Die Martensittransformation Einleitung und Charakteristika
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- Claus Schumacher
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1 Die Martensittransformation Einleitung und Charakteristika Praktisch diffusionslose (Verschiebungen < 1 Atomabstand!) strukturelle Umwandlung Korrelierte Atombewegung Gitterverzerrung durch scherungsähnliche Prozesse (gitterinvariante Scherung) Morphologie und Kinetik der Umwandlung werden durch die Verzerrungsenergie bestimmt. Existenz einer invarianten Ebene (Habitusebene). Diese bleibt unverzerrt. Exakte Orientierungsbeziehungen: Geraden werden Geraden und Ebenen in Ebenen transformiert. Eindeutige Abbildung zwischen kristallographischen Richtungen und Ebenen von Austenit und Martensit (Orientierungsbeziehungen). Mathematische Definition eines Verschiebungsfeldes (besitzt überall gleiche Richtung). Änderung der Kristallstruktur = Kombination aus homogener Verzerrung und wellenförmiger Modulation des Verschiebungsfeldes ( Shuffling ).
2 Die Kristallographie der Martensittransformation Orientierungsbeziehungen Feste Beziehungen zwischen der räumlichen Ausrichtung der Gitter von Austenit und Martensit Kurdjumov-Sachs: (111) kfz (110) krz und [-110] kfz [1-11] krz (für Fe-C Legierungen) Nishiyama-Wassermann: (111) kfz (100) krz und [01-1] kfz [001] krz (für Fe-Ni Legierungen) Bedeutung Orientierungsbeziehungen geben Aufschluss über Übergangsmechanismus. Verschiedene homogene Gitterverzerrungen sind möglich. Bain-Mechanismus ist nur ein Beispiel! Orientierungsbeziehungen schränken mögliche Zahl der Ausrichtungen des Martensits gegenüber dem Austenit ein. Mehrere kristallographisch äquivalente Ausrichtungen sind realisierbar (Martensitvarianten) Zahl der Varianten hängt ab von Gittersymmetrie und Orientierungsbeziehung
3 Die Kristallographie der Martensittransformation Die Habitusebene mit Volumenänderung!! Habitusebene Habitusebene als Grenzfläche zwischen austenitischen und martensitischen Bereichen. Habitusebene = invariante Ebene (bleibt unverzerrt!!) Ohne Habitusebene kein Phasenübergang. Aus der Formänderung resultierende Grenzflächen- und Verzerrungsenergien würden Umwandlung behindern! Habitusebene ist meist hochindizierte kristallogr. Ebene. Beispiel: FeNi (259), FeC (225) oder (111)
4 Martensittransformation Selbstakkommodation [Quelle: Kaack et al.]
5 Die Kristallographie der Martensittransformation Das Bain-Modell I Bain-Transformation (1924): Beschreibt Änderung der Gitterstruktur von kfz nach krz, trz (genau: (111) kfz (110) krz, trz!) Z, Z ca. 20% Kontraktion Kohlenstoff sitzt im kfz-gitter in Oktaederlücken (C-Atome sind größer als Lücken). Nach der Umwandlung: Kohlenstoff bewirkt tetragonale Verzerrung (sitzt auf c-achse)! Zusätzlich erfolgt eine Scherung entlang dieser Ebenen, um die Stapelfolge ABC der flächenzentrierten Struktur in die Stapelfolge AB des raumzentrierten Gitters zu überführen. Y Volumenänderung beträgt ca. 3-5% Vorteil Bain-Transformation: geringe Atomverschiebungen X ca. 12% Expansion X ca. 12% Expansion Y Nachteil: Existenz der Habitusebene lässt sich nicht erklären!
6 Die Kristallographie der Martensittransformation Das Bain-Modell II [-1-12] [0-11] [1-10] [100] kubisch-flächenzentriert kubisch-raumzentriert Anmerkungen: Die unterschiedlich eingefärbten Kreise markieren hintereinander liegende Ebenen. Die Pfeile geben die Richtung der Scherung an.
7 Die Kristallographie der Martensittransformation Reliefbildung Optical Micrograph showing a typical surface relief due to a martensitic transformation in Ni 2 MnGa as an example for a magnetic shape memory alloy.
8 Die Kristallographie der Martensittransformation Wie lässt sich die Existenz einer invarianten Ebene beschreiben? Theorie von Wechsler, Liebermann & Read (1970): Ansatz: Zerlege die mikroskopisch beobachtbare Formänderung P in 3 Anteile! 1. Die Gitterdeformation B: Beschreibt die Änderung der Kristallstruktur. 2. Die Rotation R: Sorgt für die Einhaltung der Orientierungsbeziehungen. 3. Die gitterinvariante und inhomogene Scherung P I : Die Ausrichtung und die Struktur des Gitters wird nicht verändert! (Versetzungsbewegung [Schraubenversetzungen!?] /Zwillingsbildung) Phänomenologische Grundgleichung P = RP I B Ist die Gitterdeformation bekannt, so kann man die Habitusebene und die Orientierungsbeziehungen bestimmen.
9 Martensittransformation Keimbildung Annahme: Idealer Kristall der Austenitphase! Freiwerdende Gibbs-Enthalpie: G = 4/3πr 2 c G c A-M + 4/3πr 2 c(ac/r) + 2πr 2 σ (Cohen & Wayman 1981) Martensitplatte in Form eines Ellipsoids mit Radius r und Dicke c! Oberfläche: 2πr 2 Volumen: 4/3πr 2 c Elastische Verzerrungsenergie pro Einheitsvolumen: Ac/r mit A = π (2 υ) A = µ s 8(1 υ) 2 π 2 + µδ 4 µ: Schubmodul, s,δ: Schub- und Dehnkomponenten des Deformationstensors Die Poisson-Konstante ν und der Schubmodul µ werden für Austenit und Martensit als identisch angenommen. Setzt man entsprechende Werte in erste Gleichung ein, so ist G ~ 8* J pro Nukleationsereignis oder 5* 10 3 ev! Dies entspricht ca kt! Thermische Energie für homogene Keimbildung ist zu gering. Präformierte Keime müssen bereits vorhanden sein!!
10 Formgedächtniswerkstoffe Thermodynamische Aspekte der Martensittransformation G C : Chemical contribution due to transformation Austenite-Martensite G Surface : Surface Energy G C : Elastic Deformation Energy The equilibrium temperature is: M S : Martensite Start Temperature A F : Austenite Finish Temperature
11 Martensittransformation Entstehung der Hysterese bei der Umwandlung Innere Reibung aufgrund des Durchlaufs von Austenit/Martensit Phasengrenze durch das Gitter. Defekte sowie die Inkompatibilität zwischen Martensit- und Austenitgitter sorgen für hohe Grenzflächenenergien und somit erschwerte Keimbildung, also einer breiten Hysteresekurve!! [Quelle: Thienhaus et al.]
12 Martensittransformation Thermoelastischer und nicht-thermoelastischer Martensit I thermoelastischer Martensit nicht-thermoelastischer Martensit geringe Hysteresebreite sehr mobile Grenzfläche zwischen Matrix und Martensitphase vollständige Reversibilität bei der Umwandlung Charakteristisch für NiTi, AuCd und CuZnAl Legierungen große Hysteresebreite Grenzflächenbeweglichkeit ist stark eingeschränkt Rückumwandlung läuft über Nukleationsprozesse des Austenits. Charakteristisch für FeNi- Legierungen!
13 Martensittransformation Thermoelastischer und nicht-thermoelastischer Martensit II [Quelle: Thienhaus et al.]
14 Die martensitische Umwandlung Die Äquivalenz thermischer und mechanischer Energie I Beispiel: Martensitumwandlung in Co (kfz-hdp) Es gilt allgemein für die freie Enthalpie unter Berücksichtigung der elastischen Verzerrungsenergie: G G kfz-hdp = H kfz-hdp -T S kfz-hdp -V kfz σ ij ε ij V kfz : molares Volumen der kubischflächenzentrierten Phase. Ändert sich die Martensitstarttemperatur wegen der Änderung der Spannung, dann ist: -dm s S kfz-hdp = V kfz ε ij dσ ij mit S kfz-hdp <0 (allgemeiner Fall) Hydrostatischer Spannungszustand mit σ 11 =σ 22 =σ 33 0 : Clausius-Clapeyron-Gleichung: [Quelle: Hesemann et al. 2002] dp/dt = - S/ V Äußere mechanische Spannung kann Martensitstarttemperatur M s erhöhen!
15 Die martensitische Umwandlung Die Äquivalenz thermischer und mechanischer Energie II Mechanische Triebkraft ist eine Funktion der Spannung und der Martensitorientierung U = τs + σδ τ = ½ σ 1 sin(2θ)cos(α) σ = +/- ½ σ 1 [1+ cos(2θ)] U: mechanische Triebkraft τ: Schubspannung σ: Normalspannung (zur Habitusebene) s: Scherkomponente des Deformationstensors δ: Dehnungskomponente HE: Habitusebene U = +/- ½ σ 1 [s sin(2θ)cos(α) +/- δ (1 + cos(2θ))] Es wird immer die Martensitvariante betätigt, die U maximiert (siehe Schmid sches Schubspannungsgesetz)!! Wenn α = 0, dann liefert du/dθ das Maximum. Für FeNi-Legierungen gilt: s = 0.2 und δ = 0.04, somit ist θ = Wenn δ = 0, dann ist θ = 45.0 (reiner Schub!) [Quelle: Cahn & Haasen et al.]
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