Es gilt das gesprochene Wort.
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- Cornelia Engel
- vor 7 Jahren
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1 Grußwort der Ministerin für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, Sylvia Löhrmann Auftaktveranstaltung für die Gründung lokaler Bündnisse zur Alphabetisierung und Grundbildung im Kreis Warendorf 29. Oktober 2015 Ministerin Löhrmann: Vielfalt hat Potentiale! Es gilt das gesprochene Wort. Veröffentlichung: nein; ja, intern; ja, extern PH, ; Zeichen; ca. 9 Minuten
2 2 nur wer ausreichend lesen und schreiben kann, ist in der Lage teilzuhaben, mitzubestimmen und mitzuwirken. Menschen, die selber lesen und schreiben können, sind kaum in der Lage sich vorzustellen, wie eingeschränkt ein Leben ohne diese zentralen Kompetenzen ist. Selbstgesteuert, eigenverantwortlich und unabhängig lebt es sich in der modernen, digitalen Welt doch nur, wenn ich nicht Andere fragen muss, welche Gefahrenbereiche einer Maschine ich dringend vermeiden sollte, welche Nebenwirkungen ein Medikament hat oder was in dem Elternbrief der Schule steht. Wenn ich nicht Andere bitten muss, für mich Formulare auszufüllen. Die Tatsache, dass Menschen unter uns sind, die nicht ausreichend lesen und schreiben können, darf uns deshalb nicht gleichgültig lassen hat die leo-level One-Studie die Zahl der Menschen, die nicht ausreichend lesen und schreiben können, mit bundesweit 7,5 Millionen beziffert. Sie können zwar einzelne Sätze lesen oder schreiben, nicht jedoch zusammenhängende Texte. Auch hier in Nordrhein-Westfalen gibt es viele Männer und Frauen, mehr ältere als jüngere, die betroffen sind. Als Weiterbildungsministerin und Schirmherrin des Alphanetzes
3 3 NRW bin ich deswegen gerne heute hier in Beckum, wo Sie ein weiteres lokales Bündnis auf den Weg bringen. Ein Bündnis, das die verschiedenen Partner zusammenholt, um für die Problemlagen der Betroffenen zu sensibilisieren und gezielt Hilfsmaßnahmen anzubieten. Wer den funktionalen Analphabetismus erfolgreich bekämpfen will, benötigt neben einem unerschütterlichen Durchhaltevermögen auch starke Partner. Denn das Problem, mit dem wir es zu tun haben, ist keines, was alleine aus der Weiterbildung heraus gelöst werden kann. Gemeinsame Anstrengungen sind erforderlich, weil das Problem des funktionalen Analphabetismus verschiedene Lebensbereiche und Politikfelder berührt. Unter anderem, wie die schon erwähnte Studie eindrucksvoll belegt, den Bereich der Arbeit. Ein weiterer, vielleicht auch überraschender Befund der Studie betrifft nämlich die Erwerbstätigkeit: Von den funktionalen Analphabeten sind knapp 57% erwerbstätig. Damit sind etwa 12% der Erwerbstätigen betroffen. Das Alphanetz NRW hat sich im Februar 2014 gegründet. Frau Kilp wird uns gleich berichten, wie rasant es sich entwickelt hat, wie schnell es größer und dichter geworden ist. Die Wachstumsgeschwindigkeit des Alphanetzes NRW zeigt, dass die Zeit für eine Allianz reif war. Sie kann sich
4 nicht nur auf die Unterstützung der Landesregierung, sondern des gesamten Parlaments stützen. Mich freuen besonders die vielen verschiedenen regionalen und lokalen Netzwerke, die sich in Aachen oder Bochum, im Märkischen Kreis oder heute hier im Kreis Warendorf, um nur einige beispielhaft zu nennen, auf den Weg machen. Diese vielen großen und kleinen Aktivitäten tragen dazu bei, sozialräumlich orientiert ein öffentliches Bewusstsein zu erzeugen, zu informieren und zu sensibilisieren. Das ist wichtig, weil wir wissen, dass wir die Betroffenen nur direkt vor Ort erreichen können. Und damit zeigt sich um mit Kant zu sprechen meistens das Ganze mehr ist, als die Summe seiner Teile. 4 wichtig ist aber auch, dass möglichst viele Bündnispartner ihre Perspektiven und Möglichkeiten einbringen und deswegen ist Ihre Initiative hier im Kreis Warendorf so wertvoll. Sie haben - auch dank der Unterstützung von Herrn Bürgermeister Strothmann - Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Sozialpartner zusammengetrommelt.
5 5 den Wert von der Arbeit in Netzwerken möchte ich mit einem Zitat des Dalai Lama illustrieren: Gelingt es uns, die Welt als vernetzt zu betrachten, hören wir auf, alles nur in schwarz oder weiß zu sehen. Damit hat er nicht eine Welt in tristem grau vor Augen gehabt, sondern eine bunte Welt. Die Arbeit in Netzwerken ist bunt, weil jeder Partner, jede Partnerin einen Mosaikstein zum Ganzen beiträgt so ergeben sich irgendwann vollständige Bilder. Dabei ist wichtig, dass alle Bündnispartner sich als gleichberechtigt wahrnehmen und einbringen können. Die Volkshochschulen hier in Beckum, in Ahlen, in Warendorf und in Oelde-Ennigerloh können das grundlegende Know How für Alphabetisierungs- und Grundbildungsangebote mitbringen. Ahlen und Warendorf haben zudem Erfahrungen bei der Koordination innerhalb des Regionalen Bildungsnetzwerkes gesammelt. Betriebsräte und Jobcenter können helfen, Strategien zu entwickeln, wie man Betroffene besser identifizieren und erreichen kann. Arbeitgeber können mit einer konsequenten Prozessorientierung dazu beitragen, betroffene Erwerbstätige besser ansprechen und langfristiger in entsprechende Grundbildungsangebote einbinden zu können. Ich freue mich,
6 6 wenn es uns gelingt, verschiedene Partner einzubeziehen, damit wir diese gewaltige Aufgabe gemeinsam lösen können. Nur wenn alle Bündnispartner sich aktiv einbringen und beachtet werden, kann Netzwerkarbeit gelingen. Dann werden alle Beteiligten von der Kooperation profitieren. Sie sind heute hier in die Aula der Antoniusschule gekommen, um die Bündnisurkunde mitzuunterzeichnen. Das heißt, dass Sie als Bündnispartnerin und Bündnispartner aktiv werden wollen. Sie bringen sich, Ihre Perspektive und Ihre Expertise mit ein. Sie engagieren sich für die Menschen, die nicht ausreichend lesen und schreiben können und helfen mit, deren Chancen auf soziale, persönliche und berufliche Teilhabe zu erhöhen. Das ist zuallererst für die Menschen selbst gut, es ist aber auch gut für die gesamte Gesellschaft. Es ist, wie Goethe festgestellt hat, nicht genug zu wollen, man muss es auch tun. Und dafür möchte ich Ihnen sehr herzlich danken!
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