Ist der Handel mit gebrauchter Software urheberrechtlich zulässig? Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler, LL.M.
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- Stephan Bayer
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1 Ist der Handel mit gebrauchter Software urheberrechtlich zulässig? Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler, LL.M. Institut für Rechtswissenschaft Universität Klagenfurt Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 1 Handel mit gebrauchter Software Das Geschäftsmodell I!! Unternehmen erwerben Standardsoftware in Form von Mehrfachlizenzen!! Software überwiegend nicht mehr in verkörperter Form übergeben, sondern!! Online-Übertragung, Übergabe einer Masterkopie!! Bedarf an einzelnen Softwarelizenzen in Folge reduziert!! Arbeitsplatzabbau, Verkauf von Unternehmensteilen, Konkurs!! Folglich: Bedarf, Software weiter zu veräußern Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 2
2 Handel mit gebrauchter Software Das Geschäftsmodell II!! Zwischenhändler erwirbt Software!! Ersterwerber versichert Software gelöscht zu haben!! Beurkundung eines Notars + Bestätigung, dass Ersterwerber Software rechtmäßig erworben hat!! Zweiterwerber verwendet entweder schon vorhandene Masterkopie um Programm auf zusätzlichen Rechnern zu installieren oder lädt Software aus dem Netz herunter!! Begriff Gebrauchte Software an sich irreführend, weil sich Software nicht abnutzt!! Erhebliche Preisersparnis beim Zweiterwerber Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 3 Das rechtliche Problem I!! Software urheberrechtlich geschützt!! SoftwareRL!! 2 Abs 1 Z 1, 69 ff durhg, 2 Z 1, 40a ff öurhg!! Erschöpfungsgrundsatz!! Verbreitungsrecht ist mit erstmaligem Inverkehrbringen in EU oder EWR erschöpft!! Einschlägige nationale Normen knüpfen an die Eigentumsübertragung körperlicher Werkstücke an Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 4
3 Das rechtliche Problem II!! 16 Abs 3 öurhg:!! Dem Verbreitungsrecht unterliegen vorbehaltlich des 16a Werkstücke nicht, die mit Einwilligung des Berechtigten durch Übertragung des Eigentums in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder in einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehrs gebracht worden sind. Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 5 Das rechtliche Problem III!! Bei Übertragung der Software in verkörperter Form Erschöpfungsgrundsatz unzweifelhaft anwendbar!! Gilt auch, wenn Vertrag anders bezeichnet wird zb Lizenzvertrag oder dergleichen!! Entscheidend: Übertragung zur dauerhaften Benutzung gegen Bezahlung eines einmaligen Entgelts!! Ist der Erschöpfungsgrundsatz in erweiternder Auslegung oder kraft Analogie auch auf den Online- Vertrieb anwendbar?!! Einfachlizenz!! Abspaltung bei Mehrfachlizenz Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 6
4 Das rechtliche Problem VI!! Frage in D wie in Ö umstritten!! LG München und OLG München dagegen (anders allerdings jüngst LG München), LG Hamburg dafür!! Contra: Wortlaut, Erschöpfungsgrundsatz soll Verkehrsfähigkeit körperlicher Gegenstände sicherstellen, Erwägungsgrund 29 der Info-RL, erhöhte Missbrauchsgefahr!! Pro: Gleiche Interessenlage, dh keine sachlichen Differenzierungsgrund, Info-RL nicht einschlägig Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 7 Relevante Rechtsgrundlagen und Vorgangsweise bei Lösung der Frage!! Frage europarechtlich determiniert!! SoftwareRL!! Info-RL!! Artt 28, 30 EGV: primärrechtlicher Erschöpfungsgrundsatz!! Richtlinienkonforme Auslegung, Anwendungsvorrang des Primärrechts in grenzüberschreitenden Sachverhalten!! Nationales Recht!! Analogievoraussetzungen Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 8
5 SoftwareRL I!! RL 91/250/EWG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen!! Art 4 lit c!! Weist dem Urheber das Verbreitungsrecht zu!! Schränkt es durch Erschöpfungsgrundsatz ein!! Mit dem Erstverkauf einer Programmkopie in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung erschöpft sich in der Gemeinschaft das Recht auf Verbreitung dieser Kopie; ( ) Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 9 SoftwareRL II!! Unter Wortlaut der Bestimmung ist auch Online- Veräußerung subsumierbar!! Zweck der Bestimmung!! Festschreibung des primärrechtlichen Erschöpfungsgrundsatzes (Artt 28, 30 EGV)!! Einschränkungen der Warenverkehrsfreiheit nur zum Schutz des spezifischen Gegenstands eines gewerblichen Schutzrechts zulässig!! Spezifischer Gegenstand: Vergütung der schöpferischen Leistung, nicht aber Kontrolle der Vertriebswege; daher Erschöpfung mit erstmaligem Inverkehrbringen und Lukrieren des Entgelts!! Trifft auch auf Online-Vertrieb zu Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 10
6 InfoRL I!! RL 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft!! Art 4 Abs 2!! Das Verbreitungsrecht erschöpft sich in der Gemeinschaft in Bezug auf das Original oder auf Vervielfältigungsstücke eines Werkes nur, wenn der Erstverkauf dieses Gegenstands oder eine andere erstmalige Eigentumsübertragung in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit dessen Zustimmung erfolgt. Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 11 InfoRL II!! Beschränkt Erschöpfungsgrundsatz auf körperlicher Werkstücke!! Dazu erläuternd Erwägungsgrund 29!! Die Frage der Erschöpfung stellt sich weder bei Dienstleistungen allgemein noch bei Online-Diensten im Besonderen. Dies gilt auch für materielle Vervielfältigungsstücke eines Werkes oder eines sonstigen Schutzgegenstand, die durch den Nutzer eines solchen Dienstes mit Zustimmung des Rechtsinhabers hergestellt worden sind. ( )Anders als bei CD-ROM oder CD-I, wo das geistige Eigentum in einem materiellen Träger, dh einem Gegenstand, verkörpert ist, ist jede Bereitstellung eines Online-Dienstes im Grunde eine Handlung, die zustimmungsbedürftig ist, wenn das Urheberrecht oder ein verwandtes Schutzrecht dies vorsieht.!! Ähnlich DatenbankRL Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 12
7 InfoRL III!! Derogation der SoftwareRL durch InfoRL?!! Art 1 Abs 2: InfoRL lässt SoftwareRL unberührt!! InfoRL und Erwägungsgrund 29 erfasst nur Dienstleistungen auf Abruf, wo für jeden Abruf ein Entgelt zu bezahlen ist!! Wird auch bestätigt durch Begriffsdefinition der e- commerce-rl!! Anders: dauerhafte Überlassung von Software gegen Bezahlung eines einmaligen Entgelts Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 13 Sachliche Differenzierungsgründe?!! Erhöhtes Missbrauchspotential?!! Bloße Behauptung, ist bei körperlicher Übergabe genauso groß!! Insbesondere bei Übergabe eines bloßen Installationsmediums!! Auch sonst: Brennen von Raubkopien offenbar kein Problem!! Zudem wäre es Sache des Veräußerers solche Risiken zu beherrschen!! Freiwillig diese Risiken eingegangen Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 14
8 Europarechtliches Ergebnis!! Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes sekundärrechtlich/richtlinienrechtlich geboten, wenn Software gegen Bezahlung eines einmaligen Entgelts dauerhaft überlassen wurde!! Technische Art der Übermittlung (körperlich, unkörperlich) gleichgültig!! Aus der Begründung folgt auch, dass Primärrecht, so anwendbar, eben das fordert!! Warenverkehrsfreiheit oder Dienstleistungsfreiheit? Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 15 Nationales Recht I!! Analoge Anwendung der Bestimmungen über Erschöpfung?!! Gegebenfalls europarechtliche geboten: richtlinienkonforme Auslegung, Anwendungsvorrang des Primärrechts!! Analogievoraussetzung!! Zweck der Norm erfasst auch vom Wortlaut nicht erfassten Sachverhalt!! Keine bewusste Differenzierung des Gesetzgebers Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 16
9 Nationales Recht II!! Nationaler Erschöpfungsgrundsatz!! Interessen des Urhebers ist Genüge getan, wenn er bei Verbreitung Entgelt lukrieren konnte!! Interesse der Allgemeinheit an freien Warenverkehr!! Materialien zum öurhg 1936!! Verbreitungsrecht eben keine dem Urheber ausschließlich zustehende Gewerbeberechtigung zum Handel und zu anderen Arten der Verbreitung von Werkstücken, sondern eine urheberrechtliche Befugnis, die erlischt, sobald sie ihre Aufgabe erfüllt hat. Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 17 Nationales Recht III!! Normzweck erfasst auch Online-Handel!! Freie Verkehrsfähigkeit, Urheberleistung honoriert!! Beschränkung auf körperliche Gegenstände historisch bedingt!! Dass urheberrechtliche geschützte Leistungen auf unverkörperte Weise dauerhaft überlassen werden können, war für historischen Gesetzgeber schlicht undenkbar!! Auch spätere Novellen haben das Problem nicht bedacht!! Ungewollte Regelungslücke!! Keine sachliche Differenzierungsgründe, erhöhtes Missbrauchspotential nicht gegeben (s schon oben) Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 18
10 Nationales Recht IV!! Durch Übertragung wird Zweiterwerber zum berechtigten Benutzer!! Handlungen des Zweiterwerbers zur Installation der Software durch 69d Abs 1 durhg = 40d Abs 2 öurhg gedeckt!! Vervielfältigung und Bearbeitung zulässig, soweit dies für bestimmungsgemäße Benutzung notwendig ist!! Ersterwerber darf Programm nicht mehr nutzen Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 19 Nationales Recht V!! Abspaltung bei Volumen-/Mehrfachlizenzen!! Argumentation der Hersteller: keine Erschöpfung, weil!! Einheitliches Recht!! Degressive Gebührenstruktur, Vergütungsinteressen nicht ausreichend berücksichtigt!! Trifft nicht zu!! Vergleichsbasis Offline-Welt!! Rabatte auch dort, wenn größere Mengen gekauft werden Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 20
11 Nationales Recht VI!! Ausschluss der Weiterveräußerung in AGB?!! Erschöpfungsgrundsatz zwingend, entgegenstehende Vereinbarung allenfalls schuldrechtlich zwischen Softwareproduzenten und Ersterwerber wirksam!! 307 Abs 1 BGB/ 879 Abs 3 ABGB!! Weiterverkaufsverbot ist gravierende Abweichung vom dispositiven Recht Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 21 Kontakt: Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler, LL.M. Alpen-Adria Universität Klagenfurt Institut für Rechtswissenschaft Universitätsstraße Klagenfurt Tel: 0463/ Fax: 0463/ Friedrich.Rueffler@uni-klu.ac.at Univ.-Prof. Dr. Friedrich Rüffler Folie 22
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