Kündigung im Job: So wehren Sie sich
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- Benjamin Maurer
- vor 8 Jahren
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1 Eine Kündigung erscheint oft bedrohlich. Nur wer schnell und mit Bedacht reagiert, kann sich gegen seinen Arbeitgeber wirkungsvoll zur Wehr setzen. Doch dabei gibt es einige Fristen, Vorschriften und Stolperfallen zu beachten. Zusammen mit Dr. Pelin Öğüt, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Bremen, gibt Recht so! Tipps für den juristischen Ernstfall am Arbeitsplatz. Was gilt es nach einer Kündigung zu beachten? Damit Arbeitnehmer keine Fristen versäumen, ist schnelles Handeln gefragt. Am besten sollte sofort ein Rechtsanwalt eingeschaltet werden, der auf Arbeitsrecht spezialisiert ist. Bereits eine Woche nach Zugang des Kündigungsschreibens läuft die erste Frist ab. "Arbeitnehmer können die Kündigung unverzüglich zurückweisen, wenn sie von jemandem unterschrieben wurde, der dazu nicht alleine berechtigt war", erklärt Öğüt. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn nicht der Geschäftsführer oder Personalleiter unterschrieben hat, sondern ein direkter Vorgesetzter, der dazu nicht berechtigt ist. Der Arbeitnehmer kann gegen eine sozial ungerechtfertigte Kündigung innerhalb einer Woche Einspruch beim Betriebsrat einlegen. Hält der Betriebsrat den Einspruch für richtig, versucht er zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu vermitteln. Nach Zugang der Kündigung haben Arbeitnehmer drei Wochen Zeit, eine Klage beim Arbeitsgericht einzureichen. Wer diese Frist versäumt, hat gegen seinen Arbeitgeber nichts mehr in der Hand. Die Kündigung ist wirksam. Arbeitsrechts-Expertin Öğüt rät: "Erheben Sie auf jeden Fall Klage, auch wenn der Arbeitgeber Ihnen eine einvernehmliche Lösung anbietet, da der Arbeitgeber anderenfalls keinen Anlass mehr hat, eine Einigung zu erzielen." Öğüt empfiehlt außerdem, dass sich Arbeitnehmer sofort nach der Kündigung bei der Agentur für Arbeit als "arbeitssuchend" meldet, um später möglichen Ärger bei der Zahlung von Arbeitslosengeld zu vermeiden. Kündigungsarten
2 Betriebsbedingte Kündigung Ein Arbeitgeber kann einem Mitarbeiter kündigen wenn es dringende betriebliche Gründe gibt, die ihm eine Weiterbeschäftigung nicht ermöglichen. Das können äußere Faktoren sein, wie etwa Umsatz- oder Auftragseinbußen des Unternehmens. Aber auch Gründe, die das Unternehmen selbst betreffen, sind relevant - wie etwa eine Umstrukturierung oder Schließung. Verhaltensbedingte Kündigung Ein Arbeitgeber kann einem Mitarbeiter eine Kündigung aussprechen, wenn er ihm ein Fehlverhalten nachweisen kann und dadurch eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für ihn unzumutbar ist. Dazu gehören etwa Alkoholkonsum am Arbeitsplatz und häufiges Zuspätkommen. Bevor es aber zu einer Kündigung kommt, muss der Arbeitgeber in der Regel wegen desselben Fehlverhaltens abmahnen. Personenbedingte Kündigung Die Gründe für die Kündigung liegen bei der Person des Arbeitnehmers: Er kann die ihm zugeteilte Arbeit nicht mehr ausführen. Grund dafür kann zum Beispiel eine fehlende Eignung des Mitarbeiters sein. Häufig kommt eine personenbedingte Kündigung zur Anwendung, wenn eine lang anhaltende Krankheit zur Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers geführt hat und ein Ende nicht abzusehen ist. Den Arbeitnehmer trifft dabei in der Regel kein Verschulden. Was kostet eine Kündigungsschutzklage? Bei einem Bruttogehalt von Euro sind bis zur ersten gerichtlichen Instanz etwa Euro an den eigenen Anwalt fällig. Verliert man und geht in Berufung, müssen im Fall der Niederlage auch die Anwaltskosten des Arbeitgebers übernommen werden. Eine entsprechende Rechtsschutzversicherung gibt es ab circa 80 Euro im Jahr. Gewerkschaftsmitglieder sind in der Regel automatisch versichert. Welche Unterlagen braucht der Anwalt?
3 Bringen Sie zum ersten Beratungsgespräch diese Dokumente mit: den Arbeitsvertrag die Gehaltsabrechnungen der vergangenen sechs Monate das Kündigungsschreiben Abmahnungsschreiben (falls vorhanden) Stellungnahme des Betriebsrats (falls vorhanden) Wie geht es nach der Kündigungsschutzklage weiter? Zunächst lädt der zuständige Arbeitsrichter beide Parteien zu einem sogenannten Gütetermin vor. Bei diesem Termin hört sich der Richter die Argumente beider Seiten an und versucht eine gütliche Einigung herbeizuführen, zum Beispiel eine Rücknahme der Kündigung oder die Zahlung einer Abfindung. Der Richter kann bereits eine Einschätzung abgeben, für welche Partei er vor Gericht die größeren Chancen sieht. Können sich die Parteien beim Gütertermin nicht einigen, wird ein Kammertermin festgesetzt. Damit beginnt das Gerichtsverfahren, das mit einem rechtskräftigen Urteil endet. Während der Gütetermin in der Regel bereits sechs bis acht Wochen nach dem Einreichen der Klage stattfindet, dauert es bis zum Kammertermin oft deutlich länger - an einigen Gerichten sogar sechs bis neun Monate. Was passiert im Verfahren? Nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist muss der Arbeitnehmer in der Regel den Betrieb verlassen. Möglicherweise fordert der Arbeitgeber aber auch die Fortsetzung der - eigentlich gekündigten - Tätigkeit, bis eine rechtskräftige Entscheidung des Arbeitsgerichts vorliegt. In diesem Fall bleiben die Vereinbarungen des Arbeitsvertrages bestehen.
4 Habe ich Anspruch auf eine Abfindung? Wer von seinem Chef vor die Tür gesetzt wird, hat nicht automatisch Anspruch auf eine Abfindung. Denn für eine Kündigung braucht das Unternehmen triftige Gründe. Die kann jeder gekündigte Arbeitnehmer vor den Arbeitsgerichten überprüfen lassen. Dort allerdings gibt es nach dem Gesetz nur zwei denkbare Ergebnisse: Entweder der Arbeitnehmer bekommt Recht und darf seinen Job behalten. In diesem Fall braucht er folglich keine Abfindung. Oder der Arbeitgeber gewinnt den Prozess und die Kündigung ist rechtens. Welche Kündigungsformen gibt es? Es gibt die ordentliche und außerordentliche Kündigung. Eine ordentlichen Kündigung hält sich an die gesetzliche, tarifvertragliche oder einzelvertraglich vereinbarte Kündigungsfrist. Eine außerordentliche Kündigung ist eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund (nach Paragraf 626 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Darf der Arbeitgeber nach Gutdünken kündigen? Laut Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist bei allen ordentlichen Kündigungen zu beachten, dass diese nur wirksam sind, wenn die Kündigungen verhältnismäßig sind. Das heißt: Das Arbeitsverhältnis soll nur dann beendet werden, wenn der Arbeitnehmer auch an anderen Stellen im Betrieb nicht beschäftigt werden kann. Wann droht eine außerordentliche Kündigung? Der Arbeitgeber darf fristlos kündigen bei: beharrlicher Arbeitsverweigerung häufiger Unpünktlichkeit
5 Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit beharrlicher Missachtung von Arbeitsschutzvorschriften Ausübung unzulässiger Nebenbeschäftigung Störung von Ordnung und Frieden im Betrieb übler Beleidigung von Vorgesetzten und Arbeitskollegen provozierenden politischen Aktionen im Betrieb Verbreitung ausländerfeindlicher Hetzparolen Mobbing sexueller Belästigung Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot Wer genießt besonderen Kündigungsschutz? Der Sonderkündigungsschutz gilt unter anderem für Schwerbehinderte, Mütter, Schwangere, Personalräte, Betriebsratsmitglieder, Immissionsschutzbeauftragte, Auszubildende, Arbeitnehmer in Eltern- oder Pflegezeit, sowie für Wehr- und Ersatzdienstleistende. Durch den Sonderkündigungsschutz sind diese Arbeitnehmer in unterschiedlichen Stufen unkündbar. Das bedeutet, dass bei diesen Personengruppen eine ordentliche Kündigung nicht ohne Weiteres zulässig ist. Jedoch kann es bei betriebsbedingten Kündigungen auch bei diesen Personengruppen in Einzelfällen zur wirksamen Kündigung kommen. Welche Kündigungsfristen gibt es? Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder Angestellten kann mit einer Frist von vier Wochen (also von 28 Kalendertagen) zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden. Diese sogenannte gesetzliche
6 Kündigungsfrist gilt für die Kündigung durch den Arbeitgeber und durch den Arbeitnehmer. Während einer vereinbarten Probezeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Dauert eine Probezeit länger als sechs Monate, gilt nicht mehr die Kündigungsfrist von zwei Wochen, sondern die Grundkündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Im Arbeitsvertrag können längere als die gesetzlichen Kündigungsfristen vereinbart werden. Dabei darf die vom Arbeitnehmer einzuhaltende Kündigungsfrist nicht länger sein als die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber. Tipps zum Arbeitsrecht Wenn Sie Opfer von Mobbing sind: Sammeln Sie Beweise. Führen Sie ein Mobbing-Tagebuch. Benennen Sie mögliche Zeugen. Holen Sie bei ein ärztliches Gutachten ein. Wenn der Chef eine rechtswidrige Handlung anordnet: Lehnen Sie den Auftrag ab. Dokumentieren Sie den Vorgang, sichern Sie Beweismittel. Schalten Sie den Betriebsrat, die Gewerkschaft oder einen Anwalt ein. Wenn Sie in Teilzeit arbeiten möchten: Beantragen Sie die Teilzeitarbeit mindestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn. Klären Sie, ob Sie in die Vollzeitbeschäftigung zurückkehren können. Wenn Sie einen Unfall beim Betriebssport oder auf dem Arbeitsweg haben: Suchen Sie einen Unfallarzt auf, der von der Berufsgenossenschaft zugelassen ist, einen sogenannten Durchgangsarzt. Informieren Sie sofort Ihren Arbeitgeber. Achten Sie darauf, dass der Arbeitgeber den Unfall bei der Berufsgenossenschaft meldet.
7 Populäre Irrtümer aus dem Arbeitsrecht Kündigung im Job: So wehren Sie sich Immer Ärger mit den Überstunden: Darf der Chef sie anordnen? Muss er sie bezahlen? Dürfen Angestellte im Büro private s verschicken? Und reicht es bei einer Krankmeldung, den "gelben Schein" nach drei Tagen einzureichen? Recht so! stellt weitverbreitete Ansichten zum Arbeitsrecht auf den Prüfstand. Arbeitsverträge schließen Irrtum: Arbeitsverträge müssen schriftlich geschlossen werden. Richtig ist: Laut Bürgerlichem Gesetzbuch können Arbeitsverträge formfrei geschlossen werden, also auch mündlich. Eine Befristung müssen die Parteien aber auf jeden Fall schriftlich vereinbaren. Auch eine Kündigung erfordert die Schriftform. Überstunden anordnen Irrtum: Angeordnete Überstunden müssen in jedem Fall abgeleistet werden. Richtig ist: Arbeitnehmer sind nur zu der Arbeitszeit verpflichtet, die im Arbeits- oder Tarifvertrag vereinbart ist. Der Arbeitgeber darf aber bei "dringender betrieblicher Notwendigkeit" Überstunden anordnen. Die müssen zumutbar sein und mit Geld oder Freizeit vergütet werden. Unzulässig ist eine Klausel wie "Alle Überstunden sind mit Zahlung des monatlichen Bruttogehaltes abgegolten." (Bundesarbeitsgericht, Az. 5 AZR 517/09). Private Mails und Telefonate Irrtum: Man darf während der Arbeitszeit privat im Internet surfen und Telefonate führen. Richtig ist: Computer, Telefon und Internet dürfen am Arbeitsplatz nur dienstlich genutzt werden. Nur wenn der Arbeitgeber ausdrücklich zustimmt, sind private s und Telefonate erlaubt. Wer zum Beispiel sein
8 Diensthandy im Urlaub ausgiebig privat nutzt, muss mit einer fristlosen Kündigung rechnen (Hessisches Landesarbeitsgericht, Aktenzeichen: 17 Sa 153/11). Höhere Gewalt Irrtum: Bei Straßenglätte, Stau oder Streik im Nahverkehr darf man zu Hause bleiben. Richtig ist: Wer wegen Schnees, Glatteises, Hochwassers, Vulkanasche oder allgemeiner Verkehrsstörungen zu spät kommt oder fehlt, riskiert eine anteilige Kürzung seines Gehalts. Eine Abmahnung oder Kündigung droht nur bei eigenem Verschulden. Krankmeldung Irrtum: Wer krank ist, muss erst nach drei Tagen ein Attest einreichen. Richtig ist: Dauert die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich länger als drei Kalendertage, muss der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung am Tag nach der Ausstellung vorlegen - es sei denn, der Arbeitsvertrag sieht eine andere Regelung vor. Urlaub auf Anordnung Irrtum: Der Chef kann anordnen, wann die Mitarbeiter Urlaub machen. Richtig ist: Der Chef muss die Wünsche seiner Mitarbeiter berücksichtigen, es sei denn, dringende betriebliche Belange stehen im Wege. Wollen mehrere Arbeitnehmer zur gleichen Zeit Urlaub nehmen, zum Beispiel in den Schulferien, muss der Chef eine soziale Auswahl vornehmen. Dann bekommen zum Beispiel Arbeitnehmer mit schulpflichtigen Kindern bevorzugt Urlaub.
9 Krankfeiern Irrtum: Wer krankgeschrieben ist, darf nicht aus dem Haus gehen. Richtig ist: Wer krank ist, darf alles tun, solange es nicht "genesungswidrig" ist. Das bedeutet: Mit einem gebrochenen Bein darf man nicht in die Disco, mit einem gebrochenen Zeigefinger aber sehr wohl zum Einkaufen oder ins Kino. Wer dabei seinem Chef oder Kollegen begegnet, muss keine Angst vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen haben.
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