Interdisziplinäre Vortragsreihe Erde Nachhaltige Landnutzung durch ländliche Bodenordnung

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1 Interdisziplinäre Vortragsreihe Erde Nachhaltige Landnutzung durch ländliche Bodenordnung 21. Oktober 2014 Karl-Heinz Thiemann Professur für Landmanagement 1

2 Berlin, vom Funkturm aus gesehen in Richtung Osten Funktionen ländlicher Räume a) für sich selbst: eigenständiger Wohn- und Arbeitsraum b) für die urbanen Regionen: 1. Produktionsfunktion 2. Ausgleichsfunktion 3. Erholungsfunktion 4. Standortfunktion Agrarlandschaft im Landkreis Nürnberg, Gewässerschutzstreifen im Einzugsgebiet der Rezat 2

3 Typen ländlicher Räume und deren besondere Potenziale Wachsende und schrumpfende Regionen in Deutschland nach Bevölkerung und Beschäftigung im Zeitraum 2000 bis

4 Wachsende und schrumpfende Gemeinden in Deutschland Altenquotient (65-Jährige u. älter auf 100 Personen im Alter von 20 bis 64 Jahren) 4

5 Folgen der demographischen Entwicklung (Bsp.: Ebernburg, Bad Kreuznach) Leerstand, Verfall, ungenutztes Bauland (Brachen) und Funktionsverluste 5

6 Aufnahme: Aufnahme: Aufnahme:

7 Ablauf eines Flurbereinigungsverfahrens 1. Einleitung, Anordnung und Gründung der Teilnehmergemeinschaft 2. Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan 3. Vorausbau der Baumaßnahmen 4. Neuordnung der Grundstücke 5. Besitzeinweisung, Ausführungsanordnung und Schlussfeststellung Ausschnitt aus dem Wege- und Gewässerplan, Beispiel B-W 7

8 Beispiel: Dorfflurbereinigung Schalkenbach, Landkreis Ahrweiler, RLP Eckdaten Verfahrensgebiet: 61 ha, davon 16 ha Ortslage mit rd. 800 Einwohnern 230 Grundstückseigentümer (Teilnehmer) Baukosten: Dorferneuerung: Dorfwerkstatt Planung mit den Bürgern Zeitlicher Ablauf Anordnungsbeschluss Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan Ortslagenregulierung Bekanntgabe des Flurbereinigungsplanes Berichtigung von Kataster und Grundbuch Abschluss des Verfahrens durch die Schlussfeststellung 8

9 Beispiel: Dorflurbereinigung Schalkenbach Ausschnitt aus dem Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan nördlich der Ortsmitte 9

10 Beispiel: Dorflurbereinigung Schalkenbach Verkehrsverhältnisse und Gewässerzustand in der Ortsmitte Vor der Dorfflurbereinigung 1995 Nach der Dorfflurbereinigung

11 Beispiel: Flurbereinigung Schalkenbach Ortslagenregulierung Bodenordnung in der Dorfflurbereinigung (sog. Ortslagenregulierung) Ziel: Anpassung der alten Grenzverhältnisse an 1. den Ausbau der Infrastruktur, 2. die eingerichteten Besitzstände, 3. die weitere bauliche Entwicklung der Gemeinde. 11

12 Beispiel: Flurbereinigung Schalkenbach Ortslagenregulierung Ermöglichung einer sinnvollen Erschließung und baulichen Entwicklung durch Bodenordnung 12

13 Beispiel: Flurbereinigung Jettenbach, Landkreis Kusel, Rheinland-Pfalz Eckdaten Verfahrensgebiet: 134 ha, davon 35 ha Ortslage mit rd. 850 Einwohnern 425 Grundstückseigentümer (Teilnehmer) Baukosten: Zeitlicher Ablauf Anordnungsbeschluss Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan Ortslagenregulierung Bekanntgabe des Flurbereinigungsplanes Abschluss des Verfahrens durch die Schlussfeststellung 13

14 Beispiel: Flurbereinigung Jettenbach Bodenordnung in der Ortslage 14

15 Beispiel: Flurbereinigung Jettenbach Bodnordnung in der Orts- u. Feldlage 15

16 Beispiel: Flurbereinigung Jettenbach Bodenordnung in der Feldlage Ausweisung und Bepflanzung von Uferrandstreifen mit den Zielen 2. Aufbau eines Biotopverbunds, 3. Belebung und Gliederung der Kulturlandschaft. 1. Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, Planwunschgespräche 16

17 Strukturwandel in der deutschen Landwirtschaft seit 1950 Optimale Feldgröße für die heutige Mechanisierung: ha 17

18 Flurbereinigung zur klassischen Agrarstrukturverbesserung Beispiel: Flurbereinigung Schwerfen, Kreis Euskirchen, Nordrhein-Westfalen Eckdaten Verfahrensgebiet: 850 ha, ohne Ortslage 350 Grundstückseigentümer (Teilnehmer) Ausführungskosten: , davon o Wegebau o Vermessung o Wasserbau o Sonstiges Wesentliche Verfahrensziele Ländlicher Weg (Asphaltweg) in Verbindung mit Erholungseinrichtungen (hier: Landschaftslehrpfad) Beseitigung überflüssiger Wege Wegebau (2,5 km Erdwege, 11,2 km Schotterwege und 1,1 km Asphaltwege) Beseitigung der Besitzzersplitterung durch Grundstückszusammenlegung Sicherung ökologischer Vorrangflächen im Umfang von insgesamt 8,5 ha 18

19 Flurbereinigung zur klassischen Agrarstrukturverbesserung Beispiel: Flurbereinigung Schwerfen, Kreis Euskirchen, Nordrhein-Westfalen Alter und neuer Eigentumsbestand sowie Erschließung der Feldlage durch Wege 19

20 Flurbereinigung zur klassischen Agrarstrukturverbesserung Beispiel: Flurbereinigung Schwerfen, Kreis Euskirchen, Nordrhein-Westfalen Wirtschaftswege mit Begleitsäumen und Gewässer mit Uferrandstreifen als Biotope und gleichzeitig belebende Elemente der Kulturlandschaft 20

21 Schlaggröße auf Kreis- bzw. Gemeindeebene in Niedersachsen und Schleswig-Holstein kleiner 1 ha 1 1,99 ha 2 3,49 ha 3,50 5 ha größer 5 ha k. A. 21

22 Schlaggröße auf Gemeindeebene in NRW, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland kleiner 1 ha 1 1,99 ha 2 3,49 ha 3,50 5 ha größer 5 ha k. A. 22

23 Schlaggröße auf Gemeindeebene in Baden-Württemberg und Bayern kleiner 1 ha 1 1,99 ha 2 3,49 ha 3,50 5 ha größer 5 ha k. A. Durchschnittliche Feldgröße in Bayern: 1,7 ha (!) 23

24 Landschaftstyp 1: Ungeordnete, intensiv genutzte Agrarlandschaft ganzheitliche, ökonomisch-ökologische Neugestaltung der Kulturlandschaft Planspiel 1: Ausgangslage Neugestaltung ohne BO Neugestaltung mit BO Zustand im Realteilungsgebiet vor der Flurbereinigung Nach der Flurbereinigung 24

25 Landschaftstyp 2: Kleinstrukturierte, einseitig agrarökonomisch gestaltete Agrarlandschaft Weiterentwicklung der Kulturlandschaft Planspiel 2: Ausgangslage Mögliche Neugestaltung durch BO Anlage von Uferschutzstreifen in der Flurbereinigung 25

26 Landschaftstyp 3: Agrarlandschaft mit Großflächenbewirtschaftung in den neuen Ländern ökologische Aufwertung der Kulturlandschaft Planspiel 3: Ausgangslage Ländlicher Wegebau und Wasserrückhaltung Mögliche Neugestaltung durch BO Erosionsschutzanlagen (Raine und Hecken) 26

27 Flurbereinigung zur Neuordnung des Klein- und Kleinstprivatwaldes Streifenflur Omersbach (Gemeinde Geiselbach, Landkreis Aschaffenburg, Bayern) Waldeigentümer vor ihren abgepflockten Waldparzellen im Kleinstprivatwald 27

28 Flurbereinigung zur Neuordnung des Klein- und Kleinstprivatwaldes Beispiel: Waldflurbereinigung Unteralpfen-Oberalpfen-Remetschwiel, Landkreis Waldshut, B-W, mit 216 ha Waldfläche ( ) Alter Eigentumsbestand Waldwegebau Neuer Eigentumsbestand Holzwerbung mit dem Harvester 28

29 Flurbereinigung zur Lösung von Landnutzungskonflikten Beispiel: Renaturierung der Lippe und ihrer Aue, Nordrhein-Westfalen Letzte Begradigung und Ausbau der Lippe mit Trockenlegung der Auenflächen in den 1950er- und 1960er Jahren 29

30 Flurbereinigung zur Lösung von Landnutzungskonflikten Beispiel: Renaturierung der Lippe und ihrer Aue, Nordrhein-Westfalen Alter Eigentumsbestand Heutige Auenlandschaft an der Lippe bei Hamm Neuer Eigentumsbestand Flurbereinigungsverfahren entlang der Lippe zwischen Lippstadt u. Hamm 30

31 Flurbereinigung zur Realisierung von Großbauvorhaben (sog. Unternehmensflurbereinigung) 31

32 Flurbereinigung zur Realisierung von Großbauvorhaben (sog. Unternehmensflurbereinigung) Beispiel: Flurbereinigung Illertissen, Landkreis Neu-Ulm, Bayern Bundesautobahn A 7 (Würzburg Kempten), Ausfahrt 124 (Illertissen) Zustand nach Abschluss der Flurbereinigung Trassenverlauf und vorlaufender Grunderwerb Neugestaltung der örtlichen Infrastruktur und Eigentumsverhältnisse 32

33 Fazit Nachhaltige Landnutzung durch ländliche Bodenordnung Konzeption und Strategie der ländlichen Bodenordnung: Integrale (ganzheitliche) Neuordnung der ländlichen Räume im Sinne von 1 FlurbG: 1. Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft (Agrarstrukturverbesserung im engeren Sinne) 2. Umsetzung von Naturschutz- und Landschaftspflegemaßnahmen für den Boden-, Gewässer-, Biotop- und Artenschutz sowie zur Erholungsvorsorge 3. Unterstützung des Ausbaus der Infrastruktur (eigentums-, nutzungs- und landschaftsverträgliche Realisierung von Bauvorhaben) 33