Biotopverbund in der EU-Politik -
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- Siegfried Maier
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1 Biotopverbund in der EU-Politik - FFH-Richtlinie, EECONET und EU-Strategie zur Grünen Infrastruktur Claus Mayr, NABU NNA, 10 % Biotopverbund neue Impulse für ein altes Ziel, 25./26. März 2014
2 Inhalt Biotopverbund Warum und wofür? Naturschutz auf der Suche nach Antworten und Lösungsansätzen Internationale Verpflichtungen und Einbettung des EU- Rechtes, Vogelschutz- und FFH-Richtlinie Die EECONET-Erklärung 1993 Die neue EU-Strategie zur Grünen Infrastruktur 2013 Die Realität Frühjahr 2014 Forderungen von BirdLife International und NABU Ausblick
3 Unzerschnittene Räume > 100 km²
4 Lebensraumverluste Ursprünglicher Lebensraum Heutiger Lebensraum
5 Lebensraumverluste Heutiger Lebensraum 1. Der nutzbare Lebensraum wird kleiner! 2. Minimumareale für Populationen werden unterschritten! 3. Die Landschaft wird immer intensiver genutzt! 4. Die Populationen werden voneinander isoliert! Arten und Populationen werden kleiner und verschwinden
6 Anhaltender Verlust von biologischer Vielfalt Täglich sterben laut IUCN weltweit etwa 160 Arten aus. 43 % aller Vogelarten Europas (226 Arten) haben einen ungünstigen Erhaltungszustand (BirdLife International 2004). 12 % aller Vogelarten der Welt sind vom Aussterben bedroht (BirdLife International 2012). Bis zu 24 % aller Schmetterlinge, Vögel und Säugetiere Europas sind bereits ausgestorben (Europäische Kommission 2003). 45 % aller Schmetterlinge, 52 % aller Süßwasserfische, 335 Wirbeltierund über 800 Pflanzenarten sind bedroht (KOM(2006)216 endg.) Die Biodiversität in Flüssen und Feuchtgebieten hat sich seit 1970 halbiert (WWF 2004). Durch Klimaveränderungen und Verlust von Lebensräumen sind bis zu 1 Million Arten gefährdet.
7 Naturschutz auf Antwortsuche Phase 1: Schutz einzelner, meist auffälliger Arten z.b. Seeadler, Weißstorch Phase 2: Schutz von einzelnen (Kulturlandschafts-) Lebensräumen z.b. Magerrasen, Streuobstwiesen Phase 3: Ökosystemare Netzwerke = Schutz des Naturhaushalts und der Biodiversität
8 Erste internationale Schritte 1971 Übereinkommen über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Watvögel, von internationaler Bedeutung (Ramsar- Konvention) 1979 Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (Berner Konvention) 1979 Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wildlebenden Tierarten (Bonner Konvention, CMS)
9 Die Naturschutzrichtlinien der EU 1979 Richtlinie des Rates über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (79/409/EWG, EG- Vogelschutzrichtlinie) 1992 Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (92/43/EWG, Fauna-Flora- Habitat-Richtlinie) Erhaltung, langfristiger Schutz und nachhaltige Nutzung aller europäischen Vogelarten. Umsetzung: 1981! Sicherung der Artenvielfalt durch Bewahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes von Tieren, Pflanzen und Lebensräumen. Umsetzung: 1995!
10 Einordnung des Netzes Natura Ramsar-Konvention Internationale Abkommen und Verpflichtungen 1979 Berner Konvention 1979 Bonner Konvention 1992 Biodiversitätskonvention EU-Richtlinien 1979 Vogelschutz-Richtlinie 1992 FFH-Richtlinie Natura 2000 Deutschland / Bundesländer Naturschutzgesetze Schutzgebiete
11 Wichtige Instrumente der Richtlinien 1. Ein kohärentes Netz von Schutzgebieten für Lebensräume und Arten, für - Lebensräume nach Anhang I und Arten nach Anhang II FFH-RL - Brutvögel des Anhang I sowie Zugvogelarten (VSchRL) 2. Der Schutz der Lebensräume und Schutzgebiete vor Zerstörung und Verschmutzung, Verschlechterungsverbot - Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 FFH-RL 3. Artenschutzregelungen - Schutz, Erhaltung und Wiederherstellung der Bestände aller europäischen Vogelarten - Verbote für Störungen, Zerstörung von Nestern, etc. - Einschränkungen der Jagd auf einzelne Arten (Jagdzeiten, Jagdmethoden etc.)
12 Kohärenz in der Vogelschutzrichtlinie Art. 3 (1) ausreichende Vielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume (2) Pflege und ökologisch richtige Gestaltung der Lebensräume in und außerhalb von Schutzgebieten Art. 4 (1, d) erklären insbesondere die geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten (2) Vermehrungs- Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten (3) ein zusammenhängendes Netz Art. 13 Die Anwendung der aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen darf in bezug auf die Erhaltung aller unter Artikel 1 fallenden Vogelarten nicht zu einer Verschlechterung der derzeitigen Lage führen (1979!)
13 Kohärenz in der FFH-Richtlinie Art. 3 (1) Es wird ein kohärentes europäisches ökologisches Netz besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung Natura 2000 erreichtet muß den Fortbestand oder gegebenenfalls die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes gewährleisten. (3) Die Mitgliedstaaten werden sich, wo sie dies für erforderlich halten, bemühen, die ökologische Kohärenz von Natura 2000 durch die Erhaltung und gegebenenfalls die Schaffung der in Artikel 10 genannten Landschaftselemente zu verbessern. Art. 10 Die Mitgliedstaaten werden sich dort, wo sie dies im Rahmen ihrer Landnutzungs- und Entwicklungspolitik, insbesondere zur Verbesserung der ökologischen Kohärenz von Natura 2000, für erforderlich halten, bemühen, die Pflege von Landschaftselementen, die von ausschlaggebender Bedeutung für wildlebende Tiere und Pflanzen sind, zu fördern. Ergänzender Hinweis auf Artenschutz, Art. 12 bis 16!
14 EECONET-Konferenz 1993 Maastricht (!) 9. bis 12. November 1993 Conserving Europe's Natural Heritage: Towards a European Ecological Network" 297 Teilnehmer aus 31 europäischen Staaten und 26 internationalen Organisationen, von BirdLife bis WWF Forderung nach einer European Biological and Landscape Diversity Strategy, mit Eckpunkten zu u.a. Identifikation und Ausweisung von Kerngebieten für Arten und Lebensräumen, sowie von Trittsteinen Wiederherstellung geschädigter und Schaffung neuer Gebiete für Ausbreitung und Migration von Arten Schaffung von Pufferzonen um Kerngebiete und Wanderkorridore Verbesserung der Umweltqualität der Gesamtlandschaft Öffentlichkeitsarbeit, Umweltbildung, Finanzen
15 Weitergehende Verpflichtungen: 2020-Ziele Europäischer Rat in Göteborg, 2001: Weltgipfel in Johannesburg, 2002: take all necessary measures to halt biodiversity loss by Biodiversity Communication und Action plan to 2010 and beyond der EU-Kommission, Mai Beschluss des neuen 2020-Ziels und der Vision für 2050 im Europäischen Rat, März Strategischer Plan der CBD und Aichi Targets, Oktober Neue EU-Biodiversitätsstrategie, Mai 2011 (u.a. Ziel 2, Maßnahme 6b: Die Kommission wird bis 2012 eine Strategie für Grüne Infrastruktur entwickeln ) - EP-Bericht zur Biologischen Vielfalt, April 2012
16 KOM-Mitteilung zu GI 2013 Zwanzig Jahre nach Maastricht Einundzwanzig Jahre nach FFH-RL und CBD Vierunddreißig Jahre nach VSchRL, Bonner und Berner Konvention: Grüne Infrastruktur (GI) Aufwertung des europäischen Naturkapitals (COM(2013) 249 final, 06. Mai 2013) Strategie und weiterführende Informationen, Beispiele etc.:
17 KOM-Mitteilung zu GI Inhalte Grüne Infrastruktur (GI) Aufwertung des europäischen Naturkapitals (COM(2013) 249 final) Kap. 1: Hintergrund und Definition Kap. 2: GI im Kontext anderer Politikfelder (Regionalpolitik, Naturschutzpolitik, Agrarpolitik, Wasser, Klimawandel und Katastrophenschutz, best practice -Beispiele ) Kap. 3: Eckpunkte zur Entwicklung der Strategie: Maßnahmenebene GI-Aspekte in anderen Politikbereichen und Förderinstrumenten Bessere Koordination und Auswertung der Datenerfassung Forschung und Innovation Finanzielle Unterstützung (Idee des EECONET-Fonds!) Koordination auf EU-Ebene: Grüne (TEN-G) statt grauer (TEN) Infrastruktur oder beides gemeinsam?
18 KOM-Mitteilung zu GI Zeitrahmen Grüne Infrastruktur (GI) Aufwertung des europäischen Naturkapitals (COM(2013) 249 final) Kap. 4: Einbeziehung in andere Politikbereiche: Leitlinien bis Ende 2013 Wissensgrundlage und Innovation: Datenlage im Rahmen des midterm review der Biodiversitätsstrategie 2015, Integration in Horizont 2020 bis 2013 Bessere Finanzierung: KOM und EIB bemühen sich bis 2014 um neues Finanzierungsinstrument für GI-Projekte Studie zu TEN-G-Projekten bis Ende 2015 Und die Realität???
19 Die Realität Schutzgebiete, Erhaltungszustand, Agrarreform Ergebnisse der Art. 17-Berichte (2008): nur 25 % der LRT und 20 % der Arten in gutem Erhaltungszustand (FCS) Ergebnisse der NABU-Ampel (März 2012), erste Ergebnisse der NABU-Studie zu Vogelschutzgebieten anlässlich des 20jährigen Jubiläums der FFH-Richtlinie (Berlin, 21. Mai 2012), NABU- Beschwerde zu Grünland (April 2014) Vorläufige Ergebnisse der Befragungen der Mitgliedstaaten für das Guidance Document zum Management von Natura Gebieten (November 2012) GAP-Reform 2013 = Kuhhandel: aus 7 % Greening-Flächen wurden 5 %, Überprüfung erst 2017.
20 Schutzgebiete Natura 2000 in der EU - heute
21 Schutzgebiete Natura 2000 in Deutschland Kategorie Anzahl der Gebiete Terrestrische Fläche (ha) Marine Fläche (ha) Terrestrischer Meldeanteil (%) FFH-Gebiete ,3 Vogelschutzgebiete ,2 Quelle: Bundesamt für Naturschutz,
22 Sachstand Natura 2000 heute (März 2014) Nach 35 Jahren EG-Vogelschutzrichtlinie nur Vogelschutzgebiete auf ca. 11 Prozent Fläche, etwa 75 Prozent der Fläche aller IBAs. Nach 22 Jahren FFH-Richtlinie Meldekulisse in mehreren Etappen mit knapp 10 Prozent Fläche (EU- Schnitt 18 Prozent). Natura-2000-Gebiete häufig sehr kleinräumig (Durchschnitt 800 ha, ¼ unter 50 ha). Unterlagen oft nicht komplett, Schutz unzureichend, kaum Managementpläne und Monitoring. Biotopverbund, Grüne Infrastruktur?
23 Erfolge der SPA-Ausweisung bis heute 300 Population Index (1979=100) Annex 1 birds (35 species) Farmland birds (20 species) Aus: Donald, Paul F. et al. 2007, Science, Vol. Year 317
24 Vogelarten außerhalb von Schutzgebieten Problem GAP 300 million farmland birds lost since 1980 How many more must we lose before changing course on the CAP? Tue, Jul 17, 2012 Europe, News The latest scientific data brought together by BirdLife International and the European Bird Census Council show that common farmland birds continue to decline in the EU: 300 million farmland birds have been lost since The news was released last week, on the eve of a major civil society debate organised by the European Commission and the new Cypriot Presidency of the EU on Friday 13, in which decision makers and civil society organisations discussed support for the so-called green reform of the Common Agricultural Policy (CAP). Amidst growing fears that this latest reform might not deliver on its promises, today s news should have a serious sobering effect and remind everyone what is at stake.
25 Grünlandverluste in Niedersachsen (NLWKN 2011) Datenquelle \ EU-Vogelschutzgebiete Niedersachsen FFH-Gebiete Bezugszeitraum ATKIS-Daten (1999 und früher) ha ha ha Feldblockdaten ha ha ha Abnahme in % 46 % 36 % 31 %
26 Beispiel Bekassine Bestandsentwicklungen innerhalb und außerhalb von EU- 1,2 Vogelschutzgebieten Populationsindex 1,0 Innerhalb N2000 Außerhalb N2000 0,8 0,6 0,4 0,2 0,
27 Was sind die anstehenden Aufgaben? Vollständige rechtliche und vor allem inhaltliche Umsetzung der Vogelschutz- und FFH-Richtlinie. Bessere Kontrolle der Umsetzung (7. UAP), Forderungen des EP! Lückenschluss im Schutzgebietsnetz an Land und in der AWZ. Schutzgebietsverordnungen, Managementpläne und kontinuierliches Monitoring für alle Natura-2000-Gebiete. Adäquate Finanzierung durch EU-Fonds (insb. GAP, Strukturfonds, LIFE) und Eigenmittel der Mitgliedstaaten; PAFs und IPs! Verbesserung der Vernetzung: Biotopverbundsystem mit Kernzonen, Entwicklungsflächen, Pufferzonen und Verbindungselementen (Korridore, Trittsteine), Green Infrastructure, GAP Verstärkte populationsökologische und ökosystemare Forschungen.
28 Ziele des NABU / BirdLife International Natura 2000 zu einem tatsächlichen Erfolg für den Naturschutz und den Erhalt der Biodiversität entwickeln. Stärkere Einbindung der Natura-2000-Gebiete in die Förderung des ländlichen Raumes. Breiten Dialog über die Managementpläne führen, Spielräume in der Umsetzung besser nutzen, Systems von Schutzgebietsbetreuern. Biotopverbund endlich umsetzen, insbesondere im Agrarbereich. Akzeptanz von und Wissen über Natura 2000 erhöhen, auch über den ökonomischen Wert (dt. TEEB-Studie). Erarbeitung gemeinsamer Lösungen für vereinzelte Problemfälle (z.b. guidance documents ), statt andauernder Diskussion des Gesamtsystems.
29 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Claus Mayr NABU Direktor Europapolitik, Brüssel
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