Österreichische Parteien im Überblick. Vortrag Univ. Prof. Dr. Anton Pelinka (April 2010)
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- Frauke Graf
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1 Österreichische Parteien im Überblick Vortrag Univ. Prof. Dr. Anton Pelinka (April 2010)
2 Österreichische Parteien im Überblick Warum Parteien? Parteien in Österreich im Spannungsfeld von Kontinuität und Veränderung
3 Warum Parteien? Wurzeln der Parteien im anglikanischen Raum: Tories, Whigs in England (später kommt Labour dazu). Historisch gewachsene Parlamente ziehen automatisch die Gründung von Parteien nach sich (Absprachen, Interessen nachgehen, Lobbyismus, ) Parteien in ihrer Rekrutierungsfunktion (Besetzung von Regierungen und Parlamenten) sind für das Funktionieren von Demokratien unentbehrlich.
4 Wie entstehen Parteien? Krisentheorie: Aus Krisen entstehen neue Parteien bzw. können bestehende Parteien verschwinden, Bsp.: PASOK, ND in Griechenland (beide gegründet 1974), Militärdiktatur bricht zusammen (Kontinuitätsbruch, Neuanfang) Wie viele Parteien sich bilden, hat etwas zu tun mit dem institutionalisierten Wahlsystem (Bsp.: USA durch die Institutionalisierung von Einer-Wahlkreisen bringt nur zwei Parteien hervor). Cleavage-Theorie : Parteien entstehen entlang von Gräben bzw. Bruchlinien: Religion, Klasse (Christlichbürgerlich bzw. Arbeiterpartei in Österreich), Region (völlig andere Parteienstruktur in der BRD bzw. DDR)
5 Parteien in Österreich im Spannungsfeld von Kontinuität und Veränderung In Österreich: auffallende Kontinuität bei den Parteien Bsp.: Karl Renner (Reichstagsabgeordneter in der Monarchie, erster Staatskanzler und letzter NR- Präsident der 1. Republik, erster Staatskanzler und erster Bundespräsident der 2. Republik), aber auch Karl Lueger, Ignaz Seipel, Julius Raab, und auch: Georg von Schönerer, Anton Reinthaller aus dem 3. Lager. Scheinbarer Widerspruch: Österreich mit vielen Bruchlinien, Gräben und Systembrüchen, ABER mit einer auffallenden Kontinuität bezüglich der handelnden Parteien bzw. Politiker.
6 Parteien in Österreich im Spannungsfeld von Kontinuität und Veränderung Lager warum sind sie in Österreich so kontinuierlich? nicht eindeutig geklärte Identität Österreichs in der Monarchie, sondern multinationale segmentierte Multikulturalität, Lager übernehmen eine Staatsfunktion, weit über die Kernfunktion von Parteien hinaus ( Überfunktion österreichischer Parteien) Weiterer Grund: Verstaatlichung großer Unternehmen nach 1945, die Parteien werden de facto Unternehmer, hier setzt der so genannte Proporz ein (Ausdruck einer Notsituation) Ergebnis: Österreich wird Weltmeister bezüglich Parteimitgliedschaft. Motive (zusätzlich zum Traditionsmotiv): Karrieren, Zugang zu sozialen Leistungen (Wohnungen, Jobs, )
7 Parteien in Österreich im Spannungsfeld von Kontinuität und Veränderung Ab den 80er-Jahren kümmert sich die heranwachsende Jugend immer weniger um diese Funktionen der Parteien. Bsp. Österreich (anders als andere westliche Demokratien): 1975 wählen noch immer 90% der ÖsterreicherInnen zwei Parteien, 1980 sind etwa 1,5 Mio ÖsterreicherInnen Parteimitglieder von ÖVP bzw. SPÖ 2006 ist die Konzentrationsrate < 50% gesunken (hat SPÖ oder ÖVP gewählt) Heute gibt es weniger als Parteimitglieder. Zusammenfassung: Entösterreicherung, Entaustrifizierung findet statt. Abnehmende Berechenbarkeit der Politik: weniger berechenbare StammwählerInnen, mehr unberechenbare WechselwählerInnen und NichtwählerInnen, bessere Chancen für neue Parteien, schlechtere Chancen für die beiden großen Parteien. Österreich nähert sich einer europäischen Demokratienormalität.
8 Ursachen Cleavages : Religion (ÖVP) und Klasse (SPÖ) spielen eine geringere Rolle für die Identifizierung mit Parteien als früher. Pelinka: Niemand will mehr ein Arbeiter sein. Die Bauernschaft ist als Gesellschaftsteil zurückgegangen. Der Bauernbund spielt allerdings die gleiche Roll wie D.h., die geschlossenen Milieus öffnen sich. Die Bildungsschicht wird größer, obwohl geringer als in Resteuropa. Bildung ist wesentlich für das Überspringen von Milieugrenzen. Cross pressures : z.b. Mühlviertler Bauer, der am Arbeitsplatz VOEST ganz anderen Milieus ausgesetzt ist als am Wochenende daheim am Bauernhof. Diese Beweglichkeit öffnet die Bevölkerung Einflüssen, die einander entgegengesetzt sind. Die SPÖ als Partei aller arbeitenden Menschen (auch der arbeitenden Unternehmer, etc.) ist die natürliche Reaktion auf immer weniger Menschen, die sich der Arbeiterschaft zugehörig fühlen. Die ÖVP als Volkspartei (allumfassender Begriff) ist die Reaktion darauf, dass man als christliche Partei heute nicht mehr erfolgreich sein kann.
9 Ursachen Parteien reagieren v. a. auf die Megatrends (Trends, die grundsätzlich nicht beeinflussbar sind) Pelinka: Es gibt drei (bzw. vier) Megatrends : die Feminisierung: es gibt bspw. kein Männerreservat Militär mehr; die Politik kann ihn bremsen oder unterstützen, aber sie kann ihn nicht aufhalten. die Ökologisierung: Parteien übernehmen Themen, die sie grundsätzlich von anderen Parteien schwer unterscheidbar machen. die Globalisierung: sie findet statt, unabhängig ob sie der Politik gefällt oder nicht, beispielsweise in der Kulturpolitik. Und ganz besonders findet Globalisierung ökonomisch statt Globalökonomie. Die Politik hinkt hier nach. die Säkularisierung, und zwar ganz besonders in Österreich (nicht weltweit)
10 Wer wählt wen? Wer wählt wen, und zwar weltweit? Unterscheidbar machen die Faktoren Generation, Bildung und Geschlecht. Links-Rechts-Schema: Grüne SPÖ Mitte ÖVP FPÖ Die jungen Parteien sind die stärker polarisierenden Parteien, aber nicht im Sinne der alten Lagermentalität (z.b. Frage der Migration, etc.)
11 Modernisierungsgewinner/-verlierer: Seit den 80er-Jahren wächst der Unterschied zwischen arm und reich. Pelinka: Wachsende Ungleichheit passiert ohne dass die Politik es will. Es gibt gesellschaftliche Segmente, die von dieser Entwicklung profitieren und welche, die sich davon bedroht fühlen. Am stärksten ist das im Bereich Bildung nachvollziehbar (messbare Parameter wie Lebenseinkommen, gesellschaftliches Prestige u. ä.) Bsp.: Grenzöffnung nach Osteuropa, für manche bedeutet sie einen Job bei der Raiffeisenbank in Bukarest und für manche den Verlust des jetzt schon schlecht bezahlten Jobs im Niedriglohnbereich. Die FPÖ spielt genau dieses Thema und wird es auch weiter spielen.
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