Prof. jur. Konrad Stolz Hochschule Esslingen. Ethische und rechtliche Rahmenbedingungen beim Einsatz technischer Hilfen in der Pflege

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Sophia Mina Sommer
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1 Prof. jur. Konrad Stolz Hochschule Esslingen Ethische und rechtliche Rahmenbedingungen beim Einsatz technischer Hilfen in der Pflege

2 Grundsatz: Pflegerische Maßnahmen und technische Hilfen bedürfen (ebenso wie ärztliche Maßnahmen) des Einverständnisses ( Einwilligung ) des Pflegebedürftigen soweit sie dessen körperliche Integrität oder Freiheit beeinträchtigten.

3 Die Einwilligung des Pflegebedürftigen setzt Einwilligungsfähigkeit voraus. Nach der Rechtsprechung ist einwilligungsfähig, wer Art,Bedeutung und Tragweite der Maßnahme zu erfassen und seinen Willen hiernach zu bestimmen vermag.

4 Solange der Pflegebedürftige einwilligungsfähig ist, entscheidet er allein über ärztliche und pflegerische Maßnahmen sowie über den Einsatz technischer Hilfen, die seine körperliche Integrität, sein Persönlichkeitsrecht und seine Freiheit beeinträchtigen. Für den Abschluss von Verträgen ist Geschäftsfähigkeiterforderlich.

5 Kann der Pflegebedürftige (wegen fehlender Einwilligungsfähgkeit) nicht rechtswirksam in medizinische und pflegerische Maßnahmen einwilligen, ist die Einwilligung eines Stellvertreters erforderlich. Mögliche Stellvertreter: Bevollmächtigter oder gesetzlicher Betreuer (nicht automatisch Angehörige)

6 (Vorsorge) Vollmacht Mit einer Vorsorgevollmacht kann man für den Fall einer krankheitsbedingten Entscheidungsunfähigkeit (und damit verbundener Betreuungs- und Pflegebedürftigkeit ) einer Person des Vertrauens Vertretungsmacht in allen Bereichen (Generalvollmacht) oder in Teilbereichen (Spezialvollmacht) erteilen.

7 Eine Vorsorgevollmacht kann erteilen, wer ( noch) geschäftsfähig ist. Sie setzt volles Vertrauen in die bevollmächtigte Person voraus

8 Die Vorsorgevollmacht sollte u.a. auch die Entscheidung über den Einsatz technischer Hilfen zur Ermöglichung und Erleichterung häuslicher Pflege sowie die Befugnis umfassen, notfalls freiheitsentziehende Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

9 Zur sicheren Anerkennung der Vorsorgevollmacht im Rechtsverkehr wird die notarielle Beurkundung empfohlen. Möglich ist auch Beglaubigung der Unterschrift durch Betreuungsbehörde

10 Neben einer Vorsorgevollmacht kann auch eine Patientenverfügung und /oder eine Pflegeverfügung verfasst werden.

11 Falls keine Vorsorgevollmacht erteilt worden ist und Entscheidungsunfähgkeit eintritt: Bestellung eines gesetzlichen Betreuers durch das Betreuungsgericht (in Württemberg: Notariat) Aufgabenkreise u.a.: Entscheidung über den Einsatz technischer Hilfen bei häuslicher Pflege Befugnis zu freiheitsentziehenden Schutzmaßnahmen

12 Als gesetzliche Betreuer werden von den Gerichten in erster Linie Angehörige bestellt. Falls keine vorhanden: Ehrenamtliche oder Berufsbetreuer

13 Bevollmächtigte oder gesetzliche Betreuer können stellvertretend in die Installation technischer Hilfen (Kameras, Mikrofone, Sensoren u.ä.) und notfalls auch in freiheitsentziehende Schutzmaßnahmen einwilligen

14 Abwägung: Menschenwürde /allgemeines Persönlichkeitsrecht Privat -und Intimsphäre, Recht am eigenen Bild und am gesprochenen Wort gegen Sicherheits- und Schutzbedürfnis des Pflegebedürftigen Totalüberwachung rund um die Uhr mit der Menschenwürde nicht vereinbar

15 Bevollmächtigte oder gesetzliche Vertreter dürfen in Schutzmaßnahmen, die mit Freiheitsentziehung verbunden sind (z.b. Bettgitter, Schutzdecken, Stecktische, abgeschlossene Türen) einwilligen, wenn (nur) dadurch eine akute Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens des Pflegebedürftigen vermieden werden kann. Falls Pflegedienste sich an freiheitsentziehenden Schutzmaßnahmen beteiligen, kann eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich sein.

16 Pflegeverfügung (Name der verfügenden Person, Geburtsdatum, Geburtsort, Anschrift) Meine Wünsche und Anweisungen: Es kann geschehen, dass ich durch Krankheit oder Unfall in einen Zustand gerate, in dem ich meine Urteils- und Entscheidungsfähigkeit auf Dauer verloren habe, meinen Willen nicht mehr kundtun kann und dauerhaft pflegebedürftig bin. Für diesen Fall habe ich Frau/Herrn (Name, Anschrift, Telefon der bevollmächtigten Person) eine Vorsorgevollmacht erteilt, auf die ich Bezug nehme.

17 Wenn meine Krankheit einen irreversiblen tödlichen Verlauf annimmt oder wenn es dem Ende meines Lebens zugeht, verlange ich, dass meine Patientenverfügung befolgt wird.

18 Bezüglich meiner Pflege verfüge ich: Sollte ich vollständig pflegebedürftig werden (z.b. wegen eines Schlaganfalls oder einer Demenzerkrankung im fortgeschrittenen Stadium), bin ich mit einer Verlegung in ein Pflegeheim einverstanden. Eine häusliche Pflege möchte ich meinen Angehörigen auf keinen Fall zumuten. Dafür bitte ich um regelmäßige Besuche im Pflegeheim, das sorgfältig ausgewählt werden sollte.

19 Alternativ: Bezüglich meiner Pflege verfüge ich: Ich möchte so lange wie möglich zu Hause gepflegt werden. Nur wenn die Pflege für meine Angehörigen und eventuelle Pflegedienste unzumutbar schwierig und aufwändig wird, bin ich mit der Verlegung in ein Pflegeheim einverstanden.

20 Ich erkläre mich im Voraus ausdrücklich mit einer durch meinen Bevollmächtigten/meine Bevollmächtigte angeordnete Überwachung meiner Person durch technische Hilfsmittel wie zum Beispiel Kameras, Mikrofone, Sensoren, Navigationsgeräte u.ä. einverstanden. An der Maßnahme soll Pflegefachpersonal mitwirken. Mit einer Totalüberwachung ohne Rücksicht auf meine Intimsphäre und meine Menschenwürde bin ich jedoch nicht einverstanden, auch wenn sich dadurch ein Risiko für meine Gesundheit und mein Leben ergeben sollte.

21 Mit freiheitsentziehenden Schutzmaßnahmen im häuslichen Bereich (z.b. Bettgitter, Sitzgurte, Schutzdecken) erkläre ich mich einverstanden, sofern sie von meinem Bevollmächtigten/meiner Bevollmächtigten angeordnet werden, um mich vor einer Gefährdung meiner Gesundheit oder meines Lebens zu schützen. Falls Pflegedienste freiheitsentziehende Schutzmaßnahmen vornehmen, sollte das Betreuungsgericht um eine Genehmigung ersucht werden.

22 Mit der Installation technischer Vorrichtungen zur Durchführung von Hygienemaßnahmen bin ich einverstanden, wenn hierdurch der Verbleib in meiner Wohnung ermöglicht oder die Tätigkeit der mich pflegenden Personen erleichtert wird. Für alle zur Unterstützung und Erleichterung der häuslichen Pflege erforderlichen technischen Maßnahmen soll mein Vermögen eingesetzt werden, soweit die Kosten nicht durch Sozialleistungen gedeckt werden können.

23 Meine Pflegeverfügung gilt entsprechend für einen gesetzlichen Betreuer, der vom Gericht bestellt wird, falls mein Bevollmächtigter / meine Bevollmächtigte die Vollmacht nicht ausüben kann oder will.

24 Diese Verfügung habe ich im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte aus freien Stücken verfasst. Dies bestätigt mit seiner Unterschrift mein Hausarzt, mit dem ich die Verfügung besprochen habe:. (Name, Anschrift, Telefon, Unterschrift des Hausarztes) Falls ich meine Meinung über die Art und Weise, wie ich gepflegt werden möchte, ändern sollte, werde ich dafür sorgen, dass mein geänderter Wille erkennbar zum Ausdruck kommt.. (Ort, Datum, Unterschrift der verfügenden Person)

25 Literaturhinweis: Stolz/Warmbrunn/Schmolz/Elsbernd Betreuungsrecht und Pflegemanagement Konzepte Beratung Unterstützung Thieme Verlag Stuttgart 2008

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