Auswege aus der Prekarisierungsfalle
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- Frieder Schuster
- vor 7 Jahren
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1 Auswege aus der Prekarisierungsfalle Bernhard Jirku Bereichsleiter Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik Arbeitsmarkt- & Beschäftigungspolitik
2 Prekarisierung der Arbeit - Niedriglöhne / Hungerlöhne - Mini-Jobs / Arbeit auf Abruf - Leiharbeit / Werkvertragsunternehmen - Befristete Beschäftigung - Scheinselbstständigkeit / Werkverträge - Praktika / Probearbeit - Alg-Maßnahme-Arbeit Wessen Prekarisierung ist wessen Stabilisierung? Arbeitsmarkt- & Beschäftigungspolitik
3 Prekäres Leben - Schlechte / unsichere / keine Erwerbsarbeit - Geringes oder kein Erwerbseinkommen - Evtl. Verschuldung / Überschuldung - Evtl. schwierige Familienverhältnisse - Evtl. Sozialhilfebedarf / Alg II - Stigmatisiert / individualisiert / exkludiert - Weniger Sympathie in der Bevölkerung Wessen Prekarität ist wessen Wohlstand? Arbeitsmarkt- & Beschäftigungspolitik
4 Mehr Beschäftigung - aber was für welche? Veränderung der Erwerbstätigenzahlen von 2000 bis 2010 ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik Erwerbstätige (Solo-) Selbstständige Euro-Jobs u.a. Arbeitsgelegenheiten Mini-Jobs u.a. geringfügige Beschäftigung herkömmliche Teilzeit Leiharbeit Vollzeit ohne Leiharbeit Quelle: Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, auf gerundet (Stand: Februar 2011)
5 Veränderungen von 2009 zu Abhängig Beschäftigte: Regulär: [ Verhältnis: 1 zu ] Atypisch: [ 3 ] Leiharbeiter/innen: Befristet: (Finanzkrise 2008 / 2009 Wiederanstieg 2010 ff.) (Quelle: Statistisches Bundesamt) Arbeitsmarkt- & Beschäftigungspolitik
6 Entwicklung der Erwerbstätigkeit Quelle: Statistisches Bundesamt
7 Mehr Beschäftigung - aber was für welche? Veränderung der Erwerbstätigenzahlen von 2000 bis 2010 ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik Erwerbstätige (Solo-) Selbstständige Euro-Jobs u.a. Arbeitsgelegenheiten Mini-Jobs u.a. geringfügige Beschäftigung herkömmliche Teilzeit Leiharbeit Vollzeit ohne Leiharbeit Quelle: Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, auf gerundet (Stand: Februar 2011)
8 60 Immer mehr Teilzeit Anteil der Teilzeitbeschäftigten an allen Beschäftigten in Prozent ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik Insges. Männer Frauen Quelle: IAB Arbeitszeitrechnung
9 A. Wagner 2010
10 Beschäftigte in Leiharbeit Frauenanteil von knapp 20 auf gut 30 Prozent gestiegen ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik 2010: , 2009: 31,1 % Frauen Frauen Männer 2007: , davon 26,1 % Frauen : , davon 18,5 % Frauen 2000: , davon 23,4 % Frauen Quelle: Bundesagentur für Arbeit, jeweils Dezemberwerte; 2010: Meldungen der Zeitarbeitsunternehmen, eigene Schätzung
11 in Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse 10 % % Immer mehr befristete Jobs ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik 9 % 8 % Frauen 7 % 6 % 5 % Manner insgesamt (2008: 2,7 Mill.) 4 % Quelle: Statistisches Bundesamt, März 2009 (Ergebnisse der Mikrozensen 1991 bis 2008)
12 Solo-Selbstständige - Selbstständige: seit Zuwachs nur bei Solo-Selbstständigen - 2,3 Millionen Solo-Selbstständige, d.h. Mehrheit der Selbstständigen - 29 % (bei Frauen: 40 %) haben im Monat weniger als Euro netto Arbeitsmarkt- & Beschäftigungspolitik
13 Mehr Beschäftigung - aber was für welche? Veränderung der Erwerbstätigenzahlen von 2000 bis 2010 ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik Erwerbstätige (Solo-) Selbstständige Euro-Jobs u.a. Arbeitsgelegenheiten Mini-Jobs u.a. geringfügige Beschäftigung herkömmliche Teilzeit Leiharbeit Vollzeit ohne Leiharbeit Quelle: Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, auf gerundet (Stand: Februar 2011)
14 ver.di/bereich Wirtschaftspolitik
15 Einkommensschere öffnet sich immer weiter Entwicklung der Nettorealeinkommen (preisbereinigt) ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik = 100 Private Nettogewinne und Vermögenseinkommen real Nettolohn- und gehaltsumme real Nettolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer real Quelle: Statistisches Bundesamt, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, eigene Berechnungen. Sprung 1991 durch deutsche Vereinigung.
16 Niedrig- und Hungerlöhne Über 20 % aller Beschäftigten 14 % aller beschäftigten Männer und 30 % von allen beschäftigten Frauen 80 % sind qualifiziert [ Niedriglohnschwelle: 9,06 Euro (9,50 West / 6,87 Ost) / Std.] [ Hungerlohnschwelle: ca. 6 Euro ( ) / pro Monat ] Quelle: IAQ-Report und Arbeitsmarkt- & Beschäftigungspolitik
17 Von den Beschäftigten arbeiten... ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik 5,83 Mio. 4,97 Mio. 3,40 Mio. 2,11 Mio. 1,15 Mio. 3,6% 6,7% 10,7% 15,7% 18,4% für unter 5 Euro unter 6 Euro unter 7 Euro unter 8 Euro unter 8,50 Euro Quelle: IAQ-Report 6/2010
18 Lohndumping durch Leiharbeit Mittleres Bruttomonatsentgelt nach Qualifikation und Wirtschaftsbereichen ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2010
19 Beschäftigung und Verarmung Mit der Ausweitung von prekärer Beschäftigung und Hungerlöhnen sowie der Verarmung in den unteren und mittleren Lohngruppen stieg die Zahl der Personen bzw. Familien, die ergänzende Sozial-leistungen (Hartz IV / Arbeitslosengeld II) in Anspruch nehmen müssen. Kaufkraft wurde abgesenkt. Arbeitsmarkt- & Beschäftigungspolitik
20 Arbeitslosengeld II als Kombilohn Erwerbstätige, die zusätzlich ALG II beziehen ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik Selbständige Geringfügig Beschäftigte sozialversicherte Teilzeitbeschäftigte Vollzeitbeschäftigte Quelle: Bundesagentur für Arbeit
21 Arbeitsmarkt- & Beschäftigungspolitik
22 Vermögensposition der Personen Reiche werden reicher, Arme noch ärmer Vermögensverteilung in Deutschland 2002 und 2007 ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik die reichsten 10% 57,9% 61,1% die ärmsten 10% -1,2% -1,6% % 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% Anteil am Gesamtvermögen *Sachvermögen (Grundeigentum im In- und Ausland), Gebrauchsvermögen (u.a. Gold, Schmuck) plus Geldvermögen (Spar- und Bausparguthaben, Wertpapiere, Termingelder, Lebensversicherungen) abzüglich aller Schulden (Hypotheken, Konsumentenkredite). Quelle: DIW Wochenbericht, 4/2009
23 Löhne stagnieren - Gewinne explodieren preisbereinigte Entwicklung ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik 140% 135% 130% 125% Unternehmens- und Vermögenseinkommen 120% 115% Prognose 110% 105% 100% Bruttolöhne und -gehälter 95% Quelle: Statistisches Bundesamt, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, DIW-Wochenbericht 1-2/2011, eigene Berechnungen
24
25 29,6% Schlusslicht Deutschland Veränderung der Reallöhne pro Kopf 2009 gegenüber 2000 ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik 23,2% 24,1% 13,1% 14,7% 14,9% 17,1% 18,3% 5,8% 6,3% 6,8% 7,6% 8,6% 9,2% 9,3% 9,7% -2,8% Quelle: Europäische Kommission: Ameco-Datenbank (Deflator: privater Konsum), Stand: Dezember 2010
26 Niedriglohnanteile von Frauen und Männern 2006 ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik 33,8% 29,1% 29,4% 31,0% Männer Frauen 19,7% 16,2% 16,3% 15,7% 8,9% 9,2% 8,2% 9,2% 8,0% 4,7% Schweden Frankreich Dänemark Großbritannien USA Deutschland Japan Quelle: Bosch, Weinkopf, Kalina, FES 2009
27 Mehr Lohn - mehr Beschäftigung Veränderung 2009 gegenüber 2000 ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik 38,7% 36,8% Großbritannien 27,5% Niederlande Frankreich Deutschland 14,1% 14,1% 11,5% 12,0% 5,7% 3,9% 5,4% 4,8% Arbeitnehmerentgelte je Beschäftigtem -0,8% Beschäftigte Bruttoinlandsprodukt, preisbereinigt Quelle: EU-Kommission, AMECO-Datenbank, eigene Berechnungen. Beschäftigte als Vollzeitäquivalente (außer Großbritannien)
28 Zwangsdiät lohnt sich nicht ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik Veränderung 2000 bis 2010 Reallöhne Beschäftigung Wachstum 23 % 3 % 9 % 10 % 5 % 13 % 6 % 7 % 12 % 6 % 9 % 16 % 9 % 14 % -3 % Deutschland Frankreich Eurozone Österreich Spanien Quelle: EU-Kommisson, Ameco Datenbank
29 Beschäftigungspolitik Die Hartz-Agenda hat sich weder gesamtwirtschaftlich noch beschäftigungspolitisch bewährt: andere EU-Staaten haben beim Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum mit einer anderen Politik wesentlich besser abgeschnitten. Beschäftigungswachstum gibt es insbesondere bei den Dienstleistungen. Arbeitsmarkt- & Beschäftigungspolitik
30 Krise und Beschäftigungspolitik Die Hartz-Agenda hat zu einer breiteren Verarmung geführt und sich in der Finanzund Wirtschaftskrise nicht bewährt. Bewährt haben sich Konjunkturpakete, Kurzarbeit, Arbeitszeitkonten und Beschäftigungssicherungstarifverträge. Arbeitsmarkt- & Beschäftigungspolitik
31 Welche Beschäftigungspolitik? Mit der Hartz-Agenda verbindet sich die Devise Jobs-Jobs-Jobs : Arbeit um jeden Preis, Arbeit zu jedem Preis - prekäre Arbeit. Die Gewerkschaften treten für Mehr und bessere Arbeit! ein. Beschäftigungszuwachs gibt es besonders bei sozialen Dienstleistungen. Arbeitsmarkt- & Beschäftigungspolitik
32 Finanzierung von Zukunft Steuer- und Fiskalpolitik hat große Schlagseite: Es wird zu wenig für die Einnahmeseite getan, Ausgabenbegrenzung steht zu sehr im Vordergrund. Verbesserte Einnahmen sind nicht nur möglich (z.b. per Vermögenssteuer), sondern auch für eine stabile Entwicklung der sozialen Dienstleistungen und einen ausgewogeneren Konjunkturverlauf notwendig. Arbeitsmarkt- & Beschäftigungspolitik
33 Sozialstaat in der Krise Anteil von Staat und Sozialversicherungen am Bruttoinlandsprodukt ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik 47,6% 47,6% 48,1% 48,5% 47,1% 46,8% Ausgaben 47,6% 48,0% 47,0% 46,0% 46,4% 45,4% 45,0% 44,7% 44,4% 44,5% 43,9% 44,4% Projektion der Bundesregierung 43,3% 43,5% 43,7% 43,7% 43,7% Einnahmen 42,5% 42,0% 42,0% 42,0% Quelle: Statistisches Bundesamt 2009 und Bundesregierung, Deutsches Stabilitätsprogramm, Januar 2010
34 Steuereinnahmen in Prozent des Bruttoinlandsprodukts Steuerquote in Deutschland ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik und 2010 Schätzung Quelle: Bundesfinanzministerium, ab 2008 Steuerschätzung vom Nov 2009
35 0-0,6 Einnahmeausfälle für Bund, Länder und Gemeinden durch Steuerrechtsänderungen seit 1998 ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik Mrd. -1,4-3,1-2,7-24 Mrd. -30 Mrd. -31 Mrd. -1,6-2,6-1,6-2,3-20 Mrd. -3,6-5,7-8,1-8,6-7,7-6, Mrd. -40 Mrd. -36 Mrd Mrd. Bund Gemeinden Länder -51 Mrd. -56 Mrd. -52 Mrd Mrd. Quelle: BMF, Berechnungen Eicker-Wolf/Truger
36 Vize-Weltmeister in sparsamer Ausgabenpolitik Entwicklung der realen Staatsausgaben Durchschnitt der jährlichen Veränderung 1998 bis 2010 ver.di Bundesvorstand Bereich Wirtschaftspolitik 4,5 % 3,8 % 1,4 % 1,4 % 2,0 % 1,8 % 1,5 % 0,2 % -0,2 % Quelle: EU/IMK
37 Finanzierung von Zukunft - Soziale Dienstleistungen entwicklen (Dienstleistungs- und Industriepolitiken) - Fiskalpolitik verbessern (Kommunalfinanzen, Bildung, Infrastrukturen, ) - Steuereinnahmen erwirtschaften (Erbschafts- und Vermögenssteuern, Spitzensteuersätze) - Kaufkraft stärken / Mindestlohn einführen (Hunger- und Kombilöhne erübrigen) Arbeitsmarkt- & Beschäftigungspolitik
38 Zukunft der Existensicherung - Mindestlöhne (allgemein gesetzlich, allgemeinverbindlich, tariflich) - Sozialversicherungen verbessern (existenzsichernd gestalten, Mindestsicherung entlasten) - Daseinsvorsorge / Infrastrukturen (öffentliche Finanzen, Bildung, Kita, Pflege, ) - Mindestsicherungssysteme verbessern (entlasten durch: Mindestlohn, SV, KiZ, Wohngeld, ) Arbeitsmarkt- & Beschäftigungspolitik
39 Soziale Mindestsicherung - Ausdifferenzierte, bessere Regelsätze - Bedarfsgerechte Mehrbedarfe - Differenzierte, tatsächliche Wohnkosten - Gute Gesundheitsversorgung - Zugängliche öffentliche Infrastrukturen - Zugang zum Rechtsstaat, Schutz vor Willkür - Keine Existenzvernichtung durch Sanktionen - Recht auf Arbeit statt Pflicht zu Workfare - Gute Alterssicherung statt Zwangsabschläge - Bürgerfreundliche Arbeits- & Sozialverwaltung Arbeitsmarkt- & Beschäftigungspolitik
40 Gute statt prekäre Arbeit - Mindestlöhne statt Hungerlöhne - Unbefristete statt befristete Beschäftigung - Leiharbeit gleichstellen, Nachteile ausgleichen - Mini-Jobs umwandeln (Gleitzone, Steuern) - Selbstständige sozial besser sichern - Praktika umwandeln, Probearbeit verbieten - Arbeit statt 0- oder 1-Euro-Maßnahmen Arbeitsmarkt- & Beschäftigungspolitik
41 Wege aus der Prekarisierungsfalle Fair statt Prekär Gerecht geht anders Fair teilen Arbeitsmarkt- & Beschäftigungspolitik
42 Vielen Dank! Arbeitsmarktplitik
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