I. Flächentarifvertrag im Baugewerbe 1. Historische Schnipsel

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1 Sozial- und tarifpolitische Bedeutung der Allgemeinverbindlicherklärung am Beispiel des Baugewerbes WSI Tarifpolitische Tagung 2011 Stabilisierung des Flächentarifvertrages Reform der Allgemeinverbindlicherklärung Düsseldorf, September 2011 RA Gregor Asshoff Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt Bundesvorstandssekretär Leiter der Hauptabteilung Politik und Grundsatzfragen

2 I. Flächentarifvertrag im Baugewerbe 1. Historische Schnipsel 1899: erster Bauarbeitertarifvertrag (örtlich begrenzt) 1910: erster Flächentarifvertrag im Baugewerbe nach fast zweimonatiger Aussperrung und Schlichtung 1912: 46,8% der Bauarbeiter tarifgebunden beschäftigt (Chemische Industrie: 4,3%; Textilindustrie: 1,9%)

3 I. Flächentarifvertrag im Baugewerbe 2. Rahmenbedingungen Keine ortsfeste Produktion Kleinbetriebliche Struktur ( Betriebe mit rund Arbeitnehmern) Überwiegend witterungsabhängige Tätigkeit ca. 50% der Arbeitnehmer haben innerhalb eines Kalenderjahres kein durchgängiges Arbeitsverhältnis Entsendung von Arbeitnehmern aus dem Ausland

4 I. Flächentarifvertrag im Baugewerbe 3. Bauspezifische Lösungen Gemeinsame Einrichtungen: Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes AG Sozialkasse des Berliner Baugewerbes Gemeinnützige Urlaubskasse des Bayerischen Baugewerbes e.v. Grundlagen: Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren, u.a.

5 I. Flächentarifvertrag im Baugewerbe 3. Bauspezifische Lösungen Bundesweite, allgemeinverbindliche Tarifverträge, u.a.: Bundesrahmentarifvertrag Tarifvertrag über Rentenbeihilfen Tarifvertrag über die Berufsbildung Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne

6 II. Bedeutung der AVE im Baugewerbe Ohne AVE keine branchenwirksamen tarifvertraglichen Regelungen der Arbeitsbedingungen, d. h. Kein umlagefinanziertes Berufsausbildungssystem Keine tarifvertraglichen Zusatzrenten Keinen zusammenhängenden Erholungsurlaub Keine Winterbauförderung (Saison-Kurzarbeitergeld) Keine Arbeitszeitregelungen Keine Eingruppierungsbestimmungen Keine Entgeltregelungen zur Auswärtsbeschäftigung Keine Regelungen zur Lohnfälligkeit, zu Erschwernis- und Überstundenzuschlägen, zu Unterkünften etc.

7 III. Vergleichbare Situation im Baunebengewerbe Gemeinsame Einrichtungen (Sozialkassen) gibt es für rund 1,2 Mio. Arbeitnehmer, neben dem Bau(haupt)gewerbe zudem im/in der Maler- und Lackiererhandwerk Dachdeckerhandwerk Gerüstbauerhandwerk Steinmetzhandwerk Garten- und Landschaftsbau Betonsteinindustrie Nordwestdeutschlands Steine- und Erden-Industrie Bayern

8 IV. Die Probleme 1. Das Verhalten der BDA ( öffentliches Interesse gem. 5 I Nr. 2 TVG) 1997: Zensur des ersten Mindestlohntarifvertrages im Baugewerbe nach dem neuen Arbeitnehmer- Entsendegesetz (AEntG); Folge: 1 III a AEntG a.f. (Rechtsverordnungsermächtigung) ab Keine AVE für neue Tarifmaterien ; Folgen u.a.: Keine AVE für Tarifvertrag über eine Zusatzrente im Baugewerbe vom , kein Inkrafttreten des TV in den neuen Bundesländern Keine Zustimmung zu Mindestlohntarifverträgen mit zwei Lohnstufen oder einer Laufzeit über zwei Jahren

9 IV. Die Probleme 2. Gerichtliche Angriffe auf die AVE ( 50% - Klausel gem. 5 I Nr. 1 TVG) Mit zunehmender Häufigkeit und Intensität wird die AVE von Tarifverträgen in Gerichtsprozessen angegriffen, sowohl von betroffenen Arbeitgebern vor den Arbeitsund Sozialgerichten als auch von Verbänden vor dem VG Berlin; Vortrag: 50%-Quote nicht erfüllt Divergierende, zunehmend strengere, teilweise unerfüllbare Maßstäbe zum Nachweis der Erfüllung der Quote Folge: AVE im Baugewerbe akut gefährdet

10 V. Lösungsansätze Abschaffung des Tarifausschusses Antragstellende Tarifparteien erhalten Sitz und Stimme im Tarifausschuss Absenkung des 50%-Quorums Abschaffung des 50%-Quorums und Präzisierung des öffentlichen Interesses in Anlehnung an 7 Abs. 1 bis 3 AEntG n. F. Zuweisung der AVE-Überprüfungskompetenz nur an eine Gerichtsbarkeit (Arbeitsgerichte)

11 Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!