medien aktiv nutzen, TV schauen und nichts tun, analoge Medien konsumieren, Musik machen/komponieren ø Tüfteln am Computer Worin bestehen medienbezogene Risiken? (Hasebrink, 2013) Risikodimensionen Wertebezogen Gewalt Sexualität Sonstige Kommerzielle Risiken Exzessive Nutzung Personenbezogene Daten z.b. Angst, Traumata, Aggression, Gewaltorientierung, Verletzungen, Erniedrigung z.b. Abscheu, Ekel, Traumata, Geschlechterstereotype, Beziehungsunfähigkeit z.b. Selbstschädigendes Verhalten, extremistische Orientierungen, die Menschenwürde verachtende Haltungen z.b. (Schleich )Werbung, versteckte Kosten, vertragliche Bindungen z.b. Vernachlässigung von sozialen Beziehungen und schulischen Aufgaben z.b. Verlust der informationellen Selbstbestimmung und der Privatsphäre 18
19 Worin bestehen medienbezogene Risiken? (Hasebrink, 2013) Art der Problemlage Anbieterbezogen Kommunikationsbezogen Standardisierte Inhalte Individualisierte Anbieterkontakte Individualisierte Kontakte mit Anderen Kommunikationsteilnehmer Handlungen des Kindes Rolle des Kindes Rezipient Marktteilnehmer Akteur Gewalt Brutalität Druck (Inkasso) Cyberbullying Cyberbullying Risikodimensionen Wertebezogen Sexualität Pornographie./. Sexting, Grooming Sexting Sonstige Kommerzielle Risiken Exzessive Nutzung Personenbezogene Daten Rassismus Werbung Dramaturgie, Design./. Wertebezogene Appelle Versteckte Kosten, Betrug Rabatte, Bonuspunkte Weitergabe von Daten Anstiftung zu Selbstschädigung Konsumdruck in der Peer Group Gruppendruck im Wettbewerb Weitergabe von Daten Anstiftung zu Selbstschädigung Glücksspiel, illegale Downloads Vernachlässigung sozialer Kontakte Problematische Selbstdarstellung Handy Abhängigkeit (Waller & Süss, 2011) N = bis 19 jährige Jugendliche aus der Schweiz. Prädiktoren für Handy Abhängigkeit bei Jugendlichen: Extraversion Neurotizismus Niedriges Selbstwertgefühl Impulsives Verhalten Handy Abhängige: haben eine schlechtere Beziehung zu den Eltern verkehren häufiger in Jugend Clubs und auf Partys führen einen hektischeren Alltag schätzen das Risikopotenzial der Handystrahlen geringer ein. 19
20 Handy Nutzungstypen: Landesteile Landesteil Nicht Nutzer Zurückhaltende Nutzer Engagierte Nutzer Handysüchtige D CH 1.2% 56.2% 38.9% 3.7% F CH 4.2% 42.3% 44.3% 9.2% I CH 5.4% 53.8% 33.4% 7.4% Zurückhaltende Nutzer sind stärker analog- und familienorientiert. positiv-stabile Beziehung zu den Eltern. Geschlecht Geschlechterdifferenzen Nicht Nutzer Zurückhaltende Nutzer Engagierte Nutzer Handysüchtige Mädchen 1.4% 46.7% 45.9% 6.0% Knaben 3.1% 59.2% 33.4% 4.3% Engagierte Nutzer sind signifikant mehr Mädchen. Bild: it.ch/2011/02/12/undenkbar ein leben ohne handy/ 20
21 Alter Nicht Nutzer Zurückhaltende Nutzer Altersdifferenzen Engagierte Nutzer Handysüchtige % 58.9% 30.6% 4.6% % 46.1% 44.8% 7.0% % 52.5% 43.2% 3.9% % 52.7% 40.7% 6.2% Hochrechnung: 5% = Jugendliche mit Symptomen von Handy-Sucht in der Schweiz. Facebook Depression oder Wohlbefinden durch Soziale Medien? (Ernst, 2013) Durchschnittliche Anzahl Facebook Freunde steigt: 2006: 137, 2007: 185, 2009: 440 Introvertierte Personen fühlen sich im Netz sicherer/offener. Extravertierte Personen bewirtschaften ihre Profile aktiver. Positive Selbstdarstellung und Feedback (likes) fördern das Wohlbefinden und den Umgang mit Stress. Grösse des sozialen Netzwerks fördert Wohlbefinden. Risiko: Narzisstische Selbstinszenierung wird verstärkt. Risiko: Unrealistischer sozialer Vergleich (permanente Party Stimmung) Risiko: Sehr viele Facebook Freunde, intensive Bewirtschaftung des Profils weniger soziale Unterstützung durch nahe Beziehungen. 21
22 Literaturhinweise Ernst, Till (2013): Facebook und der Glücksfaktor. Der Einfluss von sozialen Netzwerken auf das subjektive Wohlbefinden. Seminararbeit an der ZHAW Angewandte Psychologie, Zürich. Hasebrink, Uwe (2013): Entwicklungs und Nutzungstrends im Bereich der digitalen Medien und damit verbundene Herausforderungen für den Jugendmedienschutz. Referat am 2. Nationalen Fachforum Jugendmedienschutz. Bern: 7. März Hermida, Martin (2013): EU Kids Online: Schweiz. Schweizer Kinder und Jugendliche im Internet: Risikoerfahrungen und Umgang mit Risiken. Online: content/uploads/eu_kids_online_schweiz.pdf Neumann Braun, Klaus / Autenrieth, Ulla, P. (Hg.) (2011): Freundschaft und Gemeinschaft im Social Web. Bildbezogenes Handeln und Peergroup Kommunikation auf Facebook & Co. Baden Baden: Nomos. Stapferhaus Lenzburg (Hg.) (2010): Home Willkommen im digitalen Leben. Baden: Hier + jetzt Verlag für Kultur und Geschichte. Süss, Daniel / Hipeli, Eveline (2010): Medien im Jugendalter. In. Vollbrecht, Ralf / Wegener, Claudia (Hg.): Handbuch Mediensozialisation. Wiesbaden: VS Verlag, S (Die JAMES Studien 2010 und 2012, JAMESfocus 2011, online verfügbar) (Portal des Nationalen Programms zur Förderung von Medienkompetenzen ) 43 Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Prof. Dr. Daniel Süss ZHAW Departement Angewandte Psychologie Forschungsschwerpunkt Psychosoziale Entwicklung und Medien IPMZ Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich Professur Mediensozialisation und Medienkompetenz 22
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