Europäische Bürgerschaft ein nicht definierter Begriff?
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- Herbert Schräder
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1 Europäische Bürgerschaft Was ist das? Und: brauchen wir sie? Workshop im EJBW, 20. Januar 2009 im Rahmen des Fachforums Europa Impulse für die europapolitische Bildung mit Jugendlichen Bernd Karwen Ergebnisse, Lektürehinweise Europäische Bürgerschaft ein nicht definierter Begriff? Tatsächlich ist der Begriff Europäische Bürgerschaft nicht abschließend definiert. Allerdings taucht er in Dokumenten der EU auf: Im Vertrag von Maastricht von 1992 wurde die Unionsbürgerschaft eingeführt Unionsbürger ist, wer die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedsstaats besitzt. Die Unionsbürgerschaft ist gegenüber der Staatsbürgerschaft komplementär. Bürgerrechte: - Aufenthaltsrecht in den Mitgliedsstaaten - Aktives und passives Kommunal- und Europawahlrecht - Petitionsrecht beim EP - EU-Bürger sind Rechtssubjekte des Gemeinschaftsrechts Die Grundrechte-Charta des Vertrags von Nizza (2000) brachte zusätzlich: - Recht auf gute Verwaltung - Zugang zu allen Dokumenten der EU-Institutionen - KINDERRECHTE Meinung der Kinder soll Alter und Reifegrad entsprechend innerhalb der EU berücksichtigt werden. Der Vertrag von Lissabon übernimmt wesentliche Teile der in Frankreich und den Niederlanden abgelehnten EU-Verfassung. Das bedeutet für die Bürgerschaft: - favorisiert wird das Modell der repräsentativen Demokratie bei starker Einbindung der EU-Bevölkerung durch Bürgernähe und Transparenz dazu dienen Dialogmöglichkeiten, Initiativrecht und Europäischer Bürgerbeauftragter Ziel politischer Bildung mit Jugendlichen ist es, diese zu verantwortlichem, demokratischen Engagement zu motivieren und sowie Wissen und Fähigkeiten zu vermitteln. Was macht einen kompetenten EU-Bürger aus? In der EMPFEHLUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 18. Dezember 2006 zu Schlüsselkompetenzen für lebensbegleitendes Lernen (2006/962/EG) heißt es zum Thema Bürgerkompetenz: Bürgerkompetenz beruht auf der Kenntnis der Konzepte der Demokratie, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Staatsbürgerschaft und Bürgerrechte, wie sie in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und internationalen Erklärungen festgelegt sind und wie sie von verschiedenen Institutionen auf lokaler, regionaler, 1
2 nationaler, europäischer und internationaler Ebene angewendet werden. Sie schließt die Kenntnis von Ereignissen der Zeitgeschichte sowie der wichtigsten Ereignisse und Trends in der nationalen und europäischen Geschichte sowie der Weltgeschichte ein. Ferner sollte ein Bewusstsein der Ziele, Werte und politischen Konzepte gesellschaftlicher und politischer Bewegungen entwickelt werden. Von wesentlicher Bedeutung ist ferner die Kenntnis der europäischen Integration, der Strukturen der Europäischen Union, ihrer wichtigsten Ziele und Werte sowie ein Bewusstsein der europäischen Vielfalt und kulturellen Identität. Bürgerkompetenz erfordert die Fähigkeit, tatsächliche Beziehungen zu anderen im öffentlichen Bereich einzugehen und Solidarität und Interesse an der Lösung von Problemen der lokalen und weiter gefassten Gemeinschaft zu zeigen. Hierzu gehören das kritische und kreative Nachdenken und die konstruktive Beteiligung an gemeinschaftlichen oder nachbarschaftlichen Aktivitäten sowie an der Entscheidungsfindung auf allen Ebenen, von der lokalen über die nationale bis hin zur europäischen Ebene, insbesondere durch die Teilnahme an Wahlen. Die volle Achtung der Menschenrechte sowie der Gleichheit als Grundlage für Demokratie sowie die Anerkennung und das Verstehen der Unterschiede zwischen Wertesystemen unterschiedlicher Religionen oder ethnischer Gruppen legen den Grundstein für eine positive Einstellung. Dies bedeutet sowohl ein Zugehörigkeitsgefühl zu seiner Stadt, seinem Land, der Europäischen Union und Europa allgemein und zu der Welt als auch die Bereitschaft, an der demokratischen Entscheidungsfindung auf allen Ebenen mitzuwirken. Dazu gehört auch, Verantwortungsbewusstsein zu zeigen sowie Verständnis und Achtung der gemeinsamen Werte, die erforderlich sind, um den Zusammenhalt der Gemeinschaft zu gewährleisten, beispielsweise die Achtung demokratischer Grundsätze. Eine konstruktive Beteiligung umfasst auch andere staatsbürgerliche Aktivitäten, die Unterstützung von gesellschaftlicher Vielfalt, Zusammenhalt und nachhaltiger Entwicklung sowie die Bereitschaft, die Werte und die Privatsphäre anderer zu respektieren DE Amtsblatt der Europäischen Union L 394/17 Die EU strebt Bürgernähe an zumindest ist sie als Ziel im Vertrag von Lissabon verankert. In diesem Zusammenhang hat sie eigens eine EU-KOMMUNIKATIONSSTRATEGIE entwickelt: Ziel ist es, Bürger stärker in europäische Entscheidungsprozesse einbinden durch: - umfassende Information - steten Dialog mit den Bürgern zur EU-Politik Insbesondere für Jugendliche wurde der KONTINUIERLICHER STRUKTURIERTER DIALOG entwickelt. Dabei soll Jugendlichen das Gefühl der Teilhabe am europäischen Einigungsprozess vermittelt werden. Auf Dauer wird es nicht genügen, ein Gefühl zu vermitteln nachhaltig wird es sein, tatsächliche Impulse Jugendlicher aufzunehmen und umzusetzen. Zu Recht fordert Barbara Tham, dass mehr Transparenz und Verbindlichkeit im Prozess des strukturierten Dialogs notwendig ist. (Tham 2007: 9) 2
3 Zugleich sollten Möglichkeiten politischer Mitwirkung und Gestaltung in einer Demokratie und auf europäischer Ebene realistisch aufgezeigt werden. EUROP BILDUNG: BÜRGERKOMPETENZEN. - Die Europäische Kommission hat in ihrem Zukunftsprogramm für die Jahre vorgeschlagen, die Förderung der EU- Bürgergesellschaft zu einer Hauptpriorität europäischer Maßnahmen zu machen. AKTIONSPROGRAMME DER EU: - Austausch - Begegnung, gemeinsame Lernprozesse Workshopergebnisse: In einer ersten Runde wurde geklärt, was EU-Bürgerschaft im Alltag bedeutet. Dabei waren für die Teilnehmer vor allem Elemente bedeutend, bei denen die Europäische Union positiv erfahren werden konnte: - Reisefreiheit - Euro - Europäische Werte - Europa als Lerngemeinschaft - Als Bürger fühlt man sich i.a. bei Wahlen beteiligt noch immer wird aber das Wahlrecht zum EP zu wenig wahrgenommen (Wahlbeteiligung 2004: 46 %, bei Jugendlichen im Alter von Jahren: 33 %) - Problem mangelnder Information über EU-Politik (bei erheblicher Komplexität) - Mangel an einer EU-Öffentlichkeit Voraussetzungen für die Mitsprache Jugendlicher auf der europäischen Ebene Europa ist bürgernah durch: - Information über die Erfolge der EU sowie über Ziele der EU - Wissen über die Kompetenzen und Zuständigkeiten der EU-Ebene - Austauschprogramme - Präsenz und Kompetenz von Mitgliedern des Europäischen Parlaments Europäische Identität: - Eine kollektive Identität mit Europa als Bezugsrahmen ist noch nicht allgemein verbreitet. Identität definiert sich für auch über gemeinsame Interessen z.b. als Künstler findet man gemeinsame Ebene nicht über Nationalität oder Transnationale europäische Identität, sondern über Fachkollegialität. Dies trifft gewiss auch auf andere Bereiche zu. - Stolz auf Europa? - Eine europäische Identität bildet sich langsam heraus. Abhängig vom Verhältnis zur eigenen nationalen Identität nimmt die europäische Identität einen hohen 3
4 Rang ein. Dennoch wird diese europäische Identität komplementär zur nationalen, kulturellen Identität sein. (Europäische) Bürgerschaft (Citizenship) neu definiert: Der Nationalstaat erodiert z.b. durch seine Einbindung in die Europäische Union. Daher schlagen Forscher wie Stephen Castles und Alastair David ein Konzept von Bürgerschaft vor, das allein auf den Wohnort gegründet ist und keinerlei kulturelle oder ethnische Identität erfordert. In einer globalisierten Welt, in der mehrfache kulturelle, ethnische und staatliche Zugehörigkeiten einer Person möglich sind, können ethnische und kulturelle Identitäten nicht mehr Kriterium für politische Teilhabe sein. Impulse: Historisch: Die friedliche Revolution in Ostmitteleuropa sollte als Beispiel für erfolgreiches bürgerschaftliches Engagement dienen, das zeigt, dass Bürger auch in vollkommen aussichtslos erscheinenden Situationen durch persönliches Engagement etwas verändern können. (Sie können z.b. Grenzen öffnen, Bürgerrechte einfordern, freie, gleiche und geheime Wahlen herbeiführen u.v.a.m.) Solidarność und Bürgerbewegung in der DDR zeigen, dass es sich lohnt, für Grundrechte einzustehen. Und beide Entwicklungen, sowohl die ersten erkämpften halbfreien Wahlen in Polen am 4. Juni 1989 wie die Bedeutung der Proteste gegen Wahlfälschungen in der DDR und die ersten freien Wahlen in der DDR zeigen, wie wichtig freie, geheime und gleiche Wahlen sind. Diese Erfahrungen (auch aus anderen Ländern Ostmitteleuropas) sind eine bedeutende Quelle europäischer Identität, die es für die politische Bildung zu erschließen gilt. Literatur: Balibar, Etienne: Sind wir Bürger Europas? BPB, Bonn Georgi, Viola B. (Hg): The Making of Citizens in Europe. New Perspectives on Citizenship Education. BPB Band 666, Bonn, Karolewski, Ireneusz Pawel: Bürgerschaft und kollektive Identität in Europa, in: Welttrends 54 (Frühjahr) 2007, Lohmann, Georg (Hg.): Demokratische Zivilgesellschaft und Bürgertugenden in Ost und West, Ff, M Tham, Barbara: Europa vermitteln Zur Stärkung einer Europäischen Bürgergesellschaft. Workshop im Rahmne der Fachtagung Europa vermitteln vom in Bonn, in: Jugend für Europa (Hg.). Europa vermitteln. Handbuch zur europabezogenen Jugendbildung,
5 Tham, Barbara: Europäische Bürgergesellschaft und Jugendpartizipation in der Europäischen Union, CAP Analyse Forschungsgruppe Jugend und Europa, Ausgabe 9, Dezember unter 14 Seiten. Weitere wertvolle Literaturangaben finden sich in den Angegebenen Publikationen, besonders in Georgi
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