Wie man aus einem ewigen Dauernörgler einen Verbündeten macht: Praxis der Ego-State-Therapie bei inneren Kritikern

Transkript

1 1 Wie man aus einem ewigen Dauernörgler einen Verbündeten macht: Praxis der Ego-State-Therapie bei inneren Kritikern Rottweil Handout

2 2 Protektoren Stolzer Teil Polarisierung Innerer Fürsprecher Innerer Kritiker Rebell Schutz Verurteilung Erwachsenen SELBST Kritisiertes Kind Überidentifikation Die Innere Kritiker-Truppe ergänzt nach Jay Earley

3 3 Ein Mensch wird von einem Problem herausgefordert: Präfrontalere Cortex Handlungsplanung Folgenkontrolle Impuls-/Affektkontrolle Einfühlungsvermögen Produktive Unruhe Rückgriff auf Gewohnheitsmuster Ressourcen Mittelhirn Kindheitsmuster (Ego-States) Sie werden weniger von oben kontrolliert, sind stabiler Wenn die auch nicht helfen, dann Archaisches Notfallprogramm Im Hirnstamm Hirnstamm Flucht (Hasenprogramm) Angriff (Löwenprogramm) sympathisch Totstellen (Erstarrung, Ohnmacht) parasympathisch

4 4 SELBST Kooperation Kooperation Innere Protektoren Innerer Verteidiger Rebell Polarisierung Innerer Kritiker- Introjekt Ankläger Schutz Verletzung Schutz Kritisiertes Kind Das Introjekt-System

5 5 Entwicklungskrise nach Erik Erikson 1. Urvertrauen vs. Urmisstrauen Kleinkindphase 2. Autonomie vs. Scham u. Zweifel Frühe Kindheit 3. Initiative vs. Schuldgefühle Spielalter 4. Überlegenheit vs. Unterlegenheit Schulalter 5. Identität vs. Identitätsdiffusion Jugend 6. Introjektion der Forderungen der Eltern u. der Kultur Innerer Kritiker Funktion Tirade Introjektsystem? Selbstberuhigung Sei nicht Botschaft Innerer Kontrolleur Schützt vor Scham u. Du musst alles Selbstzweifel kontrollieren Innerer Perfektionist Schützt vor Schuldgefühlen Mache alles perfekt Innerer Antreiber Schützt vor Mache schneller Minderwertigkeit Innerer Allen- Schützt vor Verlassenheit Mache es allen Rechtmacher anderen Recht Innere Be-Verurteiler Schützt vor Kränkungen Sei tadellos Richter und Entwertung von außen Abbildung 6-1: Die Inneren Kritiker Entstehung, Funktion, Tirade

6 Die Arbeit mit dem inneren Kritiker und inneren Verfolger Von Jochen Peichl und Sandra Pausen 6 1. Du hörst als Kind immer die gleiche Botschaft von denen, die du liebt. Du bist blöd! Du bist blöd! 2. Der Innere Verfolger entsteht und spricht zu dir, auch wenn die Eltern gar nicht da sind. Du bist blöd!

7 7 3. Der Therapeut spricht mit der Inneren Stimme, die die Gestalt eines Monsters hat Danke, dass du sie all die Jahre geschützt hast, das war eine 4. Das Monster ist sehr misstrauisch und brodelt voller Wut. Du möchtest mich nur los werden, das weiß ich ganz genau! Ich werde niemals meine Macht aufgeben!! Das ist nur ein fieser Trick!

8 8 5. Der Therapeut dankt dem Monster und bietet ihm einen neuen, weniger stressigen Job an Danke dass Du all die Jahre die trauma-tische Erinnerung aufbewahrt hast ein harter und undankbarer Job! Was hätte alles passieren können, wenn du sie nicht Ich will mit dir gar nicht streiten...den Kampf verliere ich eh! Du bist sehr mächtig. Ich brauche Erzähl mir mehr...ich 6. Das Monster denkt über die Worte des Therapeuten nach und fühlt sich zum ersten Mal wirklich verstanden Ich bin total von den anderen

9 9 7. Der Therapeut begrüßt das verletzte Kind hinter der Maske des Monsters Hallo Kleine! Ich freue mich, dass du das Monster-kostüm abgelegt hast.. was kann ich für dich tun?

10 10 Steckbrief des Inneren Kritikers Gesucht wird ein Kopfbewohner, der als der erbittertste Feind des Selbstmitgefühls gilt, der nie ein gutes Wort für uns übrig hat und uns auf Schritt und Tritt begleitet. Er kommentiert alles, was wir tun und sagen und verhindert, dass wir Mitgefühl für unsere Schwächen und Fehler haben. Personenbeschreibung: Wechselt häufig den Namen und nannte sich schon: Schwarzseher, Fehlerzähler, Miesepeter, Dauernörgler, Bedenkenträger, Besserwisser, ewiger Kritiker, Saboteur usw. Als Berufsbezeichnung gibt er Kontrolleur, Perfektionist, Antreiber, Anpasser oder Be-Verurteiler an Gibt sich meist sehr drängend, be-entwertend und kompromisslos Statt uns den Fehler zu verzeihen und Verständnis dafür zu haben, dass wir nun mal nicht perfekt sind, streut er noch Salz in die Wunde, indem er uns einredet, blöd, minderwertig oder ein Versager zu sein. Auf den zweiten Blick kann man erkennen, dass der innere Kritiker selbst ängstlich und sorgenvoll ist. Der Satz Du bist dick, fett und gefräßig meint eigentlich Pass auf, dass du nicht verletzt wirst. Der innere Kritiker wirkt eigentlich sehr hilflos: Ähnlich wie Eltern manchmal aus Sorge und Hilflosigkeit übertrieben heftig auf eine Aktion ihres Kindes reagieren, verhält sich der Innere Kritiker oft unange-messen: Er versucht uns durch harsche Kritik von seiner Position zu überzeugen. Wenn man ihn besser kennen lernt, erkennt man: er hat eigentlich gute Absichten, er will ausschließlich Gutes für uns erreichen. Hinter der Angst steht beispielsweise der Wunsch, dass wir uns nicht blamieren oder nicht von Anderen verlassen werden. Beim Umgang mit ihm bitte Vorsicht! Er schafft es ganz schnell, dass wir uns komplett mit dem Teil in uns identifizieren, der kritisiert wird unser verletztes inneres Kind. Wir fühlen uns als Opfer, stimmen der Kritik zu. Vielleicht rebellieren wir auch dagegen oder verstricken uns in endlose innere Streitgespräche. Oder wir versuchen die Kritik zu ignorieren. Aber all diese Strategien beruhen auf dem Missverständnis des Erwachsenen in uns. Das einzige, was gegen diese Überidentifikation mit dem verletzten inneren Kind hilft ist, dass wir uns Distanz verschaffen und in eine erwachsene Beobachterposition gehen. Der innere Kritiker ist eigentlich ein kindlicher Kopfbewohner, der sich mächtig tyrannisch zeigen kann.

11 11

12 12 Schurkenschrumpfen 1. Schritt: Identifikation Was wir als aller erstes brauchen ist ein Steckbrief, den wir auf der Flipchart notieren. Wir fordern unseren Patienten auf den Unhold zu beschreiben: In welcher Situation meldet er sich? Geben Sie ihm einen Namen Wie heißt seine Lieblingstirade? Was ist seine Botschaft? Was ist das Körnchen Wahrheit in seinem Text? Erscheinung: Kostüm, Körpersprache usw. Jetzt schlagen sie dem Klienten vor, einmal in die Rolle des Bösewichtes zu schlüpfen und sich den Steckbrief als Rollenbeschreibung zu denken. Bitten Sie den Klienten, sich zum Beispiel als Herr Besserwisser auf einen Stuhl zu setzen und sich in der Manier des Unholds an den leeren Stuhl zu wenden, auf dem vorher der Patient gesessen hatte. Ermutigen Sie den Patient durchaus zu einer schauspielerischen Ausgestaltung der Rolle. Nach dem Rücktausch, bitten Sie den Patienten, die nützliche Information, das Körnchen Wahrheit, die in der Tirade des inneren Schurken steckte, genau zu formulieren, für sich selbst zu bewerten und auf dem inneren Notizblock zu formulieren. Notieren sie diesen Satz auch auf der Flipchart. 2. Schritt: Dis-Identifikation Sie bitten den Klienten die Augen zu schließen und seine Aufmerksamkeit nach innen zu richten (leichte Trance) und sich einen angenehmen Raum vorzustellen, mit einem großen Flachbildschirm an der Wand. In der rechten Hand hat der Patient die Fernbedienung und kann den Fernsehapparat anschalten. Auf dem Bildschirm erscheint der Unholds von eben, z. B. Herr Besserwisser. Mit der Fernbedienung kann der Patient das Bild, besser den Film von Herrn Besserwisser, manipulieren:

13 13 Großaufnahme mit und ohne Ton, während dieser seine Besserwisserei los wird, schneller Vorlauf, so dass die Stimme quiekt wie ein Schwein, schneller-langsamer Rücklauf, Farbe grell usw. Ziel ist es, dass der Klient beginnt sich von seinem Quälgeist zu distanzieren und die Gewissheit erfährt, er hat die Kontrolle über alles, was da passiert. Sie können nach einer Zeit fragen: Wenn diese Show wirklich im Fernsehen gesendet würde, wie lange würden Sie zuschauen, bevor Sie ein anderes Programm wählen oder den Fernsehapparat ausschalten? Wenn der Patient sich entschließt auszuschalten, dann wende ich im nächsten Schritt die Tresortechnik an und versorge das Videoband, welches die Fernsehshow aufgenommen hat, im Tresor. Auch hier gilt: Ego-States, wie Herr Besserwisser oder Frau Plappermaul, kann man nicht umbringen, nur verwandeln. Will der Patient das Programm wechseln, dann mache ich Vorschläge: Heute-Sendung : was passiert gerade alles in meinem Leben? Familien-Sendung: was ist los in unserer Familie? Travel-Channel: meine letzte Urlaubsreise Eine glückliche Erinnerung usw. Sie können das Ganze verstärken, indem sie den Patienten bitten, hin und her zu schalten, bis er das Gefühl hat, vom Schurken-Programm genug zu haben. Was sind deine positiven Funktionen, deine guten Absichten? Welchen Gegenspieler hältst du damit in Schach? Wie lässt sich deine gute Absicht ohne so viel Nebenwirkungen und Begleiterscheinungen erreichen? Bitte einen kreativen Teil in dir, dir drei Vorschläge zu machen, wie du das Ziel sanfter erreichst!

14 Innere Kritiker Fragebogen Bitte lesen sie die Frage durch und entscheiden sie sich spontan für einen Wert in der 7-Stufenbewertungskala und notieren sie den Wert hinter der Frage in dem Feld v4 14 O O O O O O O trifft gar nicht zu teils/teils trifft voll zu 1. Es fällt mir schwer zu glauben, dass ich liebenswert bin Ich setzte mir für mich selbst hohe Normen Ich fühle mich schrecklich, wenn ich aus der Kontrolle gerate Ich zwinge mich hart zu arbeiten, um meine selbstgesteckten Ziele zu erreichen Ich kann mir nur schwer vergeben, wenn mir etwas misslungen ist Ich weiß genau, wie ich sein sollte und ich bin oft streng mit mir, wenn ich anderes bin Ich mache mich fertig, wenn ich einen Fehler mache Anderen gegenüber zeige ich meine Schwäche nicht gerne All die Dinge, die ich zu tun habe, nehmen kein Ende Ich muss mich ständig mit anderen vergleichen Es fällt mir schwer, Gefühle zu zeigen Es geht mir schlecht damit, wenn ich merke, dass ich mich nicht so verhalte, wie ich es in meine Kindheit beigebracht bekommen habe Ich bin ständig auf Trapp Ich tue Leuten manchmal Dinge an, für die ich mich dann furchtbar schuldig fühle Ich werde ängstlich und selbstkritisch, wenn die Dinge nicht so werden, wie ich es will Ich habe eher eine harte Schale, aber einen weichen Kern Wenn ich einen Wunsch habe, erfülle ich ihn mir schnell Ich fühle mich beschämt, wenn ich die Erwartungen der anderen nicht erfülle Ich fühle mich manchmal schmutzig und voller Schuld Ich verwende mehr Zeit als nötig auf Projekte, um die Dinge so gut wie möglich zu machen... 14

15 15 O O O O O O O trifft gar nicht zu teils/teils trifft voll zu 21. Noch Tage nach einem unschönen Ereignis empfinde ich bleibende Peinlichkeit Ich löse meinen Problem selbst Ich fühle mich verantwortlich dafür, dass sich andere wohlfühlen Für dumme Fehler habe ich wenig Verständnis Ich habe das quälende Gefühl, das ich nicht hat attraktiv genug bin Leute, die herumtrödeln, regen mich auf Ich bin anderen gegenüber oft hart, um von ihnen nicht verletzt zu werden Ich verdiene nicht geliebt zu werden und glücklich zu sein Ich fühle mich schlecht, weil ich es nicht schaffe so zu sein, wie es meine Familie oder meine Umgebung erwartet Ich bin zu dumm, um bestimmte Aufgaben zu schaffen Wann immer ich eine Arbeit mache, dann mache ich sie gründlich Ich fühle mich schuldig dafür, weil ich zu faul bin, es im Leben zu etwas zu bringen 33. Ich tue mir schwer, Verständnis, Aufmerksamkeit und Wertschätzung bei anderen zu finden Ich sage oft mehr, als eigentlich nötig wäre Ich habe Mühe, Leute zu akzeptieren, die nicht genau sind Es kostet mich viel Anstrengung, um mein impulsives Verhalten zu kontrollieren Ich glaube, ich müsste mich von Grund auf ändern Beim Telefonieren erledige ich oft noch andere wichtige Dinge Es ist wichtig für mich, von anderen akzeptiert zu werden Wenn ich eine Meinung äußere, begründe ich sie auch... 15

16 16 O O O O O O O trifft gar nicht zu teils/teils trifft voll zu 41. Manchmal denke ist, es wäre besser, es gäbe mich gar nicht Ich versuche oft herauszufinden, was andere von mir erwarten, um mich danach zu richten Bei Diskussionen unterbreche ich oft, weil es mir nicht schnell genug geht So schnell kann mich nichts erschüttern Es ist mir wichtig, von anderen zu erfahren, ob ich meine Sache gut gemacht habe Eine innere Stimme kritisiert genau meine Schwachpunkte und macht mir Vorschriften, was ich tun und lassen soll Ich liefere erst eine Arbeit (z.b. einen Bericht) ab, wenn ich ihn mehrfach überarbeitet habe Aufgaben erledige ich möglichst rasch Trotz großer Anstrengungen will mir vieles nicht gelingen Ich sollte viele Aufgaben noch besser erledigen Ich stelle meine Wünsche und Bedürfnisse zugunsten anderer Personen zurück Es gibt zügellose Teile in mir, die mein Verhalten steuern und mich in Problem stürzten und für die ich mich dann bestrafe Ich schätze es, wenn andere auf meine Fragen rasch und bündig antworten Ich kümmere mich auch persönlich auch um nebensächliche Dinge Ich versuche, die an mich gestellten Erwartungen zu übertreffen Ich sage oft: Mach mal vorwärts...los, los Meine Probleme gehen die anderen nichts an Bei Diskussionen nicke ich häufig mit dem Kopf Ich strenge mich sehr an, um meine Tendenz zu überwinden, Dinge zu vermeiden Beim Erklären von Sachverhalten, verwende ich gerne die klare Aufzählung: Erstens,...zweitens,...drittens... 16

17 17 O O O O O O O trifft gar nicht zu teils/teils trifft voll zu 61. Ich sage normalerweise eher: Könnten Sie es nicht einmal versuchen? als Versuchen Sie es einmal Ich schäme mich für einige meiner Verhaltensweisen Ich trommle oft ungeduldig mit den Fingern auf den Tisch Ich bin diplomatisch Mein Gesichtsausdruck ist eher ernst 66. Auf die Zähnen beißen heißt meine Devise Ich bin nervös Ich sage oft: Genau, exakt, klar, logisch Ich denke oft: Du solltest Es ist mir unangenehm, andere Leute zu kritisieren... 17

18 Auswertung Zur Auswertung des Fragebogens: Schauen sie bei der entsprechenden Nummer der Frage (die erste Nummer wäre hier also beim Perfektionisten die 2, dann die 7 usw.) und übertragen sie jetzt bitte Ihre Punktzahl für jede entsprechende Fragenummer auf den folgenden Auswertungsschlüssel. Zählen sie dann die Punkte für jede Reihe zusammen. Der Perfektionist ( sei immer perfekt! ) 2, 7, 15, 20, 31, 35, 40, 47, 50, 54, 60, 65, 68, 70, Total= 18 Der Antreiber ( mach schneller! ) 4, 9, 13, 17, 26, 32, 38, 43, 48, 53, 56, 59, 63, 67, Total= Der Kontrolleur ( hab dich besser im Griff! ) 3, 8, 11, 16, 22, 24, 27, 36, 44, 49, 52, 57, 62, 66, Total= Der Anpasser ( mach es immer allen Recht! ) 6, 12, 18, 23, 29, 34, 39, 42, 45, 51, 55, 58, 61, 64, Total= Der Be-Verurteiler ( Du bist minderwertig! ) 1, 5, 10, 14, 19, 21, 25, 28, 30, 33, 37, 41, 46, 69, Total= 18

19 19 Tragen sie nun die Rohwerte für die einzelnen Kritiker in der Tabelle ein und verschaffen sie sich so einen Überblick, über Ihre Hauptakteure. Der minimale Werte kann 14 sein, der maximale Wert eines Kritikers kann 98 sein. Innere Saboteure Perfektionist Antreiber Kontrolleur Anpasser Be-Verurteiler 19

20 Meine Liste der Botschaften der Inneren Kritiker 20 Mein Innere Kontrolleur sagt: Mein Innerer Perfektionist sagt: Mein Innerer Antreiber sagt: Mein Innerer Allen-Rechtmacher sagt: Mein Innerer Be-Verurteiler sagt: 20