Klassische Sieger und ihre Zuchterfolge. Von Beatrix Mülhens-Klemm. (veröffentlicht in Vollblut Nr. 200/ Winter 2007)

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1 Klassische Sieger und ihre Zuchterfolge Von Beatrix Mülhens-Klemm (veröffentlicht in Vollblut Nr. 200/ Winter 2007) 1. Teil Einleitung Ein altes englisches Sprichwort sagt: Das frühreifste Pferd gewinnt die 2000 Guineas, das glücklichste Pferd gewinnt das Derby und das beste Pferd gewinnt das St. Leger. Viel ist darüber diskutiert worden, ob diese Erkenntnis heute noch gilt und auch, ob daraus Rückschlüsse auf die Vererberqualitäten der jeweiligen Sieger gezogen werden können. Vorherrschende Meinung in Deutschland ist derzeit, man brauche unbedingt Meiler, um die Zucht zu verbessern. Im Folgenden soll daher am Beispiel der Sieger von Mehl-Mülhens-Rennen (2000 Guineas), Deutschem Derby und Deutschem St. Leger untersucht werden, welchen Stellenwert die Rennen im Rennsystem und als Auswahlkriterium für die Zucht haben. Klassische Sieger ab 1980 Henckel-/ Mehl-Mülhens-Rennen Deutsches Derby St. Leger 1980 Wauthi Navarino Wauthi 1981 Orofino Orofino Index 1982 Tombos Ako Anno 1983 Nandino Ordos Ordos 1984 Soto Grande Lagunas Las Vegas 1985 Lirung Acatenango Kamiros 1986 Philipo Philipo Prairie Neba 1987 Kondor Lebos Gondola 1988 Alkalde Luigi Britannia 1989 Turfkönig Mondrian Klassiker 1990 Mandelbaum Karloff Elsurimo 1991 Flying Brave Temporal All Top 1992 Platini Pik König Non Partisan 1993 Kornado Lando Pinot 1994 Royal Abjar Laroche Caballo 1995 Manzoni All My Dreams First Hello 1996 Lavirco Lavirco Wurftaube 1997 Air Express Borgia Ungaro 1998 Tiger Hill Robertico Laveron 1999 Sumitas Belenus Win for Us 2000 Pacino Samum Moonlady 2001 Royal Dragon Boreal Fair Question 2002 Dupont Next Desert Liquido 2003 Martillo Dai Jin Royal Fantasy 2004 Brunel Shirocco Darsalam 2005 Santiago Nicaron El Tango 2006 Royal Power Schiaparelli Schiaparelli 2007 Aviso Adlerflug El Tango 2008 Precious Boy Kamsin Valdino

2 (Kursivdruck = Stuten) Die Tabelle zeigt, dass es im Lauf der Jahre einige Doppelsieger gegeben hat: Mehl-Mülhens-Rennen + Deutsches Derby: Orofino 1981 Philipo 1986 Lavirco 1996 Deutsches Derby + Deutsches St. Leger: Ordos 1983 Schiaparelli 2006 Mehl-Mülhens-Rennen + Deutsches St. Leger: Wauthi 1980 Bekanntlich war Königsstuhl (v. Dschingis Khan) 1979 der erste und einzige Sieger der Dreifachen Krone in Deutschland. Sieger des Mehl-Mülhens-Rennens (bis 1985 Henckel-Rennen) Sieger aus dem Ausland: Das Mehl-Mülhens-Rennen wurde am häufigsten der 3 Rennen von ausländischen Pferden gewonnen war Flying Brave (v. Persian Bold) der erste im Ausland trainierte Sieger des Mehl-Mülhens-Rennens. Es folgten Air Express 1997 (Salse), Pacino 2000 (Zafonic) und 2002 dessen Vollbruder Dupont, Brunel 2004 (Marju) und Royal Power 2006 (Xaar). Flying Brave gewann im gleichen Jahr den Mercedes-Benz-Preis, G3 in Hoppegarten. Air Express gewann in Ascot die Queen Elizabeth II Stakes, G1. Pacino und Dupont setzten ihre Rennkarriere in Dubai bzw. Südafrika mit mäßigem Erfolg fort. Brunel gewann im Folgejahr den Prix de la Porte Maillot, G3. Royal Power befindet sich noch im Training, hat aber nach dem Erfolg im Mehl- Mülhens-Rennen 2006 nicht mehr gewonnen. Sieger aus Deutschland 1980 war Wauthi (v. Authi) der erste Sieger des Henckel-Rennens im Berichtszeitraum. Er lief später nur noch auf Distanzen oberhalb 2200 m und gewann im gleichen Jahr das Dt. St. Leger und zweimal den Aral-Pokal. In der Zucht war er zunächst wenig erfolgreich, sein bester Nachkomme war Meerwind, u.a. Sieger im Preis von Schlenderhan, L. Größeren Einfluß gewann er über seine Tochter Sternwappen, die als Erstling den G1-Sieger Sternkönig (v. Kalaglow) fohlte, der auch in der Zucht, u.a. als Vater des Derby Italiano-Siegers Kallisto und zahlreicher weiterer Gruppen-Sieger erfolgreich war siegte Orofino (v. Dschingis Khan), der aufgrund seines Derby-Sieges im dortigen Kapitel behandelt wird folgte mit Tombos (v. Caracol) ebenfalls ein Steher, der in der Zucht wenig erfolgreich war. Nandino (v. Experte) kehrte 1983 nach einigen Starts über längere Distanzen auf die Meile zurück und gewann Premio Ribot, Premio Chiusura und Großen Preis von

3 Düsseldorf über m. Die Listen-Sieger Andino und Andina waren seine besten Nachkommen. Soto Grande (v. Kaiseradler), Sieger 1984, lief später über Hindernisse. Es folgten 2 sehr gute Rennpferde, die jedoch zeitig verunglückten: Lirung (v. Connaught) ging als ungeschlagener Winterfavorit in das Henckel-Rennen Er gewann später zahlreiche Gruppen-Rennen, vor allem 1986 den Prix Jacques le Marois, bevor er 1987 nach einer Infektion einging. Philipo (v. Prince Ippi) gewann 1986 auch das Deutsche Derby. Er verunglückte wenige Monate später in der Morgenarbeit. Mit Kondor (v. Cagliostro) gewann 1987 wieder ein ausgesprochener Steher das Mehl-Mülhens-Rennen. Er siegte später u.a. im Union-Rennen, Aral-Pokal und Preis von Europa, war aber in der Zucht nicht erfolgreich siegte Alkalde (v. Königsstuhl). Alkalde kehrte nach seinem Sieg im Union- Rennen später wieder auf die Meile zurück und gewann dort noch 3 Gruppen- Rennen. Im Gestüt zeichnete er sich als Vater der sehr guten Stakes-Sieger Ferrari und Wild Romance aus. Seine Töchter sind u.a. für die Gruppen-Sieger White Rose, Win for Us, Wild Side und Saldentigerin verantwortlich siegte Turfkönig (v. Anfield), der später Union-Rennen, 2 mal Bayrisches Zuchtrennen und Großen-Hansa-Preis auf Distanzen um 2000 m gewann. In der Zucht ist er vor allem Vater der sehr guten Stute Anna Thea, die auch Mutter des sehr guten Aspectus (v. Spectrum), Sieger im Preis des Winterfavoriten und Union Rennen, ist und von Sambakönig. Turfkönig ging nach nur 3 Deckzeiten ein. Mandelbaum (v. Königsstuhl), gewann anschließend das Union-Rennen. In der Zucht war er wenig erfolgreich. Mit Platini (v. Surumu) 1992 und Kornado (v. Superlative) 1993 folgten 2 ausgesprochen erfolgreiche Sieger des Mehl-Mülhens-Rennens. Platini gewann mit Deutschland-Preis und Gran Premio di Milano später neben anderen 2 G1-Rennen. In der Zucht zeichnete er sich durch 9 Gruppen-Sieger, u.a. Moonlady, Windhuk und Win s Fiction sowie als Großvater von Shinko s Best aus. Auch Kornado war wieder ein ausgesprochener Steher, der danach u.a. Union- Rennen, Deutschland-Preis und EuropaChampionat gewann. In der Zucht ist er Vater der klassischen Siegerin Shapira und deren Vollschwester Shane, der Winterkönigin von Royal Abjar (v. Gone West) war ein echter Meiler. Er ist nie auf Distanzen über 1700 m gelaufen und gewann u.a. noch das Oettingen-Rennen. Wegen Befruchtungsproblemen hinterließ er nur wenige Nachkommen, dazu zählt die 2fach in Listen-Rennen erfolgreiche Kimbajar. Er deckt inzwischen wieder mit gutem Erfolg in der Türkei. Manzoni (v. Solarstern) startete zunächst über längere Distanzen und wurde 2. im Deutschen Derby. Er gewann 4j. die Berlin-Brandenburg-Trophy über die Meile und wurde ins Ausland verkauft. Lavirco (v. Königsstuhl) war 1996 ein ausgezeichnetes Rennpferd. Er gewann Union- Rennen, Derby und Preis von Europa bevor er 4j. im Gestüt Fährhof in die Zucht ging. Die klassische Siegerin Lolita und Fight Club waren seine besten Nachkommen bevor er 2004 nach Frankreich verkauft wurde. Tiger Hill (v. Danehill) war vielleicht der beste Sieger des Mehl-Mülhens-Rennens. Auch er war ein Steher und gewann das Bayerische Zuchtrennen, Gerling-Preis und 2mal den Großen Preis von Baden. In der Zucht ist er, der inzwischen im Dalham Hall Stud steht, Vater der Gruppen-Sieger Iota, Königstiger, Mr. Sacha, Elopa, Saldentigerin, Idealist usw.

4 Sumitas (v. Lomitas), der Sieger von 1999, belegte 4j. den 2. Platz in den Prince of Wales s Stakes in Ascot bevor er in die USA zu Bobby Frankel wechselte. Er gewann dort u.a. ein G2-Handicap. Er deckt inzwischen in Italien, sein erster Jahrgang sind die Jährlinge von folgte Royal Dragon (v. Danehill). Er blieb auf der Meile und gewann Berlin- Brandenburg-Trophy und Sal.Oppenheim-Meile. In der Zucht ist er noch kaum zu beurteilen aber bereits Vater einiger Black-Type-Pferde. Auch Martillo (v. Anabaa), Sieger 2003 blieb auf der Meile, wo er hart geprüft wurde und u.a. 2 mal Berlin-Brandenburg-Trophy, 2 mal Prix du Muguet und das Oettingen- Rennen gewann. Die weiteren Sieger Santiago (v. Highest Honor) 2005 und Aviso (v. Tertullian) 2007 befinden sich noch im Training. Kommentar Es fällt auf, dass die meisten deutschen Sieger des Rennens keine Meiler waren, sondern in ihrer späteren Karriere überwiegend auf Steher-Distanzen eingesetzt wurden. Das Mehl-Mülhens-Rennen war der Auftakt der klassischen Saison, die häufig ihre Fortsetzung im Union-Rennen, Derby usw. fand. Meiler, die in Deutschland trainiert wurden, waren Nandino, Lirung, Alkalde, Royal Abjar, Manzoni, Royal Dragon, Martillo, Santiago und Aviso. Im Gegensatz dazu waren Wauthi, Orofino, Tombos, Philipo, Kondor, Platini, Kornado, Lavirco und Tiger Hill anschließend über 2400 m erfolgreich. Turfkönig und Sumitas waren eher auf Distanzen um 2000 m zu Hause. Zweifellos sind Platini und Tiger Hill die erfolgreichsten Vererber, gefolgt von Kornado, Turfkönig und Alkalde. Sieger des Deutschen St. Legers Sieger aus dem Ausland Das Deutsche St. Leger wurde im Berichtszeitraum nur dreimal von ausländischen Pferden gewonnen: 1992 war Non Partisan (v. Alleged) nach seinem Sieg im Fürstenberg-Rennen auch im St. Leger erfolgreich. Fair Question (v. Rainbow Quest) gewann Er wechselte später auf die Hindernisbahn und ist dort immer noch aktiv. Darsalam (v. Desert King) war 2004 einer der besten St.-Leger-Sieger: Bevor er das St. Leger 2004 gewann, war er bereits Derby- und St. Leger-Sieger in Prag gewann er das Betty Barclay-Rennen, G3, und den Rheinland-Pokal der Sparkasse KölnBonn, G1. Er ist noch im Training und auch 2007 im Betty Barclay-Rennen gelaufen. Auffallend ist die große Anzahl von im St. Leger erfolgreichen Stuten: Stutensiege Las Vegas (v. Luciano) war 1984 auch Siegerin im Preis der Diana, Ludwig Goebels- Erinnerungsrennen, Aral-Pokal und Deutscher Stutenpreis. Prairie Neba (v. Nebos) hatte 1986 ebenfalls den Deutschen Stutenpreis gewonnen.

5 Gondola (v. Nebos) gewann im gleichen Jahr, 1987, den Herbstutenpreis und das Ludwig Goebels-Erinnerungsrennen. Britannia (v. Tarim) war 1988 auch Siegerin des Deutschen Stutenpreises. 4j. gewann sie das Oleander-Rennen. Sie ist vor allem Mutter der beiden Derby-Sieger Borgia (1997) und Boreal (2001). Wurftaube (v. Acatenango) gewann 1996 den Hamburger Stutenpreis, Ludwig Goebels-Erinnerungsrennen, Fürstenberg-Rennen und 4j. den Gerling-Preis. In der Zucht ist sie bereits Muter der sehr guten Stuten Waldmark und Waldbeere (Mutter von Wiesenpfad und Waldliebe) sowie des diesjährigen L.-Siegers Waldvogel. Win for Us (v. Surumu) 1999 ist Mutterstute im Gestüt Fährhof. Moonlady (v. Platini) gewann 2000 auch den Deutschen Herold-Preis, Deutschen Stutenpreis und das Long Island Handicap. Royal Fantasy (v. Monsun) Siegerin 2003, gewann im gleichen Jahr die Frankfurt Trophy, G3. Sieger aus Deutschland: Wauthi (v. Authi), der Sieger von 1980, wurde bereits als Sieger des Henckel- Rennens erwähnt und 1982 gewannen die beiden Schlenderhaner Lombard-Söhne Index und Anno. Anno wurde Deckhengst in der Tschechoslowakei. Ordos (v. Frontal) wird als Derby-Sieger 1983 im 2. Teil beschrieben. Kamiros (v. Star Appeal), Sieger 1985, war ein sehr gutes Rennpferd: Er gewann 5j. den Gr. Preis von Dortmund und Preis von Europa und 6j. den Gr. Preis der Dortmunder Industrie und Wirtschaft. Er hinterließ im Gestüt den G3-Sieger Adlerflieger und einige Stakes-Pferde. Nach 3 Stutensiegen in Folge war 1989 Klassiker (v. What a Guest) erfolgreich. Er gewann einige weitere Rennen und lief später auch über Hindernisse siegte Elsurimo (v. Surumu). Er gewann 4j. das Oleander-Rennen und im Folgenden einige Rennen über Steher-Distanzen, bevor er in die Zucht ging. All Top (v. High Top) hatte 1991 schon die Derby-Revanche gewonnen. Er gewann 5j. noch ein Rennen siegte Pinot (v. Nebos). Er lief bis 11j. und gewann 4j. den Prix de Barbeville, G3. Caballo (v. Königsstuhl), Sieger 1994, gewann 4j. den Preis der Spielbanken des Landes NRW. Er wechselte später nach Polen. First Hello (v. Nebos) hatte im gleichen Jahr schon 2 L.-Rennen gewonnen. Er lief 4j. nur noch drei mal. Ungaro (v. Goofalik),Sieger 1997, war ein sehr gutes Rennpferd: Er gewann zweimal den Deutschland-Preis, G1, den Gran Premio di Milano, G1 und den ELE- Pokal, G1. In der Zucht des französischen National-Gestüts hat er noch keine besonderen Leistungen erbracht. Laveron (v. Königsstuhl), Sieger 1998, ein Vollbruder von Lavirco, gewann 4j. ein G3-Rennen. Später wechselte er nach Frankreich, wo er 7j. ein überragendes Hürden-Pferd wurde mit 5 Siegen in Top-Rennen. In Frankreich ging er auch in die Zucht. Liquido, Sieger 2002, (v. Lomitas), gewann 4j. und 5j. das St. Leger Italiano. Er deckt im Gestüt Lindenhof. El Tango (v. Acatenango), Sieger 2005, gewann in den beiden folgenden Rennjahren zunächst 3 Listen-Rennen über Steher-Distanzen wurde er nach der Öffnung

6 des Rennens für ältere Pferde der erste Doppelsieger des Rennens. Er ist, ebenso wie Schiaparelli (s. Derby 2006) noch im Training. Kommentar: Beim Werdegang der St. Leger-Sieger zeigen sich doch deutliche Unterschiede. Viele St. Leger-Sieger wurden nicht bzw. nicht in der Vollblutzucht aufgestellt (Index, Klassiker, All Top, Pinot, Caballo, First Hello usw.). In der Zucht waren die 8 siegreichen Stuten mit ihren wenigen Nachkommen erfolgreicher als die Hengste: Britannia als Mutter von 2 Derby-Siegern und Wurftaube als Mutter von Waldvogel und 2. Mutter von Wiesenpfad steht mit Kamiros ein einziger Hengst gegenüber, der mit Adlerflieger einen G3-Sieger (im Betty-Barclay-Rennen) zeugte. Wauthi, Ordos, Elsurimo und Ungaro haben (bisher) keinen Gruppen-Sieger gebracht. Liquido deckt erst seit 2007, Schiaparelli, frischer Sieger im Preis von Europa, wird sicher folgen. Im 2. Teil werden die Sieger des Deutschen Derbys und ihre Zuchterfolge analysiert. Die Autorin ist Diplom-Agrar-Ingenieurin und Pferdewirtschaftsmeisterin. Beatrix Mülhens-Klemm