AUSWIRKUNGEN DER TRITIUM- EMISSIONEN AUF DIE UMWELT
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- Rainer Waltz
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1 AUSWIRKUNGEN DER TRITIUM- EMISSIONEN AUF DIE UMWELT eine ZUSAMMENFASSUNG der Aussagen von Prof. Dr. Béhar / Paris und Prof. Dr. Inge Schmitz- Feuerhake / Universität Bremen Dipl.Ing. Hans Heydemann / Stuttgart 9. Dezember 2013 e.v. 1
2 Tritium was ist das eigentlich? Wasserstoff-Atom: Es gibt davon drei Isotope: Der eigentliche Wasserstoff H +, bestehend aus einem Proton und einem Elektron; stabil (zerfällt nicht); weitaus am häufigsten. Das Isotop Deuterium D oder ²H [Schwerer Wasserstoff], bestehend aus einem Proton und einem Elektron sowie einem Neutron, ebenfalls stabil (zerfällt nicht). Das Isotop Tritium T oder ³H [überschwerer Wasserstoff] bestehend aus einem Proton, einem Elektron und zwei Neutronen; ist radioaktiv, zerfällt mit einer sogen. β -Strahlung, d.h. es sendet negativ geladene Elektronen aus; radioaktive Halbwertzeit: 12,3 Jahre; durch Umwandlung in Helium (stabil) verschwindet davon jedes Jahr 5,6 %. 2
3 Tritium was ist das eigentlich? Tritium kommt in drei verschiedenen chemischen Formen vor: tritiiertes Wasser (HTO) als die am häufigsten vorkommende Form von Tritium in der natürlichen Umgebung und den Lebewesen. Gasförmiges Tritium (HT). An organische Materie gebundenes Tritium (OBT = Organically Bound Tritium), gefunden in Pflanzen, wo es durch Photosynthese eingebunden wird, sowie bei Mensch und Tier. Tritiiertes Wasser chemisch identisch mit Wasser, stärker radiotoxisch als Tritium-Gas. 3
4 Herkunft des Tritiums in der Umwelt Natürlicher Ursprung Einwirkung kosmischer Strahlung auf Stickstoff, Sauerstoff und Argon; natürliches Tritium ist mit 1,3 x Bq (~ 4 kg) weltweit vorhanden, jährliche Neubildung 7,2 x Bq (~ 0,2 kg). Künstliche Erzeugung Militär: etwa 630 kg Tritium durch oberirdische Atomwaffen-Versuche 1945 bis 1963 in Atmosphäre geschleudert => Anstieg mittlerer Tritium-Gehalt im Regenwasser von 0,6 Bq/l auf 350 Bq/l waren noch etwa 65 kg übrig! Zivile Nutzung: In Atomreaktoren entsteht Tritium bei der Kernspaltung bestimmter Isotope des Urans und des Plutoniums in drei Bruchstücke sowie durch Neutronen-Reaktionen auf leichte Elemente im Primärkreis. Freisetzung von Tritium aus der Kernspaltung überwiegend bei der Wiederaufarbeitung der abgebrannten Kernbrennstoffe während der Auflösung des Brennstoffes (10*10 16 Bq je behandelter Tonnen). 4
5 Was geschieht mit dem Abfall-Tritium? Abgabe der Wiederaufarbeitungs-Anlage La Hague 1999 an gasförmigem Tritium 8*10 13 Bq und 1,3*10 16 Bq. an tritiiertem Wasser ins Meer. WAA La Hague läßt nahezu das gesamte freigesetzte Tritium in die Luft und in das Meer ab. In Frankreich sind z.zt. etwa m³ reine Tritium-Abfälle in fester Form (in ~ Fässern) in belüfteten Gebäuden eingelagert. Wegen der Entweichung von Tritium-Gas werden diese von der ANDRA (Agence Nationale de Gestion des Déchets Radio Actifs [Nationale Agentur zur Verwaltung radioaktiver Abfälle]) nicht angenommen. Tritium stellt ein gewaltiges Problem dar für die Industrie, die es erzeugt. 5
6 Gefährlichkeit des Tritiums Tritium ist in Gruppe 4: schwache Radiotoxität eingeordnet. Die Aktivität, unterhalb der ein Gebrauch keiner Genehmigung mehr bedarf, beträgt eine Milliarde Bq (Europäische Direktive Nr. 96/29/ EURATOM v ). Zum Vergleich: Schwellenwert für Plutonium beträgt 37 Bq! Gasförmiges Tritium: Brandgefahr und Gefährdung durch Radioaktivität. Üblich ist, das Tritium-Gas in das noch toxischer wirkende tritierte Wasser umzuwandeln. Tritium ist außerordentlich schwierig zu lagern, denn es entweicht selbst durch allerkleinste Poren. Tritiertes Wasser durchdringt Beton, sofern dieser nicht mit einer besonderen Auskleidung versehen ist. Tritiiertes Wasser bildet in Gegenwart von Luftstickstoff salpetrige Säure, die die Behältnisse zerfrißt. Als persönliche Schutzausrüstung des Arbeiters ist das Tragen einer Maske unzureichend; notwendig ist ein Tritium-dichter Schutzanzug und 2 Paar Schutzhandschuhe aus dickem PVC zum Wechseln alle 20 Minuten. 6
7 Gesundheitsgefährdung durch Tritium Bei innerer Kontaminierung muß Urinausscheidung angeregt werden durch Verabreichen von 6 bis 8 Liter Wasser täglich unter ärztlicher Aufsicht mit Überwachung von Natrium und Kalium im Blut und im Urin, um eine Vergiftung durch Wasser zu vermeiden. Damit Verringern der biologischen Halbwertzeit von Tage auf 3 4 Tage. Für Trinkwasser empfehlen die Richtlinien der WHO (1993) einen Grenzwert von Bq/l. Die für Trinkwasser maßgebliche Europäische Richtlinie 98/83/CE schlägt als Warnschwelle 100 Bq/l vor. Der Regierung von Ontario/Kanada wurde 2003 vorgeschlagen, den erlaubten Höchstwert an Tritium im Trinkwasser innerhalb von 5 Jahren auf 20 Bq/l und danach noch weiter zu senken. 7
8 Tritium was tut es uns an? Radiotoxität des Tritiums äußert auf dreierlei Weise: Eingeatmetes Tritium-Gas verteilt sich im gesamten weichen Gewebe, doch ist die Aufnahme von Tritium-Gas etwa 1.000mal schwächer als die von tritiertem Wasser; die effektive Halbwertzeit (berücksichtigt die physikalische und die biologische Halbwertzeit) beträgt etwa 10 Tage. Tritiiertes Wasser breitet sich in der Gesamtheit der flüssigkeitsführenden Abteilungen des Menschen aus, d.h. zugleich innerhalb und außerhalb der Zellen. Es wird durch Schweiß und Urin-Ausscheidungen entfernt; 3% wandeln sich um in OBT. Die [biologische] Halbwertzeit beträgt bis 40 Tage. Die OBT treten in den Stoffwechsel ein je nach der Art des organischen Bestandteils, und ihre effektive Halbwertzeit beträgt maximal 550 Tage. Doch gilt es zu beachten, daß es außer zu dem betreffenden Stoffwechsel eine starke Bindungs-Neigung der OBT zu den Lipiden des Gehirns besteht. 8
9 Biologische Wirkungen des Tritiums ISSK hat mehrmals Modelle zur Berücksichtigung unterschiedlicher relativer biologischer Wirkungen (EBR) und ein Rechenverfahren für die biologische Kinetik des Tritiums vorgeschlagen. Die globale Ergebnisse ergeben für: Tritium-Gas: 1, Sv je Becquerel tritiiertes Wasser: 1, Sv je Becquerel OBT: 4, Sv je Becquerel (Toxität hierin ermittelt aus der Einheit der Zerfälle durch die Einheit der Radioaktivität). Diese Bewertung zeigt den Anteil des Tritiums an der Jahres-Grenzdosis für den Menschen mit 1 µsv; die globale Jahres-Grenzdosis für die Bevölkerung insgesamt beträgt 1 msv. Dies erklärt auch die wenigen Fälle eingeräumter Umweltbelastungen durch Tritium, und es erklärt außerdem die wiederholten Forderungen der Atom- Anlagen-Betreiber, die legale Freisetzung dieser RadionukleÏde zu erhöhen. 9
10 Auflehnung der Strahlenbiologen Einwand von MEWISSEN 1978: er hatte die Wirkung tritierten Wassers untersucht und eine große Bandbreite der Schädigungen gefunden, die nicht reproduzierbar waren, insbesondere hinsichtlich der Chromosomenbrüche. Seine Schlußfolgerung: nichts ist so verschiedenartig wie die Auswirkungen des Tritiums in der Zelle, und folglich ist die Berechnung einer Dosis nicht möglich, die eine einheitliche Verteilung voraussetzt. Daraufhin hat er eine Überarbeitung der offiziellen Normen gefordert, jedoch ohne jeglichen Erfolg. WANG et al haben 1999 den Nachweis geführt, daß Tritium sehr leicht die Mitochondrien der Zelle schädigt. Bei trächtigen Mäuseweibchen, denen tritiiertes Wasser zu trinken gegeben wurde, war der Anteil an Nachkommen mit Zelltod im Gehirn deutlich größer als bei jenen, die einer γ-strahlung ausgesetzt waren. Einheitsmodell der ISSK erneut in Frage gestellt durch Arbeiten von HAMBY und PALMER in 2001 sowie von RICHARDSON und DUNFORD in Diese schlagen vor, die biologische Wirkung der OBT mit dem 3fachen Wert anzusetzen und weisen auf die besondere Toxität und die der OBT für das Gehirn hin. 10
11 Auflehnung der Strahlenbiologen (Fortsetzung) BHATIA hat 2005 die Auswirkungen der nicht austauschbaren OBT, induziert durch tritiertes Wasser, auf das Gehirngewebe untersucht. Auf der Grundlage seiner Ergebnisse hat er eine starke Erhöhung der EBR (relative biologische Wirksamkeit) der OBT für das Gehirn gefordert und die Debatte neu angestoßen über die Gefährlichkeit schwacher Dosen des Tritiums, zumindest in Form der OBT, auch wenn die Betreiber von Atomanlagen darauf beharren, diese als vernachlässigbar anzusehen. 11
12 Was ist daraus zu folgern? Die Infragestellung des beruhigenden klassischen Modells zur Toxität des Tritiums steht hinsichtlich der OBT auf der Tagesordnung. Dies betrifft zuerst das Abfall-Tritium in seiner Form als tritiertes Wasser, weil dieses die OBT erzeugt. Die wichtigsten Lieferanten dieses Giftes sind die militärischen Reaktoren, moderiert mit Schwerwasser, und die Wiederaufarbeitung der nuklearen Abfälle. Die nukleare Weiterverbreitung verschlimmert diesen Zustand. Die Vorhaben der nuklearen Fusion lassen eine noch größere Erzeugung und Freisetzung an Tritium erwarten. 12
13 ICRP-Stoffwechsel-Modell zur rechnerischen Ermittlung der Verteilung aufgenommener radioaktiver Stoffe im Körper und deren Verweildauer in den verschiedenen Körper- Abschnitten mittels Differentialgleichungen! Kritikpunkte: nur 2 Altersgruppen: - < 1 Jahr bis 17 Jahre - Erwachsene kein Geschlechtsunterschied Säuglinge u. Embryonen nicht berücksichtigt Ergebnisse sind nicht konservativ 13
14 Tab.1: Dosisfaktoren ausgewählter Nuklide bei Inhalation und Ingestion nach Euratom 96/29 im Vergleich zur SSVO
15 Fehlerhafte Dosisfaktoren Aufnahme von Tritium durch Diffusion über die Haut im Inhaltionsfaktor nach ICRP nicht berücksichtigt (etwa ein Drittel der Gesamtdosis!) Mutagene und karzinogene Wirkung des Tritiums durch Einbau in organische Moleküle und insbesondere die DNS unzureichend berücksichtigt! Annahme ICRP: Tritium wird im Körper mit einer Halbwertzeit von 40 Tagen abgebaut und ausgeschieden. Gemessen wurden sehr viel längere Halbwertzeiten von 182 bis 257 Tagen. Annahme ICRP: 3 % OBT-Anteil, gilt auch für Kinder! Säuglinge und Kinder bilden jedoch wesentlich mehr Zellen, somit ist Einbau von Tritium-Atomen in die DNS höher und damit auch das Krebsrisiko! Relative Biologische Wirksamkeit (RBW) von Tritium für stochastische Effekte deutlich höher als von ICRP angesetzt. Grund: hoher LET-Wert der niederenergetischen β-strahlung und Transmutation in Helium in organischen Molekülen. Äquivalenzdosis bei Tritium-Inkorporation nach EURATOM-Grundnorm wird generell um den Faktor 15 unterschätzt! 15
16 Kritik an der ICRP Formulierung von Strahlenschutz-Bestimmungen nur durch eine einzige Expertengruppe, der ICRP [ISSK]. Empfehlungen der ICRP [ISSK] sind Grundlage der nationalen Strahlenschutz-Gesetzgebung. Öffentliche Besorgnis über Strahlenbelastungen aus der Nuklearindustrie werden von den Regierungen, Behörden und der verursachenden Industrie als irrational und unwissenschaftlich abgetan. Die Empfehlungen der ICPR dienen dabei als Rechtfertigung. Ende der 80iger Jahre waren die wissenschaftlichen Beweise für die Gefährlichkeit ionisierender Strahlung erdrückend. Epidemiologische Langzeituntersuchungen an strahlenexponierten Personengruppen zeigten auf, daß das Strahlenkrebsrisiko über 10mal höher ist, als es bei den ICRP-Empfehlungen zugrunde gelegt wurde. Supralinearer Verlauf der Dosiswirkungskurve: mehr Krebsfälle je zusätzlicher Dosis bei kleinen als bei höheren Dosen! 16
17 AUFRUF! Der Abgeordnete Christian Bataille stellt fest, daß das Tritium für die menschliche Gesundheit nicht bestreitbare Gefahren darstellt, die nie vergessen werden dürfen. Er fügt hinzu: Die verantwortlichen Behörden der atomaren Einrichtungen, ob zivil oder militärisch, müssen sich bewußt sein, daß die Freisetzung von Tritium in die Umwelt in den kommenden Jahren zu einem Hauptproblem und sicherlich zu einem der Hauptgründe des Anti-Atom-Protestes werden wird. Wir Mediziner rufen jetzt dazu auf, die Tritium-Frage zu einer Hauptachse unserer Kampagne ICAN zu machen, denn das Ende seiner Herstellung und somit seiner Freisetzung wäre ein gutes Zeichen für die Schaffung einer Welt ohne Atomwaffen. Prof. Dr. Abraham Béhar / Paris 17
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