15. Patentschutz und technischer Fortschritt. Die Wahl zwischen Lizensierung und Eigenproduktion
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- Carin Junge
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1 15. Patentschutz und technischer Fortschritt Grundlagen Wohlfahrtstheoretische Analyse des Patentschutzes und seiner Alternativen Die Wahl zwischen Lizensierung und Eigenproduktion Die Auswirkung der Marktstruktur auf die Innovationsintensität
2 Fragen Warum ist der Schutz geistigen Eigentums sinnvoll, und was für Formen des Schutzes gibt es? Was für Alternativen gibt es zu Patenten, und wie wirken sie? Was ist die wohlfahrtsmaximierende Dauer eines Patents? Soll der Besitzer eines Patents das Produkt selber herstellen oder in Lizenz herstellen lassen? Wie wirkt sich die Marktstruktur auf den Forschungseifer von Firmen aus?
3 Grundlagen Geistiges Eigentum beruht i.d.r. auf einem kreativen Akt wie einer Erfindung oder einer Entdeckung. Solche kreativen Akte bilden den Motor des technischen Fortschritts, der viel zum wirtschaftlichen Wachstum und materiellen Wohlergehen einer Gesellschaft beiträgt. Diese Akte besitzen allerdings den Charakter eines öffentlichen Gutes: Ohne Schutz würde der Erfinder oder Entdecker die vollen Kosten seiner Tätigkeit tragen, aber den Nutzen davon an Nachahmer verlieren. Sofern solche geistigen Aktivitäten gewinnorientiert getätigt werden (Gegenbeispiel: Linux), würde fehlender Schutz folglich zu einer Unterinvestition führen. Es gibt im Grunde vier Formen des Schutzes: Patente gewähren dem Besitzer die Eigentumsrechte auf Produkte, Verfahren, Materialien, Formen und allfälliger Verbesserungen derselben. Die Gewährung von Patenten ist i.d.r. mit Offenlegung verbunden, was den technischen Fortschritt insofern fördert, als andere auf den Patenten aufbauen können. Gerade aus diesem Grunde ziehen manche Firmen Betriebsgeheimnisse (Bsp. Formel für Coca Cola) Patenten vor. Copyrights schützen künstlerische Leistungen. Sie sind insofern weniger streng als Patente, als sie gewisse Nachahmungen (z.b. West Side Story als Kopie von Romeo & Juliet) zulassen. Registrierte Markennamen schützen Namen, Symbole oder andere Merkmale, die Produkte oder Dienstleistungen einer Firma von jenen anderer Firmen unterscheiden. Im Unter-
4 schied zu Patenten oder Copyrights ist der Schutz von Markennanmen nicht von Vornherein zeitlich begrenzt. Er kann auch verfallen, wenn der Markenname zum allgemeinen Begriff (Bsp. Nylon) wird. Obwohl Patente geistiges Eigentum schützen und dadurch Innovation fördern, haben sie einen Nachteil: Sie schaffen Monopole, welche Ineffizienzen (p MC) mit sich bringen. Es gibt Alternativen zu Patenten, u.a. staatliche Forschungsaufträge, Forschungspreise und Joint Ventures. Anhand eines Modells von Wright (AER, 1983) sollen in der Folge alle vier Möglichkeiten wohlfahrtstheoretisch untersucht werden.
5 Modellannahmen: Wright (1983), AER Es gibt eine Vielzahl identischer Firmen, die jeweils ein Forschungsprojekt unternehmen könnten. Kosten der Forschung sind fix und betragen m pro Firma. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Forschung erfolgreich ist bzw. mindestens eine Innovation hervorbringt, beträgt P(n), wobei n die Anzahl der forschenden Firmen angibt. Dabei ist P(n) = 1-exp(-α n) Forschung findet in Periode t = 0 statt, und der Nutzen davon fällt in allen nachfolgenden Perioden an. Der gesellschaftliche Nutzen B der Forschung entspricht dem Barwert der nach Einführung der Innovation periodenweise anfallenden Konsumentenrente.
6 P(n) = 1 - exp (-α n) Wahrscheinlichkeit mindestens einer Innovation in % Zahl der Forschungsprojekte alpha = alpha = alpha =
7 P(n)/n = [1 - exp (-α n)]/n Durchschnittswahrscheinlichkeit Zahl der Forschungsprojekte alpha = alpha = alpha =
8 Staatliche Forschungsaufträge Eine Alternative zu Patenten bestünde darin, die wohlfahrtsmaximierende Zahl n* der Forschungsprogramme bzw. forschender Firmen zu bestimmen und dann eine entsprechende Anzahl von Forschungsaufträgen zu vergeben. Die Eigentumsrechte der Erfindung würde an den Staat (Sozialplaner) fallen. Durch den Wettbewerb der Firmen um die Aufträge, würden die Kosten eines Auftrags für den Staat auf m fallen. Ein solches Vorgehen maximiert die Wohlfahrt, setzt aber voraus, dass sich n* in Wirklichkeit bestimmen lässt. Bestimmung von n* Zielfunktion des Sozialplaners: S(n) = erwarteter Nutzen Gesamtkosten = BP(n) nm max n Bedingung erster Ordnung: erwarteter Grenznutzen = Grenzkosten BP'(n) = m B α exp( α n) = m B α ln m n* = α
9 Zahlenbeispiel P(n) = 1 - exp( n), d.h. α = m = 1 künftige Nachfrage nach dem neuen Produkt: p = a - b Q = 6-5 Q künftige Produktionskosten: C(q) = c Q = Q Zinssatz: r = 10% Daraus folgt: 2 2 (a c) (6 1) B= 2b = 25 = 25 r 10% B α ln ln m 1 n* = = = 8 α Die erwartete Netto-Wohlfahrt beträgt in diesem Fall: B P(n*) n* m = = 12.08
10 Wohlfahrtsmaximierende Zahl der Forschungsprojekte
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12 Kosten und Nutzen unterschiedlicher Formen der Forschungsförderung (1) n 8 P(n) 0.80 E(B) Ε(Barwert von Π) 0 Kosten m n 8.00 NSB bzw. S(n) (2) (3) (4) (1) beschränkter Marktzutritt (staatliche Forschungsaufträge bzw. Forschungspreise) (2) freier Marktzutritt, unendlicher Patentschutz und vollkommene Preisdiskriminierung (3) freier Marktzutritt, unendlicher Patentschutz und Monopolpreisbildung (MR = MC) (4) freier Marktzutritt, endlicher Patentschutz (t* = 11.45) und Monopolpreisbildung während der Patentzeit
13 Staatliche Forschungspreise In diesem Fall dürfen grundsätzlich alle Firmen forschen. Der Sozialplaner lobt einen Forschungspreis R aus, den nur die erfolgreiche Firma erhält. Die Eigentumsrechte der Erfindung gehen an den Staat. Die Aufgabe des Sozialplaners besteht darin, den Forschungspreis so hoch anzusetzen, dass sich genau die wohlfahrtsmaximierende Zahl n* von Firmen für die Forschung entscheidet. Bestimmung der Höhe des Forschungspreises R Damit eine Firma zu forschen bereit sein wird, muss der erwartete Ertrag mindestens die Kosten decken, d.h.: P(n) R m n P(n)/n sei die Wahrscheinlichkeit, dass eine gegebene Firma die erfolgreiche ist. Um die Wohlfahrt zu maximieren, muss R die folgende Bedingung erfüllen: P(n*) R = m = B P'(n*) n* n* B P '(n*) R* = = = 9.96 P(n*) Erwarteter Nettonutzen für die Gesellschaft: B P(n*) n* m = = Erwarteter Gewinn einer forschenden Firma: P(n*) 0.80 R m = 10 1= 0 n* 8
14 Patent-Rennen Im Unterschied zu den bisherigen Fällen ist bei Patenten der Marktzutritt von Firmen unreguliert. So viele Firmen werden in den Forschungsmarkt treten, bis ihre Vielzahl den erwarteten Gewinn einer forschenden Firma auf 0 drückt. Im Folgenden betrachten wir 3 unterschiedliche Fälle: (i) unendlichen Patentschutz und vollkommene Preisdiskriminierung (ii) unendlichen Patentschutz und Monopolpreisbildung (iii) endlichen Patentschutz und Monopolpreisbildung Fall (i) In diesem Fall erhält die erfolgreiche Firma den gesamten Nutzen B der Innovation. Folglich treten Firmen so lange in den Markt, bis die folgende Bedingung erfüllt ist: P(n) B = m n P(n) m 1 = = n B 2 5 Dies ist dann gegeben, wenn n* = ist. Erwarteter Nettonutzen für die Gesellschaft: B P(n*) n* m = = 0 Erwarteter Gewinn einer forschenden Firma: P(n*) B m = 25 1=0 n* 24.84
15 Fall (ii) In diesem Fall ist der Nutzen B einer Innovation niedriger, da sich der Innovator wie ein Monopolist (MR = MC) verhält, was einen Wohlfahrtsverlust (deadweight loss) verursacht. Zudem kann der Monopolist nur einen Teil der Konsumentenrente für sich beanspruchen, so dass weniger Firma forschen werden. Die Firmen treten so lange in den Markt, bis der Barwert des erwarteten Monopolgewinns Π Μ einer forschenden Firma ihren Projektkosten m entspricht. Der Barwert von Π Μ beträgt: 2 2 (a c) (6 1) M Π = 4b = 4 5 = r r 10% Der Marktzutritt endet, wenn: M Π P(n) = r m n P(n) m 1 = = M n Π r Dies gilt, wenn n* = ist. Dass n* über dem wohlfahrtsmaximierenden Wert von 8 liegt, hängt zum Teil vom Wert von α (= ) ab. Wäre bspw. α = , wäre die markterzeugte Zahl suboptimal.
16 Der Nutzen B der Innovation setzt sich aus der Summe der Barwerte der Konsumentenrente CS M und des Monopolgewinns Π Μ zusammen. Bei einer inversen Nachfragefunktion p = a - b Q und Zinssatz r beträgt der Barwert der Konsumentenrente CS M : (a c) (6 1) 2 2 M CS 8b = = = r r 10% Der erwarteter Nettonutzen für die Gesellschaft ist folglich: B P(n*) n* m = ( ) = = 5.60 Erwarteter Gewinn einer forschenden Firma: Π M P(n*) m = = 0 r n* 11.22
17 Fall (iii) In diesem Fall schränkt der Sozialplaner die Dauer t eines Patents ein, um die erwartete Netto-Wohlfahrt NSB zu maximieren. Bestimmung der wohlfahrtsoptimale Dauer eines Patents Zielfunktion des Sozialplaners t M M rs CS rt NSB(t) = P(n) (CS +Π ) e ds + e n m max t r 0 t M rs P(n) NB : Π e ds = m 0 n bzw. NSB(t) = P(n) (CS +Π ) + B e n Π r r rt rt M M 1 e rt M 1 e P(n) 1 e = + r rt P(n) M rt CS B e t max n Die optimale Patentdauer t* wird in Tabelle 16.4 mittels Simulation bestimmt. Die Ergebnisse lauten: t* = und n* = 6. Die Netto-Wohlfahrt beträgt folglich: 1 e r rt* M rt* NSB = P(n*) CS + B e = 8.61
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20 Joint Ventures Im Prinzip könnte Joint Ventures das Externalitätsproblem lösen, wenn die Firmen die nötige Informationen hätten und n* (= 8) sich zusammentun würden, um Doppelspurigkeiten zu vermeiden. Aber ohne Patente besteht kein Anreiz für Joint Ventures, und mit Patenten entstehen Ineffizienzen. Fazit Welches Instrument die Wohlfahrt maximiert, hängt vom Informationsstand des Staates ab. Da i.d.r. die Industrie besser informiert sein dürfte, bietet sich in erster Linie das Patentsystem an. Patente sind allerdings nur dann wohlfahrtmaximierend, wenn die Patentdauer wohlfahrtsmaximierend ist, was für das heutige Patentsystem kaum zutreffend sein dürfte.
21 Lizensierung versus Eigenproduktion
22 Auswirkung der Marktstruktur auf Innovation Wenn Firmen sich nicht in einem Patent-Rennen befinden, haben kompetitive Firmen einen grösseren Anreiz, zu forschen, da sich ihre Stückgewinne auf eine grössere bzw. die kompetitive Menge beziehen (Fig. 16.4). Eine kompetitive Firma wird eine Innovation schneller einführen als ein Monopolist, da die kompetitiven Firmen befürchten müssen, dass eine andere Firma schneller sein wird, während ein Monopolist warten kann, bis das Produkt finanziell selbsttragend ist (Tab. 16.5). Sollte das Monopol durch Innovation bedroht werden können, hat der Monopolist den grösseren Anreiz zu forschen, da er mehr zu verlieren hat: Der Rivale verliert seine Forschungskosten, falls er erfolglos ist, während der Monopolist seine Forschungskosten und seinen bisherigen Monopolgewinn verliert. Ein Monopolist wäre bereit, dem Rivalen mehr für die Innovation zu zahlen, als der Rivale nachher als Duopolist verdienen könnte, weshalb dies vielfach durch das Wettbewerbsrecht unterbunden wird.
23 Auswirkung der Marktstruktur auf Innovation
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25 Aufgaben 1. Wie wirkt sich eine Gewinnsteuer auf den Anreiz zu erfinden aus? 2. Wenn der Staat Preise, Absatzmengen und Lizenzgebühren beobachten könnte, aber nicht Angebots- und Nachfragekurven, könnte er feststellen, ob eine Innovation bedeutend ist?
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